ich trau mich gar nicht, weil ich ja verkündet habe, dass ich mich aus dem Forum zurückziehe, aber es geht nicht ohne euch. Ich hoffe sehr, ihr nehmt mich wieder in eurer Mitte auf?
Meine Frage: Ich habe eine E-Mail an das für meine Adoption zuständige Amtgericht geschickt, ob von mir nach fast 57 Jahren noch Akten vorhanden sind. Ich kann es kaum glauben, einen Tag später bekam ich schon eine Antwort von einer Justizinspektorin mit der Bitte um weitere Angaben zu meiner Person (erklärend hinzufügen muss ich noch, dass das Amtsgericht, welches meine Adoption bearbeitet hat, nicht mehr existiert (war ein kleiner Ort), sondern das in der nächstgrößten Stadt alle Akten übernommen hat. Nach nur 4 Tagen bekam ich die Nachricht, dass sie meine Akte gefunden hat. Ich hätte das nie gedacht, nach so langer Zeit. Nächsten Freitag werde ich hinfahren und Einsicht nehmen - was kann mich erwarten? Steht in der Akte das gleiche wie beim Jugendamt (diese Akten existieren nicht mehr)? Hat jemand diesbezüglich Erfahrung? Ich hoffe da ein bisschen auf Burkhard!?!.
Nochmals, sorry, dass ich so emotional reagiert habe und bitte um "Asyl".
schön, dass Du wieder hier bist! Und dann noch mit so guten Neuigkeiten!!!
Es ist oft unterschiedlich was in den Akten zu finden ist. Manchmal steht viel drin, manchmal nur wenig. Ich drücke Dir die daumen, dass Du möglichst viele Informationen bekommst. Und vor allem, dass sie auch stimmen und sich mit dem decken, was Du bereits weißt!
Ich lese hier immer, dass die Geburtsurkunde der Adoptivkinder auf den Namen der Adoptiveltern geändert wird, also bei mir war das nicht so. In meiner Abstammungsurkunde bzw Geburtsurkunde steht mein "richtiger" Name (wobei ich meinen Vornamen behalten habe) und der Name meiner leiblichen Mutter. Deshalb haben mich meine Adoptiveltern ja auch z.B. zu meiner Konfirmation angelogen und gesagt, das Familienstammbuch wäre verloren gegangen, deshalb könnten sie mir meine Geburtsurkunde, die man zur Anmeldung für den Konfirmandenunterricht brauchte, nicht geben. Aber der Pastor wüsste Bescheid. Ja, wusste er - und auch er hat mitgelogen.
Hallo Brigitte, schön, dass Du wieder da bist Adoption ist eine sehr emotionale Angelegenheit, egal auf welcher Seite man steht. Da ist es nur natürlich, dass man einmal für eine Zeit nichts davon hören will. Ich drücke Dir die Daumen, dass Du möglichst viel erfahren kannst.
