Ich schreibe meine Abschlussarbeit an der Uni über das Thema "Spätatreibung und mögliche Alternativen mit Schwerpunkt auf Adoption und Pflegeelternschaft." Ich weiß nicht, wie weit ihr über den Sachverhalt bescheid wisst, aber man darf ein Kind nach einem auffälligen Befund bis kurz vor der Geburt abtreiben. Wird bei einer Vorsorgeuntersuchung also eine Behinderung, Krankheit oder eine andere Form der Schädigung festgestellt, darf man das Kind rechtlich gesehen abtreiben. Dies geschieht meistens durch eine Kaliumchloridgabe ins Herz des Kindes und ein anschließendes Einleiten der Geburt.
Nun zu meiner Frage: Denkt ihr, dass Adoption eine Alternative darstellt? Tut man dem Kind damit etwas Gutes? Könntet ihr einer Behinderung zur Welt bringen oder würdet ihr ein solches Kind adoptieren?
das ist wieder so eine Grundsatzdiskussion wo es meines Erachtens nach kein richtig oder falsch gibt. Ich bin kein Richter über tot und leben. Ich könnte ein stark behindertes Kind nicht großziehen, da fehlt mir die kraft und die psychische stärke zu. Ein behindertes Kind (man weiß ja nie wie stark) zur Adoption frei zu geben finde ich aus meiner Sicht für mein empfinden Kritisch. Wenn das Kind wahrnehmen und verstehen kann was eine Adoption bedeutet ist es sehr offensichtlich das es fortgegeben wurde weil es nicht "normal" ist, ich denke das ist eine schwere Belastung. Deswegen aber zu wünschen es wäre tot, damit es diesen quälenden Gedanken nicht immer haben muss ist sicherlich auch nicht richtig. Ich glaube, für mich würde es auf den Moment ankommen in der die Behinderung festgestellt wird, wäre dies in den letzten tagen vor der Geburt fall, könnte ich es sicher nicht abtreiben, eine Adoption, wäre also eine Option, besser jedoch fände ich dann eine Pflegefamilie. Damit man sich der Sache erstmal bewusst werden kann.
Egal wer was zu diesem Thema sagt, es werden niemals alle einer Meinung sein. Ich wäre um respektvollen Umgang dankbar!
Hallo Kenza, vielen Dank für deinen Beitrag. Ja, die Betreuung durch eine Pflegefamilie könnte durchaus eine Alternative darstellen. Adoptionsfreigabe finde ich auch sehr hart. Ich habe gelesen, dass Frauen dieses Erlebnis ewig nachhängt und zu schweren psychischen Probleme führen kann. Da wäre es auf jeden Fall hinfreich, mit dem Kind und der Adoptionsfamilie in Kontakt zu bleiben. Hat noch jemand anders ne Meinung zu dem Thema? Wie Kenza schon gesagt hat, es gibt kein Richtig und kein Falsch...
habe ich das richtig verstanden: ein Wunschkind, was sich als krank herausstellt, abtreiben oder weggeben wegen der Krankheit?
Ich kenne 2 Fälle von Down-Kindern, die zur Adoption freigegeben wurden. Einmal wegen der Behinderung, das andere Mal war es von Anfang an geplant.
Also, ich könnte als Mutter mit keinen von beiden Möglichkeiten leben. Weder mit der Tötung noch der Weggabe. Pflegefamilie oder Pflegeheim wäre sicher eine Alternative, wenn es die Familie nicht schaffen sollte, das Kind aufzufangen.
Ist die Frage, ob es genug Paare gibt, die ein krankes Kind aufnehmen.
