Wortprotokoll Niederschrift über den öffentlichen Teil der Plenarsitzung des Deutschen Ethikrates am 26. Juni 2008 in Berlin *** Ulrike Riedel: (Mitglied des Deutschen Ethikrates) Anonyme Geburt
Das Familienrecht, das BGB, kennt keine anonyme Elternschaft und keine Elternlosigkeit, auch nicht vorübergehend. Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat, ohne dass es eines Aktes der Anerkennung bedarf. Das ist anders als zum Beispiel in Frankreich. Da müssen auch die Mütter ihre nichtehelichen Kinder erst anerkennen. Die Rechtbeziehungen zwischen Eltern und Kind unterliegen nicht der Privatautonomie. Das Verwandtschaftsverhältnis kann nur durch den staatlichen Akt der Adoption geändert werden, bei dem übrigens – das ist wichtig; das wissen viele nicht – die leiblichen Eltern als Ersatzeltern erhalten bleiben, wenn die Adoption ausnahmsweise scheitert; denn nicht einmal die Adoption zerschneidet die rechtlichen Bande zwischen leiblichen Eltern und Kind vollständig.
Wortprotokoll Niederschrift über den öffentlichen Teil der Plenarsitzung des Deutschen Ethikrates am 26. Juni 2008 in Berlin *** Ulrike Riedel: (Mitglied des Deutschen Ethikrates) Anonyme Geburt
Das Familienrecht, das BGB, kennt keine anonyme Elternschaft und keine Elternlosigkeit, auch nicht vorübergehend. Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat, ohne dass es eines Aktes der Anerkennung bedarf. Das ist anders als zum Beispiel in Frankreich. Da müssen auch die Mütter ihre nichtehelichen Kinder erst anerkennen. Die Rechtbeziehungen zwischen Eltern und Kind unterliegen nicht der Privatautonomie. Das Verwandtschaftsverhältnis kann nur durch den staatlichen Akt der Adoption geändert werden, bei dem übrigens – das ist wichtig; das wissen viele nicht – die leiblichen Eltern als Ersatzeltern erhalten bleiben, wenn die Adoption ausnahmsweise scheitert; denn nicht einmal die Adoption zerschneidet die rechtlichen Bande zwischen leiblichen Eltern und Kind vollständig.
Also lieber Burkhard, rechtlich kann ich Dir dazu nichts sagen, aber wie es da steht, ist das doch ein wesentlicher Baustein für nunsere Herkunftsmütter. Außerdem geht dieser Beitrag nicht konform mit den Aussagen aller JÄ. Also hat die leibliche Mutter immer noch Rechte, wenn die Adoption gescheitert ist, ich nehme mal an, auch wenn das Kind diese Adoption rückgängig machen wolle, dann wäre das doch rechtens oder? Oder sehe ich das falsch?
Ich habe soeben an Frau Riedel eine Email geschickt. Ihre Email-Adresse: rechtsanwältin@ulrike-riedel.de
Rechtliche Bande nach der Adoption.Dienstag, 14. Oktober, 2008 14:46 Uhr
Sehr geehrte Frau Riedel, in Ihrem Referat am 26. Juni 2008 vor dem Deutschen Ethikrat zum Thema Anonyme Geburt machen Sie folgende Aussage: "denn nicht einmal die Adoption zerschneidet die rechtlichen Bande zwischen leiblichen Eltern und Kind vollständig." Als Vater, der sich vor 21 Jahren dazu gezwungen sah, seine Tochter zur Adoption frei zu geben, habe ich immer nur die Auskunft erhalten, dass mit der Adoption alle rechtlichen Beziehungen zwischen leiblichen Eltern und adoptierten Kind unwiederruflich erlöschen.Am stärksten kommt das darin zum Ausdruck, dass selbst die Geburtsurkunde des adoptierten Kindes auf die Namen der Adoptiveltern geändert (gefälscht) wird. "Durch eine Adoption wird juristisch eine zweite Geburt des Kindes fingiert. Es wird gemeinschaftliches eheliches Kind der Adoptiveltern. Sämtliche Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes zu den bisherigen Verwandten erlöschen. Es erhält eine neue Geburtsurkunde, aus der sich die tatsächliche Abstammung nicht mehr ergibt." Harald Paulitz (Hrsg.) Adoption. Positionen, Impulse, Perspektiven. 