Hi, also ich habe mir vor der Ado natürlich über den Namen unseres Kindes Gedanken gemacht. Mir war es eigendlich egal es sollten nur nicht die Namen von unseren verstorbenen Kindern sein.
Als wir dann Michelle bekamen waren wir sehr glücklich über den Namen den sie von ihrer leiblichen Mutter bekommen hat. Und viele Leute die nichts von der Ado wissen fragen immer ob wir den Namen mit Absicht so ausgewählt haben. (mit derweile weiß ich das Michelle die französische Form von Michaela ist, mein Vorname.)
Michelle stand nicht auf meiner Liste von Namen die mal ein Kind von mir bekommen soll. Aber zu unserem kleinen Sonnenschein passt er perfekt. Und das sie ihren Namen von ihrer Bauchmama hat werden wir ihr auch erzählen.
Zitat Mit Sicherheit haben sie sich bei der Adoption und im Vorfeld nicht so intensiv mit den Wurzeln des anzunehmenden oder angenommenen Kindes auseinandergesetzt, sondern sind total arglos an die Sache herangegangen. Die größte Anzahl geht doch davon aus, die H-Mutter/Eltern wollen das Kind nicht, also nehme ich es auf. Dass es auch H-Mütter gibt, die das Kind nicht (oder zumindest nicht ganz so) freiwillig abgeben (z. B. Minderjährige, Suchtstoffabhängige, Alleinerziehende, die Betreuung benötigen usw.) kommt ihnen mit Sicherheit nicht in den Sinn, wenn sie es nicht von den A-Vermittlern mitgeteilt bekommen oder auch diese Variante in den Adoptionsbewerberseminaren zur Sprache kommt. Dieses zu offenbaren, wäre die Pflicht der Adoptionssachbearbeiter.
Wer nichts wissen will, erfährt auch nichts! Es ist wie bei den Erdbeeren und beim Spargel
Genau deswegen kaufen ja immer noch so viele Menschen an Weihnachten tonnenweise verseuchte Erdbeeren aus Huelva, weil sie sich nicht dafür interessieren, was damit geschehen ist, bevor sie bei Aldi und Co. im Regal lagen. Der Wunsch nach Frühling treibt's rein ...
Erdbeeren im Winter schmecken genauso gut wie die tomaten aus dem Treibhaus, die man ganzjährig im Supermarkt zu kaufen kriegt. Aber das ist eben Angebot und Nachfrage! (Ich könnte mich ganzjährig von Bananen ernähren. )
Und was das Wissen um die Adoption, die Hintergründe, anbelangt: Als blutiger Anfänger weiß man eigentlich gar nicht, wo man anfangen soll zu fragen, und was. Man erfährt was in den Bewerberseminaren, man erfährt, warum z.B. die H-Mutter in einem 3.weltland ihr Kind ausgesetzt hat, man beschäftigt sich noch mit dem anderen Aussehen des Kindes und was ihm in unseren Breiten widerfahren kann, und hört, daß es in der Pubertät schwierig wird.
Man kriegt auch noch ein bißchen was über die Wurzelsuche erzählt und das war's dann. Als blutiger Anfänger kann man sich auf die Hintergründe keinen Reim machen, man fragt sich auch, warum das Kind seine Wurzeln suchen will, wo es doch in der neuen Familie alles hat... (ich höre schon wieder die Buhrufe und sehe tomaten und eier fliegen!)
Die Erfahrung, das Wissen um die Hintergründe, das ganze Drumherum erfährt man eigentlich erst mit der Zeit, wenn das Kind fragen stellt und wenn man dann selber Fragen stellt und wissen will, wie die H-Mütter über die Abgabe ihrer Kinder denken. Und erst dann lernt man was über die Tragweite. Dann befaßt man sich intensiv mit diesem Thema, und dann erst kann man auch die Situation des Kindes eher einschätzen. Und wer dann noch was dazu gelernt hat, der unterstützt sein Kind bei der Wurzelsuche.
Man hat als A-Eltern ja auch gar kein Recht, die Wurzeln radikal abzuschneiden, auch wenn das mit der Verpflanzung in eine neue Familie so rüberkommt. Unter Radikal abschneiden verstehe ich, wenn ich die ganze Herkunft außen vorlasse, wenn ich das Kind so belüge, daß sich die Balken biegen und wenn ich ein riesengroßes Geheimnis darum mache.
Aber bin ich etwa ein schlechter Mensch, wenn ich dem Kind zwar einen anderen Namen gebe (weil man das Kind auch irgendwie mit seinen eigenen Augen sieht und weil man eben nicht weiß, warum es so wichtig ist, den 1. Namen zu behalten), ihm aber trotzdem bei der Wurzelsuche helfe, mir die Hacken nach Infos und Wegen ablaufe, um was zu erfahren, wenn ich jede Gelegenheit suche und dem Kind anbiete, mit mir über seine A. zu sprechen und wenn ich ihm sage, wie es vorher geheißen hat und warum ich so und so gehandelt habe.
Ich nehme an, ich spreche hier für manche anderen A-Eltern auch. Wenn mein Kind Interesse an seiner Herkunft (sein Land) hat, dann ist es doch selbstverständlich für mich, daß wir das Land zusammen bereisen, um einen Eindruck davon (generell) zu bekommen, um die Stellen zu besuchen, wo die A. stattgefunden hat bzw. wo wir uns seinerzeit aufgehalten haben, ohne Druck einer A., um darüber zu sprechen, vielleicht kann man noch ein bißchen Spurensuche betreiben. Auf jedem Fall kann man dem Kind den Eindruck vermitteln, wie es ist, in einem Land zu sein, wo man selber (= das Kind) so aussieht wie die restliche Bevölkerung und wir A-Eltern die Exoten sind. Und wenn wir dann noch jemanden finden würden, um so besser!!
