Hallo ihr Lieben Ich bin selbst adoptiert und mir stellt sich eine gewisse Frage: Werden Adoptiveltern auf die Probleme, die ein Adoptivkind hat, vorbereitet?
Aus eigener Erfahrung und von anderen Adoptierten in meiner Nachbarschaft weiß ich, dass Adoptierte vor allem in der Pubertät einige Schwierigkeiten haben. Bei mir war das so: Ich wusste nicht wer ich bin, wo ich hin soll, was mal aus mir werden soll und habe meine Eltern extrem mit meinen Eskapaden belastet. Vor allem habe ich die Liebe meiner Eltern bis zum Äußersten ausgetestet und sie teilweise richtig terrorisiert. So weit, dass sie mich rausgeworfen haben. Als ich dann für zwei Wochen zu meinem Freund gezogen bin war ich ganz ruhig. Eine innere Ruhe- das nennt sich "Selbsterfüllende Prophezeihung". Mein Verdacht war damals, dass sie mich vielleicht doch nicht wollten, dass sie es bereuen, dass sie sich lieber ein anderes Kind "ausgesucht" hätten und deswegen war es für mich nicht schlimm- damals dachte ich: Ich hab Recht gehabt!....Natürlich war es nicht so.
Meine These hierzu: Adoptivkinder haben eine sehr viel höhere Problematik sich selbst zu finden als die "normalen" Jugendlichen. Die Frage hierzu: Wurdet ihr auf die Schwierigkeiten, die ein Adoptivkind in der Pubertät hat, vorbereitet? Vom Jugendamt oder habt ihr euch andersweitig informiert?
Außerdem denke ich, dass die Erziehung, die ich genossen habe, nicht zu mir passte. Ich wurde recht streng und diplomatisch erzogen. Allerdings bin ich- aufgrund meines geprägten Bindungstypen- ein sehr sensibler Mensch. Prinzipiell muss man Kinder wie mich nicht streng erziehen- ich achte sehr auf meine Bindungsperson (beispielweise meine Mutter) und versuche ihr alles Recht zu machen.
Meine These hierzu: Passt die Erziehung nicht zu dem Kind kann es mit großer Wahrscheinlichkeit zu psychischen Problemen und Unglücklichkeit kommen. Die Frage hierzu: Wurdet ihr darüber informiert, dass es Bindungstypen gibt und wie diese geprägt werden? Und vor allem wie man mit den verschiedenen umgeht? Wurdet ihr über individuelle- dem Kind angepasste- Erziehung aufgeklärt?
Mich interessiert das sehr- denn es ist das was mich mein Leben lang geprägt hat. Deswegen bin ich so wie ich bin (zum Teil). Die Problematik, die ich zuhause hatte: Liebevolle Eltern, die sich alle Mühe gegeben haben aber jedoch zu sehr auf ihre Erziehung eingefahren waren und vorallem nicht bedacht haben, dass es psychologische Prozesse gibt, die ein Verhalten steuern können und einen Menschen ausmachen. Meine Erziehung hat überhaupt nicht zu mir gepasst und meine Eltern haben sich nie damit beschäftigt mich so zu behandeln wie ich es brauche sondern nur so behandelt wie sie es wollen. Sowas ist natürlich nicht sehr schön. Na klar, man hört ja so einige Gruselgeschichten, dass Kinder schwer misshandelt wurden etc. Das war bei mir natürlich nie der Fall obwohl ich auch einige heftige Schläge abbekommen habe als meine Eltern völlig überfordert waren mit mir pubertärenden Jugendlichen. Auch das hat mich sehr geprägt. Im Grunde genommen habe ich nichts wirklich extrem Schweres erlebt ABER: Psychisch geht es mir überhaupt nicht gut. Ich leider immer schwer unter Depressionen, habe große Selbstzweifel und oft auch Selbsthass und versuche, obwohl ich schon 24 bin, meinen Eltern alles recht zu machen (Meine Oma vor kurzem: Jetzt musst du nur noch mit dem Rauchen auffhören- dann bist du perfekt! Das sagt ja schon alles...wer ist schon perfekt?) Von meinen Problemen weiß niemand (außer mein Ex- Freund, den meine Eltern nach 7 Jahren Beziehung nicht mehr in das Haus lassen) und so leide ich eher still vor mich hin und muss nach draußen die Glückliche vorspielen.
