warum muss das Leben nur immer so schwer sein? Vielleicht habt ihr meine anderen beiden Beiträge gelesen und wisst, dass ich ein Adoptivkind bin, welches sich im Mai diesen Jahres auf die Suche nach seinen Wurzeln gemacht hat...und, und alles ist wunderbar gelaufen! Inzwischen kenne ich meine leibliche Familie, inzwischen weiß ich warum ich so bin, wie ich bin und wo ich eigentlich hingehöre. Wirklich nichts hätte besser laufen können, sogar meine A-Ellis akzeptieren meine Suche und den Kontakt zu meiner leiblichen Familie. Doch dieser Kontakt hat so viel in mir angestoßen, eine Identitätskrise bei mir ausgelöst, welche vor allem die Beziehung zu meinem Verlobten in Mitleidenschaft zieht. Ich dachte immer, ich weiß wer ich bin, ich wusste nur noch nicht warum...doch jetzt gerät alles ins Wanken. Eigentlich wollten wir im nächsten Jahr heiraten, doch jetzt fühle ich mich dazu außer Stande. Dabei hat er mich doch immer begleitet, mich so oft aufgefangen und gehalten...und nun verletzte ich ihn so. Ich hab das Gefühl, mich erst selbst finden zu müssen...ganz ich selbst werden zu müssen, um dann zu sehen, ob wir wirklich zusammen passen. Ich liebe ihn und ich hätte nie gedacht dass diese Suche so viel in meinem Leben verändert, so unsere Beziehung verändert. Ich bin verzweifelt und weiß nicht mehr welcher Weg der richtige ist. Ich hoffe, aus dem Kreis anderer Adoptierter ist zu verstehen, was ich gerade durchmache und dass wir uns darüber austauschen können.
Liebe Lilie, das tut mir aufrichtig leid, was Du erlebst. Das sage ich Dir als Herkunftsmutter, ich kann nachvollziehen, dass Du in einer Identitätskrise bist, meine Tochter macht das auch durch. Es ist schwer, damit klar zu kommen. Aber mit Deinem Freund sehe ich das so, er hat Dich bisher immer aufgefangen und warum sollte er es jetzt nicht mehr tun? Bitte verletze ihn nicht so sehr, er hat es sicherlich nicht verdient und könnte Dir eine wertvolle Stütze sein. Wenn Du ihn noch liebst, warum kommen Dir denn dann solche Gedanken? Halte zu ihm, sei ehrlich zu ihm, er wird Dich sicherlich verstehen, nur mit Ehrlichkeit kann man eine Beziehung aufrecht erhalten.
ich kann in etwa nachvollziehen, wie es dir geht. Auch wenn ich eine etwas andere Geschichte habe und meine Situation sich etwas komplizierter darstellt. Ich denke, egal wie alles verlaufen wäre, mit dem Beginn der Suche (vielleicht auch schon früher, alleine durch das Wissen der Adoption) hat man etwas in Gang gesetzt, was nicht mehr Rückgängig gemacht werden kann und was alles anders macht und nichts mehr so ist, wie es war. Ich kann nur bestätigen, möchte aber nicht näher drauf eingehen in welcher Form, dass sich etwas im Verhältnis und von den Empfindungen zu meinen Eltern etwas verändert hat. Auch das gleiche zu meinem Mann und meinen Kindern. Meine jetztige Situation ist zum Einem schön, aber zum Anderen auch belastend. Es gab Momente, abhängig vom Stand meiner Suche, da hatte meine Familie sehr zu leiden. Aber ich habe es selber immer bemerkt und habe meine inneren Probleme überspielt. Ich habe auch niemanden von meinem Umfeld hier, den ich mich auch wirklich anvertrauen möchte und mit dem ich es durchleben möchte. Auch wenn es eventuell jeder versuchen würde. Ich trage es, bzw. habe es mit mir selbst ausgetragen. Der Austausch mit Betroffenen tat mir natürlich auch sehr gut.
