bisher war ich in diesem Forum eher als stiller Beobachter und interessierte Leserin unterwegs. Die unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Seiten des Adodreieckes haben mich doch zu so manchen Gedankengängen gebracht die ich so vielleicht nicht gehabt hätte. Dafür erst mal großes Lob ans Forum hier! Ich hätte da mal eine Frage die mich gerade beschäftigt:
Wir befinden uns derzeit in der Bewerberphase und haben nächste Woche unser zweites Gespräch in unserem JA. Wir streben eine Inlandsadoption an und unsere Sachbearbeiterin hatte beim letzten Gespräch schon die Frage angedeutet ob wir auch ein Kind mit völlig unbekannter Herkunft annehmen würden. Es kommt wohl "häufig" vor dass die Herkunftsmütter im Krankenhaus entbinden und dann relativ anonym wieder "verschwinden".
Da jedes Kind/jeder Mensch irgendwann an dem Punkt ist an dem er seine Wurzeln sucht entpuppen sich diese "Konstellationen" wohl als sehr schwer bei der späteren Wurzelsuche, da über die Herkunftsmütter so gut wie nichts bekannt ist und oft die Angaben sogar falsch sind. Das JA wird hier oft erst informiert wenn die Mütter bereits wieder untergetaucht sind. Da wir eine halboffene/offene Adoption wünschen, gerade wegen des Kontakts zur leiblichen Familie sind wir sehr am grübeln ob so ein Kind später nicht viel mehr Probleme mit seiner Adoption bekommt als eines das die Herkunftsfamilie kennt und den Kontakt nach seinen Bedürfnissen gestalten kann. (Vorausgesetzt die Herkunfstfamilie spielt da mit). Wir sind ja gegen inkognito, aber in diesen Fällen liegt es ja nicht an uns sondern an der Herkunftsseite dass es nicht besser verlaufen kann. Da können ja weder wir als Adoeltern noch das Kind etwas dafür.... ich hoffe ihr versteht in etwa was ich damit meine... Wir stecken in einer moralischen Zwickmühle...
Was meint ihr zu dieser Problematik? Gibt es jemanden unter euch der vielleicht genau so adoptiert wurde?
Das war auch mein erster Gedanke, aber mein nächster Gedanke war: Was geschieht dann mit dem Kind? Denn es ist ja in diesem Moment ein Adokind. Ob es nun in unsere oder eine andere Familie kommt. Es wird defakto in eine fremde Familie kommen und hat vermutlich nie die Chance seine Wurzeln zu finden. Die Sache dreht sich im Kreis, verstehst du was ich meine?
es freut mich das du unser "Problem" nachvollziehen kannst. Wir hatten zu Beginn unserer Bewerbung ganz klar nur offene und halboffene Adoption angekreuzt. Die "Geschlossene" haben wir genau aus den Gründen der späteren Wurzelsuche ausgeschlossen. Das kann nie und nimmer im Sinne des Kindes sein. Egal was wir für eine Tolle Zweitfamilie wir für das Kind abgeben. Die Fragezeichen werden immer da sein und je mehr wir schon von Anfang an auch gemeinsam mit der Herkunftsseite beantworten können desto wohler ist uns dabei.
Diese Konstellation ist uns erst im Gespräch mit der Sachbearbeiterin bewusst geworden. Laut ihr sind diese Fälle noch nicht mal selten. Ich finde das wirklich schade. Uns selbst würden die Umstände natürlich auch interessieren die zur Weggabe des leiblichen Kindes geführt haben. Aber das Kind kann ja am allerwenigsten dafür, und egal wo es am Ende seine Kindheit und sein späteres Leben verbringt, die Brücken sind abgebrochen. Wie würde ich so eine Situation einem Kind erklären? Was sagt man da ohne es noch schlimmer zu machen?
Wir wissen wirklich nicht ob wir in diesen Fällen was die geschlossene Adoption anbelangt eine Ausnahme machen sollen. Das Kind ist ja in diesem Fall schon in den "Brunnen gefallen" "Vergangenheit" ohnehin unumgänglich...
Wir sind für jeden weiteren Denkanstoß Dankbar! Vielleicht gibt es ja noch eine Sichtweise der Dinge die mir bisher noch nicht in den Sinn kam.