Selbst wenn ich das hier schreibe schwelge ich zwischen: Meine Eltern haben mich psychisch sehr kaputt gemacht UND Ich bin meinen Eltern dankbar- ich liebe sie.
Wieso erzähle ich euch das? Zu meinen vorgenommenen Lebenswerken gehört, dass ich ein Gesetz durchsetzen lassen möchte, welches vorgibt, dass zukünftige und schon- seiende Adoptiveltern "Kurse" für eine angemessene Erziehung ihrer Adoptivkinder machen sollten. Warum sollte es sowas geben? Es gibt garantiert genug Adoptierte die immense psychische Probleme haben. Zu einem bedingt durch die Tatsache, dass sie zur Adoption frei gegeben wurden und vor allem auch, dass sie "falsch" und nicht individuell erzogen wurden. Die Selbstmordrate bei Adoptierten ist i.d.R. als bei nicht Adoptierten (hierzu aufgrund einer Nachfrage: Ich kann euch leider nicht sagen woher diese Aussage stammt- ich habe sie irgendwo aufgeschnappt und weiß leider nicht mehr wo genau). Adoptierte können nur schwer standfestes aus ihrem Leben machen. Ich möchte dem allen entgegen wirken und freue mich jetzt schon wahnsinnig über ehrliche Antworten (gerne auch ausführlich)
Tja, ich finde, es ist immer eine Herausforderung, richtig zu erziehen. Adoptivkinder wie leibliche Kinder.
Grundsätzlich fragt das JA nach dem Erziehungsmodell der Adoptivbewerber, aber da ist das ganze ja noch Theorie. Ich habe viele Kinderlose gesehen, die immer gesagt haben "so machen wir das nie", und dann war es doch so
Ich finde es schwierig, jemanden pauschal zu erziehen. Meine 2 Kinder sind sehr unterschiedlich und werden trotz gleichem Erziehungskonzept aber mit anderen "Maßnahmen" erzogen.
Beispiel: als sie kleiner waren, haben sie mit Sand geworfen.
Bei Kind 1 hat es gereicht, es zu verbieten und "nein" zu sagen. Dann hat es aufgehört.
Kind 2 hat nicht aufgehört, und ich mußte es aus der Sandkiste nehmen.
Es wäre also falsch gewesen, Kind 1 gleich aus der Sandkiste zu entfernen, weil es ja gehört hätte. Meinst Du das mit individuell?
grundsätzlich machén sich Adoeltern genauso oder mehr als leibliche Eltern Gedanken um die Erziehung allein schon, weil die Fragen im Bewerbungsverfahren eine Rolle spielen. Wenn diese Bewerber dann noch geschult werden sollen, liegt die Gefahr auf der Hand, dass einseitige Erziehungsmuster unterrichtet werden, die erst recht nicht zum Kind passen.
Wir haben auch ein Erziehungsmodell. Aber wir wollten auch immer abwarten, was unser Kind mitbringt. Mal passen unsere Vorstellungen, mal nicht, ob wir alles, gar nichts, etwas, viel oder fast alles richtig machen, wissen wir erst, wenn unsere Tochter groß ist. Dann stellt sich aber wieder die Frage wer beurteilt, wieviel wir richtig gemacht haben und wieviel nicht.
Mein Mann und ich gehen davon aus, dass adoptierte Kinder genauso oder noch liebesbedürftiger sind als leibliche Kinder. Aber wer bestimmt, wieviel Liebe das richtige Maß ist und was wir für liebevoll halten, kann unsere Tochter in ein paar Jahren ganz anders sehen.
