Wenn Adoption immer so verlaufen würde, dass sie tatsächlich zum Wohle des Kindes sind - und zwar auf der ganzen Linie! - dann wäre es möglicherweise in dem einen oder anderen Ausnahmefall eine Lösung Erheblich besser fände ich es allerdings, wenn es erst gar nicht zu ungeplanten Schwangerschaften käme!
Genau hier sollte man ansetzen. Als ich 1968 als Teeny schwanger wurde, hat sich kaum jemand um Aufklärung gekümmert und über die Pille wurde in unserer Familie höchsten hinter vorgehaltener Hand geredet (ich bin sehr katholisch aufgewachsen, zwei Brüder meiner Oma waren Priester, einer sogar Bischof). Meine Mutter war mit mir zwei Tage vor meiner Niederkunft zum ersten Mal beim Frauenarzt!
Heute bräuchte es (theoretisch) höchstens in Ausnahmefällen ungeplante Schwangerschaften geben. Warum dem nicht so ist, kann ich nur mutmaßen, finde es aber höchst blamabel für unsere Gesellschaft. Prinzipiell bin dagegen, Schwangerschaften von vornherein nur deswegen auszutragen, damit die Kinder sofort adoptiert werden. Das grenzt für mich an Leihmutterschaft. Wie gesagt, ich bin für Aufklärung, Aufklärung und noch mal Aufklärung!
Ich konnte mir die Abtreibung nicht vorstellen und hätte die Möglichkeit da, wo ich lebte auch nicht gehabt. In erster Linie wollte ich es auch nicht. Zuerst hatte ich noch die Hoffnung, dass sich meine Lebenssituation verbessert, bis mir von fremden Menschen Geld angeboten wurde, wenn ich ihnen mein Kind geben würde. "Selbst Aussenstehende erkennen, dass du es nicht schaffen wirst mit deinen Kindern (zwei gab es ja schon)", dachte ich. Irgendwann gab ich die Hoffnung auf und beschaffte mir Geld, um nach Deutschland zu fahren, wo ich zur Adoptionsvermittlung ging. Ich lebte im Ausland. Bei der Adoptionsvermittlung gab es genau ein Gespräch, ohne irgendeine Beratung, die mir das Gefühl gegeben hätte, ich könnte es mit dem Baby schaffen. Es gab eine Liste von Bewerbern und ich erfuhr, dass besonders Säuglinge gesucht wurden. Nein ich habe mich nicht als Leihmutter gefühlt. Ich habe mich gar nicht mehr gefühlt und das hat lange angehalten. Meine Tochter sagt mir heute: "Ich bin so glücklich, dass du mir trotz allem das Leben gegeben hast, du hättest abtreiben können". Ich finde, dass beides inzwischen gehandhabt wird wie eine nachträgliche Empfängnisverhütung.
Unsere Gesellschaft ist eine Wirtschaftsgesellschaft, keine Familiengesellschaft.
Die einzige Alternative zu Abtreibung und Adoption ist tatsächlich Aufklärung, eine Aufklärung, die viel mehr umfasst als das Wissen über Verhütung.
Ich glaube nicht, dass Adoption Abtreibung verhindert. Es ist natürlich schwer zu sagen, was würde man machen, wenn man in so einer Situation ist. Aber wenn ich so in mich gehe, ich weiß nicht und ich glaube, da geht es einigen andern vielleicht auch so, dass man sich schwer tut, das Kind wirklich auszutragen, um es dann weg zu geben. Man weiß, dass eine Schwangerschaft und die Geburt nicht einfach so mal an einem vorbei geht. Ich weiß nicht ob es ein Unterscheid macht (ich denke schon), ob man schon ein Kind geboren hat oder nicht, aber Frauen die schon Kinder haben, wissen was auf sie zu kommt. Meine Kinder waren meine Wunschkinder (mein Mann war da beim 2. etwas anderer Meinung, die er heute mittlerweile sehr bereut) und ich beide Schwangerschaften unterschiedlich erlebt. Mir ging es zeitweise richtig schlecht, aber es war mir egal, ich hatte es durchlebt in der Freude auf meine Kinder, scheiß auf die Kotz ei, die ich bei meinem 2. Kind fast bis zum Schluß hatte. Es war schön die Kinder treten und boxen zu merken. Wenn ich meinen Bauch gestreichelt habe, kam wohliges rekeln zurück. Ich weiß nicht, ob ich das durchleben könnte, mit der Absicht ein Kind weg zu geben, weil man weiß, dass man es einfach nicht möchte, aber gewisse Umstände einen zwingen, nicht für dieses Kind sorgen zu können. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Frau da ehr über Abtreibung nachdenkt.
