Michael Wuppermann Adoption – Ein Handbuch für die Praxis Adoptionsvorbereitung und Adoptionen im In- und Ausland
Bundesanzeiger Verlag, 2006 216 Seiten, 29.80 Euro
Dr. Michael Wuppermann ist Richter a.D. und war am Amtsgericht für Familienrecht, Personenstandsrecht, Nachlassrecht und Jugendrecht zuständig. Die Aufgabenstellung des vorliegenden Buches wird im Vorwort folgendermaßen beschrieben: „Die Adoption, längst der Begrifflichkeit und dem Zweck früherer Zeiten entwachsen, hat durch erhebliche internationale Entwicklungen, die starke Aus- und Rückwirkungen auf die nationale Rechtsentwicklung sowie durch die moderne Bevölkerungsentwicklung, an Gewicht gewonnen. Sie hat durch das Erstarken weltweiten Kinderhandels einen Zustand erreicht, der für Adoptionsbeteiligte, Jugendbehörden und Gerichte zu einer Fehlentwicklung geführt hat, die oft nicht erkannt oder nicht genügend bekämpft wurde. Daraus ergab sich die Entwicklung internationaler Maßnahmen. Sie führten zu der Anregung, die vielfachen Materialien und Empfehlungen aus Wissenschaft und Praxis auf der Basis internationaler Abkommen für das deutsche Rechtsgebiet zu sammeln und aufzuarbeiten.“ (S. 7) (....) Das Buch besticht durch eine sorgfältige Struktur, ein ausführliches Stichwortverzeichnis, ein Adressenverzeichnis, viele Literaturhinweise und eine beigelegte CD-Rom mit Rechtsvorschriften und Arbeitshilfen. Über ca. 100 Seiten hinweg werden 143 zentrale Begriffe oder kurze Themen zu Adoptionsvorbereitung und Adoptionen im In- und Ausland abgehandelt. Einige Beispiele: „Fernadoption: Eine Fernadoption liegt vor, wenn die Adoption im Herkunftsland des Kindes stattfindet, die zukünftigen Adoptiveltern jedoch in einem anderen Land wohnen. Solche Fälle, in denen insbesondere die Adoptiveltern vor der Adoption wenig oder keinen Eingewöhnungskontakt mit dem Kind haben, dürften freilich seltenere Fälle sein, da sonst insoweit die Gefahr besteht, dass das Kindeswohl in erheblichem Maße vernachlässigt wird.“ (S. 34)
Unter dem Begriff ‚Kindeswohl’ ist dann auf Seite 40 im Kapitel über ‚Internationale Adoption’ zu lesen: „Kindeswohl ist nach wie vor ein unbestimmter Rechtsbegriff, da bei jedem einzelnen Kind auf unterschiedlichste Aspekte, die sein Leben und seine Entwicklung bestimmen sollen, abzustellen ist. Es ist im Falle der Adoption aber grundsätzlich darauf zu achten, dass dem Kind eine behütete familiäre Umgebung zu optimalem Aufwachsen gesichert wird. In einer solchen Umgebung soll es sich möglichst ungestört zu eigener Lebensfähigkeit und Persönlichkeit entwickeln können. Zentrales Anliegen ist dabei die Bildung (oder das Vorhandensein) eines intakten Eltern-Kind-Verhältnisses. Dabei ist abzuwägen, ob die gravierenden Änderungen, die eine Adoption im Leben des Kindes mit sich bringt, nicht durch ein ausreichend langes Pflegekindschaftsverhältnis abgefedert werden und was von beiden Instituten für die zu erwartende zukünftige Entwicklung des Kindes zuträglicher ist. In diesem Rahmen ist die Sicht, ob das Kind, selbst wenn es sich in der Kindheit in einer Pflegefamilie befindet, die mit allen rechtlichen Konsequenzen zur Adoptionsfamilie wird, im Sinne des Kindeswohles positiv entwickelt mit der Trennung von den leiblichen Eltern in erheblicher – vielfach auch bei unterschiedlicher Hautfarbe – Weise durch seine Lebensumgebung in deutliche Schwierigkeiten gerät. Diese Problematik ist in der Nachkriegszeit häufig bei deutsch-amerikanischen Kindern zu beobachten gewesen. Auch im Bereich der internationalen Abkommen spielt das Kindeswohl bis zuletzt in das KSÜ eine immer mehr tragende Rolle. Bei der schon im § 1741 BGB deutlich hervorgehobenen Priorität des Kindeswohles trotz Anknüpfung an das Adoptionsstatut oder (wie im MSA) an das Aufenthaltsrecht, spielt die Diskussion um die Berücksichtigung des Art. 23 EGBGB im Hinblick auf die strengen Prinzipien des deutschen materiellen Rechts eine bedeutsame Rolle. Art. 21 der UN-Kinderrechte-Konvention vom 20.11.1989 legt grundlegend den Vorrang des Kindeswohles als Ziel der Adoption fest, betont besonders die Gewährleistung des Kinderschutzes bei internen wie internationalen Adoptionen, bis hin in die Abwägung der Belastungen für das Kind bei grenzüberschreitenden Adoptionen, die durchaus auch Schwierigkeiten implizieren.“
Unter ‚Zuständigkeit für Eignungsberichte’ (S. 88) wird mitgeteilt: „Der Eignungsbericht über Adoptionswillige wird in deren Heimatland bzw. ihrem Aufenthaltsland von der örtlichen Vermittlungsstelle erstellt. Er wird nach Anhörung der Adoptionswilligen und Überprüfung der Voraussetzungen für eine Adoption bei ihnen von der Vermittlungsstelle an die Zentrale Vermittlungsstelle (Landesjugendamt) übergeben, die dann bei Auslandsvermittlungen die Bundeszentrale einschaltet. Diese gibt den Eignungsbericht mit einer Empfehlung an die zuständige ausländische Zentrale Vermittlungsstelle, die ihrerseits Vorbereitungen für ein Kind getroffen hat, auf das der Eignungsbericht der Adoptionswilligen am besten passt. Die Zentrale Bundesvermittlungsstelle trägt die Funktionen zur Vermittlung für alle nationalen Grenzen überschreitende Adoptionen. Die Bundeszentralstelle ist darüber hinaus bei Verfahren der Anerkennung ausländischer Adoptionen zu beteiligen.“
Wuppermann beschränkt seine Ausführungen überwiegend auf formale Aspekte. Schlagwörter aus der humanwissenschaftlichen Fachliteratur wie ‚Bindung’, ‚Trauma’ oder ‚Deprivation’ sind im Stichwortverzeichnis nicht vorhanden. (wundert mich nicht ...)
