nach einigen Jahren Wartezeit haben wir im Oktober einen Kindervorschlag für zwei Jungen (4 und 10) aus Polen bekommen. Wir haben die beiden schon mehrfach getroffen und warten nun auf das erste Gerichtsverfahren in dem über die Dauer der Anbahnung u.s.w. entschieden wird.
Wir freuen uns sehr auf die Beiden. Allerdings bin ich inzwischen etwas unsicher und möchte gerne einige Tips von Euch bzw. Erfahrungen mit Euch austauschen.
Die Beiden Jungs fahren ziemlich auf meinen Mann ab, was verständlich ist, da es im Kinderheim eigentlich nur Frauen gibt. Allerdings habe ich etwas Schwierigkeiten mit dem Kleinen Kontakt aufzubauen, zumindest wenn mein Mann dabei ist. Der Kleine ist sowieso ein ziemlicher Dickkopf und noch in der Trotzphase und läßt mich nicht wirklich an sich ran. In den Seminaren, die wir in vorbereitung besucht haben, wurde zwar davon berichtet, dass es so sein kann, das sich die Kinder hauptsächlich an einen Partner wenden, aber man hofft ja immer, dass es bei einem selbst anders ist :-)
Nun mache ich mir Sorgen, dass das nicht besser wird und ich einen lebenslangen Kampf führen muss, zumal ich diejenige sein werde die vorerst mit den Kindern zu Hause ist.
Es wäre schön, von Euren Erfahrungen zu hören. Vielleicht gibt es ja auch den ein oder anderen Praxistip.
Hallo, wir haben 2 Schwestern aus Bulgarien adoptiert (3,5 und 6) und die haben sich total an mich gehängt. Wenn mein Mann sie z.B. ins Bett brachte, brüllten sie wie am Spieß. Oder wenn ich abends wegging und mein Mann blieb daheim, machten beide total Theater. Dennoch bin nach einer gewissen Eingewöhnungszeit auch mal weggegangen. Und wir haben die Kinder eine zeitlang zusammen ins Bett gebracht, und ganz allmählich konnte mein Mann das auch allein.
Nun, 3 Jahre später, ist das alles gar kein Problem mehr. Ich bin zwar immer noch die erste Anlaufstelle, aber wenn ich nicht da bin, ist mein Mann auch "vollwertiger" Ersatz. Sehr geholfen, die Beziehung zu verbesser hat die Tatsache, dass nach einem Jahr mein Mann 2 Monate Elternzeit gemacht hat und ich arbeiten ging. Danach war das Vertrauensverhältnis wesentlich enger geworden.
Ich denke, eure Kinder brauchen Zeit. Macht viele Dinge gemeinsam, damit sie sehen, dass du "genauso gut" bist wie dein Mann. Und wenn ihr die Dinge gemeinsam macht, übernimm du ruhig ab und zu auch die "Bestimmerrolle" und bitte deinen Mann, in den Hintergrund zu treten.
Ich wünsche euch alles Gute und eine gute Eingewöhnungszeit.
meine Tochter bevorzugt auch etwas meinen Mann, bis auf in bestimmten Bereichen, wo sie immer zu mir kommt, z.B. der erste Gang wenn sie noch verschlafen ist, oder an- und ausziehen, Bücher lesen,... Im Grunde braucht sie aber uns beide und ist eigentlich nur richtig erleichtert, wenn wir beide da sind, selbst wenn sie dann nur nach Papa schreit. Ich glaube, dass die meisten Kinder irgendwann beide Partner akzeptieren und dass eine Bindung zu beiden möglich ist, man darf die zeitweilige Ablehnung nur nicht persönlich nehmen auch wenn es schwer fällt.