2. Auflage. Verlag C.H.Beck, München 2006, S. 220"Als Folge der im deutschen Recht gewählten Konstruktion existieren so gut wie keine Ansprüche adoptierte Kinder und iher leiblichen Verwandten auf gegenseitige Information oder gar Kontakt. Das juristische "Fallbeil" des vornundschaftsgerichtlichen Adoptionsbeschlusses zerschneidet Lebenslinien oder wie es Betroffene, Sozialpädagogen und Psychologen formulieren: kappt die Wurzeln." (ebd. S. 221). Dazu noch einen Hinweis von mir. Wir Herkunftseltern haben nichteinmal das Recht von einer schweren Erkrankung oder dem Tod unserer Kinder zu erfahren.Dazu steht nun Ihre Aussage im krassen Widerspruch.Ich würde mich sehr freuen, von Ihnen einen Hinweis auf die rechtlichen Bestimmungen zu erhalten, durch die ein weiterbestehen rechtlicher Bande zwischen leiblichen Eltern und abgegebenen Kind gewährleistet sind.Vielleicht kann mein Schreiben an Sie ja auch ein Anstoß sein, das Problem das geltende Adoptionsrecht und seine Auswirkung auf alle Betroffenen zum Thema des Deutschen Ethikrates zu machen. Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kuhne,für Ihre Mail und Ihre Informationen danke ich Ihnen sehr. Allerdings sehe ich keinen Widerspruch zwischen Ihren Erfahrungen und meinen Ausführungen. Meine Bemerkung, dass nicht einmal die Adoption die rechtlichen Bande zwischen leiblichen Eltern und Kind vollständig zerschneidet, bezog sich darauf, dass rechtlich die Eltern als Ersatzeltern erhalten bleiben für den Fall, dass die Adoption scheitert, d.h. wenn diese ausnahmsweise rückgängig gemacht werden muss. Solange das Adoptionsverhältnis besteht, haben Sie mit Ihrer Aussage recht. Dann besteht kein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen abgebenden Eltern und dem Kind und eine Kontaktaufnahme und Informationsaustausch hängt allein von der Entscheidung des Adoptivkindes und der Adoptiveltern ab. Die auf die Adoptiveltern ausgestellte Geburtsurkunde stellt allerdings nicht den Tatbestand der Fälschung dar, weil dies so im Gesetz vorgesehen ist und die erste Geburtsurkunde nicht vernichtet wird, sondern beim Standesamt erhalten bleibt und von dem Kind ab dem 16. Lebensjahr eingesehen werden kann. Der Ethikrat wird sich auch mit den Auswirkungen der Adoption auf die abgebenden Eltern befassen. Ihr Beispiel zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, das die abgebenden Eltern und auch die leiblichen Väter gut beraten werden und nicht zur Adoptionsabgabe gedrängt werden oder sogar umgangen werden dürfen. Wir haben für den 23. 10. auch eine Expertin eingeladen, die sich in ihrer therapeutischen Arbeit ganz speziell mit den Auswirkungen der Adoption auf die abgebenden Eltern, das Kind und die Adoptivfamilie gefasst. Mit freundlichen Grüssen Ulrike Riedel Rechtsanwältin - Medizinrecht
Die Abstammungsurkunde enthält sämtliche Daten: über das geborene Kind, die leibliche Mutter, ggf. auch über den leiblichen Vater (weshalb das nicht immer so ist, lässt sich sicherlich kritisieren) sowie die annehmenden Eltern. Die Geburtsurkunde legt nicht alle Daten offen, da sie i.d.R. für amtliche Angelegenheiten genutzt wird (Anmeldung an einer Schule, Bewerbungen etc.) und nicht jeder zwangsläufig über die Adoption informiert werden muss. Insofern sind, wenn die Abstammungsurkunde des Familienbuches umfangreich geführt wurde (in meinem Fall hat man nämlich, trotz Kenntnis, meinen leiblichen Vater einzutragen, was ich jetzt nachholen werde), Informationen, die man nachvollziehen kann.
