ZitatArtikel vom 04.09.2008 - 16.22 Uhr Umgang mit Wahrheit - schwieriges Thema für Adoptiveltern Gießen/Friedberg (pm). Mehr als 80 Adoptiveltern und Adoptionsbewerber aus den Landkreisen Gießen und Wetterau folgten dieser Tage der Einladung des Caritasverbandes zu einer Informationsveranstaltung ins Friedberger Albert-Stohr-Haus. Jürgen Stapelmann (Dipl.-Psychologe und Lehrbeauftragter an der Johannes-Gutenberg Universität und der Kath. Fachhochschule Mainz) referierte. Caritas-Bereichsleiter Stefan Kelm führte in das Thema ein: »Die Frage, die Adoptiveltern und Adoptionswillige schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Entscheidungsprozesses beschäftigt ist die Frage: Wie sage ich es meinem Kind?!« Die Aufklärung über die Herkunftsfamilie und die Wurzeln sei schon für Adoptiveltern sehr schwierig; noch schwieriger sei es, das Kind über unangenehme Wahrheiten der Herkunft zu informieren.
»Die erste Wahrheit, der sich Adoptionsbewerber meist stellen müssen, ist das Eingeständnis der eigenen Kinderlosigkeit gegenüber sich selbst und der näheren Umgebung«, begann Stapelmann sein Referat. Aufklärung darüber, dass das Kind ein Adoptivkind ist, müssee bereits mit der Ankunft in der Familie beginnen. Selbst wenn ein Kind in den ersten Lebensjahren nicht verstehe, was Adoption bedeutet, sei es wichtig, dass die Adoptiveltern dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechend mit ihm darüber sprechen. Wichtig sei eine zuwendungsvolle Stimmlage, damit das Kind spüre, dass der Begriff »Adoption« nicht negativ besetzt ist. Anhand von Beispielen aus seiner therapeutischen Praxis mit teilweise bereits erwachsenen Adoptierten berichtete Stapelmann, dass diese oftmals erhebliche psychische und Verhaltensstörungen aufwiesen, wenn die Aufklärung ganz oder teilweise unterbleibe. Schwieriger verhalte es sich dagegen bei unangenehmeren Wahrheiten. »Soll das Kind darüber aufgeklärt werden, dass sein Vater ein Mörder oder seine Mutter eine Prostituierte ist?« fragte Stapelmann exemplarisch und betonte: »Auch Kinder aus diesen Herkunftsfamilien haben ein Recht, die Wahrheit zu kennen.« Es komme darauf an, diese unangenehmen Wahrheiten nicht durch Schwarz-Weiß-Malerei zu vermitteln, sondern deutlich zu machen, dass die leiblichen Eltern - trotz eines Verhaltens, das eventuell zu verurteilen sei - gute und möglicherweise liebenswerte Eigenschaften haben. Unter Umständen sei gerade die Freigabe zur Adoption durch die leiblichen Eltern eine positive Weichenstellung für die Zukunft des Kindes gewesen. Bei der Aufklärung von Adoptivkindern aus dem Ausland seien noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Durch das andersartige Aussehen vieler dieser Kinder falle die Aufklärung des sozialen Umfeldes relativ leicht; demgegenüber seien Informationen zu den Herkunftsfamilien oftmals nicht vorhanden.
In diesem Zusammenhang komme den anerkannten Adoptionsberatungs- und -vermittlungsstellen eine große Bedeutung zu, weil sie den Adoptionsprozess über einen langen Zeitraum durch Beratungs- und Hilfsangebote begleiteten. In diesem Zusammenhang forderte Stapelmann von der Politik: »Unbegleitete Adoptionen müssen unterbunden werden.« Vom Gesetzgeber forderte er, auf eine diesbezügliche Änderung des Haager Minderjährigen-Schutzabkommens hinzuwirken.
Durch seine Ausführungen wurde das Publikum zu vielen Rückfragen angeregt, die Jürgen Stapelmann ausführlich beantwortete. Mit lang anhaltendem Applaus wurde der Referent verabschiedet. Viele der Anwesenden diskutierten noch lange nach Ende der Veranstaltung in kleinen Gruppen über das Gehörte.
Der Caritasverband Gießen als anerkannte Adoptionsvermittlungsstelle für die Landkreise Gießen und Wetterau plant weitere Informationsveranstaltungen für Adoptiveltern und Adoptionsbewerber in lockerer Folge.
wie wir immer schon sagten, Wahrheit den Kindern gegenüber, egal ob A-Eltern oder H-Eltern ist das oberste Gebot und das wichtigste für unsere Kinder. Wenn Lügen und Verschwiegenheit herrschen, kann die Seele einen großen Schaden nehmen.
jo, da scheinen ja doch aus erfahrungen heraus erkenntnisse gezogen worden zu sein.
leider wird in dem referat nicht deutlich, wer nun im adoptionsprozess beratend und begleitend unterstützt werden soll? ich kann nur hoffen, daß die angestrebte form der a-begleitung, dem kind zuliebe, auch seiner h-familie in form von aufklärung und auffangen zuteil wird!!!! denn angenommen, a-eltern gehen wie beschrieben, offen, ehrlich, liebevoll, sensible mit kind und adoption um, und dieses sucht dann (irgendwann) kontakt zu seinen ersten eltern, um sie kennen zu lernen, und stößt dann auf krasse gegensätze in der handhabung bezüglich tabuisierung und offenheit ... (erlebe ich seit 1999 so im zusammenhang mit caritas/skf/JA, was auskünfte, hintergrund, akten etc. angeht) ... werden adoptierte in so einem handhabungs-gefälle spätestens dann wieder auf tabuisierung und verschweigen zurückgeworfen - und verstehen irgendwann die welt nicht mehr ...
an der stelle könnte die caritas zumindest selber schon einmal ihre erkenntnisse und wirklich guten vorsätze umsetzen und diese verantwortung nicht nur den a-eltern zuschieben
liebe brigitte, soviel ich weiß gehört der skf zur caritas, aber ich habe erlebt, daß selbst innerhalb ihrer vermittlungs- o. anlaufstellen keine einer anderen reinredet. stehst dann ziemlich allein mit den problemen, wenn die zuständige blockt
aufarbeitung ist ihnen ein fremdwort, da können sie nichts mit anfangen. diesbezüglich wurde ich von ihnen seit 1999 darauf zurückgeworfen ja a-eltern gehabt zu haben ... usw. usf.