Ich persönlich kann mir keine Gründe für beides vorstellen, für mich gibt es immer eine Lösung. Irgend wie gehts immer, andere schaffen das doch auch. Aber ich weiß, dass es eben auch anders sein kann und man muss die Entscheidungen akzeptieren, auch wenn man sie vielleicht nicht gut heißen kann.
Für mich kam Abtreibung nicht in Frage, weil ich wollte, dass mein Kind LEBT! Die Frauen, die abtreiben, wollen ihre Schwangerschaft beenden! Das hat gar nichts mit dem Kind ansich zu tun. Das aus dieser ungewollten Schwangerschaft ein lebendiges Wesen hervor geht sehen diese Frauen nicht. Daher denke ich nicht, dass Pro-Adoptionsberatungen Schwangerschaftsabbrüche verhindern können.
ZitatHeute bräuchte es (theoretisch) höchstens in Ausnahmefällen ungeplante Schwangerschaften geben.
Liebe Cornelia, Ich hatte 4 ungeplante Schwangerschaften! Keines meiner Kinder war geplant! Die kamen alle durch Unfälle zu mir! Was mich sehr glücklich macht!!!
"Ungeplant" heißt ja nicht auch gleichzeitig ungewollt. Vermutlich sind 50 Prozent aller Schwangerschaften ungeplant - sie kamen nicht zur "richtigen" Zeit, waren aber trotzdem irgendwie willkommen. Hier geht es aber um die ungeplanten und ungewollten und da handelt es sich in der Regel um Problemfälle. Es wird zwar auch leider welche geben, die aus rein berechnenden egoistischen Gründen ablaufen, aber das kann ich überhaupt nicht verstehen, denn so ein Schritt ist alles andere als ein emotionaler Spaziergang.
Genauso unverständlich ist für mich die Beauftragung einer Leihmutter. Neulich hat das diese Schauspielerin von Sex and the City gemacht und auch noch groß in den Gazetten breitgetreten. Dafür habe ich null Verständnis.
Ich selbst hatte eine extrem beschissene Kindheit und Jugend und ich hätte nur über meine Leiche ein Kind ausgetragen, von dem ich von vornherein gewußt hätte, dass ich es nicht eigenhändig aufziehen und umsorgen kann. Wenn man will, dass es seinem Kind gut ergeht, dann muss man es selbst großziehen. Bei allen anderen Möglichkeiten kann man sich dessen nicht sicher sein.
Hat jemand von Euch das Buch "Höchststrafe: Adoption" gelesen? Das was ich als leibliches Kind erlebt habe, ist zwar nicht ganz so schlimm gewesen, aber wünschen würde ich niemandem so einen Lebensanfang. Was man Kindern und Jugendlichen antut, läßt sich später nur durch größte Anstrengungen wieder gerade biegen. Deswegen habe ich größte Hochachtung vor verantwortungsvollen Pflege- oder Adoptiveltern, die dieses Kunststück hinbekommen, besonders, wenn sie sich bereits vorgeschädigter Kinden annehmen.
Du hast ja Recht Cornelia, aber ungeplant ist immer auch zuerst ungewollt. So war es jedenfalls bei mir. Bei jeder Schwangerschaft, eine war sogar trotz Pille, hatte ich mir nicht vorgestellt, ein Kind zu bekommen. Beim ersten Mal war ich im Ende des 4. Monats, als ich es erfuhr und hatte immer noch brav und nichtsahnend meine Pille genommen. Da stellt sich die Frage nach einem Schwangerschaftsabbruch gar nicht erst.Aber nach dem ersten Schock, als der Gedanke sich langsam in mir breit gemacht hatte, kam Freude und ich fing an mich mit allen möglichen Ratgebern einzudecken, von Namen bis Erziehung war alles dabei. Beim zweiten Mal habe ich richtig lange über einen Abbruch nachgedacht, aber es ging nicht. Und auch da kam die Freude und ich war glücklich mit meinem Bauch und meinem Baby. Mein Leben war so, dass mir immer klar war, ich trage alleine die Verantwortung für diese beiden Kinder, die ich als Geschenk betrachtet habe und noch betrachte. Beim dritten Mal glaubte ich irgendwann,dass ich es nicht schaffen würde, aber ich wollte, dass das Kind lebt. Es war genauso ein Geschenk wie meine anderen Kinder, aber ich konnte dies Geschenk nicht annehmen. Ich konnte mein Versprechen, dass ich immer die Verantwortung und Fürsorge tragen würde, nicht ausweiten. Die einzige Verantwortung, die ich noch übernehmen konnte war die für ein anderes, hoffentlich liebevolles Zuhause. Da war eine große Ambivalenz dem wachsenden Leben gegenüber. Ich liebte es und ich hasste es. Genauer gesagt liebte ich es und wusste, dass es alle Liebe verdient hatte. ich wusste, dass es bestimmte Talente mitbringen würde und bat beim JA um Adoptiveltern, die diese Talente fördern würden. Mein Gott wie naiv und wie weit weg von mir selbst und der Realität ich eigentlich war durch meine Vorgeschichte. Was