A propo Frankreich: Nicht mehr nachvollziehbar ist für mich, dass in Frankreich nicht verheiratete Mütter ihr Kind erst anerkennen müssen. Was wird denn da anerkannt? Dass sie geistig - und nicht nur körperlich - nachvollziehen können, dass der Mensch, den sie geboren haben, ihr eigenes ist? Das klingt ja beinahe so, als würden französische Frauen ihre Kinder in totaler geistiger Umnachtung bekommen? Ich muss da unbedingt mal meine deutsche Freundin, die im Ausland mit ihrem ranzösischen Lebenspartner Kinder bekommen hat, dazu befragen :-) Enis
Zitat von burkhardSehr geehrter Herr Kuhne,für Ihre Mail und Ihre Informationen danke ich Ihnen sehr. Allerdings sehe ich keinen Widerspruch zwischen Ihren Erfahrungen und meinen Ausführungen. Meine Bemerkung, dass nicht einmal die Adoption die rechtlichen Bande zwischen leiblichen Eltern und Kind vollständig zerschneidet, bezog sich darauf, dass rechtlich die Eltern als Ersatzeltern erhalten bleiben für den Fall, dass die Adoption scheitert, d.h. wenn diese ausnahmsweise rückgängig gemacht werden muss. Solange das Adoptionsverhältnis besteht, haben Sie mit Ihrer Aussage recht. Dann besteht kein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen abgebenden Eltern und dem Kind und eine Kontaktaufnahme und Informationsaustausch hängt allein von der Entscheidung des Adoptivkindes und der Adoptiveltern ab. Die auf die Adoptiveltern ausgestellte Geburtsurkunde stellt allerdings nicht den Tatbestand der Fälschung dar, weil dies so im Gesetz vorgesehen ist und die erste Geburtsurkunde nicht vernichtet wird, sondern beim Standesamt erhalten bleibt und von dem Kind ab dem 16. Lebensjahr eingesehen werden kann. Der Ethikrat wird sich auch mit den Auswirkungen der Adoption auf die abgebenden Eltern befassen. Ihr Beispiel zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, das die abgebenden Eltern und auch die leiblichen Väter gut beraten werden und nicht zur Adoptionsabgabe gedrängt werden oder sogar umgangen werden dürfen. Wir haben für den 23. 10. auch eine Expertin eingeladen, die sich in ihrer therapeutischen Arbeit ganz speziell mit den Auswirkungen der Adoption auf die abgebenden Eltern, das Kind und die Adoptivfamilie gefasst. Mit freundlichen Grüssen Ulrike Riedel Rechtsanwältin - Medizinrecht
Man kann hier nur hoffen, dass sich endlich in den Betonköpfen der Ämter etwas ändert.
Laut Ethikratgesetz (EthRG) vom 16.07.2007 bestimmt der Deutsche Ethikrat seine Themen selbst. Er kann aber auch vom Deutschen Bundestag oder der Bundesregierung mit der Bearbeitung eines Themas beauftragt werden. Im Verlauf seiner Sitzung am 29. Mai hat der Deutsche Ethikrat eine erste Reihe von Themen auf seine Agenda gesetzt. Besondere Aufmerksamkeit wird der Rat in den kommenden Monaten u. a. folgenden Themen widmen: Anonyme Geburt/Babyklappen • Termine: o 26. Juni 2008: Impulsreferat mit anschließender Diskussion o 23. Oktober 2008: Anhörung externer Sachverständiger o danach Entscheidung über das weitere Vorgehen
Wir haben für den 23. 10. auch eine Expertin eingeladen, die sich in ihrer therapeutischen Arbeit ganz speziell mit den Auswirkungen der Adoption auf die abgebenden Eltern, das Kind und die Adoptivfamilie gefasst. (Frau Rechtsanwältin Ulrike Riedel, Mitglied des Deutschen Ethikrates)
Aus der Tagesordnung:
K a f f e e p a u s e 4. Folgen für Betroffene; Adoptionsfolgen für abgebende Eltern und Angehörige aus psychologischer Sicht Frau Irmela Wiemann, Diplom-Psychologin u. Familientherapeutin, Weinbach anschließend Diskussion 5. Können mit den anonymen Angeboten die Frauen erreicht werden, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Kind nach der Geburt aussetzen oder töten? Frau Prof. Dr. Anke Rohde, Gynäkologische Psychosomatik, Universität Bonn anschließend Diskussion 6. Zusammenfassung Vorstand 2. Nicht öffentlicher Teil - Fortsetzung ca. 16.45 Uhr - ca. 18.00 Uhr
Das Thema Adoption ist bei der Anhörung nur ein Nebenthema unter dem Hauptthema Anonyme Geburt / Babyklappe. Zwischen Kaffeepause und 16.45 Uhr hat dann Frau Wiemann die Möglichkeit zu referieren. Ich schätze Frau Wiemann sehr und habe bei ihr schon an zahlreichen Seminaren teilgenommen. Aber in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit, hat sie kaum die Gelegenheit auf grundsätzliche Fragen und Problem der heutigen Rechtslage und Praxis bei Adoptionen einzugehen.