Im zweiten Teil des Buches werden die relevanten Rechtsvorschriften ausgewählt und im Wortlaut wiedergegeben. Es eignet sich alleine schon deshalb gut als Nachschlagewerk und Orientierungshilfe, vorzugsweise für Fachkräfte, ersetzt aber nicht eine einleitende oder weiterführende Lektüre (s. z.B. Riedel).
ZitatSie hat durch das Erstarken weltweiten Kinderhandels einen Zustand erreicht, der für Adoptionsbeteiligte, Jugendbehörden und Gerichte zu einer Fehlentwicklung geführt hat, die oft nicht erkannt oder nicht genügend bekämpft wurde. Daraus ergab sich die Entwicklung internationaler Maßnahmen. Sie führten zu der Anregung, die vielfachen Materialien und Empfehlungen aus Wissenschaft und Praxis auf der Basis internationaler Abkommen für das deutsche Rechtsgebiet zu sammeln und aufzuarbeiten.“ (S. 7)
brigitte, genau den absatz, bzw. die erkenntnis ist erstaunlich, wobei ich in dem zusammenhang den begriff 'erstarken' und 'nicht genügend bekämpft' noch reichlich verhalten finde für menschenschicksale ...
ZitatWas mir dabei besonders unangenehm auffällt, ist der Begriff "Fehlentwicklung". Hinter diesem Begriff verbergen sich Lebensschicksale. Und diese Schicksale können nicht mehr korrigiert werden. Die Menschen, die dieser Fehlentwicklung zum Opfer gefallen sind, müssen damit leben oder sterben.
Ist wieder eine nette Verharmlosung der Adoptionsmächtigen.
LG Brigitte
verharmlosung ist es auf jeden fall! zumindest geben sie damit andeutungsweise endlich zu, daß es durch adoption eben auch a-opfer gibt - trotz kindeswohl-wollen ...
Hallo, ich finde es geht um die Schicksale. Nimmt mich wunder wer von der Regierung sich für unser Schicksal interessiert...? Ich habe bis jetzt wegen der Adoption ganz viel Ärger gehabt. Und, dass ich materiell genug hatte. Aber mein Geist und mein Körper können nicht normal leben, seit das alles passiert ist! Was ist wenn meine H-Eltern und Vewandte auch in die Schweiz kommen möchten? Mich haben die Behörden ja auch angenommen. Werden meine Verwandten wieder abgewiesen? Wer von der Gesselschaft und Regierung würde so etwas beführworten? Es geht auch weiter als das Kindeswohl. Die Regierung verlangt von mir Dies und Das. Und was ist mit meinen Gefühlen und meine Recht. Was für Abkommen sind das? Internationale Regeln, Richtlinien, was genau? Haben sie auch daran gedach was ist wenn die Verwandten zum Kind (oder umgekehrt gehen) wollen? Wird der jeweilige Staat den Herkunftsfamilien helfen? Oder läuft das meistens so, dass dem Kind ist ja geholfen und die Herkunftsfamilien müssen schauen wie sie durch-weiterkommen? Es wäre doch die Aufgabe der jeweiligen Regierung, zu schauen und zu helfen in diesen Ländern. Aber nein, in meinem Herkunftsland werden anscheinend JETZT? Dörfer gebaut (finde ich grunsätzlich etwas gutes) teilweise von Ausländer. Ich musste ja, wieder "auswandern" und wurde umhergeschoben. Ist ja klar mich kann man immer benutzen, war noch klein und sowieso hilflos. Ich werde hier weiter kaputt gemacht. Was das für eine Tat ist, Kinder wie mich und meine Vewandten zu "plagen". Uns innerlich und äusserlich noch mehr zerstören!
Hallo Maus, die Adoptionsgesetze sind so ausgerichtet, dass es kein Zurück mehr gibt. Eine Reunion ist gar nicht vorgesehen. Rechtlich ist man nicht mehr verwandt! Und deshalb sieht die Regierung Deine leibliche Verwandschaft auch nicht als Deine Verwandschaft an. Deshalb sehen sie auch kein Handlungsbedarf. (sorry!)