Mein Mann und ich sind Adoptionsbewerber. Gerade in der letzen Zeit beschäftige ich mich ganz besonders mit dem Thema da man uns durch die Blume gesagt hat, dass es nicht mehr so lange dauern wird und jetzt jeden Moment los gehen kann. Wie erging es euch in dieser Zeit?
Ich finde es ein unglaubliches Gefühl. Habe das Gefühl meinem Traum noch nie so nahe gewesen zu sein. Schließlich haben wir das Gefühl fast ein bisschen Schwanger zu sein!
Doch dann habe ich wieder ein ganz schlechtes Gewissen. Mal böse ausgedrückt warte ich doch jetzt darauf, dass eine Abgebende Mutter in eine beschissene Situation gerät, dass sie nur noch den Ausweg sieht ihr Kind abzugeben. Für uns wäre es das größte Glück auf Erden und auf der anderen Seite gibt es da Menschen die gerade die schlimmsten Zeiten auf Erden durchmachen müssen -und ich warte drauf! Dann denk ich wieder: Was bin ich nur für ein Mensch? Auf das Unglück anderer hoffen!
Darf man sich - wenn einem das bewusst ist - sich eigentlich noch freuen?
es ist schön, dass Du Deine Gefühle beschreibst, denn uns wird ja oft unterstellt, wir dächten nicht an das Unglück anderer Menschen, die ihr Kind nicht behalten können/dürfen/wollen, sondern nur an unseren egoistischen Kinderwunsch.
Sie decken sich weitestgehend mit meinen Gefühlen von vor fast 5 Jahren.
Aber: Du bist nicht Schuld an dem Unglück der Menschen. Du bist bereit, einem Kind, welches keine Eltern zur Seite stehen hat, ein Zuhause zu geben. Und das ist nicht immer rosarot, wie sich viele das vorstelllen wollen sondern auch oft mit vielen Sorgen, Tränen, Ängsten und Vorurteilen verbunden. Aber natürlich überwiegen auch die schönen Momente. Zumindest war und ist es bei uns so.
dieses Thema hat in der Vergangenheit, nicht nur hier im Forum, schon zu vielen heftigen bis sehr bösen Diskussionen geführt. Als Herkunftsmutter sehe ich das so:
Warum sollte sich ein einzelnes kinderloses Paar grundsätzlich dafür "schuldig" fühlen, weil es ein fremdes Kind aufnehmen will? Es gibt leider bis heute in unserer Gesellschaft Fälle, wo Adoption wirklich der letzte Ausweg ist.
Andererseits ist es in der Realität aber auch so, dass es dadurch, dass es ausreichend viele wartende Ado-Bewerber gibt, den Jugendämtern sicher manchmal viel angenehmer ist, wenn sie ein Kind schnell aus den Akten bekommen, anstatt dieses als Pflegekind "ewig" betreuen zu müssen.
Was letztendlich wirklich der bessere Weg ist, weiß man meistens erst dann, wenn die/der Adoptierte erwachsen ist.
Ihr als Ado-Eltern könnt aber viel dazu beitragen, dass euer Kind mit seinem Ado-Status möglichst positiv zurecht kommt. Das ist aber nur möglich, wenn ihr versucht, eure Vorstellungen hinten anstehen zu lassen und statt dessen versucht zu "lernen", was das Kind braucht. Heute ist das viel einfacher als früher, denn inzwischen gibt es viele Erfahrungsberichte und auch die Experten sind sich darüber einig, dass eine totale Entfremdung von den Wurzeln eher schädlich als nützlich ist.
An anderer Stelle habe ich ja schon geschrieben, dass es sicher sehr gut ist, wenn ihr möglichst viele Info von Betroffenen bekommt. Dazu dient so ein Forum ganz besonders
entscheidungen werden u.a. eben auch vom kostenfaktor beeinflußt. denn danach wurde im 'fall' anna entschieden (wird kein einzelfall sein), den das JA dazu bewog, das kind länger wie nötig in der p-familie, in der es dann zu tode kam, zu belassen.
auf den unterschied machte ein zeitungsartikel aufmerksam: - heimunterbringung zwischen 1.737 € u. 5.928 € monatlich - dauerpflege bis vollendung des 7. lebensjahres 667 €, bis zum 18. lj. 857 € monatlich
(im falle einer adoption wäre das null!)
denn da waren allein kostenfaktor, nicht die bedürfnisse des kindes ausschlaggebend, für das dann keine kostengünstigere alternative (unterbringung im umfeld) 'gefunden' werden konnte.
wenn man berücksichtigt, daß es eltern gibt, die die kosten für eine evtl. vorläufige andere unterbringung finanziell nicht abdecken können, also der staat einspringen müßte, dem dann durch adoptionen, außer vermittlungsprozeß und jahrzehnte späteres 'aktensuchen...' keine kosten oder arbeitsaufwand mehr anfallen....
Ja bonnie, so eine schwache Bande, sowas von ungerecht! Aber ich bin sicher irgendwann wird sich dieses Denken, bezüglich den Kosten und so, rächen und zwar hart...
ach so, ja, im nachhinein hieß es im 'fall' anna: das kind wäre aufgrund seiner vorgeschichte für eine adoption nicht mehr geeignet und von daher allein eine heimunterbringung die bessere lösung gewesen - gewesen...
@ ja maus, es ist unmenschlich, menschen allein auf unterhalts-'kosten' zu reduzieren. davor schützt auch adoption nicht. mein a-vater knallte mir mal als jugendliche in einer auseinandersetzung eine LISTE hin, in der er sämtliche posten aufgeführt hatte, die ihm bis dahin an kosten entstanden waren... gerächt hat sich das insofern, daß damit vollends das vertrauen verloren ging und deutlich wurde: er erwartete dafür eine gegenleistung, ein funktionieren - ansonsten NICHTS verstanden hatte.
