Die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte ist Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung jedes jungen Menschen. Bei diesem notwendigen Prozess im Rahmen der Entwicklung der eigenen Individualität geht es vor allem darum, sich selbst zu verstehen und anzunehmen sowie den eigenen Platz in der Gesellschaft zu finden. Dieser Prozess erreicht in der Pubertät und der Adoleszenz seine Höhepunkte. Bei Adoptierten erweitern sich die Themen um die Auseinandersetzung mit den leiblichen Eltern und deren Motiven für die Adoptionsentscheidung. Im Mittelpunkt steht dabei die Suche nach den eigenen biologischen und sozialen Wurzeln sowie die Verarbeitung der schmerzlichen und kränkenden Erfahrung, weggegeben bzw. verlassen worden zu sein. Realitätsnahe Informationen über die damalige Lebenssituation der leiblichen Eltern sowie etwaige persönliche Kontakte zu diesen können für Adoptierte hilfreich sein, die Hintergründe der Entscheidung der leiblichen Eltern nachzuvollziehen und sich damit auseinander zu setzen. Viele Adoptierte begeben sich deshalb irgendwann auf die Suche nach ihren Herkunftseltern.
Diese Suche ist oft mit Angst und Verunsicherung verbunden. Adoptivkinder benötigen in dieser Phase die akzeptierende und verständnisvolle Begleitung ihrer Adoptiveltern. Adoptierte berichten immer wieder, dass es entlastend ist, wenn die Adoptiveltern diese Suche zulassen und unterstützen können.
Adoptierten kann die oft schmerzliche Auseinandersetzung mit ihrer Lebensgeschichte nicht dadurch erspart werden, dass sie über die Tatsache ihrer Adoption nicht aufgeklärt werden. Viele Adoptierte ahnen nämlich auch ohne die entsprechenden Informationen ihrer Adoptiveltern, dass es ein Geheimnis um ihre Abstammung gibt. Spätestens bei der Ausstellung einer Abstammungsurkunde (z. B. im Zusammenhang mit einer Heirat) erfahren sie, wer ihre leiblichen Eltern sind. Wird die Tatsache der Adoption nicht von den Adoptiveltern, sondern von Dritten eröffnet, erleben Adoptierte dies als massiven Vertrauensbruch und wenden sich möglicherweise vollständig von ihren Adoptiveltern ab. Langjährige Erfahrungen zeigen, dass eine frühzeitige Aufklärung dazu beiträgt, einen offenen und ehrlichen Umgang mit der Adoptionsthematik zu ermöglichen und gleichzeitig das Vertrauen der Adoptierten in die Adoptiveltern zu stärken.
Viele leibliche Eltern begeben sich ihrerseits auf die Suche nach ihren adoptierten Kindern. Allerdings gibt es auch Situationen, in denen leibliche Eltern Kontaktwünsche ihres Kindes nicht zulassen können oder wollen. Die Gründe hierfür können individuell sehr unterschiedlich sein. In der Vergangenheit wurden Adoptionen häufig vor dem gesamten sozialen Umfeld geheim gehalten. "Abgebende" Mütter wurden als "Rabenmütter" diskriminiert. In manchen Fällen wurde die Schwangerschaft verheimlicht, so dass niemand von der Existenz des Kindes erfahren hat. Es ist auch möglich, dass leibliche Mütter die Adoptionsfreigabe verdrängt haben. Der Kontaktwunsch des Kindes kann bei diesen Ausgangssituationen als Bedrohung erlebt werden.