Hallo Syrue, erst einmal Respekt für euer Vorhaben! Zwei auf einmal und dann in dem Alter (ich meine das Alter der Kinder ) , das trauen sich ganz sicher nicht viele zu. Ich wünsche euch alles Gute! Unsere Tochter war erst wenige Tage alt, als wir sie bekamen, aber sie hatte trotzdem massive Schwierigkeiten mit der Bindung, allerdings nur auf Frauen bzw besonders auf mich bezogen. Mit meinem Mann gab es gar keine Probleme. Es dauerte 3 Jahre, bis der "Panzer" zerbrach. Das war eine teilweise sehr schwere Zeit für mich. Ich kann mir gut vorstellen, dass du Bammel hast. Aber wartet doch vielleicht erst einmal ab, wie sich das gemeinsame Leben gestalten wird. Noch hattet ihr ja keine "Normalität", sprich geregelte Tagesabläufe, gemeinsam entwickelte Rituale, Alltagskonfliktsituationen etc, ihr konntet euren Adoptivkindern noch nicht vorleben, wer ihr wirklich und vollständig seid und auf wen sie sich einlassen sollen (so interpretiere ich das jedenfalls, wenn du schreibst, ihr habt euch ein paar Mal getroffen). Wer weiss, vielleicht findet ihr ja dann schnell Zugang zueinander. Wenn nicht: Ich glaube, das Wichtigste ist, dass du in deinem Liebesangebot beständig bist, egal wie lang die Beziehung relativ einseitig bleibt. Das klingt vielleicht banal und selbstverständlich, aber ich weiss wie schwer dies möglicherweise ist. Man ist ja auch nur ein Mensch und reagiert gekränkt, wenn man zurückgewiesen wird. Man muss sich möglicherweise in dieser Zeit immer wieder klar machen, dass man sich bewusst entschieden hat diese Kinder zu lieben. Und egal wie das Zusammenleben möglicherweise an den Nerven zehrt und so gar nichts mit der erträumten Familienidylle zu tun hat: Das Liebesangebot den Kindern gegenüber muss unbedingt konstant bleiben. Und scheue dich nicht professionelle Hilfe zu suchen. Mir hat es sehr geholfen, mit jemandem zu reden. Meine Erfahrung ist, dass in meinem Umfeld (auch unter Adoptiveltern) niemand auch nur ansatzweise verstehen konnte, wie belastend es für mich war, von meinem Kind (einem Baby!) nicht geliebt und abgelehnt zu werden, und welche Selbstzweifel dies hervorrufen konnte. Im Familienleben haben uns kleine Tricks geholfen. Wenn zum Beispiel ein Tag sehr fröhlich und harmonisch gelaufen war, hat sich mein Mann abends allmählich zurück gezogen, damit meine Tochter die friedliche Atmosphäre in die Zweisamkeit mit mir hinübernehmen und so vielleicht auch immer mehr mit mir assoziieren konnte. Das war sehr hilfreich, und ich war meinem Mann dafür dankbar. Da kommt ja auch noch eine weitere Komponenete hinzu: Wie gehen die Elternteile damit um zu sehen, dass die Kinder so extrem unterschiedlich auf sie reagieren? Ist der eine eifersüchtig auf den anderen, oder stellt der andere die Erziehungs- oder Beziehungsfähigkeit des einen infrage? So etwas muss nicht aufkommen, aber es kann durchaus. Habt ihr jemanden (Vermittlungsstelle), der euch auch in der Zeit nach der Anbahnung und Adoption begleitet und berät? Immerhin muss der Vermittlungsstelle doch auch klar sein, dass ihr besonderen Unterstützungsbedarf habt. Euer einer Sohn ist 10 und steht schon kurz vor der Pubertät, also der Phase, wo ein Kind sich von seinen Bindungspersonen abnabelt. Bis dahin kann er noch gar nicht bei euch fest gebunden sein. Ich kann mir vorstellen, dass ihr jemanden braucht, der euch langfristig begleitet und auch hilft herauszufinden, welche Erwartungen an die anderen Familienmitglieder realistisch sind. LG Morgenmuffel
Wenn ich das alles lese, drängt sich mir der Verdacht auf, dass es ja sehr gut möglich sein kann, dass das Kind bisher keine guten Erfahrungen mit Frauen gemacht hat, bei der Mutter, die es zurück gelassen hat, einmal angefangen. Im Heim hat es sicher auch nur weibliche Bezugspersonen um sich.
Aus eigener, leidvoller Erfahrung mit weiblichen Erziehungsberechtigten kann ich Dir versichern, dass es sehr lange dauert, bis man "Weiber" akzeptieren kann, wenn man vorher (vermeintlich) schlecht behandelt wurde. Das "vermeintlich" deswegen, denn nicht immer ist es auch so, sondern wird nur so empfunden. Die negative Wirkung ist aber fast gleich.
An deiner Stelle würde ich einfach nur weiter machen wie bisher und streng darauf achten, niemals das bisschen Vertrauen zu verlieren, das sich überhaupt gebildet hat. (Klein)kinder sind sehr verletzlich und manche Erlebnisse brennen sich erstaunlich tief in die Gehirnwindungen ein.
Ich wünsche Dir, dass sich alles spätestens dann positiv ändert, wenn ihr zusammen lebt.
Vielen Dank für die schnellen Antworten. Es hilft mir sehr zu hören, dass das nicht unnormal ist und nichts mit einem persönlich zu tun hat, sondern natürlich auch mit dem Vorleben der Kinder. Auch wenn der Verstand das alles natürlich weiß, ist man eben doch gekränkt und enttäuscht.
Wir fahren heute wieder nach Polen und werden die Kinder 5 Tage lang in einer Ferienwohnung rund um die Uhr bei uns haben. Hier werden wir auch versuchen, mal das alleine sein mit mir zu üben und sehen wie es funktioniert. Ich weiß das es Zeit braucht und werde auf jeden Fall dranbleiben.
Es ist aber sehr schön zu hören, das es auch bei anderen Beispielen nach einer Weile funktioniert hat. Die Erzieherinnen, Dolmetscher und die Adoptionsagentur haben uns das zwar auch gesagt, aber natürlich neigt man dazu das nicht so ganz zu glauben, da hier ja die Erfolgsmotivation doch sehr hoch ist. Wenn man das aber dann auch an Beispielen sieht, hilft es doch!!! Dafür also vielen Dank.
Wir werden erst nach Weihnachten zurück sein und ich werde dann berichten.
Ich wünsche Euch allen ein schönes, streßfreies Weihnachtsfest.
Ich denke eine vordergründige "gelungene" Anbahnung täuscht meistens. Weil ich denke, ein Kind kann das so schnell nicht einfach alles verarbeiten und sich sicher fühlen.