danke für eure Einschätzungen, wenn es leider kaum Rückmeldungen von Herkunftseltern gab.
@Lattitia - ich glaube, ich hätte mich genauso einschüchtern lassen wie Cornelia, auch nach 30 Jahren. Nicht weil ich schüchtern bin, sondern weil ich Angst gehabt hätte, sonst alle Möglichkeiten zu zerstören, mein Kind zu treffen oder irgendwie Kontakt zu haben. Man ist doch verdammt abhängig von dem Wohlwollen der Mitarbeiter im Jugendamt. Egal auf welcher Seite man steht. Ich kenne das Gefühl von vor der Vermittlung, auch wenn das nur bedingt vergleichbar ist.
Ich weiß es nicht, wie ich mir das erklären soll. Mein Eindruck ist, dass das hier immer so "Wellenbewegungen" sind. Mal diskutieren plötzlich Massen von Adoptionsbewerbern, im Moment sind eher die Adoptierten aktiv. Vielleicht/hoffentlich gibt es auch bald eine Phase, wo die Herkunftsmütter/-väter mit ihren Themen kommen.
Zitat von englandfanHallo zusammen, danke für eure Einschätzungen, wenn es leider kaum Rückmeldungen von Herkunftseltern gab. Gruß englandfan
Wie erklärst Du Dir das???
Zum Beispiel so:
Zitat von Lattitia... aber Du hast sicher schon gemerkt, daß ich mir, wenn es um meine Familie oder mich geht, nichts gefallen lasse, und ich hoffe, daß ich das auf mein A-Kind übertragen kann für später.
oder so:
Zitat von LattitiaEnglandfan, das ist auch verständlich. Aber wenn der Kontakt mit dem JA schon schiefgelaufen ist, würde ich danach mit anderen Mitteln "arbeiten".
Solange es immer wieder darauf hinausläuft, dass man sich selbst so etwas nicht zutraut, weil man selbst ja so besonders stark, klug, christlich oder sonst was Edles ist (jetzt meine ich nicht Dich persönlich, Lattitia! Ich will das nur drastisch klar machen), wird keiner Frauen wie mich verstehen. Du hast offenbar noch nie erlebt, wie man einen Menschen systematisch mental so klein machen kann, dass er nie mehr "groß" werden kann, bzw. sehr, sehr lange dafür braucht. Meine Tochter denkt ganz genau so über mich und in mir wohnen zwei Seelen: eine freut sich, denn das zeigt, dass sie nie mit solchen unschönen Dingen zu tun hatte; eine andere, die einfach nur traurig ist, manchmal auch wütend.
Aber Du hast recht, heute bin ich genug geschliffen, z. B. durch die Arbeit hier im Forum, und heute würde ich mir das auch nicht gefallen lassen. Ich bin mir sogar sicher, dass ich mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde aufwarten würde. Damals aber hätte das bedeutet, dass mir der Kontakt über das JA unmöglich geworden wäre, denn der gute Mann stand ja schon lange davor mit meiner Tochter in Kontakt. Sie hatte mindestens einmal dort nachgefragt, ob ich mich einmal gemeldet hätte. Leider hat ihr der tolle Sozialfachmann nicht gesagt, dass man mir genau das 30 Jahre vorher mit Nachdruck ausgeredet hat. Heute wäre mir das Ergebnis einer solchen Aktion egal, denn dass sie lebt und es ihr gut ging, wußte ich ja schon von ihm. Den Rest, der dann zehn Jahre folgte, hätte ich mir eigentlich ersparen können.
Also mich wundert es nicht, dass kaum jemand Lust hat, hier groß zu berichten, wenn es doch immer wieder mit dem üblichen, moralinsauren finger pointing endet - same procedure as everywhere ...
Ich sitze hier gerade fassungslos..... "Den Grund für die Kontaktaufnahme erklären sollen" - dabei kann ich mir den belehrenden rechthaberischen Ton direkt vorstellen. Beratend auf den Inhalt eines ersten Briefes einzugehen wäre ja in Ordnung, aber nach Beratung hört sich das nicht an. Cornelia, warum der Brief an Deine erwachsene Tochter gelesen wurde, verstehe ich nicht. Das wird nichtmal bei Jugendlichen gemacht, hier bei uns, wenn Briefkontakt übers Jugendamt besteht. Dass Du dem JA Mitarbeiter nicht ins Gesicht gesprungen bist, kann ich verstehen. Schade, dass er heute nicht mit Dir konfrontiert wird, das würde ich ihm gönnen!!