Hallo @ Lattitia: Ganz so genau meinte ich das nicht, sondern eher aufs Ganze bezogen @ Golfi: Ich finde das ist ein guter Ansatz und natürlich ist das Maß immer schwer
Ich nehme mal mich jetzt als Beispiel: Vor kurzem hat mein Bruder, nicht ganz ein Jahr jünger und das leibliche Kind meiner Eltern, gesagt, dass ich anders bin als sie. Das aber positiv gemeint. Ich habe eine ganz andere Denkweise, bin sehr viel sensibler als meine Eltern und mein Bruder. Zwischen uns vieren gab es immer viel Missverständnisse. Das Problem war immer, dass ich immer sehr darauf geachtet habe was meine Familie von mir möchte. Welche Denkweisen sie fordern, welche Handlungen und welche Aussagen zu bestimmen Themen richtig waren- in ihren Augen. Meine Eltern haben aber nie auf mich persönlich geachtet. Sie haben mich genau so wie meinen Bruder erzogen. Ganz nach ihrem Grundsatz: Wir haben euch beide lieb. Aber das hat einfach nicht immer zu mir gepasst. Habe ich nicht so gehandelt wie sie es wollten gab es mächtig Ärger. Das solls in vielen Familien geben aber mein Bruder hatte dieses Problem nicht....alles was er gemacht oder gesagt hat war genau in ihrem Sinn. Sie haben mich oft nicht verstanden. Wenn ich versucht habe mich ihnen anzuvertrauen, z.Bsp. wenn mein Freund Schluss gemacht hat, haben wir stundenlang diskutiert und immer aneinander vorbei geredet. Bis ich schließlich regelrecht aufgegeben habe und ihnen nach dem Mund geredet habe. Dass ich massive Verlustängste habe ist ihnen nie in Sinn gekommen. Wenn mein Freund Schluss gemacht hat (7 Jahre zusammen gewesen und 5x Schluss gemacht) habe ich Todesängste durchlebt und sie haben es nie verstanden. Das Problem ist, dass ich euch gar nicht genau sagen kann was es ist....Sie sind halt nie auf mich als Individuum eingegangen sondern immer nur auf das "Kind", welches unter dem Begriff allen anderen gleich ist. Sie sind absolute Mathematiker: 1+1=2 aber in der Psychologie ist 1+1 auch manchmal 3 oder 9. Darauf haben sie sich nie eingelassen und haben mir, als ich sie vor kurzem darauf ansprach, gesagt sie wollen es auch nicht. Ich denke, dass das absolut falsch ist! Ich denke, dass bei Adoptierten die psychische Störung schon vorprogrammiert ist (bitte nicht allzu wörtlich nehmen) und dann sollte man sich als Adoptiveltern darüber im Klaren sein sich damit zu beschäftigen zu müssen. Meine Eltern haben mir mehrmals gesagt, dass ich zum Psychater gehen soll....ich wäre krank. Was mich krank gemacht hat war die Unstimmigkeit zwischen mir und dem wie sich meine Eltern mich gewünscht haben. Versteht mich nicht falsch: Ich bin nicht Einweisungsfertig aber meine Wehwechen im Kopf würde ich schon als größer als bei anderen sicher- gebundenen leiblichen Kindern sehen. Als ich dann tatsächlich beim Psychater war (ein paar Mal) hat er mir gesagt, dass ein Adoptivkind nie die Messlatte erreichen wird, die die Adoptiveltern legen. Genauso war es bei mir auch...egal was ich tue: Es ist nie genug. Ich denke, dass wenn meine Eltern von Anfang an oder sogar zwischendurch einen psychologischen Einblick in Form von Gesprächen oder Kursen in die Seele eines adoptierten Kindes bekommen hätten, so einiges besser gelaufen wäre in meinem Leben. Ich habe mich nun von einer pubertären Krise, in der ich noch nicht mal den Hauptschulabschluss hatte, bis zum Studium vorgekämpft und ob ich diesen Weg für mich persönlich gewählt hätte weiß ich nicht genau. Ohne Studium bin ich zuhause nichts...Aber danach werde ich aufhören nach ihrem Sinn zu leben und ich freue mich so sehr darauf endlich meinen persönlichen Weg zu gehen und mein persönliches Ziel zu erreichen. Ich bin 24 und so langsam sollte es mal losgehen! All diese Dinge bewegen mich dazu mich für Adoptivkinder einzusetzen, dass es ihnen in der Adoptivfamilie psychologisch besser geht. Aber vorher möchte ich natürlich wissen ob ich dann doch der Einzelfall bin Deswegen würden mich eure Erfahrungen sehr interessieren wie ihr das handhabt oder sogar wie ihr, Adoptierten, es in euren Familien erlebt habt. Lg
