ich bin sicher wer auch immer das eine oder das andere sagt/sagte , dachte tatsächlich es sei besser für die Kinder.
Liebe Grüße Patty
Dazu zwei Antworten:
Erstens finde ich es nicht gut, wenn man HEUTE von einer "verdammten Briefpflicht" spricht, solange das nicht auch eine Forderung bei der Abgabe an die Herkunftsseite ist (aber ich weiß auch wie Du das gemeint hast ). Dem ist nämlich mitnichten so. Vermittler kümmern sich noch nicht einmal mit Nachdruck um das Wissen um den Kindsvater. Man begnügt sich in der Regel mit der lapidaren Aussage der Mutter, dass ihr dieser nicht bekannt ist. Ich wage zu behaupten, dass das in Wirklichkeit nur vereinzelt der Fall ist. Tatsache ist, dass ein im Verfahren beteiligter Kindsvater dieses erheblich stören, wenn nicht sogar zunichte machen, könnte. Manche Vermittler gehen deswegen nicht mit dem für das Kind notwendigen Ernst an diese Suche heran.
Vergleicht man nun die Forderungen, die an die Herkunftsseite gerichtet werden, mit denen für die annehmende Seite, muss einem auffallen, dass da etwas unstimmig ist. Gibt es z.B. für Herkunftsmütter auch seitenweise Fragebögen, in denen sie haarklein jede Einzelne zu ihrem Vorhaben beantworten und diese Antwort dann von einem Sachbearbeiter auf Plausibilität prüfen lassen müssen? Das Gegenteil ist eher der Fall, sobald man dort sitzt und seinen Entschluß vorgetragen hat. Der Fokus liegt dann offensichtlich nur noch darauf, möglichst schnell das Kind zu seinen neuen Eltern zu verbringen.
Einiges, was ein gründliches Überdenken des Entschlusses verhindern könnte, wurde damals und wird bis heute vermieden. Es wird sicher auch nicht in dem Maße auf die möglichen Folgen von Adoption hingewiesen wie man das bei Abtreibung macht.
Deswegen wäre ich dafür, dass es erstens keine Freigabeabsichtserklärungen vor der Geburt geben dürfte und dass zweitens Mütter/Väter zu einem solchen Abschied mit Brief gezwungen werden müssten. Es dürfte auch nicht erlaubt sein, dass eine Mutter ihr gerade geborenes Kind nicht vor dem Abschied auf die Brust gelegt bekommt (um die Trennung nicht noch schwerer zu machen! Das ist der Witz überhaupt). Das ginge sogar bei anonymen Geburten und würde vielleicht in einzelnen Fällen dazu führen, dass sich die Mutter doch noch für ihr Kind entscheidet. Für das Kind ist dieser Hautkontakt ebenso wichtig wie für die Mutter. Aber das sieht man natürlich nur so wie ich, wenn man an einem späteren Wiedersehen der Beiden interessiert ist ...
Deswegen: ohne Brief keine Unterschrift und kein Verfahren. Das gilt natürlich nur für die Fälle, wo die Abgabe mit Vorbereitung erfolgt, also keine anonymen Geburten oder sonstigen Findelkinder. Wenn es sich um eine behördlich angeordnete Adoption handelt, sollten sich die Umstände detailliert aus den Akten ergeben und so dem Kind später auch ohne einen Brief die Abgabesituation zumindest verfahrenstechnisch zu erklären sein. Aber selbst in diesen Fällen wage ich zu bezweifeln, dass die Akten nicht immer die tatsächliche Situation erkennen lassen.
Deswegen sollte man keine Mutter/Vater pauschal für einen nicht vorhandenen Brief verurteilen, wenn man nicht sicher weiß, dass ein solcher bewußt verweigert wurde. Ist dem aber so, bin ich deiner Meinung, denn hier sehe ich auch diese moralische Auskunftspflicht!
Zweitens glaube ich nicht, dass man in diesem speziellen Fall (in den sechziger Jahren) dabei gewissenhaft an das Wohl des Kindes dachte; oberflächlich vielleicht schon, aber sicher nicht mit einer gewissen fachlichen Risikoabschätzung. Auch damals musste Sozialarbeitern klar gewesen sein welche Probleme eine endgültige Trennung von Mutter/Kind, ohne Option auf ein Wiedersehen, für beide bedeuten konnte. Der Krieg war über 20 Jahre vorbei und so gut wie täglich wurde man damals noch mit den damit verbundenen Trennungsgeschichten konfrontiert. Wer da abgebende Mütter mit Nachdruck, oder gar Androhung von Sanktionen, davon abhielt den Kontakt nicht abbrechen zu lassen, wollte das Verfahren nicht stören. Ich jedenfalls wurde nicht dazu animiert einem solchen Brief zu schreiben - im Gegenteil!
Das mit der späteren Einstellung zur Herkunftsseite, oder umgekehrt zum wegadoptierten Kind, sehe ich wie Du oder andere Adoptiveltern: die Weichen für ein möglichst spannungsfreies Wiedersehen werden bereits bei der Abgabe gestellt!
Genau das kommt in dem hier verlinkten Hörbeitrag gut zum Ausdruck.