Rechtliche Informationen
In rechtlicher Hinsicht sind folgende Rahmenbedingungen zu sehen:
* Grundsätzlich schützt das sog. "Adoptionsgeheimnis" die Adoptivfamilie vor Ausforschungen Außenstehender. Tatsachen, die geeignet sind, die Adoption und ihre Umstände aufzudecken, dürfen nur offenbart oder ausgeforscht werden, wenn das Adoptivkind und die Annehmenden zugestimmt haben (§ 1758 Bürgerliches Gesetzbuch). * Demgegenüber steht das Grundrecht von Adoptierten auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Das Bundesverfassungsgericht leitet dieses Recht in ständiger Rechtsprechung (z. B. Urteil vom 31.1.1989) aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 GG) ab. Für die Praxis bedeutet dies, dass zumindest volljährige Adoptierte bei ihrer Suche nach der Herkunft von den Adoptionsvermittlungsstellen grundsätzlich auch gegen den Willen der Adoptiveltern unterstützt werden können. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung bedeutet nicht, dass die Adoptionsvermittlungsstellen jede erdenkliche Nachforschung anstellen müssten, um die Herkunft zu klären. Es schützt aber davor, dass den Suchenden Informationen vorenthalten werden, über welche die Adoptionsvermittlungsstelle bereits verfügt. * Seit 1.1.2002 ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Akten über die Adoptionsvermittlung 60 Jahre ab Geburtsdatum des Kindes aufbewahrt werden müssen. Wird die Adoptionsvermittlungsstelle aufgelöst, sind die Akten derjenigen Stelle zu übergeben, die ihre Aufgaben übernimmt. Anderenfalls sind sie der zentralen Adoptionsstelle des Landesjugendamts zu übergeben (§ 9b Abs. 1 Adoptionsvermittlungsgesetz). * Wenn Adoptierte das 16. Lebensjahr vollendet haben, haben sie ein Recht auf Akteneinsicht in die Vermittlungsakte, soweit sie deren Herkunft und Lebensgeschichte betrifft. Die Akteneinsicht erfolgt unter Anleitung einer Fachkraft der Adoptionsvermittlungsstelle. Die Datenschutzbelange und Persönlichkeitsrechte z. B. der leiblichen Eltern oder der Adoptiveltern müssen dabei beachtet werden. Angaben zur Lebensweise der Mutter oder zu mutmaßlichen Vätern, deren Vaterschaft nicht feststeht, sind daher nur zulässig, wenn eine Einwilligung vorliegt oder das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung im konkreten Einzelfall höher zu bewerten ist als das Interesse der Betroffenen an einer Geheimhaltung. Insofern ist durch die Fachkraft eine entsprechende Güterabwägung vorzunehmen (§ 9b Abs. 2 Adoptionsvermittlungsgesetz). * Adoptierte können ab Vollendung des 16. Lebensjahrs ohne Zustimmung ihrer Adoptiveltern in den Geburtseintrag Einsicht nehmen oder eine Abstammungsurkunde erhalten. Aus diesen Dokumenten gehen die damaligen Personalien der leiblichen Eltern hervor (§ 61 Abs. 2 Personenstandsgesetz).
Ansprechpartner
* Adoptierte können sich grundsätzlich an die Adoptionsvermittlungsstelle des örtlichen Jugendamts oder eines freien Trägers wenden. Hier erhalten sie Beratung zu ihrem Anliegen. Für die konkrete Suche ist eine Nachfrage bei der Vermittlungsstelle sinnvoll, die die Adoptionsvermittlung durchgeführt und die Adoptionsakte geführt hat (häufig am damaligen Wohnort der leiblichen Mutter oder der Adoptiveltern). * Liegt die Adoption schon längere Zeit zurück, existiert evtl. keine Vermittlungsakte mehr oder sie enthält keine aussagekräftigen Informationen. Außerdem war bei Adoptionen, die vor 1977 durchgeführt wurden, evtl. keine Adoptionsvermittlungsstelle beteiligt. Die Adoption erfolgte damals noch durch einen notariellen Vertrag, der vom Amtsgericht bestätigt wurde. Eine Nachfrage beim beteiligten Gericht kann hier möglicherweise weiterführen. * Das Geburtenbuch wird beim Standesamt des Geburtsorts geführt. * Ansprechpartner von Selbsthilfegruppen Adoptierter können bei den örtlichen Adoptionsvermittlungsstellen oder bei den zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter erfragt werden.
