[quote="mausi51"]Die Ablehnung eines Kindes als Adoptionsvorschlag mit der Adoptionsfreigabe durch leiblichen Eltern zu vergleichen, hinkt etwas, denn einmal geht es um die sehnlichste Erfüllung des Kinderwunsches von ansonsten Kinderlosen und dann um die Lösung des Problems einer ungeplanten Schwangerschaft, fast immer als ungewollte Kinder bezeichnet. In einem Fall wird also ein gewünschtes, geradezu herbei gesehntes Kind abgelehnt, im anderen ein nicht eingeplantes/nicht gewünschtes Kind abgegeben (= abgelehnt). Ich glaube nicht, dass man das gleich setzen kann.
Es ist ja völlig klar, dass diese beiden Situationen nicht gleich zu setzen sind. Es geht doch allein um die Situation des Kindes, dem das Recht zugestanden sein muss, bei den Eltern aufzuwachsen, die am besten für es sind. Und es ist dem Kind doch nicht gedient, wenn man den Adobewebern das Recht abspricht, ehrlich zuzugeben, dass es falsch wäre dieses Kind aufzunehmen. Wie die emotionale Einstellung einem (noch nicht persönlich bekannten) Kind gegenüber im Vorfeld war, spielt doch gar keine Rolle, wenn in einer aktuellen Situation ein Zusammenleben des Kindes mit bestimmten Eltern (und da ist es egal ob leiblich oder Adoptiv) schädlich fürs Kind wäre. LG
Zitat von LattitiaÜbrigens können auch viele H-Mütter ihre erwünschten Kinder nach der Geburt nicht annehmen.
Heißen sie deswegen "H-Mütter"?
Deswegen vielleicht nicht. Ich denke nicht, daß Kinder deswegen zur Adoption freigegeben werden, weil sie nach der Geburt nicht angenommen werden können.
Dieses hormonelle Chaos ist meist therapierbar.
Abgebene Mütter Mütter wissen m.E. schon während der Schwangerschaft, daß sie das Kind nicht behalten wollen/können/dürfen.
Und ja, alle Frauen, die ein Kind gebären, sind H-Mütter
Die These, dass Mütter, die später ihr Kind abgeben, das schon während der Schwangerschaft wissen, halte ich für Wunschdenken. Meines Wissens gibt es dazu keine fundierten wissenschaftlichen Zahlen. Bei mir war es definitiv nicht so und wenn ich mir ansehe, woher die heutigen (inländischen) Adoptivkinder kommen, dann ist es eher so, dass die Jugendämter in soziale Missstände eingreifen müssen. Wie man oft hört und liest, sind diese Familien überwiegend nicht von der Adoptionsidee überzeugt, obwohl sie ihre (vielen) Kinder nicht ernähren können. Gerade die daraus entstehenden Kämpfe zeigen mir jedenfalls, dass man das Kind/die Kinder nicht aus voller Überzeugung her gibt. Die Idee ein Kind statt abzutreiben zur Adoption zu geben, beschränkt sich meistens auf die Fälle, wo die Schwangerschaft auf keinen Fall zu dem Lebensplan passt (z. B. alleinstehende Frauen), Folgen von Gewalt, frisch geschiedene Mütter mit bereits vorhandenen Kindern oder uneheliche Kinder als Ehe-/Familienstörer etc.).
Nein Lattitia, eine biologische Mutter ist noch nie als Herkunftsmutter bezeichnet worden. Warum auch? Dieser Begriff taucht nur in Verbindung mit Pflege und Adoption auf.
Die emotionale Unfähigkeit, das eigene Kind nach der Geburt anzunehmen, hat nichts mit der zu tun, die sich eventuell bei Adoptiveltern zeigt. Hier spielt eher die Tatsache eine Rolle, dass es eben kein "eigener" Nachwuchs ist. Du wirst das sicher negieren, weil nicht sein kann was nicht sein darf, aber dazu gibt es zu beiden Seiten genug wissenschaftlich begründete Erkenntnisse.