Unsere Adoptionsvermittlungsstelle (kirchl. Träger) hat neben der Adoptionsvermittlung auch ein Netzwerk von Pflegeeltern aufgebaut, ausdrücklich um behinderten Kindern, die nicht in der leiblichen Familie bleiben können, ein Zuhause zu bieten. Interessant finde ich, dass mir persönlich unter adoptierten Kindern mit angeborenen Behinderungen nur solche mit Downsyndrom bekannt sind. Ohne diese Erkrankung und die damit verbundenen Leistungen der Eltern herabspielen zu wollen, ist diese Behinderung eine "vergleichsweise leichte" (ich meine damit Aspekte wie Schmerzen, Lebenserwartung, Angewiesen sein auf Pflegedienste/Hilfsmittel/lebenserhaltende Maßnahmen, Möglichkeiten des "normalen Lebens" wie Urlaub, arbeiten gehen, gesellschaftliche Akzeptanz etc). Abgesehen von der in diesem Fall möglicherweise besseren Option, dass das Kind in einer Pflegefamilie mit Kontakt zur leiblichen Familie aufwachsen kann, glaube ich nicht, dass es viele Adoptivbewerber geben würde, die ein schwer- oder schwerstbehindertes Kind annehmen würden. Dies ist aber meine persönliche Einschätzung. LG Morgenmuffel
Das ist wirklich ein ganz heikles Thema und bei sachlicher Betrachtung, so diese überhaupt möglich ist, komme ich für mich nur zu einer möglichen Entscheidung: Ich würde ein Kind nie wegen einer Behinderung abtreiben weil ich der Meinung bin, dass ein Fötus/Embryo, der nicht leben möchte, entweder von selbst abgeht, oder aber kämpft. Es gibt heute genug Hilfsangebote, die ich dann für mich und dieses Kind in Anspruch nehmen würde. Das sage ich heute mit "46" Jahren und genügend Lebenserfahrung, die mich gelehrt hat, dass ich verdammt zäh und psychisch enorm belastbar bin! In den "20ern" hätte ich mich sicher anders entschieden, auf keinen Fall jedoch pro abortus! In der Stadt, in der ich lebe, gibt es z.B. ein Programm der Diakonie " Familie statt Heim - Pflegefamilien für chronisch kranke und behinderte Kinder ", das sehr erfolgreich ist.
[quote="Morgenmuffel" Ohne diese Erkrankung und die damit verbundenen Leistungen der Eltern herabspielen zu wollen, ist diese Behinderung eine "vergleichsweise leichte" (ich meine damit Aspekte wie Schmerzen, Lebenserwartung, Angewiesen sein auf Pflegedienste/Hilfsmittel/lebenserhaltende Maßnahmen, Möglichkeiten des "normalen Lebens" wie Urlaub, arbeiten gehen, gesellschaftliche Akzeptanz etc).
LG Morgenmuffel[/quote]
Kann ich nicht bestätigen. Beide Kinder, von denen ich schrieb, sind/waren schwerstkrank. Eins ist letztes Jahr voerstorben, das andere hat Leukämie und einen schweren Herzfehler.
vielen Dank für eure Beiträge. @naji: Das Projekt "Familie statt Heim" ginde ich sehr interessant. Ist das von der Diakonie Düsseldorf? http://www.diakonie-duesseldorf.de/Famil...-Heim.22.0.html Habe das mal gegooglet, finde dazu aber nicht sehr viele Informationen. Gibt es da noch andere (Internet)quellen?
In Deutschland werden 92% aller Kinder mit Downsyndrom abgetrieben. Was glaubt ihr, wieso treiben die meisten ihr Wunschkind ab und geben es nicht zur Adoption frei? Das ist so eine Frage, auf die ich noch eine Antwort suche... Her mit euren Spekulationen. Ich habe mir schon so meine Gedanken gemacht, würde abererst mal gerne eure Meinung hören und dann geb ich meinen Senf dazu ;-)
Zitat von Hannah192In Deutschland werden 92% aller Kinder mit Downsyndrom abgetrieben. Was glaubt ihr, wieso treiben die meisten ihr Wunschkind ab und geben es nicht zur Adoption frei? Das ist so eine Frage, auf die ich noch eine Antwort suche... Her mit euren Spekulationen. Ich habe mir schon so meine Gedanken gemacht, würde abererst mal gerne eure Meinung hören und dann geb ich meinen Senf dazu ;-)
Ein gesundes Kind zur Adoption zu geben ist hart genug, aber ein behindertes, muss noch viel schlimmer sein. Daran, dass fremde Menschen ein gesundes, fremdes Kind höchstwahrscheinlich lieb haben und respektieren werden, kann man noch ganz gut glauben, dass sie ein behindertes Kind aber ebenso lieben werden, ist nicht so selbstverständlich. Wer vor der Entscheidung "Adoption ja oder nein" steht, wird sich zwangsläufig solche Gedanken machen. Diese werden dadurch unterstützt, dass man sich im Zweifelsfall ja offenbar selbst nicht zutraut, das zu schaffen. Wäre man sich sicher, gäbe es weder Adoption noch Abtreibung.