Aufgaben des Landesjugendamts
Die Zentrale Adoptionsstelle des Landesjugendamts unterstützt als Fachbehörde die Tätigkeit der Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter und der freien Träger durch Beratung der Fachkräfte, Bereitstellung von Materialien sowie der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsveranstaltungen. Das Landesjugendamt kann in Einzelfällen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, z. B. wenn keine zuverlässigen Angaben zur beteiligten örtlichen Adoptionsvermittlungsstelle oder zum Geburtsort vorhanden sind.
Zu den oben angesprochenen Themen können Adoptionsakten konkrete Hinweise enthalten. Möglicherweise hat die leibliche Mutter einen Brief oder Fotos für ihr Kind in der Akte hinterlassen. Um die spätere Suche zu erleichtern, wird in der heutigen Vermittlungspraxis bereits zum Zeitpunkt der Adoptionsfreigabe mit den leiblichen Eltern geklärt, wie sie zu einer späteren Kontaktaufnahme durch ihr Kind stehen und welche Informationen bei einer Akteneinsicht an das Kind weitergegeben werden dürfen.
Adoptierte können sich mit ihrem Anliegen der Suche nach der Herkunftsfamilie an die Adoptionsvermittlungsstelle wenden und erhalten dort Beratung und Unterstützung. Soweit dies gewünscht wird, versucht die Adoptionsvermittlungsstelle, den ersten Kontakt mit den leiblichen Eltern herzustellen.
Kommerzielle Suchdienste bei der Suche nach leiblichen Verwandten Schon seit einiger Zeit hat sich die Suche Adoptierter nach leiblichen Verwandten (Eltern, Großeltern, Geschwistern) zu einem wichtigen Schwerpunkt in der Praxis der Adoptionsvermittlungsstellen entwickelt. Auch der Suche leiblicher Verwandter nach zur Adoption gegebenen Kindern kommt einige Bedeutung zu. Gerade in jüngster Zeit häufen sich aber Anfragen kommerzieller Suchdienste an die Jugendämter, die Adoptierte bei der Suche nach leiblichen Verwandten und auch umgekehrt leibliche Verwandte bei der Suche nach Adoptierten unterstützen. Angesichts der vielen datenschutzrechtlichen Rückfragen von Adoptionsvermittlungsstellen hält das Bayerische Landesjugendamt im Zentrum Bayern Familie und Soziales eine Äußerung zum Thema für veranlasst. Die folgenden Ausführungen können hierzu jedoch allenfalls grundsätzliche Hinweise geben, nachdem die konkreten Einzelfragen häufig von höchst unterschiedlichen konkreten Umständen geprägt sind. Die Abhandlung konkreter problematischer Einzelfälle würde jedoch den Rahmen des Mitteilungsblatts sprengen.
1. Auftrag des Jugendamts Die Verpflichtung des Jugendamts, Suchende bei Anfragen zu unterstützen, ergibt sich aus der Pflicht zur nachgehenden Begleitung Adoptierter und der leiblichen Eltern (§ 9a in Verb. m. § 9 Abs. 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes - AdVermiG).
2. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung Schon 1989 hat das Bundesverfassungsgericht das Recht Adoptierter auf Kenntnis der eigenen Abstammung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 S. 1 in Verb. m. Art. 1 Abs. 1 GG) hergeleitet. Das Gericht führt dazu aus: "Verständnis und Entfaltung der Individualität sind mit der Kenntnis der für sie konstitutiven Faktoren eng verbunden. Zu diesen zählt neben anderen die Abstammung. Sie legt nicht nur die genetische Ausstattung des Einzelnen fest und prägt so seine Persönlichkeit mit. Unabhängig davon nimmt sie auch im Bewusstsein des Einzelnen eine Schlüsselstellung für Individualitätsfindung und Selbstverständnis ein (...). Als Individualisierungsmerkmal gehört die Abstammung zur Persönlichkeit, und die Kenntnis der Herkunft bietet dem Einzelnen unabhängig vom Ausmaß wissenschaftlicher Ergebnisse wichtige Anknüpfungspunkte für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität. Daher umfasst das Persönlichkeitsrecht auch die Kenntnis der eigenen Abstammung" (BVerfG NJW 89, 891). Allerdings betreffen Informationen über die Abstammung des Adoptierten häufig zugleich weitere Personen. Beispielsweise sind Name, Alter und weitere Angaben über die leibliche Mutter oder den (angeblichen) Vater sowohl für diese, als auch für den Adoptierten personenbezogene Daten. Das Grundrecht auf Kenntnis der eigenen Abstammung kollidiert somit häufig mit anderen grundrechtlich geschützten Positionen wie etwa dem Recht leiblicher Verwandter auf Schutz des familiären Bereichs sowie der persönlichen und geschlechtlichen Beziehungen (vgl. BVerfGE 89,69), sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, d.h. die Entscheidungsfreiheit, inwieweit und wem gegenüber persönliche Lebenssachverhalte mitgeteilt werden (vgl. hierzu das "Volkszählungsurteil" in BVerfGE 65,41 ff.). Während das Bundesverfassungsgericht dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung grundsätzlich keinen Vorrang gegenüber den genannten Persönlichkeitsrechten Dritter zubilligte (NJW 99,792) existiert § 9b Abs. 2 AdVermiG seit 01.01.2002 mit einer eindeutigen Regelung zur Akteneinsicht für Adoptierte. Diese wird unter 3. näher beleuchtet. Sodann wird unter 4. auf die Rechtslage bei der Suche nach Adoptierten eingegangen.
3. Suche Adoptierter nach leiblichen Verwandten 3.1 Unter den Voraussetzungen des § 9b Abs. 2 AdVermiG haben Adoptierte ein Recht auf Einsichtnahme in ihre Adoptionsakten. Nach § 9b Abs. 2 AdVermiG ist die Akteneinsicht zu gewähren, soweit sich die Informationen in der Akte auf die Herkunft und Lebensgeschichte des Adoptierten selbst beziehen, oder wenn der Adoptierte bezüglich anderer Informationen (insbesondere werden dies Informationen über die abgebenden Eltern oder andere leibliche Verwandte sein) ein berechtigtes Interesse geltend machen kann. Dieses Interesse kann etwa in der Herstellung eines persönlichen Kontakts liegen. 3.2 Ausgeschlossen ist die Akteneinsicht nach § 9b Abs. 2 S. 2 AdVermiG, wenn ein Dritter, z. B. die gesuchte Person, ein die Interessen der Suchenden überwiegendes Interesse auf Geheimhaltung hat. Dabei ist zu sehen, dass das Jugendamt darlegungspflichtig ist, wenn es die Einsichtnahme verweigern will. Es hat somit alle zumutbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Interessenlage des Gesuchten so weit wie möglich zu ermitteln. Die Erkenntnisse sind zu dokumentieren und die Ablehnung der Akteneinsicht ist ggf. zu begründen. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Entscheidung des Jugendamts, den Betroffenen die Akteneinsicht nicht zu gewähren, einen Verwaltungsakt darstellt, der gerichtlich überprüfbar ist.
3.2.1 Hinweise auf die bestehende Interessenlage können sich grundsätzlich aus den Adoptionsaktenselbst oder den Erkenntnissen aus der nachgehenden Begleitung der Adoptivfamilie oder der leiblichen Eltern des Adoptierten ergeben.