Interessant ist für mich in diesem Zusammenhang übrigens, dass ich mit meinem ursprünglichen Beitrag von der Abgabe durch leibliche Eltern sprach und Du das automatisch auf die Mütter reduziert hast. Wenn es um das "nicht Mögen" von leiblichen Kindern geht, werden dafür immer wieder nur die Mütter verantwortlich gemacht. Mich würde einmal interessieren, ob das alleine daran liegt, dass wir Frauen (noch) die Macht der Geburt inne haben, oder es den Vätern ebenso ginge, wären sie biologisch ebenfalls dazu in der Lage Kinder auszutragen, um sie hernach zu verschenken.
Die Idee ein Kind statt abzutreiben zur Adoption zu geben, beschränkt sich meistens auf die Fälle, wo die Schwangerschaft auf keinen Fall zu dem Lebensplan passt (z. B. alleinstehende Frauen), Folgen von Gewalt, frisch geschiedene Mütter mit bereits vorhandenen Kindern oder uneheliche Kinder als Ehe-/Familienstörer etc.).
Das sind die Fälle, von denen ich spreche. In unserem Adoptionskreis ist mir keine Familie bekannt, in der das Kind vom JA herausgetragen und zur Adoption freigegeben wurde. 2 haben die H-Mutter bereits in der Schwangerschaft kennengelernt und waren bei der Geburt dabei, bei unserer H-Mutter fiel die Entscheidung auch in der Schwangerschaft.
Fälle wie Deiner sind mir heute auch nicht mehr bekannt, und ich mag ja auch nur von denen schreiben, von denen ich gehört habe.
Nein Lattitia, eine biologische Mutter ist noch nie als Herkunftsmutter bezeichnet worden. Warum auch? Dieser Begriff taucht nur in Verbindung mit Pflege und Adoption auf.
Dieses Thema haben wir z.Zt hier täglich zuhause, da meine Kinder genau fragen, wer war in welchem Bauch. Und ich glaube, daß unsere Kinder eines Tagen unterscheiden werde, daß sie unterschiedliche Herkunftsmütter, aber eine gemeinsame Mama haben.
Hier spielt eher die Tatsache eine Rolle, dass es eben kein "eigener" Nachwuchs ist. Du wirst das sicher negieren, weil nicht sein kann was nicht sein darf, aber dazu gibt es zu beiden Seiten genug wissenschaftlich begründete Erkenntnisse.
Nein, ich habe mich sogar DAFÜR ausgesprochen, ein Kind abzulehnen, wenn es nicht paßt. Und wer nicht selber in der Situation war, kann auch kaum die Empfindungen von A-Eltern beschreiben. Daß es nicht selbstproduzierter Nachwuchs ist, steht zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr zu Debatte. Hier geht es darum, paßt das Kind zum Profil, können sich die A-Eltern die Herkunftsbedingungen für sich, ihr Leben und ihre eigenen Lebensanforderungen vorstellen?
Interessant ist für mich in diesem Zusammenhang übrigens, dass ich mit meinem ursprünglichen Beitrag von der Abgabe durch leibliche Eltern sprach und Du das automatisch auf die Mütter reduziert hast.
Du, ich bin einfach nicht so penibel jedes Mal in meiner Wortwahl. Ich gehe von unserem Fall aus, und da hat der H-Vater leider nie eine Rolle gespielt, das bedauern wir sehr, aber wir akzeptieren die Entscheidung der H-Mutter und denken, sie wird vielleicht auch außerhalb des Adoptionablaufs ihre Gründe gehabt haben.
