Hallo Flipper, also ich bin hier wohl die ganz "Neue" und auch wenn es es schon ziemlich spät ist - zu spät, um alle Antworten auf Deine Frage bis ins Detail zu lesen - meine ich verstanden zu haben, dass Du Wert auf Glücksgefühle legst. Also dann:
Meine Adoptiveltern haben - zumindest was unsere Gespräche zum Thema angeht - immer alles richtig gemacht! Meine Mama hat mir schon mit 4 Jahren erklärt, das ich was "Besonderes" bin, und das kam so: Beim abendlichen Tischdecken habe ich das Besteck um die Teller verteilt und gesagt, dass ich das meinem Bruder (wenn ich den denn hätte) auch zeigen würde. Da hat mir meine Mama erklärt, dass das nicht geht. Sie sei sehr krank gewesen und deshalb könnten in ihrem Bauch keine Babies wachsen. Deshalb war ich da auch nicht drin, aber das macht keinen Unterschied. Mit der Erklärung war ich - vorerst - zufrieden. Ich hab das dann ab diesem Tag auch immer allen gleich erzählt. Im Kindergarten, bei Geburtstagen... Ich fand`s toll! Nach meinem ersten Schultag rief die Klassenlehrerin etwas verstört bei meinen Eltern an und sagte, dass ich jedem und ganz laut erzählt hätte, dass ich adoptiert bin
Als ich später in der Pubertät ausführlicher über das Thema nachdachte, haben mir meine Eltern alle meine Fragen so gut wie möglich beantwortet. Ich hatte nie das Gefühl, dass sie ausweichen - obwohl das sicher nicht immer einfach für sie war. Viel wussten Sie ja nicht über die Beweggründe meiner leiblichen Mutter. Als ich mich dann später auf die Suche nach ihr machte, haben mich meine Adoptiveltern immer unterstützt.
Meine leibliche Mutter habe ich bis heute nicht getroffen, irgendwie schaffe ich das noch nicht. Aber das ist ein anderes Thema.
Meine Botschaft an alle Adoptiveltern: Bitte immer ganz offen und möglichst unbefangen mit dem Thema umgehen. Und fangt ganz früh an, darüber mit Euren Kindern zu sprechen. DANKE!!!
Danke für Deine Antwort. So wie Du die Situation beschreibst, kann man sich das gut vorstellen und toll, dass Du findest, dass Deine Eltern es ganz gut gemacht haben. Da gibt es auch andere Fälle. Deine Adoption war zu Beginn der 70er Jahre. Da war es noch keine Selbstverständlichkeit, dass man so offen damit umgegangen ist. Finde ich gut. Heute bekommt man in Seminaren vermittelt, dass man sein Adoptivkind früh aufklären, offen mit dem Thema umgehen und auch bei der Wurzelsuche unterstützen soll. So wollen wir es auch machen.
Gibt es irgendetwas was Deine Eltern nicht so gut hinbekommen bzw. richtig verbockt haben?
da hast Du mir eine Frage gestellt. Aber nein, auch nach längerem Nachdenken - meine Eltern haben nichts "falsch" gemacht. Die Dinge, die bei uns nicht so gut gelaufen sind, passieren wohl in fast allen Familien. Meiner erster Freund (mit 16) löste zum Beispiel eine ziemliche Krise zwischen meiner Mama und mir aus. In dem Jahr fand nur wenig Kommunikation zwischen uns statt, und wenn, ging's ziemlich zickig zu. Damals fand ich das ganz furchtbar (das war es ja auch), denn meine Mama war bis dahin immer meine beste Freundin der ich alles erzählen konnte. Bei meinem nächsten Freund hat sie mir dann alles erlaubt, was sie vorher verboten hatte Naja, inzwischen ist meine eigene große Tochter 18 und ich glaube zu wissen, was damals in meiner Mutter vorging...
Meine Eltern haben immer versucht, alles besonders gut zu machen. Übrigens hat mir die Dame beim Jugendamt erzählt, dass das wohl oft ein Phänomen bei Adoptiveltern sei. Mein Vater hat mich in unseren Urlauben in jedes Museum, jede Kirche und durch jedes Schloss geschleppt. Vielleicht bin ich deshalb heute ein kleiner Kulturmuffel. Er hat damit aber auch sehr viel für meine Allgemeinbildung getan. Ich war immer Musterschülerin. Allerdings war mein Vater auch Elternsprecher und kam auf jede Klassenfahrt mit. Das hat wirklich genervt!
