Eine Gesetzesänderung aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2010 ist zu erwarten, nachdem die Praxis von Sorgeerklärungen von nicht miteinander verheirateten Eltern gegenüber dem Jugendamt/Standesamt illegal/verfassungswidrig ist.
Das wird in meinen Augen wahrscheinlich Auswirkungen auf die Adoptionspraxis haben, da es für Freigabeerklärungen relevant sein kann, wie das Sorgerecht verteilt ist. Bisher war es für eine ledige Mutter unmöglich ein gemeinsames Sorgerecht zu erwirken, ohne dass der Vater eigene Anstrengungen in diese Richtung unternimmt. Ich könnte mir vorstellen, dass Männer, denen zuvor das Sorgerecht für ihr uneheliches Kind zugesprochen wurde, mehr Skrupel haben eine Freigabeerklärung zu unterschreiben als bei ausschließlich bestehender Unterhaltspflicht - ein Werkzeug also für die Mutter, die ihr Kind weggeben soll, aber nicht will.
Zitat§ 1626a BGB Elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern; Sorgeerklärungen
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge dann gemeinsam zu, wenn sie 1. erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), oder 2. einander heiraten.
(2) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
Hinweis der Redaktion:
§ 1626a Absatz 1 Nr. 1 BGB ist gemäß Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 - 1 BvR 420/09 (BGBl. I S. 1173) verfassungswidrig.
Aus dem Tenor des Urteils:
1. § 1626a Absatz 1 Nummer 1 und § 1672 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz) vom 16. Dezember 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 2942) sind mit Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes unvereinbar.
2. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1626a des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht.
3. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1672 des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge überträgt, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Weil ich etwas anderes hier als Info gelesen habe: Die Meinung eines nicht mit der Mutter eines Kindes verheirateten Vaters darf bei einem Adoptionsverfahren (schon jetzt) nicht übergangen werden. Siehe dazu einen Beschluss des BVerfG von vor 18 Jahren: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv092158.html
Es stellt sich also die Frage, ob das neuerlich gestärkte Recht von nicht verheirateten Vätern eine Auswirkung auf die Anzahl der Mütter haben wird, die die Kenntnis des Vaters ihres Kindes gegenüber den Behörden leugnen, sodass Freigabeerklärungen von Vätern auch zur Zeit leicht umgangen werden.
Vor 45 Jahren hat das BVerfG eine Verfassungsbeschwerde bearbeitet, die sich gegen den jetzigen Paragraph 1748 Abs. 1 BGB richtete, und zurückgewiesen, d.h. Zwangsadoptionen als verfassungsrechtlich zulässig bezeichnet.
Zitat5b. Die Anwendung des § 1747 Abs. 3 BGB ist auch bei Inkognito-Adoptionen verfassungsrechtlich zulässig. Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft.
ZitatDie begrenzte Zulassung einer Adoption gegen den Willen der Eltern in den geschilderten Fällen steht auch in Einklang mit der in Art. 6 Abs. 1 bis 3 GG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Wertentscheidung zugunsten der Familie. Das Grundgesetz sieht in der Familie die Keimzelle jeder menschlichen Gemeinschaft, deren Bedeutung mit keiner anderen menschlichen Bindung verglichen werden kann (BVerfGE 6, 55 [71]); es erkennt ihre Funktion für die Pflege und Erziehung der Kinder an und sichert ihr den Vorrang vor kollektiven Erziehungsformen. Dieser Grundtendenz entspricht es aber mehr, wenn sich (BVerfGE 24, 119 [149]BVerfGE 24, 119 [150]) der Staat in der geschilderten Situation bemüht, die in der natürlichen Familie ausnahmsweise nicht mögliche Familienerziehung des Kindes auf andere Weise sicherzustellen, anstatt den verwaltungsmäßig bequemeren Weg der Unterbringung in staatlichen oder anderen kollektiven Einrichtungen zu wählen.
Mit anderen Worten: für die deutsche Rechtsprechung, denn dieser Beschluss ist bis heute bindend, ist die Familie ein abstrakter Begriff, der nicht in den rechtlichen, auf Abstammung, Geburt, Zeugung und Ehe beruhenden, Verwandtschaftsverhältnissen seine Definitionsgrenze findet, sondern mit politischen Erziehungsvorstellungen inhaltlich beliebig befüllt werden kann. Also die "Familienerziehung des Kindes", geregelt als und einbetoniert in ein Annahmeverhältnis zu Fremden, als DIE "staatliche Einrichtung" im Kleinformat.
Zitat§ 1626a Elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern; Sorgeerklärungen
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, 1.wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), 2.wenn sie einander heiraten oder 3.soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt. (2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. (3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.