Im August hatte ich eine meiner Schwestern gefunden. Seit her geht es mit richtig gut und sie ist die jenige, mit der ich nun alles erlebe/durchlebe, da sich immer mehr Abgründe auftun. (für mich trift es hier zu: geteiltes Leid ist halbes Leid) Habe gerade heute erfahren, dass wir 8 Geschwister sind. Erst bin ich von 3 ausgegangen, dann stellte sich heraus das es 4 sind und so ging das immer weiter, es kam immer noch ein Kind dazu und nun sind wir 8!!! (davon sind nur die beiden jüngsten bei der Mutter, alle anderen Kinder wurden weggenommen)
Wirklich was raten kann ich dir nicht, aber nur mal so mein Gefühl bzw. Eindruck schildern. Wenn ich dich richtig verstehe, hat dich dein Freund in allem begleitet und unterstütz. Es wäre nur mehr als fair, ihm deine Gedanken und Gefühle zu schildern, wie du uns es geschrieben hast. Wenn er dich bisher aufgefangen und verstanden hat, wird auch er dich jetzt verstehen bzw. versuchen dich zu verstehen. Du kannst froh sein, dass er die Person war und ist, die das alles mit dir durchlebt hat und er hat an deiner jetztigen Situation einen großen Anteil. Finde mit ihm gemeinsam heraus, was für dich jetzt das Beste ist.
Wenn ich dich weiter richtig verstanden habe, bist du mit dem Verhältnis zu deinen Eltern und auch mit den Verhältnis zu der H- Familie im Reinen. Lass es so laufen und nimm es als etwas neues aber etwas gegebenes hin. Vielleicht solltest du dann den Focus im Moment wieder mehr auf dich und deinen Freund legen. Kümmere dich jetzt einfach mehr um dich und deine Bedürfnisse. versuche es keinem Recht machen zu müsssen. Jetzt bist du dran und das ist nun mal du und dein Partner und eine daraus eventuell neu entstehende Familie. (ihr wollt sicher ja auch Nachwuchs? )
Sicher ist alles leichter gesagt als getan. Ich sehe es ja auch bei mir.
Vielleicht kannst du ja noch mal näher auf deine Empfindungen eingehen, warum du das Gefühl hast, dass alles in Bezug auf deinen Freund ins Wanken gerät. Woran lässt sich das für dich erkennen?
Zitat von Lilie ...Inzwischen kenne ich meine leibliche Familie, inzwischen weiß ich warum ich so bin, wie ich bin und wo ich eigentlich hingehöre....
Liebe Lilie !
Du glaubst gar nicht, wie gut ich dich verstehe. Ich habe mich auch auf den Weg nach meinen Wurzeln gemacht, diese gefunden usw. Und ich kann im Nachhinein nur sagen, dass ich das ganze Thema unterschätzt habe. Es kam so viel hoch in mir, das kriegte ich nicht mehr kontrolliert. Und es kamen auch Dinge an die Oberfläche, von denen wusste ich gar nicht, dass es sie überhaupt gibt... Fakt ist, dass ich irgendwann die Notbremse ziehen musste und nun eine Therapie mache. Es ging leider nicht anders. Ich muss allerdings zugeben, dass beim Kontakt zur Herkunftsmutter so viel schief gelaufen ist, dass die Therapie auch hauptsächlich deshalb notwenig ist. Bei dir scheint das -Gott sei dank- gut gelaufen zu sein. Freu dich darüber!!!
Nun aber zu deinem Satz, den ich oben zitiere: Weißt du wirklich, wo du hingehörst???? Denk mal ganz genau darüber nach. Ich war auch lange Zeit der Meinung, ich gehöre zu meinen Wurzeln. Da war ich mir ganz sicher und vernachlässigte meine unmittelbare Umgebung. Das war mir gar nicht bewusst. Bis ich schrittweise in der Therapie lernte: Ich gehöre zu meiner Familie! Und das ist nunmal in erster Linie mein Mann und die Kinder. Eltern kommen danach.