Meine Mama konnte lange Zeit nur sehr schwer loslassen, auch als ich schon längst eine eigene Familie hatte. Wir sind dann irgendwann für zwei Jahre nach Bayern "ausgewandert". Da hatte sie nicht mehr so direkten "Zugriff". Als wir dann wieder in die alte Heimat zurückkehrten, war dann alles gut. Inzwischen hat sie gelernt zu akzeptieren, dass ich mein eigenes Leben führe. Unser Verhältnis ist sehr entspannt geworden. Aber meine Eltern sind nach wie vor immer für mich da.
Meine beiden einzigen "Negativerfahrungen" zum Thema Adoption hatte ich nicht mit meinen Eltern. In der Schule hat mir mal eine Mitschülerin "Du bist ja gar kein echtes Kind" an den Kopf geworfen. Das saß tief. Ich kann sie noch heute nicht leiden Naja, und meine Oma hat mir immer mal wieder gesagt, wie dankbar ich doch sein müsse, dass meine Eltern mich "da rausgeholt haben". "Wer weiß, was sonst aus Dir geworden wäre!" Ich glaube aber, sie hat das nicht so gemeint, wie es sich anhört. Sie kommt halt aus einer anderen Generation. Ich hab sie trotzdem seeeeeehr lieb.
Hm, jetzt ist das schon wieder ein kleiner Roman geworden
Du hast eine sehr schönen Roman geschrieben. Danke! Die üblichen Familienkrisen wird es wohl in jeder Familie geben und das gehört wohl auch zum Erwachsenwerden bzw. zum Ablösen aus dem Elternhaus dazu. Meistens legt es sich, wenn man älter wird. War bei mir ja auch so.
Zitat von JolyfunÜbrigens hat mir die Dame beim Jugendamt erzählt, dass das wohl oft ein Phänomen bei Adoptiveltern sei.
Ja, die lieben Adoptiveltern. Immer etwas übereifrig. Das sagt man gerne und da kann gut was dran sein. Aus meiner Sicht liegt das an 2 Punkten. 1) Meistens haben Adoptiveltern schon länger einen Kinderwunsch und es hat recht lange gedauert bzw. es war zwischendurch auch sehr "emotional anstregend". Heutzutage hat man noch ein paar künstliche Befruchtungen hinter sich und es ist ein langer nervenaufreibender Weg schwanger zu werden bzw. nicht schwanger zu werden und dann kommen oft noch Fehlgeburten dazu. Hinzu kommt, dass die Adoptiveltern meistens etwas älter sind und sich dadurch auch eher behüten bzw. sich auch gerne in Ihrer Umwelt einbringen. 2) Adoptiveltern werden von der Adoptionsvermittlung so geschult (vielleicht auch so ausgesucht), dass sie auf Feinheiten im Verhalten Ihrer Kinder achten, um so frühzeitig auf "adoptivbedingte" Auffälligkeiten reagieren zu können. Das heißt auch, dass man sich gut informiert (z.B. hier im Forum!?) und das beschränkt sich vermutlich nicht nur auf die Adoptivthemen sonder auch auf alle Erziehungsthemen.
Ich glaube deshalb haben die Adoptiveltern den Ruf (insbesondere bei Pädagogen) gut informiert zu sein und auch glauben vieles besser zu wissen. Wie gesagt, da ist auch oft was dran.
Schade, dass Deine Oma das so gesagt hat. Aber wie Du vermutest liegt es auch nach meiner Meinung an die Generation. Diese Generation hat auch meistens mehr materialistisch gedacht. Meine Oma hat mir bzgl. meiner Freundinneauswahl immer sehr nahegelegt, jemanden aus "gutem Hause" auszusuchen. So einen Quatsch eben.
Zitat von JolyfunIn der Schule hat mir mal eine Mitschülerin "Du bist ja gar kein echtes Kind" an den Kopf geworfen. Das saß tief.
Wie hast Du reagiert. Haben Deine Eltern Dir helfen können?
Das muss ich jetzt einfach mal loswerden: Ich finde es toll, wie du dich informierst und bin überzeugt, dass du ein ganz toller Papa bist !!!