ich hatte am Nachmittag bereits eine lange Antwort an dich geschrieben. Nach dem Beschluss des Himmels, ist dieser Beitrag in der Weite des Alls verschollen. Nun noch nochmal eine Kurzfassung. Du bist eine sogenannte Altadopptierte, d. h. du bist nach den Bedingungen über die Annahme an Kindes statt, Bürgerliches Gesetzbuch (alte Fassung) vom 1. Januar 1900 adoptiert worden und du warst beim Inkraftreten des neuen Adoptionsrechtes am 1.1.1977 bereits volljährig. So fielst du auch nicht unter die diversen Übergangsbestimmungen vom alten zum neuen Adoptionsrecht. Das alte Adoptionsrecht war eine Variante des "schwachen Adoption". Darum stehen in deinem Geburtsschein auch deine leibliche Eltern als deine Eltern. Verwandtschaftliche Beziehungen wurden nicht aufgehoben, es gab diverse vermögensrechtlichr und erbrechtliche Konsequenzen. Die gravierendste Folge ist, dass du auch heute noch für deine leibliche Mutter unterhaltspflichtig bist. Ich bekam einmal die verzweifelte Anfrage eines Adoptierten, mehr als fünfzig Jahre nach seiner Adoption, der eine Aufforderung vom Sozialamt bekommen hat, für die Heimunterbringung seiner Mutter zu zahlen. Rechtlich war das vollkommen korrekt. Ich kann dir nur dringend raten mit einer Kopie des Adoptionsvetrages einen guten Anwalt zu konsultieren, damit dir nicht irgendwann so etwas widefährt. Du musst übrigens auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass sich die Begeisterung deiner leiblichen Verwandtschaft über dein Auftauche sehr gering ist. Es könnte die Sorge um eventuelle finanzielen und erbrechtlichen Ansprüche deinerseits entstehen. (Das ist keine Ausgeburt meiner Phantasie, sondern ich habe es in den letzten Jahren alles schon erlebt.) Was alles in so einem Adoptionsvertrag nach altem Adoptionsrecht alles zu finden ist, kann ich dir nicht sagen. Ich habe so einen Vetrag noch nie in der Hand gehabt.
Zitat von burkhardDu bist eine sogenannte Altadoptierte. Darum stehen in deinem Geburtsschein auch deine leibliche Eltern als deine Eltern. Verwandtschaftliche Beziehungen wurden nicht aufgehoben, es gab diverse vermögensrechtlichr und erbrechtliche Konsequenzen. Die gravierendste Folge ist, dass du auch heute noch für deine leibliche Mutter unterhaltspflichtig bist. Ich bekam einmal die verzweifelte Anfrage eines Adoptierten, mehr als fünfzig Jahre nach seiner Adoption, der eine Aufforderung vom Sozialamt bekommen hat, für die Heimunterbringung seiner Mutter zu zahlen. Rechtlich war das vollkommen korrekt.
Zunächst einmal ist das doch gar nicht, wonach Brigitte gefragt hat. Jedenfalls nicht in diesem Thread. Außerdem ist die Geschichte ein urbaner Mythos, der von juristisch unbeschlagenen Anhängern der Starkadoption in die Welt gesetzt wurde. Die meisten schwören Stein und Bein, es sei ein Freundesfreund gewesen, dem das passiert ist. Tatsächlich aber hat es in Deutschland einen solchen Fall noch nie gegeben, und er wäre auch gar nicht möglich.
Außerdem ist die Geschichte ein urbaner Mythos, der von juristisch unbeschlagenen Anhängern der Starkadoption in die Welt gesetzt wurde. Die meisten schwören Stein und Bein, es sei ein Freundesfreund gewesen, dem das passiert ist. Tatsächlich aber hat es in Deutschland einen solchen Fall noch nie gegeben, und er wäre auch gar nicht möglich
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Art 1 bis 11 Art 12 Übergangs- und Schlußvorschriften
§ 1 (1) Ist der nach den bisher geltenden Vorschriften an Kindes Statt Angenommene im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes volljährig, so werden auf das Annahmeverhältnis die Vorschriften dieses Gesetzes über die Annahme Volljähriger angewandt, soweit sich nicht aus den Absätzen 2 bis 6 ein anderes ergibt.
Die unterhalts- und erbrechtlichen Ansprüche gegenüber der alten Familie bleiben bestehen. Grundsätzlich hat der adoptierte Volljährige gleichsam zwei Elternpaare, wobei im Fall von Unterhalt die Adoptiveltern vor den leiblichen Eltern haften. http://www.adoption.de/info_adoerw.htm
vielen Dank für deine ausführliche Nachricht. Ich muss gestehen, dass ich doch etwas geschockt bin. Ich werde ja nächsten Freitag meine Akte einsehen, ich hoffe, ich finde da auch den ausführlichen Adoptionsvertrag und darf ihn mir kopieren. Falls du Interesse hast, sende ich dir dann gerne eine Kopie zu. Ich werde wieder berichten.
vielen Dank für deine Bemerkung, es ist nett von dir, dass du dich einmischt. Aber ich muss in diesem Fall Burkhard in Schutz nehmen, er hat lediglich auf meine Frage, warum mein "richtiger" Name immer noch in meiner Geburtsurkunde steht, geantwortet. Also, nichts für ungut.