Zitat von BiesiSAber das Kind kann ja am allerwenigsten dafür, und egal wo es am Ende seine Kindheit und sein späteres Leben verbringt, die Brücken sind abgebrochen. Wie würde ich so eine Situation einem Kind erklären? Was sagt man da ohne es noch schlimmer zu machen?
Wir wissen wirklich nicht ob wir in diesen Fällen was die geschlossene Adoption anbelangt eine Ausnahme machen sollen. Das Kind ist ja in diesem Fall schon in den "Brunnen gefallen" "Vergangenheit" ohnehin unumgänglich...
Da gibt es kein Alllerheilmittel. Wenn Dich Dein Kind fragt, mußt Du die Fragen wahrheitsgemäß beantworten und auch zugestehen, vieles leider nicht zu wissen. Es ist ja nicht so, daß es erst mit 16 anfängt zu fragen. Schon als Kind kommen diese, und man muß sie so beantworten, wie es ist. Ich glaube, einen richtigen Trost gibt es nicht. Das Kind hat allen Grund, darunter zu leiden, daß es seine Wurzeln nicht kennenlernen darf, und Deine Aufgabe ist es, es zu begleiten und zu unterstützen, wenn es das zuläßt.
Adoptiveltern können eigentlich immer nur symptomatisch agieren, nie kausal.
Wollte mich nochmals melden und den aktuellen Stand der Dinge mitteilen:
wir hatten kürzlich unser 2. Gespräch mit unserer Sachbearbeiterin. Genau dieses Thema haben wir nochmals lange diskutiert. Wir sind jetzt so verblieben dass wir auch einem solchen Kind gerne ein liebevolles Zuhause geben möchten, haben aber ganz klar und deutlich gesagt, dass wenn sich die Herkunftsmutter/-vater doch noch melden sollte und wenn es erst nach Jahren sei, unsere Türe jederzeit für sie offen steht und sie sich gerne melden kann. Wir wollen auf keinen Fall dass unwiderruflich der Stempel "geschlossene Ado" auf der Akte prangt, sondern dass wir uns jederzeit über einen Kontakt freuen würden. So hätten wir und unser Kind wenigstens die Hoffnung dass es zu einem Kontakt kommen kann. Und wer weis, ich könnte mir vorstellen, dass es so manche Herkunftseltern gibt die erst nach einiger Zeit merken dass sie doch wissen möchten was aus ihrem Kind geworden ist und sich nochmals beim Jugendamt melden. Das ist meiner Meinung nach ein Kompromiss mit dem man umgehen kann.
die Entwicklung in Eurem Adoptionswunsch finde ich sehr gut überlegt. Auch diese Kinder brauchen eine Familie, die sie annimmt und voll integriert.
Mir kamen bei der Schilderung Deines Problems die vielen tausend Kriegskinder in den Sinn, die infolge der Kriegswirren von ihren Eltern getrennt wurden und auch in Heimen oder bei Adoptiveltern aufwuchsen. Viele davon auch ohne Hoffnung, die leibliche Familie einmal zu finden. Immer mal wieder gab es Zeitungs- oder Fernsehberichte über sie, die bei den meisten zwar ein Loch in der Seele erkennen ließen, die aber an diesem Schicksal nicht zerbrochen sind. Mit Sicherheit gibt es Bücher über diese Menschen, die ja praktisch auch Findelkinder sind. Vielleicht kann man aus diesen Büchern oder Berichten Anregungen von Betroffenen beziehen, die einem den Umgang mit einem solchen Kind händelbar machen.
Ich finde es wichtig, dass das Kind von Anfang an seine Herkunftsverwandtschaft kennt. Und auch ihren Standpunkt und ihre Ansichten hört. Es gibt bei Adoptionen viel zu oft, wenn überhaupt, nur schwammige, vage Informationen oder Vermutungen.