Zitat von mausi51Die These, dass Mütter, die später ihr Kind abgeben, das schon während der Schwangerschaft wissen, halte ich für Wunschdenken. Meines Wissens gibt es dazu keine fundierten wissenschaftlichen Zahlen. Bei mir war es definitiv nicht so und wenn ich mir ansehe, woher die heutigen (inländischen) Adoptivkinder kommen, dann ist es eher so, dass die Jugendämter in soziale Missstände eingreifen müssen. Wie man oft hört und liest, sind diese Familien überwiegend nicht von der Adoptionsidee überzeugt, obwohl sie ihre (vielen) Kinder nicht ernähren können. Gerade die daraus entstehenden Kämpfe zeigen mir jedenfalls, dass man das Kind/die Kinder nicht aus voller Überzeugung her gibt.Cornelia
Ich glaube auch nicht, dass es Statistiken darüber gibt, wer wann und aus welchen Gründen entschieden hat, sein Kind zur Adoption zu geben/ oder genommen bekam. Allerdings muss man der Korrektheit halber den Spiess auch umdrehen und kann nicht wissen, ob denn wirklich die Mehrheit der inlandsadoptierten Kinder durch das Eingreifen des Jugendamts und gegen den Willen der leiblichen Eltern zu Adoptivkindern wurden. Oder gibt es in dieser Hinsicht Zahlen? Dass so etwas vorkommt, bestreitet niemand, aber mir geht es da wie Lattitia, aus meinem Umfeld kenne ich ebenfalls nur Adoptivkinder, deren Herkunft nicht aus sozial schwachen Strukturen kommt. Bei meinen beiden Kinder ist das ebenfalls definitiv nicht der Fall, und keines der mir bekannten Adoptivkinder wurde aus einer Familie wegen irgendwelcher Missstände genommen. Herrscht hier vielleicht genauso ein gerne bedientes Klischee wie das der "abgebenden Rabenmutter"? Mit beidem ist für den uninformierten Teil der Bevölkerung schnell vieles erklärt, ohne weiter hinterfragen zu müssen. Kämpfe seitens der Herkunftsfamilien um ein (zumindest subjektiv empfunden) zu unrecht aus der Familie genommenes Kind gibt es doch weitaus überwiegend im Bereich der Pflege, oder nicht? Und die aus den Medien bekannten Fälle, in denen Herkunftseltern gegen die Wegadoption ihres Kindes kämpfen, sind ebenfalls nicht die klassische "Soziale Unterschicht"... LG
Zitat von mausi51Ich finde, hier wird viel zu hart mit dem Begriff Vorschlag umgegangen, denn es ist nun einmal auch von Gesetzes wegen nur ein Vorschlag und jeder Bewerber hat das gute Recht, diesen abzulehnen. Wenn es jetzt so wirkt, als ob dieses Recht auf Ablehung unmoralisch sei, verstehe ich die Welt nicht mehr. Wenn die Bewerber ehrlich ihre Zettel ausgefüllt haben, wird ihnen wohl kaum das wirklich "falsche" Kind angeboten werden. Wenn es aber doch so gelaufen ist, haben sie meiner Meinung nach sogar (wenigstens dann!) die moralische Pflicht, dieses Kind abzulehnen.
Cornelia
Das Wort "Vorschlag" stört mich gar nicht so sehr, der Begriff "anbieten" im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Adoptivkindes und das geforderte "Recht auf Ablehnung" aber schon.
Bei Inlandsadoption und Pflege verwende ich eher den Begriff "Anfrage". Als Bewerber habe ich mich bereiterklärt, ein Kind, das eine neue Familie braucht, aufzunehmen und werde dann für ein konkretes Kind angefragt.
ZitatGinge es allerdings nach mir, dürfte man grundsätzlich nicht ablehnen, denn so kommt ja erst das mit der "Auswahl" ins Spiel.
Das ist nach meiner Überzeugung keine Lösung. Die Aufnahme eines Kindes ist eine verantwortungsvolle Entscheidung. Es muss die Möglichkeit offenstehen, nein zu sagen, wenn man zu der Überzeugung kommt, für dieses konkrete Kind nicht die richtigen Eltern sein zu können. Ein "Ja" muss eine tragfähige Entscheidung beider Partner sein, sonst kann es in einer Katastrophe enden.
Der springende Punkt ist für mich nicht, dass die Adoptiveltern ein Recht haben, sich ein Kind, das ihren Wünschen entspricht, "auszusuchen". Vielmehr hat das vermittelte Kind ein Recht darauf, Eltern zu bekommen, die es so annehmen, wie es ist.
Bei Auslandsadoptionen ist es wieder ein bisschen anders, da heißt es ganz offiziell "Kindervorschlag", da ist aber, soweit ich informiert bin, bei den Vermittlungsorganisationen auch das Konzept, dass alle als geeignet anerkannten Bewerber innerhalb eines gewissen Zeitrahmens einen Kindervorschlag erhalten. Der darf, soweit ich weiß, aber nur mit triftigen Gründen abgelehnt werden, ohne dass die Bewerber dadurch aus dem Verfahren fliegen. Auslandsadoptiveltern, korrigiert mich, wenn das so nicht stimmt.