Hallo Olar, ich bin selber Adoptierte, habe aus der zweiten Ehe meiner A-Mutter noch Geschwister, Zwillinge, 13 Jahre jünger als ich. Also sind die Vergleiche etwas schwieriger. Nur soviel, meine Eltern sind nicht auf Probleme vorbereitet worden, und die kamen gewaltig. Meine Eltern haben sich getrennt, da war ich 4, da kommt dann die doppelte Portion Verlustangst. Dann neue Freunde, die ich mit Leidenschaft vergrault habe, weil ich meine Mama für mich behalten wollte. Als ich 10 wurde, ist meine Ma mit ihrem späteren Ehemann und Vater meiner Geschwister zusammengezogen, oh was habe ich mich gesträubt. Mit der folgenden Hochzeit wollte er mich über Stiefkindadoption in die Familie integrieren, habe abgelehnt, ich hatte ja einen Vater. Meinte ich jedenfalls. Die schlimmen Erlebnisse der Kindheit hab ich nämlich einfach verdrängt, Schutzmechanismus. Ich würde nicht sagen, dass meine Mutter uns unterschiedlich geliebt hat, sie macht ja auch Unterschiede zwischen den Zwillis, aber ich wollte Ablehnung und Zurückweisung sehen, in jeder Kritik, die ich bekam. Und ich habe die Schule schleifen lassen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Leichter wurde es, als ich mit 17 meine H-Mutter kennengelernt habe und von zu Hause ausgezogen bin. Seitdem kann ich über alles sprechen, fühle mich sicherer und habe deutlich mehr Selbstbewusstsein. Endlich die Frage zu klären, warum wurde ich abgegeben. Jetzt läufts einfach. Für meine Geschwister war die Adoption nie Thema, mein Stiefvater hat ne Menge leiden müssen unter mir, ich aber auch unter ihm, da tun wir uns nix... Wenn du noch Fragen hast, gerne auch als PN, lieben Gruß, minniemaus
ZitatHallo Orla, Sie sind absolute Mathematiker: 1+1=2 aber in der Psychologie ist 1+1 auch manchmal 3 oder 9. Darauf haben sie sich nie eingelassen
Diese Haltung ist aber auch nicht absolut adoptionsspezifisch. Diese Haltung kenne ich auch von meiner leiblichen Mutter (ich bin nicht adoptiert). Ein Bruder von mir konnte fordern und sich herausnehmen was er wollte, es war immer richtig auch wenn es auf meine Kosten ging, hatte ich es klaglos hinzunehmen. Wenn ich mich beschwerte, dann musste es so sein. In späteren Jahren, als ich gesprächsweise die Ungerechtigkeit, unter der ich litt, ansprach, weil ich hoffte, sie würde sie dann erkennen, antwortete sie mir: "Ich muss tun, wie es mir ums Herz ist". Da wurde mir klar, sie würde ihre Handlungsweise nie ändern, sondern ich musste mich damit abfinden. Noch schlimmer wurde es nach seiner Eheschließung mit einer Frau, aus dem gleichen Holz gechnitzt.
Auch habe ich Bekannte, die bei ihren leiblichen Eltern auch kein Bein an der Erde bekamen, die nie etwas richtig machten, denen es noch schlimmer ging als mir. Als sie aus dem häuslichen Umfeld ausbrachen, wurden sie als sehr undankbar hingestellt, weil die Eltern ihre falschen Umgangsformen nicht einsehen wollten oder konnten. In zwei Fällen war die Freundschaft so eng, dass ich mit den Eltern darüber sprechen konnte, als ich bemerkte, was schief lief. Während des Gesprächs war die große Einsicht da und sie gelobten, es anders zu machen. Aber es war alles so eingefahren, dass sie von der Schiene nicht mehr herunter kamen. In beiden Fällen lief bei den "Kindern" im weiteren Leben vieles schief, wovon sich einer nach Jahren wieder gefangen hat. Noch ein anderer Bekannter hatte zum Glück eine Tante, die ihn aufgefangen hat. Gesprächsweise meinte er einmal, ansonsten wäre es im Bereich des Möglichen gewesen, dass er kriminell geworden wäre. So steht er mit beiden Beinen fest im Leben.
Damit wollte ich Dir nur aufzeigen, dass nicht nur Adoptierte unter dem Unverständnis ihrer Eltern zu leiden haben. Das schmälert natürlich in keiner Weise den Kummer und den Schmerz, dem jeder einzelne ausgesetzt ist, aber wenn dieses Leiden ausschließlich auf den Adoptionsstatus geschoben wird, ist es vielleicht noch ein bißchen schmerzhafter. Glücklicherweise bist Du schon erwachsen und hast die Perspektive, Dir Dein Leben nach Deinen eigenen Vorstellungen zu gestalten, und das ist doch eine beruhigende Aussicht.
nun zu dem Thema, der die Handhabung der Erziehung von Adoptivkindern anspricht:
Zu Beginn möchte ich gleich klarstellen, dass ich in der Erziehung auch nicht alles richtig und gut gemacht habe. So manche Situation kommt mir ab und zu in den Sinn, wo ich heute anders handeln würde. Ich will mich auch nicht damit herausreden, dass das ja wohl in allen Familien der Fall sein würde.