Soweit ich das einschätzen kann, hat sich in den letzten Jahren sehr viel in Sachen Aufklärung, Schulung und Begleitung (finde nicht das richtige Wort) von Adoptiveltern getan. Meine sagten kürzlich noch, dass sie bedauern, dass sie in den 70er Jahren nicht s viel wussten. Bei mir gab es ganz deutliche Anzeichen einer Traumatisierung. Aber das haben sie jetzt erst verstanden. Damals haben sie sich höchstens gewundert und manche Verhaltensweisen als "so ist sie eben" abgetan. Oder haben versucht, mit Strafen unerwünschtes Verhalten zu beenden. Hat aber nicht funktioniert ;o)
Erst heute - im Rahmen meiner Therapie - kommt Licht ins Dunkel. Schade. Hätte ich im Kindergartenalter eine Spieltherapie oder ähnliches erhalten, wäre mir (und auch meinen Eltern) manches erspart geblieben.
Also, Flipper: Weiter so!!! Es ist schön zu sehen, dass sich da was zum Positiven verändert!
das ist sehr, sehr lieb von Dir. Vielen Dank. Sich Mühe geben ist das eine. Ich hoffe, dass wir es auch so umsetzen können! ... und hoffentlich sagt man in 20-30 Jahren auch, dass wir (die aktuelle Adoptivgeneration) schon vieles richtig gemacht haben. Die Erkenntnisse gehe ja auch weiter.
Hallo Flipper, Du hattest nach der Bemerkung der Mitschülerin gefragt. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich das meinen Eltern überhaupt erzählt habe. Auf jeden Fall konnte ich es bis heute nicht vergessen. Vermutlich hätte meine Mutter es mit einem "Laß die doch reden" abgetan. Das bringt mich zu der Frage, ob meine Eltern jemals schlechte Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben? Muss ich sie direkt mal fragen.
Ich war beim Lesen einiger Beiträge hier im Forum total überrascht, wie problematisch eine Adoption oft für die verschiedenen Beteiligten ist oder zumindest von ihnen gesehen wird. Wie oft sich Adoptierte offensichtlich unwohl fühlen in ihren "neuen" Familien. Wie negativ Außenstehende darauf reagieren. Was alles so verschwiegen wird.
Wie ist das bei Dir? Hast Du mit Deiner Umwelt auch schon negative Erfahrungen machen müssen?
Adoption begleite einen das ganze Leben lang; mal mehr, mal weniger, einige haben schlimme Sachen erlebt, viele berichten aber auch, dass wohl einiges sehr gut gelaufen ist. Mir erscheint es schon, dass einiges über die Jahre besser geworden ist. Man hat viel aus vergangene Fehlern gelernt, aber was mir wichtiger erscheint ist, dass die Gesellschaft sich etwas geändert hat. Die ehemalige Standard-Familie gibt es weniger und es gibt inzwischen viele Formen, die zumindest in der Gesellschaft nicht mehr verurteilt werden. Früher hatten Scheidungen, alleinerziehende Frauen, alleinerziehende Männer, homosexuelle Beziehungen, Patchwork-Familien einen schlechten Ruf - heute ist das normal. Da ist es auch klar, dass man offener mit dem Thema Adoption in der Öffentlichkeit umgeht.
Negative Erfahrungen haben wir selber eigentlich noch nicht gemacht. Außer dass am Anfang ja öfters die Frage kam "Wer kann so ein Kind denn nur abgeben" was auf das Vorurteil der Herkunfts-Rabenelten zielt. Wenn man dann aber die Herkunftseltern demonstrativ verteidigt, dann läßt die Lust auf "Lästern" auch nach und man hat ein Stück Aufklärung betrieben. Generell ist es so, dass wir mit dem Adoptivthema sehr offen umgehen, die Freunde oder Verwandte das Thema eigentlich nie ansprechen oder aufgreifen. Dabei kann man doch über das Thema so schön reden...
Das unterschreibe ich glatt! Schön, dass ich Euch gefunden habe!!! Nur mein Mann schaut schon komisch, weil ich jetzt abends immer das Notebook mit ins Bett nehme
Gestern Abend hat er kurz rübergeschaut und gefragt: "Wer ist denn Flipper???"