Die inkognito Situation zu erklären wäre eine der Hauptaufgaben dieses Herrn gewesen, meiner Meinung nach.
Ich verstehe immer nicht, warum sich eine Herkunftsmutter schämen sollte, vor allem in Deiner Situation, Cornelia - in den Augen der "Gesellschaft" oder sonstwie. Ich weiß es waren andere Zeiten, Moral usw. Aber das sollte doch heute nicht mehr greifen!? Bis vor noch gar nicht langer Zeit wurden Teenage-Mütter und wahrscheinlich andere Mütter in Notlagen bestenfalls dazu "überredet", Ihre Kinder zur Adoption freizugeben. Ich sehe hier keine Freiwilligkeit oder freie Entscheidung (Ausnahmen gibt es sicherlich). Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei "nicht kindgerechter Versorgung" in der Vergangenheit so interveniert wurde, wie das heute der Fall ist. Und auch in diesen Fällen, außer dass mein Herz für die Kinder blutet, steht es mir nicht wirklich zu, zu verurteilen. Ich meine nicht die schlimmsten Fälle, die man sich vorstellen kann. Aber wenn ich mich nie in der gleichen Situation befunden habe, eine völlig andere Kindheit hatte usw., dann kann ich nicht wirklich verurteilen. Ich befinde mich hier in einer Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist. Meine momentane Einstellung kommt auch immer auf unsere aktuelle ituation und die speziellen Probleme, die meine beiden Mäuse gerade wälzen, an.
Persönlich habe ich noch nie negative Vorurteile gegen abgebende Mütter gehört - und ich habe so einiges an vorgefassten Meinungen im Zusammenhang mit Adoption über die Jahre gehört. Ich habe aber inzwischen hier verstanden, dass der viel geäußerte Respekt gegenüber abgebenden Müttern oftmals mit einer vorgefassten Vorstellung der freien Entscheidung einhergeht, wobei es wohl sehr oft nicht wirklich eine freiwillige, sondern eine umstandsbedingte Entscheidung (wenn überhaupt eine Entscheidung) war. Andererseits, wenn dadurch dem Kind Leiden erspart bleibt, dann war es doch eine gute Entscheidung, wenn diese getroffen werden konnte, bevor die Zustände unhaltbar und unerträglich wurden. Ist aber eine völlig andere Situation, nicht zu vergleichen mit Müttern die Babies abgeben.
die Frage nach dem Grund der Kontaktaufnahme war die Grundvoraussetzung dafür, dass sie sich überhaupt mit den Kandidaten/innen befassen (2002! Wie es heute dort läuft, entzieht sich meiner Kenntnis)! Bei meinem telefonischen Erstgespräch mit dem JA, teilte man mir mit, dass ich meinen Kontaktwunsch schriftlich und formlos begründen müsse. Ich fand das damals nicht als belehrend, sondern als einschüchternd und diese Rechnung ist ja erst einmal aufgegangen.
Warum ich danach dazu aufgefordert wurde, meiner Tochter das und die Abgabegründe in einem offenen Brief zu erklären, kann man nur vermuten - nun, ich "vermute" mal, dass sie das mit ihren eigenen Unterlagen abgleichen wollten. Einen anderen Grund kann ich beim allerbesten Willen nicht sehen.
Es war übrigens der Amtsleiter selbst, mit dem ich bei der Kontaktaufnahme zu tun hatte. Sein Vorgänger, der mich damals "berabeitete" (was für eine Doppelbedeutung!), war inzwischen aus dem Amt geschieden. Ich bin mit diesen Leuten noch nicht fertig. Da kommt noch etwas nach, besonders, weil ich immer wieder höre, dass es in manchen JÄ bis heute nicht anders läuft, wenn sie suchende Herkunftseltern "bedienen"
Lies mal das: Sauber gelaufen Das war zehn Jahre nach mir - in der gleichen Stadt!
Warum wir uns schämen sollten? Nun, zum einen, weil eine Kindsweggabe nun wirklich keine Heldentat ist; zum anderen, weil die Gesellschaft im Allgemeinen das so erwartet. Ich sagte ja neulich schon zu "Simcha", sie solle doch einmal ganz neutral irgendwelche Leute fragen, was sie von Müttern halten, die ihr Kind zur Adoption weggegeben haben. Volkes Meinung ist sicher nicht identisch mit der aufgeklärter und gebildeter Bürger wie z. B. dein Umfeld.