Mein Sohn hat zu uns auch heute, lange erwachsen, eine ganz enge Beziehung. Wenn ich hier von vielfachen Problematiken der Adoptierten mit ihren Eltern lese, bekomme ich auch heute noch weiche Knie. Pubertäre Komplikationen hatten wir, bis auf gelegentliche Auflehnungen gegen Regeln, eigentlich gar nicht. Wir wußten immer, wo sich unser Sohn aufhielt, obwohl wir uns das nicht ausbedungen hatten. Wenn er Freunde hatte, die anfingen in größerem Umfang Alkohol zu konsumieren, trennte er sich von sich aus sofort von ihnen. Auch, wenn sie anfingen irgendwelche anderen Dummheiten zu machen. Des öfteren riefen sie an, um mit ihm etwas zu unternehmen, aber er sagte konsequent ab. Auf meine Einwände, so könne er doch mit seinen Freunden nicht umgehen, antwortete er, na gut, wenn Du es mit der Polizei zu tun haben willst, gehe ich hin.
Damals hielt ich sein Verhalten für logisch, als ich aber später vom Werdegang von etlichen seiner Freunde erfuhr, erkannte ich, welches Glück wir hatten, zumal er ja auch das Nichtzustandekommen der ersten Bindung noch mit verarbeiten musste, was, wie ich hier im Forum von etlichen Adoptierten erfuhr, ein ganz schmerzhafter Prozeß ist, der mir damals noch gar nicht so richtig bewußt war. Vielleicht half uns auch die Tatsache, dass ich ihn immer wie mein eigenes Kind behandelt habe (obwohl er mit gerade 3 Jahren über seinen Adoptivstatuts aufgeklärt wurde). Natürlich waren uns fremde Verhaltensweisen zu akzeptieren, deren Herkunft wir jetzt, da wir die Herkunftsfamilie kennen, einordnen können und jetzt auch wissen, wie intensiv Gene prägen). Auch haben wir den Eindruck, dass er mit dem Kennenlernen seiner Herkunftsfamilie seine Mitte gefunden und erkannt hat, was für ihn das beste ist. Das ist doch auch schon viel wert.
Meine Vermutung ist, Deine A-Eltern können nicht anders handeln, weil ihnen die Einsicht darüber fehlt, was sie falsch machen. Vielleicht hatten sie das auch schon in ihrer Erziehung vorgelebt bekommen oder es steckt in ihnen drin, obwohl das für Dich sehr schmerzlich und kaum verkraftbar ist.
Wünsche Dir alles Gute und einen baldigen Ausstieg aus der derzeitigen Zwickmühle.
Hallo Olar. Ich habe deinen Thread mitverfolgt, und muss sagen, ich stimme dieser Aussage (Zitiert unten) voll und ganz zu. Es tut mir Leid wenn es hart klingt, aber ich habe ähnliche Erfahrungen wie Du gemacht, und nach langer Zeit sehe ich das ein. Ich habe sie auch eine ganze Zeit verteidigt, und um ihre Liebe gekämpft. Aber irgendwann sieht man die Wahrheit... und ja, es tut weh!!! Noch eine Frage: Was hast Du jetzt vor? Also mal direkt gefragt, nimmst Du Deine A-Eltern auf diese Art in Schutz, und versuchst sie zu "verstehen"?
Deine Dich "schlagenden" Eltern haben Dir geraten zum Psychiater zu gehen? Das finde ich sehr interressant. Das zeigt, dass sie wenig bzw. gar keine Einsicht in ihr früheres Verhalten haben. Tut mir leid, aber Deine Eltern sind doch die, die eigentlich einen Psychiater benötigen.[/quote]
War einen Moment ganz verwirrt (wo ist mein post??? ), bis ich kapiert habe: Thread ist doppelt. Na, sieht so aus als ginge es hier weiter. Vielleicht fragst Du bei Gelegenheit einen Moderator, ob sie/er die threads zusammenführen kann.