3.2.2 Vor allem hat es sich aber als Standard entwickelt, dass die Jugendämter zunächst Kontakt zu den gesuchten Personen herstellen, um diese auf die Kontaktaufnahme vorzubereiten, Möglichkeiten des konkreten Kontakts auszuloten und den Kontakt ggf. anzubahnen und zu begleiten. In diesem Zuge können auch etwaige Interessenlagen der Gesuchten eruiert werden. Die Akteneinsicht wird ohnehin immer möglich sein, soweit sich die Betroffenen ausdrücklich einverstanden erklärt haben, dass ihre Daten eingesehen werden.
3.2.3 Die Erkenntnisse sind vom Jugendamt nunmehr zu bewerten, inwieweit sie überwiegende Interessen Dritter stützen oder nicht. In einer ausdrücklich nicht abschließenden Aufzählung hat das BVerfG folgende Punkte aufgeführt (NJW 99,726), die entsprechend der konkreten Situation im Einzelfall in einer Abwägung zu berücksichtigen sein könnten: Die Ernsthaftigkeit des Anliegens des Suchenden (gab es bereits frühere Suchbemühungen? Intensität der Suche?), wobei unerheblich sei, wenn die Suche erst nach dem 30. Lebensjahr begonnen wird oder diese lediglich zum Zweck der Geltendmachung von Erbansprüchen erfolgt. Die Störung intakter Familienverhältnisse der Betroffenen, die Bloßstellung des Vaters oder der Mutter wegen Mehrverkehrs während der Empfängniszeit. Das Versprechen der Mutter, die Identität des Vaters nicht preiszugeben. Kann das Jugendamt weder auf der Grundlage des vorhandenen Akteninhalts, noch auf der Grundlage einer persönlichen Kontaktaufnahme (etwa, weil die gesuchte Person den Kontakt verweigert, oder weil sie nicht ausfindig gemacht werden konnte) darlegen, dass überwiegende Interessen des Gesuchten gegen die Akteneinsicht sprechen, so ist dem Adoptierten Einsicht in die Adoptionsakten zu gewähren.
3.2.4 Die organisatorischen Voraussetzungen der Akteneinsicht sind nach § 9b Abs. 2 AdVermiG ein entsprechender Antrag des Adoptierten, der Adoptierte hat das 16. Lebensjahr vollendet, und die Anleitung der Akteneinsicht durch eine Fachkraft. Ist der Adoptierte noch nicht 16 Jahre alt, ist die Akteneinsicht stattdessen seinem gesetzlichen Vertreter zu gewähren.
3.2.5 Kommt man nach erfolgter Güterabwägung zu der Überzeugung, dass nach § 9b Abs. 2 AdVermiG keine Akteneinsicht zu gewähren ist, so sind gleichwohl allgemeine Hinweise ("Sie haben zwei jüngere leibliche Geschwister, die ebenfalls adoptiert wurden") möglich, sofern diese nicht (auch nicht mithilfe anderer Dokumente wie etwa der Abstammungsurkunde) einer konkreten Person zuzuordnen sind. Auch besteht die Möglichkeit, im Rahmen eines Gesprächs Informationen aus der Akte so zu verallgemeinern, dass sie auf eine Vielzahl von Personen zutreffen und kein Rückschluss auf die Identität einer bestimmten Person mehr möglich ist (sog. Anonymisierung, vgl. § 67 Abs. 8 SGB X).