Ich war also viel zu optimistisch. Die Sorgeerklärungen wurden trotz bestätigter Verfassungswidrigkeit nicht abgeschafft, ein Entzug des Sorgerechts der Mutter wurde in schwierigen Fällen von Uneinigkeit zwischen den Eltern gesetzlich erleichtert.
Eine illegale Auslandsadoption, die genau so in Deutschland beschlossen gültig wäre, wird vom OLG Frankfurt nicht anerkannt. Die Rechtslage wird schön reflektiert. Das Gericht empfielt eine deutsche Nachadoption.
Hier stelle ich mal eine Aktion von "Anonymous" vor, die sich dieses Jahr dafür ausgesprochen haben, dass in den USA die Adoptionsunterlagen für erwachsene Angenommene zugänglich gemacht werden. Da sieht es gesetzlich also nochmal deutlich düsterer aus als hier.
ZitatDear Citizens of the World... We are Anonymous.
Bastard Nation advocates for the civil and human rights of adult citizens who were adopted as children. Millions of North Americans are prohibited by law from accessing personal records that pertain to their historical, genetic and legal identities.
Such records are held by their governments in secret and without accountability, due solely to the fact that they were adopted.
Bastard Nation campaigns for the restoration of their right to access their records. The right to know one's identity is primarily a political issue directly affected by the practice of sealed records adoptions.
We advocate the opening to Adoptees, upon request at the age of majority, of those government documents which pertain to the Adoptee's historical, genetic, and legal identity, including the unaltered original birth certificate and adoption decree.
The BASTARDIZED states of Alabama, Alaska, Oregon, Kansas, New Hampshire and Maine are the only U.S. states where adult adoptees have unrestricted access to their own original birth records!
We have reclaimed the badge of bastardy placed on us by those who would attempt to shame us; we see nothing shameful in having been born out of wedlock or in being adopted.
Help us in our efforts to end a hidden legacy of shame, fear and venality.
We are Knowledge. We are Freedom. We are Anonymous. We are Legion. For we are Many. We do not forgive. We do not forget. Expect us.
Ein sehr schöner Fall. Man wird sofort parteiisch für das Jugendamt in diesem Fall. Kein Zufall, wie ich finde, dass ausgerechnet in so einem Fall so etwas Entscheidendes entschieden wurde, während unschuldige, potentiell gute Eltern gegen Mauern laufen (ich denke da an unverheiratete Väter und minderjährige Mütter, die nichts verbrochen haben, sondern denen ausschließlich das Manko der Ledigkeit oder Minderjährigkeit anhaftet).
ZitatDer Senat hat bereits im Anhörungstermin vom 06. August 2003 in dem Verfahren 8 UF 81/03 darauf hingewiesen, daß es sich bei einer Inpflegenahme von Kindern grundsätzlich nur um eine vorübergehende Maßnahme handeln kann. Diese ist zu beenden, sobald die Umstände dies erlauben. Alle Durchführungsmaßnahmen im Rahmen der Inpflegemaßnahme müssen mit dem anzustrebenden Ziel der Zusammenführung von leiblichen Eltern und ihren Kindern im Einklang stehen wie dies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung vom 26.02.2002 - Kutzner - (FamRZ 02, 1393) überzeugend dargelegt hat. Hieraus folgt, daß den Vormund mit Beginn der Inpflegenahme die Verpflichtung trifft, stets zu prüfen, ob eine Familienzusammenführung möglich ist und durch welche Maßnahmen diese erleichtert und gefördert werden kann. Einer wachsenden Entfremdung zwischen leiblichen Eltern und Kindern ist entgegenzuwirken (EuGH a.a.O.).
Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob der vom Jugendamt Stadt H2 veranlaßte Kontaktabbruch zwischen den Antragstellern und ihren Kindern diesen Anforderungen gerecht wird oder ob damit nicht über die Grenzen des staatlichen Wächteramtes (Art. 6 II S. 2 GG) hinaus in das Elternrecht aus Art. 6 II 1 GKG eingegriffen wird. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, daß nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand im Sorgerechtsverfahren keineswegs sicher ist, daß den Kindeseltern auf Dauer die Kindessorge entzogen werden wird. Es kann deshalb eine Rückführung der Kinder zu ihren Eltern nicht ausgeschlossen werden. Schon allein aus diesem Grund hat das Jugendamt dafür Sorge zu tragen, daß die bereits jetzt eingetretene Entfremdung der Kinder von ihren Eltern keine Verfestigung erfährt. Dem kann nur durch die Gewährung eines Umgangskontakts entgegengewirkt werden.