Überleg mal Lilie, du bist doch erwachsen. Vor deiner Wurzelsuche hast du dich auch erwachsen und selbständig gefühlt. Klar gibt es Kontakt zu Eltern. Aber im Mittelpunkt standest doch du und dein Freund. Ihr wollt heiraten. Das bedeutet, Ihr gründet eine Familie. Darin übernimmst du (genau wie er) Verantwortung. Da bist du kein Kind mehr! Wärest du jetzt 4, 8 oder 12 Jahre alt, wäre es logisch, dass du nicht weißt, wo du hingehörst. Ob zu den A-Eltern oder zu den H-Eltern. Aber du bist erwachsen! Du stehst selbständig im Leben. Du gehörst zu deinem Freund!
Wir alle erfüllen im Alltag verschiedene Rollen. Mal als Mitarbeiter einer Firma, als Kollege, als Kumpel, als Teammitglied im Sport und genauso auch als Lebenspartner oder auch als Kind. In den Augen seiner Eltern bleibt man immer Kind. Egal wie alt man ist. Und genau hier haben wir A-Kinder ein Problem !!! Aber das ist ein ganz anderes Thema.
Ich wünsche dir, dass du wieder den Weg zu deiner Rolle als Lebenspartnerin deines Freundes findest. Denn genau dort ist dein Platz. Und ich kann dir versichern: ich musste das auch erst lernen !!!
Durch den (vielleicht zeitlich noch recht neuen) Kontakt zur Herkunftsfamilie fällt man leicht wieder ausschließlich in die Kind-Rolle. Das ist normal, passiert anderen auch, ist natürlich sehr verwirrend und schon kommt die Identität ins Wanken. Das ist einfach nur menschlich! Sprich mit deinem Freund darüber. Er hat dich bisher unterstützt und wird es auch weiterhin tun. Dann findet Ihr auch sicher eine für beide gute Lösung: heiraten wie geplant oder vielleicht zu einem späteren Termin heiraten???
Ich kann dir nur versichern: das, was man alles findet, erfährt etc. auf seiner Suche, ist so komplex, dass man wirklich eine Weile braucht, um alles zu verinnerlichen. Das wird schon. Ich bin auch noch lange nicht am Ziel. Aber hoffentlich auf dem richtigen Weg...
auch ich kann dich total gut verstehen. Auch bei mir ist zu einem bestimmten Zeittpunkt der Herkunftssuche einiges durcheinander geraten. Ich war komplett durch den Wind und wusste nicht warum, d.h. ich wusste schon warum, aber ich konnte es nicht beschreiben. Ständig musste ich heulen und konnte nicht sagen, worüber ich traurig war - es war irgendwie so ein Gefühl wie Heimweh, obwohl ich zuhause war. Für meinen Freund war das eine ziemlich harte Zeit, denn er wollte helfen und konnte es einfach nicht. Ich konnte ihm nicht erklären, was mit mir los war und er hat alles versucht, damit es mir besser geht. Ich hätte in dem Moment aber gebraucht, dass er mich einfach traurig sein lässt - aber das ist natürlich schwer auszuhalten, für jemanden, der einen liebt. Auch wenn es komisch klingt, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, mein damals 4-jähriger Sohn konnte am besten damit umgehen. Ich habe natürlich versucht, meine Gefühle zu unterdrücken, aber wenn es mal wieder nicht ging und ich weinte, wenn er dabei war, hat er einfach den Arm um mich gelegt und war da...
Wenn ich mich an die Zeit zurückdenke, war ich schon ziemlich "durchgeknallt", fand aber viele meiner Handlungsweise damals normal. Wir haben aber einfach durchgehalten, ich hab mich weiterhin mit dem Thema beschäftigt und ich glaube, wir haben das Schlimmste überstanden.
