brauch da mal eure Meinung zu einer Frage, die uns unser JA zur Gruppenarbeit gestellt hat. Steh da gerade etwas auf´m Schlauch - oder besser - ich versteh den Inhalt der Frage nicht wirklich... " Inwieweit trauen Sie sich bei der Vermittlung eines Kindes in Ihre Familie eine realistische Auseinandersetzung mit einem medizinischen Risiko und eine objektive Entscheidung zu?" ok - wenn man´s 2x gelesten hat - verstanden.Aber da kommt noch was... "Inwieweit möchten / können Sie durch die Adoptionsvermittlungsstelle in diese Konfliktsituation gebracht werden?" häää???
Bevor ich hier antworten kann, müsste ich erst mal die Frage verstehen!
ich verstehe das so, dass es um die Situation geht: Es steht ein Kind zur Vermittlung an, bei dem ein erhöhtes Risiko für Krankheiten/Behinderungen/Entwicklungsstörungen besteht.
Beispiele: * Eine Erbkrankheit in der Herkunftsfamilie, von der man noch nicht weiß, ob das Kind sie hat bzw. ob sie ausbrechen wird. * Frühgeborenes Kind. * Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenkonsum der Mutter während der Schwangerschaft ist bekannt * Behinderungen/Entwicklungsverzögerungen bei leiblichen Geschwistern sind bekannt
Zum Vermittlungszeitpunkt sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen/Entwicklungsstörungen nachweisbar, das Kind gilt medizinisch als gesund, aber das Risiko ist bekannt und keiner weiß, wie die weitere Entwicklung verlaufen wird.
Zitat Inwieweit trauen Sie sich bei der Vermittlung eines Kindes in Ihre Familie eine realistische Auseinandersetzung mit einem medizinischen Risiko und eine objektive Entscheidung zu?
Fragen, die mir spontan dazu einfallen:
Traut ihr euch zu, Risikofaktoren als solche zu erkennen oder würdet ihr davon ausgehen, wenn ein Kind als "gesund" vermittelt wird, dass ihr euch zu 100% darauf verlassen könnt, dass es gesund bleibt und sich normal entwickelt?
Was würde es für euch bedeuten, wenn sich bei einem als gesund vermittelten Kind nach der Adoption eine Behinderung herausstellt? Traut ihr euch zu, auch damit umgehen zu können?
Zitat"Inwieweit möchten / können Sie durch die Adoptionsvermittlungsstelle in diese Konfliktsituation gebracht werden?"
Würde ich so verstehen: Darf/Soll die Adoptionsvermittlungsstelle euch für ein Kind mit Behinderungsrisiko fragen und euch damit in die Situation bringen, dass ihr euch damit auseinandersetzten und entscheiden müsst: "Können/wollen wir dieses Kind aufnehmen?"
Ich finde die Frage an sich übrigens gut, denn ich glaube, dass solche Situationen in der Realität relativ häufig sind.
Bei den Formulierungen taten wir uns in den Fragebögen auch oft schwer, mussten Fragen dreimal durchlesen, haben dann was verschiedenes verstanden und die Sozialarbeiterin hat es nochmal anders aufgefasst...
Neugierige Frage meinerseits: Ist das im Rahmen eines Bewerberseminars oder wie ist das mit der Gruppenarbeit zu verstehen?
und ja, im Zusammenhang mit dem Bewerberseminar . Das war die "Hausaufgabe" nach dem Thema "das medizinisch risikoreiche Kind". Es war da letzte Woche eine Kinderärztin als Referentin da (im Übrigen hoch schwanger), die zum Thema einiges erzählt hat. Wobei ich es dann doch als sehr schwarzmalerisch empfunden hab, war es doch sehr aufschlußreich, was so die ein oder anderen Krankheitsbilder angeht. Es waren auch Sachen dabei, wo man sich sonst vielleicht nie mit beschäftigt hätte.
Auf Grund dieses Gruppengespräches letzte Woche war mir dann halt diese Fragestellung etwas befremdlich - schließlich beschäftigen wir uns ja bereits mit diesem Thema. Haben das auch vorher schon getan. Meine Frau und ich sind uns in diesem Punkt auch absolut einig (und das ist hier gaaanz wichtig), was wir an Behinderungen ausschließen. Da es aber ein sehr breit gefächertes Thema ist, würden wir im konkreten Einzelfall entscheiden wollen. Und das trauen wir uns schon objektiv zu, zu entscheiden, ob wir der zusätzlichen Herausforderung gewachsen sind. Was sich im Laufe der Entwicklung des Kindes später einmal herausstellt (was ja auch bei leiblichen Kindern so ist) kann keiner sagen - wichtig für uns ist das "vorbereitet sein" und das "sich darauf einstellen können". Frei nach dem Motto: Man muß wissen was auf einen zukommen kann damit eine Erkrankung höchstens eine Ohrfeige vom Schicksal ist, aber niemals ein Schlag in den Nacken der einen zu Boden bringt. ... aber da bin ich ja schon bei der Beantwortung
ZitatEs war da letzte Woche eine Kinderärztin als Referentin da (im Übrigen hoch schwanger), die zum Thema einiges erzählt hat. Wobei ich es dann doch als sehr schwarzmalerisch empfunden hab, war es doch sehr aufschlußreich, was so die ein oder anderen Krankheitsbilder angeht. Es waren auch Sachen dabei, wo man sich sonst vielleicht nie mit beschäftigt hätte.