Selbst wenn es aber im Sorgerechtsverfahren zu einer Bestätigung des Sorgerechtsentzuges der Eltern kommen sollte, stünde keinesfalls hinreichend sicher fest, daß der vom Jugendamt angeordnete Kontaktabbruch gerechtfertigt wäre. Eine Entscheidung, das Umgangsrecht für längere Zeit auszuschließen, kann nämlich nur ergehen, wenn anderenfalls das Wohl der Kinder gefährdet wäre (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB). Nach der Auffassung des Europäischen Gerichtshofes, die der Senat teilt, darf eine Inpflegenahme von Kindern nicht schematisch zu einem Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern führen (EuGH, FamRZ 2002, 1393, 1396). Vielmehr ist eine Einzelfallprüfung auch unter Berücksichtigung der bisherigen emotionalen Bindung der Kinder zu ihren Eltern erforderlich. Der Ausgang dieser Prüfung ist hier ungewiß. Zwar ergibt sich aus den Berichten des Jugendamts und der Erzieherinnen, daß die Kinder bei einem Kontakt mit ihren Eltern erhebliche Belastungsreaktionen gezeigt haben. Diese Erfahrungen liegen jedoch z. T. bereits erhebliche Zeit zurück und haben nicht zwangsläufig zur Konsequenz, daß die Kinder jeglichen Kontakt zu ihren Eltern ablehnen und anderenfalls eine Destabilisierung der Kinder zu befürchten wäre. Das Amtsgericht wird deshalb näher aufzuklären haben, ob im konkreten Fall bei einem Umgangskontakt der Kinder mit ihren leiblichen Eltern das Kindeswohl soweit beeinträchtigt würde, daß - auch unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs - ein Ausschluß des Umgangsrechts gerechtfertigt ist. Da das Verfahren insoweit offen ist, kann die Erfolgsaussicht der auf Regelung des Umgangs gerichteten Anträge der Kindeseltern jedenfalls nicht von vornherein verneint werden.
Anderer Fall, gleiche Entscheidung, aber nicht minder zwiespältig. Hier finde ich die Begründung besonders interessant, die auf das Stichwort "Sozialisation" hinausläuft.
ZitatAllein schon durch zu intensive Umgangskontakte mit der leiblichen Mutter, bei denen zu befürchten ist, dass jene ihre Mutterrolle gegenüber dem erst vierjährigen Kind herausstreicht und damit die Position des Kindes in der Pflegefamilie - bewusst oder auch nur unbewusst - infrage stellt, kann das Kindeswohl gefährdet sein. Ein Kind im Alter von 4 Jahren braucht eine feste Bindung. Dem Kind gegenüber ist offensichtlich von vornherein nie in Frage gestellt worden, dass es auf Dauer bei seinen Pflegeeltern leben wird. Damit hat das Kind sein gesamtes bewusstes Leben im Haushalt der Pflegeeltern verbracht und diese mit den Begriffen und Vorstellungen von Familie und Eltern besetzt. Wenn es befürchten muss, dass es aus seiner sozialen Familie herausgenommen wird und zu einer ihm völlig fremden "Mutter" übersiedeln muss, wird es in seiner Entwicklung erheblich gefährdet. Diese Angst vor einer Herausnahme kann bei dem Kind bereits durch Verhaltensweisen der Antragstellerin entstehen, ohne dass dies von jener ausdrücklich ausgesprochen oder aktuell letztendlich gewollt wird. Allein durch die Betonung gegenüber dem Kind, sie sei dessen tatsächliche Mutter, wird dieses erheblich in seinen sozialen Bindungen erschüttert. b) Im Hinblick hierauf ist sicherzustellen, dass zwar ein Umgang zwischen der Antragstellerin und ihrem Kind besteht, dieser jedoch (zumindest zunächst ) in einem zeitlich eingeschränkten Rahmen stattfindet. Weiterhin muss durch die Ausgestaltung des Umgangs sichergestellt werden, dass aus Sicht des Kindes seine soziale Position im Rahmen der Pflegefamilie in keiner Weise gefährdet wird. Von daher scheidet ein längerer Aufenthalt- insbesondere mit Übernachtung - im Haushalt der Antragstellerin auf absehbare Zeit aus, zumal aufgrund der eingetretenen Entwicklung nicht davon ausgegangen werden kann, dass W in absehbarer Zeit in den Haushalt ihrer Mutter wird wechseln können. Eine unkontrollierte Überlassung des Kindes mehrmals im Monat für einen Zeitraum von mehreren Stunden würde lediglich zu einer weiteren Verunsicherung des Kindes und zur Gefahr des Verlustes seiner sozialen Bindungen und damit einer Gefährdung seiner allgemeinen Sozialisation mit den sich möglicherweise daraus ergebenden schwerwiegenden Folgen führen. Andererseits kommt aus den eingangs dargestellten Gründen ein gänzlicher Ausschluss des Umgangsrechts nicht in Betracht. Zur Anbahnung und Stabilisierung einer persönlichen Beziehung zwischen Mutter und Kind hält es der Senat für erforderlich, dass Umgangskontakte an 6 Terminen im Jahr - wobei diese selbst zwischen 1 und 1½ Stunden andauern sollten - stattfinden.