Zitat von HashimotoAber ich muss in diesem Fall Burkhard in Schutz nehmen, er hat lediglich auf meine Frage, warum mein "richtiger" Name immer noch in meiner Geburtsurkunde steht, geantwortet.
einen schönen 1. Mai wünscht dir Brigitte
Hallo Brigitte,
das ehrt Dich. Da niemand von Irrtümern frei ist, ist es aber gar nicht notwendig, irgendjemanden in Schutz zu nehmen.
Hauptsächlich ging es mir darum, dass im Internet seit Jahren kursierende Rechtsirrtümer nicht noch weitere Nahrung erhalten. Das beschriebene Schreckenszenario (subsidiäre Unterhaltspflicht für Adoptierte gegenüber ihren Erzeugern und umgekehrt) gab und gibt es in Österreich, aber zu keinem Zeitpunkt hierzulande.
Weiterhin entzieht es sich meinem Verständnis, was der Namenseintrag in einer Geburtsurkunde mit der behaupteten Unterhaltsverpflichtung eines Altadoptierten zu tun haben soll. Überhaupt gehen hier Begriffe wie Abstammungsurkunde, Geburtsurkunde und Geburtsschein durcheinander wie Kraut und Rüben.
Auch wird die Bedeutung dieser Papiere klar überschätzt. Die Trennung zwischen den Altfällen 1976/77 noch minderjähriger und bereits volljähriger Adoptierter erfolgte unsichtbar, d.h. es wurden keine neuen Papiere ausgestellt usw. Wo der Unterschied zwischen Minderjährigen- und Volljährigenadoption relevant wird, da wird einfach nachgeschlagen, wann Du geboren wurdest und wann die Adoption erfolgte (rechen, rechen)... und fertig ist.
Im Falle damals Minderjähriger gibt es noch den Sonderfall, dass im Rahmen einer einjährigen Frist Widerspruch eingelegt und im Vertragsverhältnis verblieben wurde. Wurde aber mangels Kenntnis kaum genutzt und hat mit Deinem Fall sowieso nichts mehr zu tun, da Du ja bereits volljährig warst, wenn ich das richtig verstanden habe.
Nachdem ich gerade Deinen neuen Eintrag an Burkhard gesehen habe, auch noch schnell was dazu. Dich ausfindig zu machen, ist anhand der standes- und meldeamtlichen Erfassungsdichte kein Problem. Sonst wäre es ja auch umgekehrt schwierig, seine leibliche Verwandtschaft selber zu ermitteln. Ansonsten empfehle ich Dir, einen Anwalt aufzusuchen, der Deine Fragen mit Sicherheit kompetenter beantworten kann als B. oder ich.
Ich wünsche Dir auch einen schönen (Rest)feiertag.
Hallo Burkhard, wie du siehst, lässt mir das ganze keine Ruhe und ich habe schon wieder eine Frage. Wie muss ich mir das vorstellen - du schreibst, das ein Adoptierter nach über 50 Jahren vom Sozialamt angeschrieben wurde, weil er für seine leibliche Mutter zahlen sollte - sind meine Daten denn mit denen meiner leiblichen Mutter hinterlegt, oder woher weiß z.B. das Sozialamt, dass ich die leibliche Tochter bin? Ich habe doch einen ganz anderen Namen bekommen?