Wie ich ja schon schrieb, ist es für mich sehr beklemmend (wirklich!), Deine Schilderung zu lesen, weil sie wirklich so ganz und gar beschreibt, was ich selbst als Kind / Jugendlicher / junger Mensch erlebt habe mit meinen (Adoptiv-)Eltern, die ich ebenfalls sehr liebe. Also, diese Grundkonstellation, zu lieben, geliebt werden zu wollen, sich aber - seien wir ehrlich! - nicht (genug?) geliebt zu fühlen, das kenne ich so gut. Nur hatte ich keine Geschwister, weiß nicht ob es das besser macht. Zumindest hast Du einen Vergleichsmaßstab, der dich klar sehen lässt, dass die Differenz wohl ganz höchstwahrscheinlich in deinem Adoptionshintergrund begründet liegt.
Was mir Sorgen macht, ist dass Du sehr verletzlich wirkst, all Deine Tendenzen scheinen auf Harmonie bedacht zu sein. Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn Du auch mal mit Deinen aggressiveren Gefühlen Kontakt aufnimmst, zu Zeiten kann das durchaus helfen, den Selbstbehauptungswillen zu stärken. Zu der Geschichte mit den Schlägen sage ich lieber gar nichts; - gut für Deine Adoptiveltern, dass ich nicht dabei war ...
Was das topic angeht finde ich, dass Du einen sehr wichtigen Punkt ja schon herausgearbeitet hast: Deine Eltern lieben Dich als "ihr Kind". Aber sie setzen sich nicht mit der Person auseinander, die Du bist. Denn sonst müssten sie sich ja mit Deinem fremden Ursprung und damit auseinandersetzen, dass Du in einer ganz fundamentalen und unveränderlichen Weise eben gerade das nicht bist: "ihr Kind". Genauso empfinde ich das auch mit meinen Eltern, die ich wirklich dafür liebe, ja, was für tolle Eltern sie eigentlich waren und sind, haben wirklich alles für mich getan, was Eltern nur für "ihr Kind" tun können, usw. Ganz schönes Dilemma, nicht wahr? - Aber es genügt eben nicht, Dir zu geben, was "ein Kind" braucht. Es fehlt immer das, was "dieses Kind" braucht und wünscht. Mit dem eigenen (leiblichen) Sohn ist das natürlich scheinbar ganz selbstverständlich und wird womöglich gar icht als besonders individuell wahrgenommen, aber das fremde Kind hat immer so komische Ansprüche. Und Ansichten. Und Probleme...
Ich könnte da ewig weitermachen, aber am Ende würde ich wahrscheinlich wirklich nur noch von mir selbst sprechen, einfach weil es so nah dran ist an meinen eigenen Erfahrungen. Ich hoffe trotzdem, dass das feedback Dir ein bisschen hilft.
Ich finde es toll, dass Du Deinen Weg gehst, vom vergeigten Quali dann nochmal den Weg zum Studium meistern ist eine riesen Leistung, Hut ab! Ich finde es richtig, was Du bewirken möchtest und möchte Dir auch gerne ausdrücklich meine Unterstützung anbieten. Es ist ein begrenztes und erreichbares Ziel, und auch wenn ich denke, dass sich seit "meiner Zeit" schon einiges gewandelt hat im Verständnis der Aufgabe der Adoptiveltern, bin ich sicher, dass da noch viel getan werden muss und eine regelrechte "Schulung" oder jedenfall intensive und systematische Vorbereitung sicherlich das Richtige wäre. Alleine auf diesen Forn hier habe ich eine Menge an kostbaren Erfahrungswissen gelesen, dass da einfließen könnte, nur als Beispiel.
ZitatArkanaut schrieb u. a.: Was das topic angeht finde ich, dass Du einen sehr wichtigen Punkt ja schon herausgearbeitet hast: Deine Eltern lieben Dich als "ihr Kind". Aber sie setzen sich nicht mit der Person auseinander, die Du bist. Denn sonst müssten sie sich ja mit Deinem fremden Ursprung und damit auseinandersetzen, dass Du in einer ganz fundamentalen und unveränderlichen Weise eben gerade das nicht bist: "ihr Kind".
Auch leibliche Kinder setzen sich aus vielen Vorfahren-Genen zusammen, die den Eltern manchmal sehr fremd sind und mit denen sie meinen, nicht zurecht kommen zu können. Eine Freundin z. B. kam mit ihrem auf eigene Weise kreativen Sohn nicht zurecht und klagte immer "ich weiß gar nicht, wie der dazwischen kommt" (sie hatte bereits 2 Kinder). Eine andere Bekannte ging mit ihrem Sohn, den sie als nicht normal befand (obwohl das nicht stimmte) zum Psychologen, weil er so anders war und sie nicht damit zurecht kam, bis ihr der Schwiegervater von seinem Großvater erzählte, der das gleiche Wesen hatte. Als fremd empfundene Persönlichkeitsmerkmale bringen nicht nur adoptierte Kinder mit, sondern des Öfteren auch leibliche.
ich gebe Martina recht, auch mein Mann und ich sind beide irgendwie Aliens in der leiblichen Familie, mit denen man nicht so recht was anfangen konnte.