Also, du bist ganz sicher nicht allein, aber ich kann verstehen, dass du dich allein fühlst, weil nur Adoptierte verstehen, was du gerade durchmachst und es sooo schwer ist, es anderen zu erklären - versteht man es doch selbst kaum. Aber, wenn ihr euch liebt und dein Freund ein wenig Geduld mit dir hat, wird bestimmt alles wieder gut - das wünsche ich dir!
Ihr Lieben, es tut gut, zu lesen, dass es euch ganz ähnlich ergangen ist. Eure Beiträge habe mich zu tiefst berührt, Gänsehaut erzeug und besonders möchte ich dir danken, kleiner Kämpfer...ich glaube, du hast mit der Beschreibung der verschobenen Rollenverhalten und -erwartungen sehr gut zum Ausdruck gebracht, was in einem suchenden Adoptivkind vorgeht. Ihr habt recht, wenn ihr mahnt, Verständnis für das eigene Umfeld zu haben, von dem man sich kein Verständnis erbitten kann, wenn man sich selbst (noch) nicht versteht. Und doch gibt es die Momente der Dunkelheit, in den man mit seinem Schicksal hadert und sich nicht mehr sicher ist, ob man die Bürde, die einem durch die Adoption auferlegt wurde noch tragen kann.
Weißt du wirklich, wo du hingehörst????
Nein, kleiner Kämpfer, das weiß ich nicht. Wahrscheinlich ist dies auch unser Grundproblem, dass Grundproblem der Adoptionssituation. Im Moment verzerren mich die Gefühle, die die Suche in mir auslöst so sehr, dass ich nicht in der Lage bin, die zu meinem Freund zu bewerten. Die Bürde meines Lebens ist der Konflikt zweier Welten, die eine ist die, in der ich aufgewachsen bin und die andere, die ich in mir trage. Ich habe diesen Konflikt immer gelebt, auch bevor ich von der Adoption wusste und nun muss ich feststellen, dass er sich auch in meiner Beziehung zu meinem Freund fortsetzt. Wir leben in verschiedenen Welten, haben es auch immer getan, doch da meine innere Welt nicht existieren durfte habe ich sie fortgedrängt und nun, da ich das erste Mal in meinem Leben (!) auf Menschen treffen durfte, die in eben dieser Welt leben, sehe ich dass man sie leben kann und vor allem darf und fühle mich zerrissener denn je.
Zitat von Lilie...besonders möchte ich dir danken, kleiner Kämpfer...ich glaube, du hast mit der Beschreibung der verschobenen Rollenverhalten und -erwartungen sehr gut zum Ausdruck gebracht, was in einem suchenden Adoptivkind vorgeht...
Gern geschehen. Ich habe lange nachgedacht, ob ich dir damit wirklich helfen konnte. Ich habe einfach runtergeschrieben, wie ich es in meiner Therapie gelernt habe.
Zitat ...Wir leben in verschiedenen Welten, haben es auch immer getan, doch da meine innere Welt nicht existieren durfte habe ich sie fortgedrängt und nun, da ich das erste Mal in meinem Leben (!) auf Menschen treffen durfte, die in eben dieser Welt leben, sehe ich dass man sie leben kann und vor allem darf und fühle mich zerrissener denn je.