Zitat von JaBaMIn einigen Beiträgen (nicht auf eure Antworten bezogen!) entsteht der Eindruck, als wenn Adoptionsbewerber eines Morgens aufwachen und sich spontan dafür entscheiden ein Kind anzunehmen, aber bitte nur das Schönste und Gesündeste...und auch als wenn sie keinen Blick für die Situation des Kindes und deren Herkunftseltern haben. Dabei wird manchmal außer Acht gelassen, dass diese Paare zum Teil auch sehr belastende Zeiten hinter sich haben und dass sie sich ganz bewusst für ein Kind entscheiden und einiges für sich und das Kind auf sich nehmen. Ich fand unser Bewerbungsverfahren zum Beispiel keineswegs easy, wir haben uns mit Fragestellungen und Themen beschäftigt, über die viele Paare erst reden, wenn die Kinder schon auf der Welt sind und wir mussten einer völlig Fremden einen tiefen Einblick in unser Leben gewähren. Das ist natürlich absolut notwendig, aber ich glaube (möchte glauben!), wer diesen Weg geht, tut dies nicht leichtfertig.
Ich möchte das auch gerne glauben, aber es gab schon
- Adoptiveltern, die ihr Kind ins Herkunftsland zurückgeschickt haben, nachdem sie doch noch ein leibliches Kind bekommen haben
- Adoptivpflegeeltern, die ihr Kind, das schon einige Monate bei ihnen gelebt hat, wieder abgegeben haben, weil eine Behinderung diagnostiziert wurde
- Adoptiveltern, die ihr Kind nach einigen Tagen zur Vermittlungsstelle zurückgebracht haben, weil sie festgestellt haben, dass es ihnen doch zu dunkel ist
- Adoptiveltern, die massiv enttäuscht sind, wenn sich herausstellt, dass ihr Kind kein Gymnasium besuchen wird
Die Aufzählung ließe sich wahrscheinlich fortsetzen.
Ich möchte jetzt niemanden wegen einer missverständlichen Formulierung oder einer verunglückten Wortwahl in diese Ecke stellen. Aber bei manchen Beiträgen, aus denen eine starke Anspruchshaltung gegenüber den Jugendämtern/Vermittlungsstellen spricht (ich beziehe mich jetzt nicht auf deinen Beitrag), klingeln bei mir doch die Alarmglocken und kriege ich Bauchweh bei dem Gedanken, dass diese Leute ein Adoptivkind anvertraut bekommen sollen.
Zitat von DonataDas Wort "Vorschlag" stört mich gar nicht so sehr, der Begriff "anbieten" im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Adoptivkindes und das geforderte "Recht auf Ablehnung" aber schon. Bei Inlandsadoption und Pflege verwende ich eher den Begriff "Anfrage".
Ist das nicht ein bisschen Wortklauberei? Dann nennen wir es eben zeigen oder Vorschlag machen - wo ist da der Unterschied, wenn man ablehnen kann?
ZitatEs muss die Möglichkeit offenstehen, nein zu sagen, wenn man zu der Überzeugung kommt, für dieses konkrete Kind nicht die richtigen Eltern sein zu können. [...] Der springende Punkt ist für mich nicht, dass die Adoptiveltern ein Recht haben, sich ein Kind, das ihren Wünschen entspricht, "auszusuchen".
Ich würde das nicht als Aussuchen bezeichnen, denn dazu gehörte eine echte Auswahlmöglichkeit, die es bei Inlandsadoptionen definitiv nicht gibt. Mich würde einmal interessieren, was überhaupt so ein Ablehnungsgrund sein könnte. Außer persönliche Sympathie, was man vorher ja nicht testen kann, werden alle anderen Kriterien wie bekannte Schädigungen, Glaube etc. ja lange vorher erfasst.
ZitatVielmehr hat das vermittelte Kind ein Recht darauf, Eltern zu bekommen, die es so annehmen, wie es ist.
Eben. Warum also kann man dann das verlangen haben, ein vorgeschlagenes/angebotenes Kind abzulehnen?
Zitat... bei manchen Beiträgen, aus denen eine starke Anspruchshaltung gegenüber den Jugendämtern/Vermittlungsstellen spricht (ich beziehe mich jetzt nicht auf deinen Beitrag), klingeln bei mir doch die Alarmglocken und kriege ich Bauchweh bei dem Gedanken, dass diese Leute ein Adoptivkind anvertraut bekommen sollen.