Ich weiß nicht, ob leibliche Eltern ihren Kindern immer das geben können, was das Kind jeweils braucht. Denn zum einen haben Eltern eigene Sichtweisen, zum anderen ginge es häufig auch mit einer gewissen Ungerechtigkeit zu, was Kinder dann ihren Eltern auch vorwerfen könnten.
Wir wissen nicht, ob wir unserer Tochter das geben können, was sie braucht. Wir können nur versuchen, sie so gut kennenzulernen, dass wir ihr das geben können. Das setzt aber voraus, dass wir mit unseren Werten und Überzeugungen, die bei jedem Menschen anders sind, möglicherweise auf diesen Augen nicht blind sind, wenn die speziellen Bedürfnisse des Kindes ganz anders sind.
Wenn dieses Erkennen oder Verstehen nicht gelingt, ist es nicht unbedingt ein Verschulden der Eltern oder eine Erziehungsunfähigkeit, sondern die Eltern können es einfach nicht, so wie jeder Mensch seine Fähigkeiten mitbringt, andere Dinge aber nicht kann oder nur schwer erlernt.
Ich hoffe, dass ich mich irgendwie verständlich ausgedrückt habe.
@Arkanaut, mein obiges Eingehen auf Deinen Beitrag stellt absolut keine Kritik dar, sondern soll nur einen Aspekt zu dem Thema herausheben, der vielleicht auch bedacht werden kann. Deine Beiträge finde ich immer so treffend und beachtenswert formuliert, wie ich das gar nicht leisten kann. Ich hoffe, Du hast das auch so aufgenommen.
Hallo ihr beiden, eure Einwände kann ich gut verstehen und möchte da auch selbst nicht falsch verstanden werden. Es ging mir nicht darum die These aufzustellen, Adoptiveltern könnten ihren Kindern bestimmtes Verständnis/Sicherheit/Aufmerksamkeit nicht geben wie leibliche. Ich denke, es geht mir um eine bestimmte, mir eben auch vertraute Art mit der Erziehung und "dem Kind" umzugehen, die bestimmte Dimensionen des Seins einfach ganz ausklammert. Hm, besser kann ich es jetzt nicht ausdrücken. Und ich wollte eben in Hinblick auf das was Olar auch im Vergleich zu ihrem Bruder erlebt hat sagen, dass bei einer solchen Geisteshaltung dann beim leiblichen Kind die Chancen halt besser stehen, dass das was die ELtern mit Blick nur auf sich selbst anwenden trotzdem passt, während es bei dem verschiedeneren Kind zu Verletzungen und Konflikt führt.
Ja, schwierig in Worte zu fassen. Aber es geht definitiv nicht um Adoptiveltern contra Herkunftseltern. Vielleicht geht es im Kern doch nur wieder darum, ob Du als Adoptiveltern mit der fremden Herkunft des Kindes offen umgehen kannst oder das ausblendest. Also, in den Rechtswissenschaften ist Gleichheit so definiert, dass "Gleiches gleich und Ungleiches ungleich" zu behandeln ist, den zweiten Teil vergessen viele Leute gerne. Daran muss ich denken, wenn Olar erzählt, dass die Eltern beide Kinder ganz akkurat gleich behandeln, aber Olar ist nicht gleich. Aber ich muss darüber nochmal nachdenken ...
Hallo Genau es ging mir im eigentlichen Sinne um Individualität. Na klar, kann ich mir vorstellen, dass auch leibliche Kinder von ihren Eltern in verschiedenen Charakterzügen abweichen aufgrund vom entfernten Großonkel o.ä. aber ich behaupte einfach mal, dass das bei Adoptivkinder ja schon vorgrammiert ist. Eben: Meine Eltern haben sich sehr darum bemüht meinen Bruder (leibliches Kind) und mich gleich zu behandeln. Vielleicht war auch da der Fehler. Sie haben sich zu sehr darum bemüht und vergessen, dass ich doch etwas anders bin.