ZitatIch kann mir nicht vorstellen, dass bei "nicht kindgerechter Versorgung" in der Vergangenheit so interveniert wurde, wie das heute der Fall ist.
Und ich vermute, dass es das "früher" sowieso kaum gab. Aufgrund meiner eigenen Historie als seelisch schwer geschundenes Scheidungskind, verfolge ich die Familienpolitik seit ewigen Zeiten. Ich habe beobachtet, dass die Verwahrlosung erst seit ca. 20 jahren so gravierend zugenommen hat wie wir das heute ganz offensichtlich vorgeführt bekommen. Überlege Dir einmal was das heißt, dass innerhalb eines Jahres zwei neugeborene Kinder einfach nach der Geburt aus dem Fenster geworfen wurden! Das ist eine Verrohung, die sondergleichen ist und ich fürchte, dass das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange ist. Wenn die Entwicklung so weiter geht, auf der einen Seite Firmenpleiten, Ausbeuterlöhne und auf der anderen Konsumterror bis zum Abwinken, sinkende Bildung und zerbrechende Familien, dann sehe ich schwarz für die Kinder der sogenannten Unterschicht. Das gibt es in den "besseren" Kreisen natürlich auch, aber längst nicht so ausgeprägt bzw. in diesem Umfang. Wenn man die bekannt gewordenen Fälle betrachtet, ist jedenfalls nur selten eine "bessere" Familie betroffen.
Auch wieder resultierend aus meiner eigenen Historie, bin ich auch für jedes Kind froh, das nicht in so einer Familie aufwachsen muss, aber ich bin nicht der meinung, dass in solchen Fällen Adoption die ultima ratio sein muss. Vielleicht ließe sich das anders regeln, wenn man die Stellung von Pflegefamilien erheblich aufwerten würde. Inkognitoadoptionen lehne ich sowieso strikt ab.
Ja, das mit der "freien Entscheidung" sehe auch ich eher im Reich der Märchen und Fabeln aus JA-Kreisen angesiedelt. Es gibt ein paar öffentlich gewordene Fälle, wo die Herkunftsmütter/-eltern glaubhaft versichern, dass sie es überlegt getan haben. Wenn es so viele gäbe, die das bewusst und freiwillig getan haben, warum trauen sich diese Respekt verdienen Menschen dann nicht an die Öffentlichkeit? Tatsache ist, dass es nur ganz wenige sind, die das tun und die beziehen in der Regel moralische Schelte.
Carla, das kann ich kaum glauben, daß Du nie "Schlechtes" von abgebenden Müttern gehört hast. Wir sind ständig bemüht, "unsere Mutter" in einem gerechten Blick erscheinen zu lassen.
Es fallen Sätze wie "wie kann man nur...das eigene Kind" oder "die hat doch kein Herz" oder "asozial". Manchmal nicht direkt mir ins Gesicht (und Cornelia, sei gewiß, da haue ich dann auch drauf!!!) oder unterschwellig.
Cornelia, wenn Du christlich erwähnst, kann von mir sowieso keine Rede sein Keine Sorge, ich habe verstanden, wie Du es meinst. Tatsächlich kann ich mich nicht in die Situation versetzen, so klein gemacht zu werden.
Meine Eltern haben mich sehr autoritär erzogen. Es hagelte permanent Verbote, Strafen (keine Schläge!!!) und ständig Ultimaten. Ich durfte selbst mit 18 kaum weg.
Das Resultat war, daß ich früh ausgezogen bin und auch äußerlich meine Anti- Eltern- Einstellung offensichtlich zeigte.
Das war für mich eine Befreiung aus dieser devoten Rolle.
Gut, daß Dich das Forum stark gemacht hat. Ich kann Deine Tochter auf der einen Seite gut verstehen: wenn sie nicht weiß, was damals abging, wird sie es nicht verstehen, warum Du Dich nie gemeldet hast. Wenn sie selber Kinder hat, wird sie wissen, wie groß und stark Mutterliebe ist oder sein kann.
Da sie aber selber hoffentlich stärker groß geworden ist, fehlt ihr der Bezug zu Deiner sehr anderen Kindheit/Jugend.