Ach ja, ich habe nochmal auf meine Abstammungsurkunde geschaut, da steht tatsächlich im handschriftlicher Randvermerk: Annahme an Kindesstatt, das Kind erhält den Namen ...... dann folgt der Nachname meiner Adoptiveltern. Das war 1955, im Oktober 53 bin ich geboren, gleich nach der Geburt ins Kinderheim gekommen und im Alter von 5 Monaten von meinen Adoptiveltern "ausgesucht" worden, im wahrsten Sinne des Wortes. Schon krass, wie das damals gehandhabt wurde. Ich habe einmal meine A-Mutter gefragt, wie sie auf mich gekommen sind, da hat sie gesagt: du hast uns angelacht und da haben wir dich genommen.
Zitat von Hashimoto... Das war 1955, im Oktober 53 bin ich geboren, gleich nach der Geburt ins Kinderheim gekommen und im Alter von 5 Monaten von meinen Adoptiveltern "ausgesucht" worden, im wahrsten Sinne des Wortes. Schon krass, wie das damals gehandhabt wurde. Ich habe einmal meine A-Mutter gefragt, wie sie auf mich gekommen sind, da hat sie gesagt: du hast uns angelacht und da haben wir dich genommen.
Ich bin mir sicher, dass das auch heute noch so wäre, gäbe es diese Möglichkeit in Deutschland. Diese Vorgehensweise des Aussuchens ist ja auch verständlich, denn der erste Blickkontakt ist sehr entscheidend für den weiteren Verlauf einer Beziehung. Die Crux dabei war aber, dass hier die "falsche" Seite ausgesucht hat Eigentlich hätte man den Kindern für den "Sympathietest" ausreichend große Fotos vorlegen müssen und ihre Reaktion beachten. Da wäre so mancher Bewerber durch die Maschen gefallen. Nur - leider sagt Sympathie noch lange nichts über Eignung etc. aus und deswegen ist es gut, dass es heute anders läuft.
auch an dich ganz herzlichen Dank für deine Mühe und die ausführliche Antwort. Ich werde mal abwarten, was ich am Freitag erfahren werde.
Herzliche Grüße Brigitte
War keine Mühe. :-)
Ich wälze schon seit vielen Jahren Material über die Fallgruben der Juristerei. Sich in dem Gewirr von scheinbar oder tatsächlich widersprüchlichen Infos durchzubeißen, ist zwar schwierig, wenn man nicht Jura studiert hat, aber doch nicht unmöglich.
Gerade habe ich einen Brockhaus aus dem Jahre 1910 geöffnet. Obgleich in Frakturschrift und insgesamt etwas altertümlich formuliert, sind die Angaben gerade zu familienrechtlichen Problemen darin so unglaublich vielfältig und auf den Punkt gebracht, wie man es in moderneren Ausgaben nur noch selten findet. Das nur am Rande, weil hier ja auch das alte Reichsrecht angesprochen wurde.
Lass bitte wieder von hören, sobald Du in eigener Sache mehr weißt.
Zitat von burkhardDie unterhalts- und erbrechtlichen Ansprüche gegenüber der alten Familie bleiben bestehen. Grundsätzlich hat der adoptierte Volljährige gleichsam zwei Elternpaare, wobei im Fall von Unterhalt die Adoptiveltern vor den leiblichen Eltern haften.
Das kommt davon, wenn einer vom anderen abschreibt. :-))))))))))))))
Ursprung obiger Lesart ist derselbe wie bei folgendem Patzer:
ZitatBesonderheiten gelten für Adoptivkinder, die vor dem 1.1.1977 adoptiert wurden. Sie bleiben gegenüber den leiblichen Eltern und Verwandten auch dann erbberechtigt, wenn sie bei der Adoption minderjährig waren.
Anmerkung: Würde das stimmen (was aus meiner Sicht schön wäre), dann wäre damit nur dem grundgesetzlich verankerten Rückwirkungsverbot Rechnung getragen worden. Es wäre so gesehen gar keine Besonderheit.
Ich würde empfehlen, bei der Auswahl von Zitaten künftig skeptischer zu sein. Obgleich derartige Halbinformationen teilweise auch auf den Seiten renommierter Kanzleien stehen, werden sie dadurch nicht richtiger.