@IllyBidol: Das ist ja mein Zwiespalt in dem ich stecke: Auf der einen Seite wirklich liebevolle Eltern, sie haben mich immer gesagt, dass sie mich lieben und mich i.d.R. auch so behandelt aber allerspätestens in der Pubertät wars dann auch damit fast vorbei. Ich weiß nicht, ob ich behaupten kann, dass ich selber "Schuld" bin. Ich habe sie echt zur Weißglut getrieben. Ich glaube nich daran erinnern zu können, dass sie mir öfter mit dem Heim gedroht haben.
@die Jule: Also ich habe lange gebraucht sie zu verstehen. Natürlich steckt man nicht in anderen Menschen aber ich meine sie verstanden zu haben- natürlich nicht in Bezug auf die Schläge sondern nur darauf was sie von mir fordern- in Form von Leistung. Was mich unendlich enttäuscht ist, dass sie einfach nie versucht haben mich zu verstehen. Den Wink mit dem Zaunpfahl nicht und auch nicht, als ich es ihnen ins Gesicht gesagt habe was ich von ihnen möchte oder was schief gelaufen ist. Mein Problem ist einfach nur, dass ich nicht weiß was ich draus machen soll...Ich kanns ja einfach nur so hinnehmen wie es war. Richtig! Wären sie dort hingegangen dann wärs anders gelaufen! Der Psychater, der zu mir gesagt hat, dass Adoptierte nie die Messlatte ihrer Adoptiveltern treffen, hätte es ihnen mal sagen sollen. Ich weiß das und ich hab mir geschworen, dass ich nach dem Studium damit aufhöre nach ihren Wünschen zu leben- und ich freu mich richtig drauf. Nur ich weiß wann für mich Ende ist aber sie werden das nie verstehen, dass ich es nicht für mich tue sondern für sie. Ob dahinter Liebe, Bindung oder die ewige Dankbarkeit, zur der ich mich verpflichtet fühle, steht kann ich auch nicht genau sagen. Ich denke alles.
@Arkanaut: Du sprichst mir aus der Seele! Wenn man nur ein kleines bisschen was falsch gemacht hat: Warum tust du uns das an? Hast du uns nicht genug angetan? und der beste Spruch: Womit haben wir das verdient? Das waren so die üblichen Phrasen meiner Jugend und am Ende hab ich all ihre Fragen beantwortet aber sie nie meine. Eben, mein Buder ist immer ein Maßstab gewesen. Ich nenne mal ein kleines persönliches Beispiel: Während ich mich zum Studium wieder aufgerappelt habe (so stand es schon in dem Bogen, den meine Eltern damals ausgefüllt haben) arbeitet mein Bruder im Supermarkt in unserem Dorf. Meine Mutter fand den immer teurer als den nebenan. Seitdem er da arbeitet geht sie da jeden(!) Tag einkaufen und ist über die persönlichen Beziehungen da bestens informiert. Sie nimmt sogar seine Arbeitskollegen mit in die Stadt wenn sie an der Bushaltestelle stehen. Ich weiß, dass er ihnen erzählt, dass er aufsteigen will etc. (und das schafft er auch, er kann mit seinem Charme jedem alles verkaufen) aber trotzdem: Er arbeitet in einem Supermarkt und als Bäckereifachverkäuferin (meine Ausbildung) kamen immer nur Sprüche, dass ich dies und jenes nicht wissen würde ich wäre ja nur die "Brötchentante". Ich denke daran sieht man die Differenz zwischen uns beiden am besten. Ich denke auch, dass das alles eventuell doch vermeidbar gewesen wäre wenn irgendjemand ihnen mal einen psychologischen Grundkurs gegeben hätte mit 5jährlichem Auffrischen...
Ich glaube wirklich, dass das alles SEHR schwer in Worte zu verfassen ist, weil es einfach auf einen psychische Ebene geht- Gefühle. Und die sind ja bekanntlich kaum ausdrückbar
PS: Der Psychater hat mir damals gesagt, dass Adoptierte in der Pubertät mehr als leibliche Kinder die Liebe ihrer Eltern austesten. Denn zum Austesten ist sie ja da. Man wird erwachsen und möchte wissen, dass wenn man sich abnabelt die Eltern immer noch für einen da sind. Hätten sie das gewusst: Es wäre vieles so einfacher gewesen. Sie hätten mir einfach nur mit Liebe und Verständnis begegnen müssen. Das macht mich traurig weil es nicht nur einfach ist sondern auch selbstverständlich :/