4. Suche leiblicher Verwandter nach Adoptierten Leibliche Verwandte (häufig sind Anfragen von Eltern, Großeltern oder leiblichen Geschwistern) haben grundsätzlich keinen rechtlichen Anspruch auf die Herausgabe von Informationen über Familienmitglieder, die zur Adoption gegeben wurden. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch (entgegen früheren Auffassungen der Praxis und auch des Landesjugendamts) nicht unmittelbar aus § 83 SGB X (Auskunftsrecht) und § 25 SGB X (Akteneinsicht).1 Hält das Jugendamt eine Kontaktaufnahme der Verwandten zu der adoptierten Person für sinnvoll und evtl. sogar für wichtig, bleibt somit ausschließlich die Möglichkeit, dass das Jugendamt selbst Kontakt zur Adoptivfamilie und dem Adoptierten aufnimmt um auszuloten, ob diese mit der Weitergabe von Informationen und Daten (ggf. welchen) einverstanden sind oder nicht. Eine Pflicht zur Herausgabe von Informationen besteht in der Regel nicht; das Jugendamt hat jedoch bei Einwilligung der gesuchten Person die grundsätzliche Befugnis zur Weitergabe von Informationen (§ 67d Abs. 1 in Verb. m. § 67b Abs. 1 SGB X), soweit das Jugendamt die Informationsweitergabe auch unter fachlichen Gesichtspunkten für angezeigt hält. Die Einwilligung hat schriftlich zu erfolgen.
5. Beteiligung kommerzieller Suchdienste Werden von Suchenden kommerzielle Suchdienste eingeschaltet, um leibliche Verwandte ausfindig zu machen, sollte deren Rolle als Bevollmächtigte (§ 13 SGB X) aus Gründen der Rechtssicherheit schriftlich nachgewiesen werden (§ 13 Abs. 1 S. 3 SGB X), bevor die Adoptionsvermittlungsstelle des Jugendamts Auskünfte an den Suchdienst erteilt. In der Rolle als Bevollmächtigter darf der Suchdienst für Adoptierte Akteneinsicht nehmen, allerdings nur und ausschließlich in dem Rahmen, in dem den Suchenden selbst nach § 9b AdVermiG Einsichtnahme zu gewähren ist (vgl. oben 3). Wurde der Suchdienst von leiblichen Verwandten eingeschaltet, um Auskunft über zur Adoption gegebene Familienmitglieder zu erhalten, gilt das oben unter 4. Gesagte, d.h. in jedem Fall erhält der Suchdienst nur diejenigen Informationen, die auch der Suchende selbst erhalten hätte. Als Merksatz mag gelten, dass der Suchdienst quasi "Mund und Ohr" der Suchenden ist, keinesfalls aber eine Organisation mit eigenen Verfahrensrechten oder umfassenden Auskunftsansprüchen.
Will das Jugendamt selbst Kontakt zu einer gesuchten Person herstellen und kann es diese z. B. wegen einer Adressänderung ins Ausland nicht auffinden, so ist es der Adoptionsvermittlungsstelle unbenommen, selbst einen Suchdienst (Internationaler Sozialdienst, Rotes Kreuz, kommerzieller Privatanbieter) mit den erforderlichen Nachforschungen zu beauftragen. Ggf. sollte mit Suchenden vorab vereinbart werden, dass diese die hierfür anfallenden Kosten übernehmen.
Wenn ein im Auftrag des Suchenden tätiger Suchdienst gleichzeitig dem Jugendamt anbietet, dieses bei der Suche nach leiblichen Verwandten bzw. deren Verbleib oder Anschrift im Ausland zu unterstützen, ist dies höchst kritisch zu sehen. Ob nämlich ein Suchdienst gleichzeitig im Auftrag des Suchenden und des Jugendamts tätig werden kann, muss bezweifelt werden. Insoweit dürfte der Rechtsgedanke des § 181 BGB (Interessenkollision) einer gleichzeitigen Beauftragung durch das Jugendamt und den Suchenden entgegenstehen.
Die Suche im Ausland für das Jugendamt könnte in diesem Fall nämlich nur durchgeführt werden, wenn dem Suchdienst personenbezogene Daten mitgeteilt werden, die dieser als Vertreter des Suchenden (noch) nicht erhalten darf, so lange die Ermittlung der Interessenlage nach § 9b Abs. 2 S. 2 noch nicht abgeschlossen ist.
Daran ändert auch eine etwaige Zusicherung des Suchdienstes nichts, alle im Ausland ermittelten Daten ausschließlich dem Jugendamt zur Verfügung zu stellen, da deren Einhaltung letztlich nicht überprüfbar ist. Auch bei Tätigwerden von Suchdiensten ist stets zu sehen, dass dem Jugendamt die Verfahrensherrschaft bei Suchanfragen zusteht.