In meiner Kindheit war es übrigens noch üblich, das Kind von seinen Wurzeln abzuschneiden. Man ging davon aus, Du hast doch uns, und das reicht. Als unser Sohn klein war, haben wir mit ihm den nahegelegenen Flughafen besucht und die startenden und landenden Flugzeuge beobachtet. Und ihm erzählt, er kam auch mit so einem großen Vogel hier an. Er kannte sehr früh seine Daten, seine Geb.stadt etc. Daraufhin guckte mich meine Mutter ganz entgeistert an: wie ich denn dazu käme, ihm diese Sachen zu nennen. Selbst meine eine Schwester, die sonst nie meiner Meinung ist, entgegnete, man könnte einem Kind doch nicht seine Daten wie die Geb.stadt vorenthalten. Dann hat meine Mutter den Schnabel gehalten.
Meine Kinder z.B. wachsen seit sie ganz klein sind, mit diesem Wissen auf, mit allem drum und dran (was sie sich erfragt haben) - und ich fühle mich beim besten Willen nicht als radikaler Wurzelabschneider.
Viele Grüße, von Pingsdorf
(ich schneide gern alte Zöpfe ab, aber keine Wurzeln!!)
ach ja, und da fällt mir noch ein: bis jetzt sind meine Kinder stolz auf ihre Geburtsländer, wenn man sie fragt, woher sie sind, nennen sie immer ihre Länder - und dann evtl. ihren Wohnort, und überhaupt erzählen sie stolz von ihren beiden Ländern, dem, wo sie geboren wurden, und dem wo sie aufwachsen. Ich meine , so soll´es ja auch sein - und deswegen glaube ich nicht, auf dem falschen Dampfer zu sein.
Zumal diese Länder bei uns mitleben (quasi wie ein Geist). Und es waren ja auch tolle Länder, so ein Urteil kann man sich nämlich nur erlauben, wenn man mal für längere Zeit - ganz alleine auf sich gestellt - dort war. Und an diese Zeit denke ich noch sehr gerne zurück, auch wenn manches mit zahlreichen Aufregungen, die uns doch manche gesundheitlichen Probleme beschert haben, einherging. Trotzdem, ich möchte diese Aufenthalte nicht missen!
hallo Pingdorf, danke für diesen Beitrag. Weißt Du, ich hatte auch oft Wut, weil ich nicht verstehen konnte, warum so manche A.Eltern sich nicht vernünftig erkundigen woher das Kind kommt, wie es zur Adoption kam, sich nicht mit der Herkunft auseinandersetzen... Heute denke ich auch, dass viele A.Eltern da auch einfach zu blauäugig rangehen. Aber es war für mich ein langer Weg zu begreifen, dass A.Eltern auch so naiv sein können. Das ist so ein Gesellschaftsdenken. Viele denken sich ja, die leiblichen Mütter kommen aus der Unterschicht und da ist es klar, dass die eine oder andere zu dumm ist und sich ihr Kind abquatschen lässt. Ebenso denken ja viele, dass A.Eltern eher aus der Oberschicht kommen. Und da geht man dann einfach davon aus, dass die doch schlauer sind, und in der Lage sind das richtige zu tun. Und deshalb ist für viele unverständlich warum sich A.Eltern nicht informieren.
Heute weiß ich, dass wir alle da ganz schön naiv rangegangen sind. Die H.- als auch die A.Seite. Alle denken zum Wohle des Kindes zu handeln. Ohne sich intensiv mit dem Thema auseinander zu setzen. Beide Seiten vertrauen auf das Wissen der SA. Und so lange diese sich nicht intensiv mit dem Thema auseinander setzen, sondern nur einen Job machen, wird es immer noch Adoptionen geben, die vielleicht nicht sein müssten!
Ich stimme dir zu, Bianka. Ich bin in so einer Situation groß geworden. Meine AEltern wissen nichts über meine schwarze Geschichte. Alles was ich wissen wollte, musste ich irgend wo selbst nachlesen. Ob das geschriebene Wort stimmte, konnte ich niemanden fragen.
Ausserdem wurde, gleich nachdem ich in die AFamilie kam, mein Vor-, Nachname und meine Religion geändert.
Ich selbst habe mich jede Nacht in den Schlaf geweint, bis ich meine LMutter kurz vor meinem 18. Geburtstag kennen lernte. Das böse Kind in mir (meine Identität mit meinem A-Namen) beschimpft und das liebe Kind in mir (meine Identität mit meinem H-Namen) hatte keine Lebenslust, weil es immer nach der Antwort suchte was es böses angestellt hat um mit der Adoption so bestraft zu werden.
Ich kann heute noch nicht auf die vielen Randbemerke im Auszug aus dem Geburtsregister, Abstammungsurkunde und co. schauen ohne Tränen in die Augen zu bekommen.
Auch heute, wo ich meine HEltern kenne und einen Teil derer Familienangehörigen, kann ich sagen, dass ich in keiner Identität angekommen bin und denke oft, ich müsste mir eigentlich selbst einen Namen geben, der genau diese Identitätskrise ausdrückt..
Um auf die Anfangsfrage zurück zu kommen, ich hätte nichts gegen einen Zweitnamen gehabt. So hätte ich meinen 1. Namen wenigstens behalten können.