Das finde ich ja interessant. Was hat sie denn erzählt?
Ich finde es, wie gesagt, gut, dass das Thema im Vorbereitungsseminar ist. Wir hatten überhaupt kein Adoptionsbewerberseminar (haben aber bei einem auswärtigen Jugendamt Teile eines Pflegeelternvorbereitungsseminars mitgemacht) und was unsere Jugendamtssozialarbeiterin zum Thema Behinderungsrisiken geäußert hat, schien mir eher weniger kompetent. Beispielsweise: "Frühgeborene sind völlig normale Kinder, nur halt zu früh geboren." Das kann natürlich auch sein, aber es kann auch anders sein - da ich mal im Behindertenbereich gearbeitet habe, weiß ich einiges darüber.
Ja, wenn man so geballt Informationen dazu bekommt, kann es schon schwarzmalerisch wirken. Allerdings neigt man, denke ich, als Bewerber dazu, sich alles sehr rosig vorzustellen und ein paar Informationen aus der Realität, was auch sein könnte, finde ich da schon angemessen.
Also großes Thema war Alkoholembryopathie - und da scheint es wohl einen großen Anteil an Vermittlungen zu geben. (man hatte den Eindruck, es gibt gar keine anderen Kinder) Was ich mit Schwarzmalerei meinte, ist das hier zum Beispiel immer mit den Extremfällen (wie geistiger Behinderung) hantiert wurde, aber das breite Spektrum etwas außer acht gelassen wurde, was ja von Konzentrationsschwäche bis .... reicht. Auch wurde der Eindruck vermittelt, dass immer alles auf ein Kind zutrifft. Die Ärztin hat das aber zum Ende auch noch selbst eingeräumt - war aber vielleicht auch ganz gut so, so ein wenig zu "schockieren".
Ein weiteres großes Thema war Trisomie (21)
Alles in allem war der Abend sehr informativund interessant, und ich hab daraus einiges mitgenommen. Wie ich schon schrieb, man muß vorbereitet sein... ...und mit den "rosigen Vorstellungen", naja ich bin da schon eher Realist. Beides, sowohl Optimissmus wie auch Pessimismus und vielleicht noch zuviel davon, sind hier sicher nicht der richtige Ansatz.
unser Sohn, Frühgeburt mit Sauerstoffmangel, wurde uns als Risikokind übergeben. So ganz glücklich war ich mit der Situation auch nicht, aber uns signalisiert wurde, dieses oder kein Kind, ließen wir uns darauf ein (es war ja auch ein ganz süßer Kerl). Die ersten Jahre verbrachte ich mit ihm überwiegend bei Ärzten und im Krankenhaus. Es waren schwere Zeiten. Heute - erwachsen - ist er kerngesund und robust, hat kaum mal eine Erkältung und Ärzte sucht er hauptsächlich für Impfungen auf. Gleichaltrige leibliche "Kinder" aus unserem Umkreis sind teilweise anfälliger.
Bekannte hatten ungefähr zu gleicher Zeit einen kleinen Säugling nach einer Herzoperation in Adoptionspflege genommen. Auch dieses "Kind" hat heute keinerlei Beeinträchtigungen, gilt als vollkommen herzgesund.
Wie oft im Leben ist auch hier alles relativ; man sollte sich nicht verrückt machen lassen.
Zitat von TobiAlso großes Thema war Alkoholembryopathie - und da scheint es wohl einen großen Anteil an Vermittlungen zu geben. (man hatte den Eindruck, es gibt gar keine anderen Kinder)
Der Eindruck ist sicher nicht ganz falsch. Während früher viele Neugeborene alleine wegen der Schande wegadoptiert wurden, meistens aus "gutem Haus" und natürlich kerngesund, rekrutieren sich die zur Verfügung stehenden Säuglinge heute eher aus gescheiterten Familien, um es einmal vornehm auszudrücken. So gesehen, haben heutige Adoptionsbewerber richtig Pech, denn zu den üblichen Adoptionsfolgen kommen hier weitere Risiken dazu.
Was ich ganz unmöglich finde, ist das Weggeben von Neugeborenen wegen einer Behinderung. Offenbar kommt das heute viel öfter vor als ich es mir je hätte ausmalen können.