Was die Abtreibung angeht, werden die zuvor angesprochenen Bedenken auch eine Rolle spielen, aber wohl eher eine untergeordnete. Ich vermute, dass hier eher Überlegungen eine Rolle spielen wie ...
- die Frage nach dem Lebenswert, wenn dieses nie selbstbestimmt stattfinden kann, - das Wissen, dass das Wohlergehen des Kindes sehr vom eigenen Wohl abhängig ist, - finanzielle Probleme, - soziales Unverständnis, - etc.
Ich kenne eine Frau (Witwe), deren sehr spätes, drittes Kind ein Down-Kind war. Sie hat den Sohn praktisch alleine groß gezogen, weil der Mann früh gestorben ist. Wegen ihrer Fürsorge ist der Sohn fast 40 geworden, hat aber immer unter hundertprozentiger Aufsicht gelebt. Unter der Woche lebte er ab dem Schulabschluß an einer Sonderschule in einem Heim wo er auch etwas Arbeit (=Beschäftigung) fand und kam jedes Wochenende nach Hause. So hatte sie genug Zeit zur Regeneration und er zwei zuverlässige "Nester". Das war optimal. Da mein Mann und ich regelmäßig Mutter und Sohn mit auf Ausflüge genommen haben, weiß ich ein bisschen wie anstregnend das Leben mit einem Down-Kind aussehen kann. "Kind" gilt hier bis ans Lebensende, denn eine Selbständigkeit stellte sich nie ein. Da die Umwelt sehr wenig Verständnis für "erwachsene Kinder" mit all ihren Unpäßlichkeiten zeigt, ist jeder Gang in die Öffentlichkeit ein Spießrutengang. Das muss man wissen und man muss sich die Frage ehrlich beantworten, ob man dem über Jahrzehnte gewachsen sein kann.
Dieser Down-Mann war sehr glücklich, aber seine Mutter sicher nicht. Sie war zufrieden, liebte ihn und hat sich niemals über ihr Schicksal beschwert, aber die ewige Angst was nach ihrem Tod passiert, hat sie aufgefressen. Sie hat nur wegen ihm so lange durchgehalten. Der Sohn ist mit fast 40 an Organversagen (frühe Alterungserscheinungen) verstorben. Nur wenig danach folgte sie ihm.
Wenn die äußeren Umstände zu so einem behüteten Leben gesichert sind, dann ist Abtreibung überflüssig. Unter "behütet" verstehe ich aber nicht das Abschieben in eine Einrichtung, die so schlecht ist wie manches miserable Altersheim.
Als Letztes wird es Frauen/Männer geben, die sich einfach nicht mit einer derartigen Schwangerschaft abgeben wollen und deswegen das Angebot der Abtreibung annehmen. Wie das moralisch zu bewerten ist, möge jeder für sich selbst ausmachen, aber es muss die Entscheidung eines jeden selbst bleiben.
Gehen wir aber einmal von einem Paar aus, das in geregelten Verhältnissen lebt und sich schon lange ein Kind wünscht. Dann klappt es endlich. Pränatala Untersuchungen ergeben einen "positiven" Befund, das Kind wird aller Wahrscheinlichkeit nach behindert sein. Obwohl sie sich von ganzem Herzen ein Kind wünschen und alles vorbereitet ist, entscheiden sie sich dagegen, das Kind auszutragen und zur Adoption/ in eine Pflegefamilie zu geben.
Man sollte diesen Fall noch etwas differenzieren, denn es ist ein Unterschied ob es sich um ein normal fruchtbares Paar handelt oder um ein unfruchtbares Paar, das z. B. mittels IVF schwanger wurde. Im letzten Fall werden die Eier exkorporal gefruchtet und gezüchtet und dabei ist es technisch möglich (wenn auch nicht in Deutschland zulässig, soweit ich weiß), zu Testen und zu Selektieren. Solche Embryos würden höchstwahrscheinlich gar nicht erst eingesetzt, denn Studien haben gezeigt, dass Embryos mit Gendefekten sowieso meistens abgehen.