Oh ja, das kenne ich gut. Verdrängen und überspielen, dabei so normal wirken wollen wie möglich. Den anderen zeigen, dass man alles erreicht, was man sich vornimmt. Tag für Tag eine dicke Schutzmauer bauen, damit bloß niemand mitbekommt, was sich ganz tief drinnen abspielt... Weißt du, was Hochzeit und Familienplanung angeht, bin ich schon etwas weiter als du. Ich habe schon Kinder in die Welt gesetzt. Das verändert auch noch mal viel. Aber eines haben wir offensichtlich gemeinsam: einen Mann/Freund, der einmal sagte: "Wenn du suchen willst, dann unterstütze ich dich." Mein Mann hat mich unterstützt. Wirklich. Aber auch er sagt inzwischen, er habe das ganze Thema Adoption unterschätzt. Daraufhin habe ich ihn gefragt, ob er mich mit dem Wissen von heute noch einmal heiraten würde. Er hat sehr lange überlegt und ich bekam Angst vor seiner Antwort. Es dauerte ein paar Tage und er sagte: "Ja, hätte ich. Denn es gibt nicht nur die Adoption. Du hast auch andere Seiten, die ich an dir liebe. Du bist du. Auch mit dieser Vergangenheit, die dich prägte..."
Das hat mich wirklich berührt. Da merkte ich, dass er mich wirklich liebt. Eine wichtige Erfahrung - gerade für ein Adoptivkind.
Vielleicht geht es dir mit deinem Freund eines Tages ähnlich. Weißt du, es sind nämlich gar nicht die guten Tage/Jahre, die ein Paar verbinden. Das, was wirklich verbindet, sind die schlechten und schweren Tage/Jahre. Auch das habe ich gelernt. Lasst Euch Zeit mit der Hochzeit. Aber verlier ihn nicht aus den Augen. Es gibt sicher auch andere Männer, aber hätten die mehr Verständnis? Nimm dir Zeit, deine Gefühle zu ordnen. Und nimm ihn mit auf diesen Weg. Vielleicht verbindet Euch das auch miteinander. Wer weiß das schon?
Jetzt höre ich mich an wie ein Pastor, der Weisheiten predigt. Nein, sowas bin ich wirklich nicht. Ich bin genauso zerrissen wie du. Aber ich habe vor ein paar Wochen den Versuch gestartet, mein Leben so zu nehmen wie es ist. Ich habe monatelang damit gehardert, dass ich nicht bei meiner leiblichen Mutter aufwachsen durfte. Ich habe nächtelang bitterlich geweint, weil ich erkannte, was man mir (und auch ihr!) durch die Adoption genommen hatte. Jetzt so langsam kommt die Erkenntnis, dass all das "Hätte, wenn und aber" nichts bringt. Ich habe nun mal diese Bürde (wie du es nennst). Das ist mein Leben. Ich muss es annehmen, denn mir bleibt nichts anderes übrig. Leider. Aber seit ich beginne, es anzunehmen, scheint es, dass diese Bürde mich nicht mehr zerbricht und meine Gedanken und Gefühle ordnen sich wieder ein wenig.
Wie schon erwähnt: ich bin noch lange nicht am Ziel. Ich hoffe nur, dass inzwischen die Richtung stimmt.
Eine Frage an dich: hast du mal überlegt, mit einem Psychologen zu reden?
Ich lernte vor wenigen Wochen einen erwachsenen Mann kennen, der erst im Alter von über 40 die Suche nach seinen Wurzeln gestartet hat. Er sagte: "Ohne psychologische Hilfe hätte ich das nie und nimmer geschafft." Er war cleverer als ich. Ich habe diese professionelle Hilfe erst in Anspruch genommen, als nichts mehr ging. Er hat jeden Schritt vorher und nachher mit seiner Psychologin vor- und nachbereitet und ist nie in ein tiefes Loch gefallen. Hätte ich das mal vorher gewusst....aber wie war das nochmal: Hätte, wenn und aber bringt nichts. Es ist wie es ist, und jetzt muss ich das Beste draus machen.