Zufällig habe ich gestern einen Focus-Artikel aus 2010 gefunden: Mein Sohn, der Psychopath Darin geht es um die USA und um Adoptivkinder, deren neue Eltern nicht mit ihnen zurecht kommen - oder umgekehrt. Ich glaube nicht, dass das in Deutschland jemals solche Ausmaße annehmen könnte, denn hierzulande scheinen die Auswahlkriterien für Ado-Bewerber erheblich schärfer zu sein, aber das ist nur eine Vermutung. Vielleicht ist es einfach nur Statistik bzw. die Masse an Adoptionen in den USA, denn die sind ja weltweit Spitzenreiter was Adoptionen angeht. Nichtsdestotrotz findet sich am Ende des Artikels folgender Kommentar:
Zitat: "In meinem weiteren Bekanntenkreis ... haben zwei Paare Auslandsadoptionen hinter sich, beide jeweils mit Geschwisterpaaren und schon relativ "alt" (3-8 Jahre), einmal aus Südamerika, einmal aus Russland. Nach kurzer Zeit und unendlichen Schwierigkeiten, sind diese Kinder jetzt in Internaten, wie auch immer diese Internate aussehen, ich weiß es nicht. Von den tiefen Spuren, die bei den Eltern geblieben sind, ganz zu schweigen. Man sollte sich solche Adoptionen sehr sehr gut überlegen."
Es gibt also auch in Deutschland Adoptivkinder, die, alleine aus dem Grund einer gescheiterten Integration in ihre neue Familie, am liebsten wieder abgegeben werden sollen. Da das hier offenbar nicht geht, werden sie in ein Internat verfrachtet. So hat man es in wohlhabenden Kreisen ja auch mit "ungezogenen" leiblichen Kindern gemacht. Auch bei der Familie Bogner wuchsen beide Adoptivkinder in (luxuriösen) Internaten auf. Wenn man den Gazetten glauben darf, war zumindest der Sohn ein sehr schwieriges Kind.
Zitat von mausi51Donata hat geschrieben: Das Wort "Vorschlag" stört mich gar nicht so sehr, der Begriff "anbieten" im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Adoptivkindes und das geforderte "Recht auf Ablehnung" aber schon. Bei Inlandsadoption und Pflege verwende ich eher den Begriff "Anfrage". Ist das nicht ein bisschen Wortklauberei? Dann nennen wir es eben zeigen oder Vorschlag machen - wo ist da der Unterschied, wenn man ablehnen kann?
Das ist für mich keine Wortklauberei, sondern ein wesentlicher Unterschied:
A) Ich möchte ein Kind, bekomme eines vorgschlagen. Aus irgendwelchen Gründen (z.B. es hat eine Behinderung, hat zu dunkle Haut oder seine Nase gefällt mir nicht) lehne ich es ab und erwarte einen neuen Vorschlag. Was mit dem von mir abgelehnten Kind weiter passiert, ist mir wurst.
B) Ich bin zur Aufnahme eines Kindes, das neue Eltern braucht, bereit. Ich bekomme eine Anfrage: Für ein konkretes Kind werden neue Eltern gesucht. Ich bekomme alle verfügbaren Informationen. Nun ist eine oder mehrere Informationen dabei, die mich daran zweifeln lassen, ob ich/wir diesem Kind gerecht werden und die richtigen Eltern für es sein können. Das kann beispielsweise sein: Es liegt eine Behinderung oder ein Behinderungsrisiko vor, was wir uns eigentlich nicht zutrauen. - Das Kind hat einen nichtdeutschen Elternteil, wir trauen uns ein fremdländisch aussehendes Kind aber eigentlich nicht zu. - Wir wünschen uns möglichst Kontakt mit den leiblichen Eltern und werden für ein anonym geborenes Kind angefragt. Wir überlegen uns das sehr ernsthaft. Wir fragen nach weiteren Informationen, lernen vielleicht sogar das Kind kennen, um zu schauen, ob "der Funke überspringt" oder nicht. Am Ende kommen wir zu dem Schluss: Nein, wir trauen uns das nicht zu. Nein, das ist nicht unser Kind. Nein, wir können diesem Kind nicht die Eltern sein, die es so annehmen, wie es ist. Wir sagen Nein und wir wünschen dem Kind, dass es Eltern bekommt, die es so annehmen, wie es ist.