ich hasste war also nicht mein Baby, sondern die Situation, ich hasste den Konflikt, in den ich geraten war. Ich hasste es, eine Entscheidung zu treffen, die für mich und mein Verständnis von Mutterschaft völlig abwegig schien. Ich bin daran nach der Entbindung fast gestorben, im realen Sinn des Wortes. Ich habe 16 Jahre massiv gelitten und auch nach dem ersten Kontakt zu meiner Kleinen, noch lange gebraucht, es wirklich zu verarbeiten. Und trotzdem wäre ein Abbruch schlimmer gewesen, das wusste und weiss ich absolut. Meine drei Kinder sind wunderbare Menschen geworden. Es gibt so viele Arten von Müttern, solche und solche und solche. Ich bin eben eine solche
Nein, einen Hass oder andere negative Gefühle habe ich nie gegen meine Schwangerschaft gehabt, aber gegen mein Umfeld.
Zu den Fragen und Zweifeln nach der Weggabe: Hast Du nie Albträme gehabt, dass es Deinem Kind schlecht ergangen sein könnte?
Ich hatte das immer wieder und jedesmal, wenn mich jemand verprügelt hat, habe ich sofort an meine Tochter gedacht und gehofft, dass sie so etwas nicht erleben muss. Auch habe ich mir immer geschworen, dass es meine Kinder nicht so schlecht haben würden wie ich.
Komisch, aber ich hab immer gedacht, dass es meinem Kind gut geht. Ich war ja so naiv zu glauben, dass ich Bescheid bekäme, wenns ihr schlecht ginge. Aber ich hab große Sehnsucht nach ihr gehabt.
Gerade habe ich darüber anchgedacht und dabei mir ist eingefallen, dass Du Dir ja ganz bewußt ein besseres Leben für Dein Kind ausgedacht hast, mir wurde es praktisch ungefragt genommen. Da gibt es keinen wirklichen Abschied - und ganz ehrlich, bis zu diesem Zeitpunkt habe ich überhaupt nicht gewußt, was Adoption ist.
Hätte ich mich damals meiner Mutter mit der Schwangerschaft "anvertraut", wäre dieses Kind garantiert niemals geboren worden und diese Abtreibung hätte ich seelisch sicher nicht verkraftet, denn ich war ja innerlich nie gegen das Kind eingestellt und als es dann da war, haben wir (der Kindsvater und ich) uns sehr darüber gefreut.
Was mir ganz fest im Gedächtnis hängen geblieben ist, ist der Abschiedssatz des JA-Mitarbeiters (nachdem ich unterschrieben hatte!): "Mir ist nicht ganz wohl dabei - denn ich werde das Gefühl nicht los, dass das nicht ihre Entscheidung war, sondern die ihrer Mutter".
Ja Cornelia, ich habe mir bewusst ein besseres Leben für mein Kind ausgemalt, aber ich hatte trotzdem keine Ahnung, was Adoption wirklich ist. Ich habs schon mal geschrieben, ich war in einer Verfassung, in der ich echt nix mehr wirklich gefühlt habe. Ich kann mich nur vage an den Ablauf erinnern und an einzelne Momente. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es wie eine Amputation war. Nach der Entscheidung war ich wie betäubt. Das hat angehalten bis nach der Entbindung. Dann kam der Schmerz. Ich habe überwiegend völlig apathisch auf der Couch gelegen und wollte nicht mehr wach werden. Das dauerte einen Monat, dann landete ich im Krankenhaus auf der Intensivstation. Zwei Monate später war ich wieder zu Hause und fing langsam an, mit der Amputation, die Adoption heisst, zu leben. Heute finde ich es seltsam, dass ich die Entscheidung selbst zu dem Zeitpunkt noch wie in Beton gegossen betrachtete, obwohl mein Körper mir überdeutlich gezeigt hatte, dass meine Handlung unnatürlich war und ihn krank gemacht hat. Viele Aussenstehende (Nachbarn und so) dachten, das Baby wäre gestorben. Ich habe nicht darüber gesprochen. Ich hatte nicht das Gefühl, das mein Baby gestorben war. Ich hatte das Gefühl, dass ich selber gestorben war. Im Moment schreibe ich an einem Buch über die ganze Geschichte bis zum ersten Kontakt zu meiner Tochter. Vielleicht gelingt es mir, die seltsame Ambivalenz rüberzubringen. Dazu gehört auch meine Vorgeschichte, einschließlich verschiedener Kindheitserlebnisse und einer Vergewaltigung. Ich habe ein Kind abgegeben. Ich halte dies für eine der unnatürlichsten Taten, die es gibt. Aber Herkunftsmutter bin ich nicht erst zu dem Zeitpunkt geworden. Es war ein Prozess, eine Art schleichender Zermürbung der Persönlichkeit. Die Adoption war der Krisispunkt, der Höhepunkt dieser Zermürbung. Danach gab es nur noch zwei Möglichkeiten: total untergehen oder endlich frei werden. Seitdem bin ich auf dem Weg, frei zu werden. Von verschiedenen Traumata konnte ich mich lösen. Das Trauma der Adoption ist immer noch da.