Ja, das ist schlimm. Ich kann es manchmal kaum fassen, dass es solches gibt! Aber ich habe gemerkt,dass im ganzen Adoptionsprozess, der adoptierte Mensch einfach verloren geht. Sozusagen, in etwas reingesteckt wird. Und er wird auf die eine Art unterfordert, bevormundet und unterschätzt.
Zitat von bonnie mein a-vater knallte mir mal als jugendliche in einer auseinandersetzung eine LISTE hin, in der er sämtliche posten aufgeführt hatte, die ihm bis dahin an kosten entstanden waren... .
Bonnie, als ich Teenie war und mitten in der Pubertät, hat das mein leiblicher Vater auch mal gemacht. Ehrlich gesagt war ich auch ziemlich unerträglich in der Zeit. Trotz allem finde ich heute noch die Reaktion von ihm unmöglich.
Zitat von bonnieach so, ja, im nachhinein hieß es im 'fall' anna: das kind wäre aufgrund seiner vorgeschichte für eine adoption nicht mehr geeignet und von daher allein eine heimunterbringung die bessere lösung gewesen - gewesen...
Auf dieser Rechnung beruht so manche "erzwungene" Adoption. Man eiert so lange mit einer Entscheidung "pro" leibliche Familie herum, bis es wirklich besser für das Kind ist, es bleibt bei der Pflege- oder potentiellen Ado-Familie. In so manchem Verfahren wird genau darauf gebaut und alle Arten von Verzögerungstaktik angewandt.
Im Buch "Jessica" (ein authetischer Fall aus den USA, orientierten sich die neuen Eltern auch an dieser Taktik. Als nach wenigen Wochen die eibliche Eltern verlauten ließ, dass sie doch keine Adoption wünscht, haben sie alles daran gesetzt, die Rückgabe zu verzögern. Sie brachten es mit dem Argument, eine solche Tortur wäre lebensgefählich für so ein kleines Baby, sogar fertig, wochenlang eine Blutabnahme zu verweigern, die für die Feststellung der Vaterschaft notwendig war! All diese "Bemühungen" führte dazu, dass die Rückgabe des Kindes erst nach zweieinhalb Jahren erfolgen konnte.
@ cornelia, ich gehe davon aus, daß JÄ allgemein die kostengünstigeren lösungen nicht aus den augen verlieren, auch anstreben oder dazu angehalten werden, und da haben sie unüberprüfbaren spielraum.
@ lattitia, ich hab a-eltern/a-familie nie als normale familie, als meine familie erlebt. von daher war es schon etwas völlig anderes.
@ nachtrag, denn das brennt mir doch sehr unter den nägeln:
a-eltern müssen eben auch mit einer heftiger ausfallenden pubertät ihrer a-kinder rechnen. wenn ich heute darüber nachdenke, gehörte vielleicht ein unterdrücken der pubertät damals mit zu der von mir so empfundenen erwarteten gegenleistung für das auf- (nicht an)genommen werden. ich weiß es nicht.
der unberechenbare jähzorn meines a-vater hat mich als kind oft genug in todesängste versetzt. gerade in der pubertät versuchte er (unfähig anders damit umzugehen) konflikte gewalttätig zu lösen. vom regen in die traufe... daß gerade dadurch die heute noch heilige kuh, den unter tabu stehenden spruch 'ihr seid ja nicht meine richtigen eltern' aus jugendlichen herausbricht, wundert mich nicht. ebensowenig, wie mißhandlungen (sog. schwarze pädagogik) an damaligen heimkindern heute vielfach noch mit einem 'das war früher so, gab es auch in familien' abgetan wird. wie sie mit den folgeschäden klar kommen ist hinreichend bekannt. an einer kaputten kindheit kann die tatsache, daß andere besser und verständnisvoller mit ihren kindern umgehen, nichts ändern.
er hätte genau so gut mit 'nein sind wir nicht, aber deine zweiten' reagieren und endlich bereitschaft zeigen können über alles ehrlich und offen zu reden...
Zitat von TeddymausDanke für eure Antworten! Es ist schon mal etwas beruhigender zu sehen dass ich nicht die Einzige bin die so denkt!
Nein, das tust du nicht, mir ging es genauso. Als ich die kleine Maus im Krankenhaus in ihrem Bettchen liegen sah, habe ich mir für sie gewünscht, dass es sich ihre Mutter anders überlegt und sie doch nicht weggeben möchte. Ich glaube dieses Gefühl ist ein gutes Zeichen, denn es zeigt, dass man sich intensiv mit der ganzen Thematik beschäftigt hat und so hoffentlich dem Kind gerecht werden kann. Außenstehende haben für solche Gefühle meist wenig Verständnis.
Moin,moin zusammen, ja, es ist schon sehr ambivalent, wenn man die traurigen Eltern bei der Übergabe sieht. Zum Glück überwiegt und überstrahlt die Freude alles , wenn man das Kind dann im Arm hält, sodass ich erst mal nur an uns gedacht habe.
Zitat von englandfan Als ich die kleine Maus im Krankenhaus in ihrem Bettchen liegen sah, habe ich mir für sie gewünscht, dass es sich ihre Mutter anders überlegt und sie doch nicht weggeben möchte.
Äh, so altruistisch bin ich nicht (zumal ich uns als sehr gute Eltern halte). Und wenn das dann eintrifft, wisst ihr wirklich, wie nah Glück und Unglück beieinander liegen