Ja, das Thema kann ich verstehen, denn auch ich habe dieses Jahr nach über 20 Jahren meine leiblichen Eltern und Halbgeschwister kennengelernt. Auf der einen Seite war es natürlich sehr schön und aufschlussreich für meine Persönlichkeit, aber auf der anderen Seite musste ich mich auch einfach von sehr vielen vertrauten Denk- und Verhaltensmustern verabschieden und auch die Beziehung zu den anderen Eltern hat z.T. größeren Schaden genommen. Man fühlt sich manchmal, als würde aus einer sicheren Beziehung herausfallen und ganz allein dastehen, obwohl da auf einmal so viele Menschen sind, die sich für einen interessieren, aber als würde man dennoch nirgends so richtig dazugehören.. mit einem Part teilt man die Vergangenheit, mit dem anderen grundsätzliche Dinge. Ich finde es schwierig damit umzugehen und habe auch schon darüber nachgedacht, mich dabei professionell unterstützen zu lassen, das ist ja nichts Schlimmes. Jedenfalls finde ich es gut, dass es so ein Forum gibt, denn ich kenne gar keinen anderen Adoptierten und möchte mich aber gern mal persönlich austauschen. Denn das gibt einem doch das Gefühl, nicht allein auf der Welt zu sein und es ist beruhigend zu lesen, dass andere ähnliche Gedanken und Gefühle haben.
Hallo xxx83, erst einmal herzlich Willkommen hier! Magst Du ein wenig mehr erzählen wie es Dir jetzt geht. Deine zerissenheit kann ich durch viele berichte anderer Adoptierte gut nachvollziehen. Aber warum hat die Beziehung zu Deinen A.Eltern Schaden genommen? Mich würde auch interessieren, wie Du Deine Halbgeschwister empfindest. Schreib einfach, wenn Du magst.
Ich kann deine Gefühle und Gedanken ein Stückweit nachvollziehen. Auch ich habe eine Reihe von unterschiedlichen Gefühlswelten durchlaufen und durchlaufe sie zum Teil noch immer. Aber ich muss sagen, umso mehr ich jetzt weiß, umso genauer weiß ich wo ich hingehöre. Die Beziehung zu meinen Elternerlebe ich jetzt viel intensiver und genieße die Nähe. Sicher liegt es daran, dass ich mehr oder weniger das schlimmste an Erzeuger gefunden habe, was man sich vorstellen kann. Meine gefundenen Geschwister aber sind nun ein Teil meines Lebens und ich hoffe, dass es jetzt für den Rest meines Lebens so bleiben kann und wird. Aber ich bin noch nicht so weit, um alles in ein Leben zu packen. Im Moment halte ich noch alles getrennt, meine Eltern wissen fast nichts und das belastet. Ich weiß das sie es intressieren würde und ich weiß das sie sich für mich freuen würden, aber ich kann es in Momnet nicht mit ihnen teilen.
Hallo, danke für die Antworten und gutes neues Jahr! also zu meinen aeltern hatte ich eigentlich immer ein super Verhältnis, bis auf die Tatsache, dass das Thema Adoption lange Zeit bei uns tabuisiert wurde und sie mir viel verschwiegen haben. Aber nach dem Finden der LEltern war der Schritt unausweichlich gemacht und was vorher nur Namen auf dem Papier waren, ist jetzt Realität. Ich bin dabei zu den LVerwandten ein gutes Verhältnis aufzubauen. Auch die Halbgeschwister mag ich sehr gern (obwohl ich mich manchmal auch in der Hinsicht etwas komisch fühle, denn von Zeit zu Zeit entsteht das Gefühl oder Frage, ob ich denn weniger wert sei, weil sie im Gegensatz zu mir bei den Leltern leben und aufwachsen). Aber ich denke, das ist "normal" - jedenfalls will ich mich in das Schicksal ergeben, das Inkognito vorgesehen hat und ich denke, dass, auch, wenn es sehr schwerfällt und man mit sich zu tun hat, es doch auf lange Sicht lohnenswert ist, die Beziehungen jetzt zu leben. Denn schließlich hat man doch schon genug darunter gelitten, dass es damals nicht möglich war.. aber einfach ist es auch nicht immer. Auf der einen Seite sehr schön, weil doch Gemeinsamkeiten und eine gewisse gefühlsmäßige oder biologische Bindung da ist, und auf der anderen Seite schwer, weil man lernen muss, eben nicht "nur" das Wunschkind zu sein, wie das immer von den Aeltern suggeriert wurde, sondern eben auch in einer Weise einfach "unerwünscht". Da entstehen schon mal Gefühle des Unverständnisses und Trauer. Trotzdem, auch wenn es mir sehr viel abverlangt, denke ich, dass es sich lohnt, den Kontakt weiter zu halten. Aber mindestens genauso wichtig finde ich ein stabiles Verhältnis zu den Aeltern zu behalten bzw wiederzufinden. Denn schließlich kann man nicht positiv in die Zukunft gehen, wenn die Vergangenheit nicht geklärt ist - so sehe ich das. Schwierig, aber hoffentlich möglich, wenn alle an sich arbeiten.