Allen, die Herkunfts- Müttern Hass, Ablehnung und Unverständnis entgegenbringen, kann ich sagen: "Gebt Euch keine Mühe. Herkunftsmütter haben sowieso lebenslänglich"
Cornelia ich wage zu behaupten, dass man Herkunftsmutter immer wider Willen ist, auch in einer Situation, in der man nicht von der eigenen Mutter gezwungen wird. ich weiss, das klingt befremdlich, besonders für die Fraktion, die uns so gerne an den Pranger stellt.
Allen Adoptiveltern kann ich sagen: "Es ist nicht unnatürlich, ein Kind anzunehmen, aber es ist absolut unnatürlich, eines abzugeben. Das könnt ihr mit eurer Liebe nicht aufwiegen oder aufheben. Durch die unnatürliche Reaktion einer leiblichen Mutter, wodurch auch immer hervorgerufen, bekommt ihr ein Kind, das diese Reaktion als eine schmerzhafte Ablehnung , Abtrennung erfahren hat, und das den Amputationsschmerz genauso erleidet wie die Mutter. Wie es damit umzugehen lernt, ob es die Mutter (und damit einen Teil von sich selber) ablehnt oder sucht, wisst ihr nicht im Voraus. Ihr könnt es ihm leichter oder schwerer machen, aber ihr könnt nichts ungeschehen machen. Ich meine das nicht boshaft. Es geht mir nur darum, dass ihr euch bewusst macht, welche Last ihr mittragt.
Adoption und Abtreibung sind keine echten Alternativen, sondern traurige Produkte einer Gesellschaft, in der die Menschen verlernt haben, Familie zu sein, einander zu unterstützen, ohne nach einer Gegenleistung zu fragen. Kinder sollten in jeder Gesellschaft, einer der größten Schätze sein, um ihrer selbst Willen, nicht weil sie das Prädikat "Meins" tragen
nicht nur Aufklärung, sondern ein komplettes Umdenken auf allen gesellschaftlichen und politishcen Ebenen. Aber Aufklärung ist sicher der erste Schritt.
ZitatHast Du nie Albträme gehabt, dass es Deinem Kind schlecht ergangen sein könnte?
Ständig! Ich tröstete mich damit, dass mein Sohn bei Menschen ist, die jetzt das Glück bei sich hatten. Ich redete mir ein, dass sie so glücklich sind weil ihr Herzenswunsch in Erfüllung ging, dass sie alles tun würden, dass es ihm gut geht! Tja, sie gaben sich alle Mühe! Da bin ich sicher! Und es war bestimmt schwer für sie mit zu erleben dass er ein ganz anderer Schlag als sie geworden ist! Aber geliebt haben sie ihn immer und tun es noch!
Zitat"Ungeplant" heißt ja nicht auch gleichzeitig ungewollt. Vermutlich sind 50 Prozent aller Schwangerschaften ungeplant - sie kamen nicht zur "richtigen" Zeit, waren aber trotzdem irgendwie willkommen.
Nach der Adoption meines Sohnes hatte ich beschlossen niemals Kinder zu bekommen! Ich dachte ich hätte kein Recht dazu für andere Kinder Mutter zu sein! Als mein heutiger Ehemann mir den Heiratsantrag machte sagte ich, dass er sich zum heiraten lieber eine Frau nehmen solle, die ihm vielleicht ein Kind schenkt! ICH wollte keine weiteren Kinder!!! Er blieb bei mir und wir heirateten und bekamen 3 gemeinsame Kinder. Manchmal kommt es eben anders, als man denkt!