Zitat .... bin ich auch für jedes Kind froh, das nicht in so einer Familie aufwachsen muss, aber ich bin nicht der meinung, dass in solchen Fällen Adoption die ultima ratio sein muss. Vielleicht ließe sich das anders regeln, wenn man die Stellung von Pflegefamilien erheblich aufwerten würde
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Kinder, die in Pflegefamilien aufwachsen, stammen meist aus finanziell unterprivilegierten Familien und werden dann, wenn sie ein eigenständiges Leben führen, überwiegend zum Unterhalt ihrer Eltern herangezogen, solange diese leben. Vielen geht es so; sie haben über jahrzehnte keine Teilhabe an einem materiell einigermaßen sorgenfreien Leben. Das war für den Gesetzgeber auch der Anlass, die Adoption zu favorisieren, eben überwiegend zum Schutz der Kinder.
Die hier im Forum postenden autarken Herkunftseltern sind insgesamt wohl in der Minderzahl und halten nicht gut für eine generelle Bewertung der Herkunftsfamilien her.
ZitatCarla, das kann ich kaum glauben, daß Du nie "Schlechtes" von abgebenden Müttern gehört hast. Wir sind ständig bemüht, "unsere Mutter" in einem gerechten Blick erscheinen zu lassen.
Es fallen Sätze wie "wie kann man nur...das eigene Kind" oder "die hat doch kein Herz" oder "asozial". Manchmal nicht direkt mir ins Gesicht (und Cornelia, sei gewiß, da haue ich dann auch drauf!!!) oder unterschwellig.
Da habe ich ähnliche Erfahrungen.
Mit pauschalen Aussagen über Herkunftsmütter/-familien bitte ich sehr vorsichtig zu sein. Es gibt die unterschiedlichsten Situationen, die dazu führen, dass ein Kind zur Adoption freigegeben oder in Pflege gegeben wird. Und die Herkunftseltern sind/waren häufig in Lebenssituationen, die wir uns nicht ansatzweise vorstellen können...
ZitatDas war für den Gesetzgeber auch der Anlass, die Adoption zu favorisieren, eben überwiegend zum Schutz der Kinder.
Inwieweit favorisiert der Gesetzgeber Adoptionen? Meines Wissens leben mehr Kinder in Dauerpflege als in Adoptivfamilien und ich dachte, wenn die leiblichen Eltern einer Adoption nicht zustimmen, kann man das auch nicht gegen ihren Willen machen. D.h. ich weiß natürlich, dass die Einwilligung gerichtlich ersetzt werden kann, wenn die leiblichen Eltern z.B. über einen längeren Zeitraum nicht auffindbar sind. Wenn die leiblichen Eltern aber weiterhin die Eltern ihres Kindes bleiben wollen und auch Interesse an ihrem Kind zeigen, können sie meines Wissens nicht zu einer Adoptionsfreigabe gezwungen werden.
Meiner Meinung nach darf keiner zu einer Adoptionsfreigabe gezwungen werden. Ob der Staat einfach die Pflegekosten sparen will? Es kostet auch bestimmt weniger Personal, wenn mehr Kinder adoptiert werden.
Also ich wage auch zu bezweifeln, dass das Kindeswohl der treibende Grund für die Favorisierung von Adoption war. Pflegekinder sind teuer - sie kosten das Pflegegeld, aber auch die Verwaltung/Betreuung der Pflegefamilien durch das Jugendamt. Darüber hinaus gibt es einen Mangel an Pflegefamilien. Adoption kostet nach dem Verfahren gar nichts. Ich fürchte, dass das durchaus auch ein gewichtiger Grund ist.
Zum eigentlichen Thema: Ich glaube auch nicht, dass die hier im Forum diskutierenden unbedingt repräsentativ für Herkünftsmütter sind, aber ich bin eigentlich gerade wegen ihnen in diesem Forum, weil das eben eine Perspektive ist, die man nicht oft hat (ich gar nicht). Daher würde ich es sehr begrüßen, wenn sich hier mehr Herkunftseltern an der Diskussion beteiligen würden, schließlich ist es ja ein Forum von Herkunftsmüttern.
Ich weiß nicht, ob Bianka damals alleine die Initiative ergriffen hat, als das Fasen-Forum geplatzt ist - wie auch immer, sie ist nur nur "eine" Herkunftsmutter
Soweit ich weiß, setzte sich die Gruppe aber durchaus aus allen drei Teilen des Ado-Dreiecks zusammen und es war auch nie das Ziel, nur einen Teil davon zu bedienen.