Hallo xx83, es ist schön, dass beide Familien ein Teil von Dir sind. Und ich drücke Dir die Daumen, dass alle an sich arbeiten!
Weißt Du, die meisten Kinder sind keine Wunschkinder. Viele Kinder entstehen aus einer Schwangerschaft, die zu dem Zeitpunkt nicht gewollt war. Was aber nichts damit zu tun hat, ob diese Kinder weniger wert wären, oder weniger geliebt würden.
Zitat(obwohl ich mich manchmal auch in der Hinsicht etwas komisch fühle, denn von Zeit zu Zeit entsteht das Gefühl oder Frage, ob ich denn weniger wert sei, weil sie im Gegensatz zu mir bei den Leltern leben und aufwachsen)
Ich bin einmal gefragt worden, ob mein Sohn, der adoptiert wurde für mich MEHR wert sei, als meine Kinder, die bei mir leben. Nein, er ist nicht mehr, aber vor allem auch nicht weniger wert!!! Er nimmt aber einen größeren teil meiner Gedanken ein. Die Kinder, die bei mir leben, die kenne und liebe ich! Aber das Kind, was nicht bei mir gelebt hat, dass liebe ich, ohne ihn wirklich zu kennen! Bestimmt geht es Deiner leiblichen Mutter ähnlich.
Wieviel Kontakt hast Du denn zu Deinen leiblichen Verwanten? Kommst Du mit dem Abgabegrund Deiner Eltern klar?
bald und bianka, vielen dank für eure antworten - ich glaube, dieses forum hilft wirklich weiter. momentan bin ich da ganz optimistisch. ich glaube, es hat eh jeder so sein päckchen zu tragen, auch nicht-adoptierte können manchmal unerwünscht sein und pech haben. trotzdem gut und wichtig, dass man sich dem thema stellt und sich damit auseinandersetzt. ich glaube, nur so kann man auch damit leben. und vor allem schön, endlich mal zu sehen, dass man doch mit diesem problem nicht allein dasteht. bianka, ich habe dir eine pn geschrieben. hoffe, dass ich bei bald auch in den nächsten tagen dazu komme. einen schönen abend
Zitat von xxx83... Trotzdem, auch wenn es mir sehr viel abverlangt, denke ich, dass es sich lohnt, den Kontakt weiter zu halten. Aber mindestens genauso wichtig finde ich ein stabiles Verhältnis zu den Aeltern zu behalten bzw wiederzufinden. Denn schließlich kann man nicht positiv in die Zukunft gehen, wenn die Vergangenheit nicht geklärt ist - so sehe ich das. Schwierig, aber hoffentlich möglich, wenn alle an sich arbeiten ...
Hallo xxx83, für Deine Einstellung zu dem, was Dir so präsentiert ist, im Zuge der Adoption, kann ich Dir nur gratulieren Wenn dein Umfeld auch so klug ist, dann dürfte einem vernünftigen und für alle Gewinn bringenden Miteinander nicht viel im Wege stehen. Das zeigt einmal wieder, dass man den Schaden, den Adoption herbeiführen kann, klein halten kann, wenn man das nur will ...