Ideologisch motivierte Zwangsadoptionen gehören zu den dunkelsten Kapiteln des SED-Regimes. Noch immer sind viele Betroffene im Unklaren über ihr Schicksal, die komplexen Zusammenhänge sind bis heute vielfach noch nicht aufgeklärt. Die staatliche Willkür traf aber nicht nur politisch Missliebige. Auch die, die sich dem System angepasst haben, waren unter den Opfern. So wie Erika T. Als im Januar 1985 der Arzt bei Erika die Schwangerschaft feststellte, fragte er sie gleich, ob sie das Kind zur Adoption frei geben möchte. Für die junge alleinerziehende Mutter eines vierjährigen Sohnes kam eine Freigabe zur Adoption nicht in Frage. Der Arzt akzeptierte zunächst ihre Antwort, aber gegen Ende der Schwangerschaft erhöhte er den Druck und drohte ihr, dass man ihr den älteren Sohn wegnähme, wenn sie nicht zustimme. Als dann auch ihr Antrag auf eine größere Wohnung nicht mehr zu finden ist und im Möbelladen plötzlich keiner mehr von ihrer Babybettbestellung weiß, ist Erika hilflos. Sie hält dem Druck nicht stand und gibt eine Woche vor der Entbindung ihre Einwilligung für die Adoption. Eine Entscheidung, die sie bis heute bereut. Auch Andreas L. durfte seinen Sohn nicht großziehen: Als er nach einer vereitelten Republikflucht verhaftet wird, werden er und seine Frau unter Druck gesetzt, das Baby zu Adoption freizugeben. In einem kurzen Prozess wird ihm die Vaterschaft aberkannt und sein Sohn zur Adoption freigegeben. Das war vor 24 Jahren. Seitdem weiß Andreas nichts über seinen Sohn. Seit der Wende versucht er, ihn zu finden. Doch das Adoptionsgesetz macht keinen Unterschied zwischen freiwilliger Adoption und Zwangsadoption. Immer wieder stellt Andreas L. beim Jugendamt Anträge auf Kontaktvermittlung. Endlich scheint es, dass sein größter Wunsch in Erfüllung gehen könnte. Sein Sohn hat seinen Brief erhalten und will sich mit ihm treffen.