Verstehst du, was ich meine?
ZitatEben. Warum also kann man dann das verlangen haben, ein vorgeschlagenes/angebotenes Kind abzulehnen?
Wir hatten überhaupt nicht das Verlangen, ein Kind, für das wir angefragt werden, abzulehnen. Wir wurden aber ausdrücklich aufgefordet, uns reiflich zu überlegen, ob wir uns vorstellen können, dieses Kind anzunehmen (bei unserem Kind war ein Behinderungsrisiko bekannt) und ich fand das von Seiten der Sozialarbeiterin auch verantwortungsvoll. Dafür wurde von uns erwartet, dass wir zu unserem Ja auch stehen, wenn sich herausstellt, dass unser Kind die fragliche Behinderung tatsächlich hat. Auch das fand ich richtig.
Zitat von DonataWir hatten überhaupt nicht das Verlangen, ein Kind, für das wir angefragt werden, abzulehnen. Wir wurden aber ausdrücklich aufgefordet, uns reiflich zu überlegen, ob wir uns vorstellen können, dieses Kind anzunehmen (bei unserem Kind war ein Behinderungsrisiko bekannt) und ich fand das von Seiten der Sozialarbeiterin auch verantwortungsvoll.
Und genau darum drehten sich ja auch meine Überlegungen zum Thema "Ablehnung eines Vorschlags". Es ist doch überall zu lesen, dass in den Fragelisten der Bewerbungsbögen immer steht, was man sich an offensichtlichen oder möglichen Schädigungen bzw. Behinderungen nicht zutrauen würde. Wie kann es dann später dazu kommen, dass einem Bewerberpaar ein Kind angeboten/vorgestellt oder was auch immer wird, das eines dieser Ausschlusskriterien aufweist? Für mich ist das schlicht unlogisch, zumal es ja meistens so ist, dass das ungleiche Verhältnis Bewerber/Kinder den Vermittlern eine ausreichende Auswahlmöglichkeit bieten müsste.
Zitat von DonataWir hatten überhaupt nicht das Verlangen, ein Kind, für das wir angefragt werden, abzulehnen. Wir wurden aber ausdrücklich aufgefordet, uns reiflich zu überlegen, ob wir uns vorstellen können, dieses Kind anzunehmen (bei unserem Kind war ein Behinderungsrisiko bekannt) und ich fand das von Seiten der Sozialarbeiterin auch verantwortungsvoll.
Und genau darum drehten sich ja auch meine Überlegungen zum Thema "Ablehnung eines Vorschlags". Es ist doch überall zu lesen, dass in den Fragelisten der Bewerbungsbögen immer steht, was man sich an offensichtlichen oder möglichen Schädigungen bzw. Behinderungen nicht zutrauen würde. Wie kann es dann später dazu kommen, dass einem Bewerberpaar ein Kind angeboten/vorgestellt oder was auch immer wird, das eines dieser Ausschlusskriterien aufweist? Für mich ist das schlicht unlogisch, zumal es ja meistens so ist, dass das ungleiche Verhältnis Bewerber/Kinder den Vermittlern eine ausreichende Auswahlmöglichkeit bieten müsste.
Cornelia
Cornelia, 1:1 paßt es nie mit den Bewerberbögen zusammen. Kinder sind eben keine Bestellware, und Bewerberpaare auch nicht
Und wenn aus den Gründen abgelehnt wird, weil es sich das Bewerberpaar nicht zutraut, ist es dem Kind gegenüber fair. Dann wird ein anderes Paar, bei dem vielleicht wieder andere Punkte nicht übereinstimmen, gefragt. Aber dieses kann es sich vielleicht eher vorstellen, etwas von Profil abzuweichen. War bei uns auch so.
Was die Zahl der Bewerberpaare angeht, so sagte unser JA, daß nicht alle registrierten später auch tatsächlich noch als zukünftige A-Eltern zur Verfügung stehen, da 1. inzwischen ein L-Kind vorhanden ist oder 2. sich das Paar gegen Kinder entschieden hat.
Aber es gibt eben Paare, die wollen das Kind unbedingt sehen und lehnen es dann ab. Das is für mich nicht nachvollziebar.