Wir müssen den Ethikrat dazu motivieren das Thema Adoption zu einem eigenständigen Hauptthema zu machen. Die besten Sachverständigen zum Thema Adoption sind wir selber. Wir alle Herkunftseltern, Adoptierte und Adoptiveltern müssen gehört werden. In diesem Sinne werde ich mich noch einmal an Frau Riedel wenden
Zitat von burkhard......Wir müssen den Ethikrat dazu motivieren das Thema Adoption zu einem eigenständigen Hauptthema zu machen. Die besten Sachverständigen zum Thema Adoption sind wir selber. Wir alle Herkunftseltern, Adoptierte und Adoptiveltern müssen gehört werden. In diesem Sinne werde ich mich noch einmal an Frau Riedel wenden
Lieber Burkhard, das wäre sicherlich ein Weg den wir zusätzlich zum Weiterbestehen der Petiton gehen kann, und wenn man dadurch auch etwas erreichen kann.
ZitatWir müssen den Ethikrat dazu motivieren das Thema Adoption zu einem eigenständigen Hauptthema zu machen. Die besten Sachverständigen zum Thema Adoption sind wir selber. Wir alle Herkunftseltern, Adoptierte und Adoptiveltern müssen gehört werden. In diesem Sinne werde ich mich noch einmal an Frau Riedel wenden
Lieber Burkhard, das ist eine gute Idee! Um so mehr Menschen sich mit dem Thema beschäftigen, um so eher wird die Öffentlichkeit sich eine realistischere meinung bilden können.
Ich warte auch schon die ganze Zeit auf weitere Info zu diesem Thema, habe aber bis vor zwei Monaten nichts mehr dazu gehört. Es gab zwischenzeitlich jedenfalls wieder Sitzungen, deren Outcome aber nicht veröffentlicht wurde. Vielleicht kann ja jemand anderes noch einmal suchen gehen ...
da ich von Ende Sept. bis Ende Okt. im Ausland im Urlaub war, habe ich von diesem Thema bislang nichts mitbekommen.
Bereits einige Male schrieb ich in der Vergangenheit von unserem "Adoptions-Eltern-Seminar" in dem wir darüber unterrichtet wurden, dass bei Tod oder irgendwelchem Erziehungs-Unvermögen der Ado-Eltern das adoptierte Kind zunächst wieder den leiblichen Eltern zur Rücknahme angeboten wird. Genau während dieser Zeit wurde der Fall eines 4-jährigen Ado-Kindes abgehandelt, dessen A-Mutter verstarb, dessen A-Vater aber mit dem Kind wegen überwiegender Auslandsaufenthalte nichts anfangen konnte. Was letztlich daraus geworden ist, bekam ich nicht leider nicht mit.
Eben habe ich gerade gelesen (Neues Deutschland), dass der Ethikrat seine längst fällige Entscheidung vertagt hatte. Jetzt soll Ende dieses Monats (Ende November 2009) die angekündigte Stellungnahme zu Babyklappen und anononymer Geburt erfolgen.