@Maus Genau das ist es ja was wir wollen. Von Anfang an die Herkunftsfamilie mit einbeziehen. Hier bin ich voll und ganz deiner Meinung. Daher haben wir auch etwas um die Ecke gedacht bei unserem "Kompromiss" im Jugendamt. Wenn das Kind das einmal in unserer Familie sein neues Zuhause findet, eben solche Herkunftseltern haben sollte die (aus welchen Gründen auch immer) ihrem Kind erst mal keine Informationen und Möglichkeiten zur Wurzelsuche mit auf den Lebensweg geben, wollen wir dennoch einem solchen Kind ein liebevolles Zuhause bieten. Durch diese Absprache mit der jederzeit offenstehenden Türe unsererseits besteht doch immerhin die Hoffnung für das Kind dass es doch noch eines Tages mehr von der Herkunftsfamilie erfährt. Im Gegensatz zu einer Familie die sich von vorne herein möglicherweise nur für eine geschlossene Adoption beworben hat und sich "freut" dass die Herkunftsfamilie gaaanz weit weg ist und ihnen nicht ins Familienleben "funkt". Dort könnte sich die Herkunftsfamilie die Finger an der Jugendamtstüre wund klopfen. Das Kind kann ja für diese Situation nichts. Und wenn es sich die H-Familie doch noch anders überlegen sollte kann es immerhin noch ein "happy End" geben. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich immer zuletzt...
Wurde dir schon gesagt, dass jede Adoption schon geschlossen ist, bevor ein Kind vermittelt wird? Wenn du das nicht akzeptieren willst, wirst du wohl oder übel darauf bestehen müssen, Mutter und Vater getrennt vor der potentiellen Vermittlung ihres Kindes an dich persönlich kennenzulernen und beiden sämtliche deiner Daten zuzustecken und nicht umgekehrt, damit sie eventuell nach einer Vermittlung ihr Kind über dich wieder finden können, da eine Suche nach ihrem Kind allein fruchtlos sein würde wegen der erstgenannten Tatsache. Das Jugendamt wird Eltern gegenüber stets behaupten, nicht befugt zu sein, Daten über ihr Kind und die Adoptionsbewerber weiterzugeben, egal welche mündlichen Absprachen du mit irgendeinem Sachbearbeiter getroffen hast. Dir wird auch kein Notar einen Antrag auf offene Adoption beurkunden, weil es so etwas nicht gibt. Wie wird dich wohl dieses Kind ansehen, wenn du ihm später jahrelang erklären müssen wirst, dass du zwar mit anderen Vorstellungen zum Jugendamt gegangen bist, aber aufgrund von hochgradig fragwürdigen Erfolgsversprechungen deine Moral ganz schnell wieder vergessen hast und auch zu feige und labil warst um überhaupt auf die Idee zu kommen, kritische Fragen zu formulieren oder an deinen Werten festzuhalten?
Zitat von MausIch finde es wichtig, dass das Kind von Anfang an seine Herkunftsverwandtschaft kennt. Und auch ihren Standpunkt und ihre Ansichten hört. Es gibt bei Adoptionen viel zu oft, wenn überhaupt, nur schwammige, vage Informationen oder Vermutungen.
Maus, dein Standpunkt ist aus deiner Sicht sehr verständlich, aber was sollen Adoptiveltern tun, wenn sie ein anonym geborenes Kind zugedacht bekommen? Es deswegen ablehnen? Ich meine, das wäre der falsche Weg.
BiesiSs verhalten sich richtig, denn sie machen dem JA klar, dass sie die Herkunft erfahren wollen. Dieses sollten sie dort allerdings mit Nachdruck immer wieder kund tun, falls sie so ein Findelkind bekommen. Nicht alle Sizialarbeiter sind nach verbriefter Adoption erpicht darauf, den Vorgang immer wieder zu öffnen, was man alleine an diversen Berichten von Suchenden sehen kann.
Da sie vermutlich zumindest erfahren würden wo das Kind geboren/gefunden wurde, könnte ich mir sogar vorstellen in diesem Ort eine anonyme Annonce in Zeitung/Internet/Radio etc. zu geben, mit der Botschaft, dass die Eltern/Mutter dieses Kindes jederzeit über das JA Kontakt aufnehmen kann, wann immer das sein möge. Wenn das alles noch frisch ist, ist die Chance, dass die Botschaft ankommt, vielleicht nicht so gering.
Bei ausgesetzten Findelkindern ist es relativ einfach, denn dann erscheint der Fall sowieso in den Medien. Anders sieht es bei durch anonyme Geburt künstlich erzeugten Findelkindern aus. Wenn ein solches geboren wird, erfährt das die Öffentlichkeit (mit Absicht) nicht! Das finde ich schlimm, denn so wird das Ausmaß dieses unsäglichen Gesetzes nicht transparent.
Zitat von mausi51aber was sollen Adoptiveltern tun, wenn sie ein anonym geborenes Kind zugedacht bekommen? Es deswegen ablehnen? Ich meine, das wäre der falsche Weg.