Zitat von LattitiaCornelia, 1:1 paßt es nie mit den Bewerberbögen zusammen. Kinder sind eben keine Bestellware, und Bewerberpaare auch nicht
Lattitia, das hast du gut auf den Punkt gebracht!
Cornelia, wir sind über den Fragebögen fast verrückt geworden, weil wir die Fragen zum Teil total idiotisch formuliert fanden. Kaum eine war dabei, die wir mit einem klaren Ja oder Nein beantworten hätten können und wollen. Z.B. wird gefragt, ob man bereit wäre, ein körperbehindertes Kind zu adoptieren. Da kreuzt jemand "Ja" an und stellt sich einen Klumpfuß vor, oder dass ein Arm fehlt. Körperbehinderung kann aber eine Bandbreite haben von einer leichtgradigen Einschränkung, die man als Laie kaum bemerkt, bis zu schwersten Behinderungen mit dauerhafter Pflegebedürftigkeit. Die Gesamtentwicklung - z.B. ob ein Kind auch geistige Einschränkungen haben wird oder inwieweit es mal ein selbständiges Leben führen kann - ist bei einem Kind z.B. mit einem frühkindlichen Hirnschaden (sehr häufige Ursache für Körperbehinderungen) oft noch nicht absehbar. Vielleicht hat jemand mit einem Kind, dem eine Hand fehlt, keine Probleme, ist aber nicht bereit, ein schwerstkörperbehindertes Kind oder ein Kind mit unklarer Entwicklungsprognose anzunehmen.
Wie schon an anderen Stellen geschrieben: Die Fragebögen sind keine "Bestellzettel", sondern dienen vor allem als Gesprächsgrundlage für die Gespräche im Verlauf des Bewerbungsverfahrens. Und alle "Fälle" und Vermittlungssituationen wird man nie ausführlich besprechen können.
Zitat von LattitiaAber es gibt eben Paare, die wollen das Kind unbedingt sehen und lehnen es dann ab. Das is für mich nicht nachvollziebar.
Hm, wenn das Kind schon älter ist, kann ich mir unter Umständen vorstellen, dass man irgendwie das Empfinden hat: Es geht nicht. Ohne dass man das vielleicht richtig fassen oder konkret begründen kann.
Für mich selber kann ich mir das auch kaum vorstellen, für mich war unser Kind eigentlich schon ab dem ANRUF unser Kind, da hatten wir es noch gar nicht gesehen. Dass man vor jedem Ja-Schritt aber nochmal in sich geht und sich prüft: Möchte ich dieses Kind annehmen?, halte ich aber schon für richtig. Sonst kommt am Ende sowas dabei raus wie bei den Adoptiveltern, die ihr Kind nach einigen Tagen wieder bei der Vermittlungsstelle abgeladen haben, weil es ihnen plötzlich doch zu dunkelhäutig war (wahre Geschichte). Oder - weil für sowas die Hemmschwelle und der Anstand doch zu groß sind, ist man sein Leben lang unglücklich, weil man das Kind nicht wirklich von Herzen annehmen kann und dem Kind wird es damit auch nicht wirklich gut gehen.
Vielen Dank für eure ausführlichen Erklärungen und so langsam wird nun auch für mich ein Schuh draus
Wenn ich mir das mit den ausufernden Fragebögen so "anhöre", dann denke ich mir, warum haben sie mir nicht wenigstens zehn intensive Fragen dazu gestellt, ob das mit der Adoption auch wirklich mein eigener Wille ist? Haben sie nicht. Da hat man mir offenbar sehr viel mehr vertraut als euch
Nach meinem Verständnis - und meines Wissens ist das auch im Gesetz so vorgesehen - muss, wenn es korrekt zugeht, eine abgebende Mutter vor der endgültigen Einwilligung in die Adoption ausführlich beraten werden. Dabei ist zu klären, ob die Adoptionsfreigabe wirklich ihr Wunsch und ihre Entscheidung ist und die Information über alternative Möglichkeiten und möglichen Hilfen. Insbesondere, wenn eine Herkunftsmutter der Meinung ist, die Adoptionsfreigabe sei "der einzige Weg", kann es sein, dass sie über mögliche Alternativen und über Hilfen, auf die sie Anspruch hätte, gar nicht Bescheid weiß. Wenn das bei dir nicht passiert ist, dann haben die an der Vermittlung beteiligten Personen nicht korrekt gehandelt.