Es ist Aufgabe der Adoptionsvermittlungsstelle, Suchenden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Kontaktanbahnungen fachlich zu begleiten und dabei die Einhaltung des Datenschutzes sowie die Wahrung aller berechtigten Interessen der Beteiligten sicherzustellen.
Es obliegt somit einzig und allein dem pflichtgemäßen Ermessen und der Entscheidung des Jugendamtes, ob überhaupt ein Suchdienst eingeschaltet wird und - wenn ja - welches Suchdienstes sich die Adoptionsvermittlungsstelle konkret bedient. Ein rechtlicher Anspruch eines bestimmten Suchdienstes auf Betrauung mit der Anfrage ist dagegen nicht herleitbar.
Sobald die Ermittlungen des Jugendamts abgeschlossen sind, ist über die Gewährung der Akteneinsicht zu entscheiden. Ist die Akteneinsicht danach zu gewähren, kann auch der vom Suchenden eventuell eingeschaltete Dienst die Akten einsehen und auf dieser Grundlage ggf. weitere Bemühungen anstellen. Es muss aber nochmals ausdrücklich klargestellt werden, dass dies erst nach der Entscheidung der Vermittlungsstelle, nicht jedoch in deren Vorfeld und in der Situation der Interessenermittlung erfolgen kann.
Internationale Zusammenarbeit bei der Suche nach vermissten und entzogenen Kindern Mit Schreiben vom 21.07.2006 (GZ: 506 - 531 00) hat das Auswärtige Amt auf folgende Problematik aufmerksam gemacht und gebeten, die Jugendämter zu informieren:
Das Auswärtige Amt sieht bei internationalen Fahndungsersuchen nach vermissten Minderjährigen regelmäßig außerpolitische Belange berührt, wenn die Gefahr besteht, dass damit Informationen über Personen, die in Deutschland Zuflucht gesucht haben, an ihre Verfolgungsstaaten übermittelt werden könnten. Gleiches gilt, wenn eine Überstellung der gesuchten Minderjährigen an ihre Herkunftsstaaten oder an die dort Sorgeberechtigten gegen den deutschen ordre public verstoßen würde.
Da die deutschen Träger der Jugendhilfe grundsätzlich für alle Fragen von in Deutschland aufhältlichen Minderjährigen zuständig sind, eine Entscheidung über die Rückführung eines vermissten Minderjährigen in sein Heimatland also stets einer Entscheidung durch die zuständigen Behörden und Gerichte Deutschlands vorbehalten ist, stimmt das Auswärtige Amt folgender generellen Regelung für die Behandlung eingehender Ersuchen in nichtstrafrechtlichen Angelegenheiten (Suche nach vermissten Minderjährigen) zu:
Einem Ersuchen auf Aufenthaltsermittlung wird grundsätzlich - allerdings ohne Unterrichtung der ausschreibenden Stelle - zugestimmt. Falls die gesuchte Person in Deutschland aufgegriffen wird, sind vor einer Mitteilung an die ausschreibende Stelle das zuständige Jugendamt zu unterrichten sowie, falls eine Mitteilung an den ausschreibenden Staat beabsichtigt ist, vorab dem Auswärtigen Amt (Referat 507 - Mailanschrift: 507-rl@diplo.de) Gelegenheit zu geben, Bedenken zu äußern. Erhebt das Auswärtige Amt nicht innerhalb von drei Arbeitstagen Bedenken, gilt die Zustimmung zur Weiterleitung der Daten an die ausschreibende Stelle als erteilt.
1 Allenfalls kann in extremen Einzelfällen ein allgemeines Akteneinsichtsrecht analog § 25 SGB X in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet werden. Dieses soll hier jedoch nicht vertieft dargestellt werden.