Offenbar gibt es regional große Unterschiede, welche Kinder zur Adoption vermittelt werden. Ich war gerade vor wenigen Wochen auf einer Fortbildung für Adoptiveltern, auf der die Referentin (die von auswärts kam) sich blank erstaunt zeigte, dass in unserer Gegend fast nur Neugeborene vermittelt werden. Das kannte sie aus ihrer Stadt/Region nicht. Bei ihr stammen auch nahezu alle vermittelten Kinder aus einem Drogenhintergrund oder von psychisch kranken Müttern, was man bei uns in der Region so pauschal ganz sicher nicht sagen kann. Und so kann man sich schon vorstellen, dass die Beschäftigung mit den gesundheitlichen Risiken eines potentiellen Adoptivkindes völlig unterschiedlich ausseht, je nachdem wer und auf welchem Erfahrungshintergrund die Diskussion führt oder leitet. Übrigens scheint das mit der gehäuften Abgabe behinderter Kinder wirklich zu stimmen (ist auch mein Eindruck). Während unserer Wartezeit auf das erste Kind wurden wir von unserer Vermittlungsstelle zu einem Gespräch gebeten, um unser Profil bezüglich unserer Vorstellungen von einem potentiellen Kind noch einmal vertiefend zu besprechen. Hintergrund war, dass in einer kurzen Zeitspanne davor drei Kinder mit Downsyndrom zur Vermittlung standen. (Ein oder zwei von diesen Kindern konnten letzdendlich- soweit ich weiss- dann doch bei der Herkunftsfamilie bleiben, aber die Häufung war- vor allem gemessen an der Anzahl der Vermittlungen pro Jahr- signifikant.) Morgenmuffel
Zitat"Inwieweit möchten / können Sie durch die Adoptionsvermittlungsstelle in diese Konfliktsituation gebracht werden?" häää???
Hallo Tobi, die Frage bedeutet meiner Ansicht nach, dass ihr entscheiden sollt, wann das Jugendamt euch kontaktieren soll/darf und wann nicht. Unser Jugendamt hat immer die Frage gestellt: "Dürfen wir Sie anrufen, wenn wir ein solches Kind zur Vermittlung haben oder nicht." Es ist immer eine Konfliktsituation, wenn du angerufen wirst und ein Kind zur Vermittlung ansteht, das etwas mitbringt, was du dir eigentlich nicht zutraust. Wenn du etwas kategorisch ausschließt, dann wollen sie dich gar nicht erst anrufen und dich nicht in die Situaton bringen, am Ende zu einem Kind "ja" zu sagen, dass du dir eigentlich überhaupt nicht zutraust. Ich fand das ganz sinnvoll. Es gab bei uns auch die Kategorie: "wir haben Schwierigkeiten damit, aber es hängt vom Einzelfall ab, daher möchten wir angerufen werden.
Hier im Forum haben wir auch Beispiele, wo das JA sich dann doch nicht an die Absprachen gehalten hat und die Konfliktsituation für die angehenden A-Eltern sehr groß war und sie dann doch ablehnen mussten. Ein seriös arbeitendes JA klärt das vorher ab, das ist ja mit ein Grund für die Gespräche - herauszufinden, zu welchem Kind ihr passt.
ich möchte nochmal was zum Thema "Schwarzmalerei" sagen.
Natürlich gibt es die Adoptivkinder, die keine Probleme bereiten, die glatt und gesund durchs Leben kommen. Aber meiner Meinung nach haben die meisten Kinder Probleme, große Schulschwierigkeiten, Krankheiten. Wir kennen deutlich mehr Adoptivfamilien mit Problemen als ohne.
Von daher glaub ruhig den negativen Statistiken und den Schilderungen über Krankheiten und Behinderungen. Und auch FAS(D) ist eine häufige Krankheit von Adoptivkindern.
Wir sind von der Vermittlungsstelle auch kontaktiert worden bzgl unserer Altersangaben und einer Geschwisteradoption. Es werden ja für Kinder Eltern gesucht und nicht immer gibt es Kinder zu den "passenden" Vorstellungen der Bewerber. Aber es gibt durchaus Bewerber, denen man dieses oder jenes Kind vermitteln möchte, weil man sich das gut in der Familie vorstellen kann. Wenn die Adoptiveltern dann Einschränkungen gemacht haben, will die Vermittlungsstelle wissen, inwieweit sie sich im konkreten Fall auch davon lösen würden.
Zitat von ChakimausNatürlich gibt es die Adoptivkinder, die keine Probleme bereiten, die glatt und gesund durchs Leben kommen. Aber meiner Meinung nach haben die meisten Kinder Probleme, große Schulschwierigkeiten, Krankheiten. Wir kennen deutlich mehr Adoptivfamilien mit Problemen als ohne.
Von daher glaub ruhig den negativen Statistiken und den Schilderungen über Krankheiten und Behinderungen. Und auch FAS(D) ist eine häufige Krankheit von Adoptivkindern.
Belehrung abgelenht. Steht da irgendetwas von aktueller Situation?