Wenn einem schon direkt gesagt wird, dass in Deutschland angeblich mehr Findelkinder aus Geburtskliniken heraus anonym adoptiert werden als mit elterlichen Einwilligungserklarungen und gleichzeitig Tausende deutsche Mütter und Väter an die Öffentlichkeit und nach Straßburg gehen und sich über mafiöse Kindesentziehungen durch das deutsche Jugendamt beschweren, dann glaube ich persönlich nicht an Naivität als Grund für deutsche Bürger bei so etwas mitzumachen. Eine Zeitungsannonce, die nur an das Jugendamt verweist, wäre so gut wie keine Annonce. Sie müsste wenigstens Erkennungsmerkmale des Kindes und seinen Aufenthaltsort beinhalten und regelmäßig veröffentlicht werden. Warum sollte es falsch sein, einen solchen Deal über ein Menschenleben mit dem Jugendamt kategorisch abzulehnen, Cornelia? Und wieso verwendest du die Bezeichnung "Adoptiveltern" für den Zeitpunkt einer eventuellen Kindesvermittlung? Da handelt es sich bis zum Beschluss noch um Bewerber. Das Jugendamt ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Eltern von Findelkindern monatelang mit allen Mitteln zu suchen, bedenke das mal bei deinen öffentlichen Äußerungen und tu' hier nicht so fatalistisch und alternativlos.
Zitat von mausi51aber was sollen Adoptiveltern tun, wenn sie ein anonym geborenes Kind zugedacht bekommen? Es deswegen ablehnen? Ich meine, das wäre der falsche Weg.
Wenn einem schon direkt gesagt wird, dass in Deutschland angeblich mehr Findelkinder aus Geburtskliniken heraus anonym adoptiert werden als mit elterlichen Einwilligungserklarungen und gleichzeitig Tausende deutsche Mütter und Väter an die Öffentlichkeit und nach Straßburg gehen und sich über mafiöse Kindesentziehungen durch das deutsche Jugendamt beschweren, dann glaube ich persönlich nicht an Naivität als Grund für deutsche Bürger bei so etwas mitzumachen. Eine Zeitungsannonce, die nur an das Jugendamt verweist, wäre so gut wie keine Annonce. Sie müsste wenigstens Erkennungsmerkmale des Kindes und seinen Aufenthaltsort beinhalten und regelmäßig veröffentlicht werden. Warum sollte es falsch sein, einen solchen Deal über ein Menschenleben mit dem Jugendamt kategorisch abzulehnen, Cornelia? Und wieso verwendest du die Bezeichnung "Adoptiveltern" für den Zeitpunkt einer eventuellen Kindesvermittlung? Da handelt es sich bis zum Beschluss noch um Bewerber. Das Jugendamt ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Eltern von Findelkindern monatelang mit allen Mitteln zu suchen, bedenke das mal bei deinen öffentlichen Äußerungen und tu' hier nicht so fatalistisch und alternativlos.
Absichtlich kein ausführlicher Kommentar, denn fatalistisch und negativ bist nur Du
Zitat von mausi51Absichtlich kein ausführlicher Kommentar, denn fatalistisch und negativ bist nur Du
Du wagst es, mich hier augenzwinkernd als negativ zu deklarieren? Hast du dir mal angesehen, was für ein Bild du seit Jahren von betroffenen Müttern öffentlich propagierst, nur um deine eigene, unfreiwillige Adoptionsfreigabe aufzuwerten?
Hier echauffierst du dich im Zusammenhang mit Adoption seit Jahren über Kindstötungen und suggerierst, dass die Täter die frisch gebackenen Mütter seien. Unseriöser kann ein Ratgeber doch gar nicht sein. Mir persönlich ist kein Fall bekannt, bei dem der Mutter die Alleinschuld anhand von Beweisen nachgewiesen wurde. Und anhand der Statistik ist zweifelsfrei festzustellen, dass dieses Thema kein Mü mit Adoptionen zu tun hat. Liest eine in Bedrängnis geratene Schwangere diese Seite, bekommt sie den Schreck ihres Lebens und ist umso manipulierbarer für Jugendamtmitarbeiter, die ihr mit allen jahrzehntelang geübten Kniffen einzureden versuchen, dass sie ihrem Kind einen Gefallen tut, wenn sie es vermitteln lässt. Ist so ein Verhalten positiv im Vergleich zu dem, was ich tue, oder vielmehr verantwortungslos?