Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie ich regieren würde, wenn ich die Kinder in Port au prince sehen würde. Ich denke, ich hätte auch das dringende Gefühl, ihre Situation verbessern zu wollen, zur Not, indem ich sie raushole. Andererseits würde ich über Hilfe im Land nachdenken. Mir kommen solche Fragen in den Sinn, ob das Kind, dass ich nach Deutschland holen wollte, überleben könnte, wenn ich es mir anders überlege. Ich bin ein Freund von Patenschaften für Kinder. Also, dass man für ein bestimmtes Kind Lebensunterhalt und Ausbildung finanziert und so. Dem steht natürlich der Wunsch eines kinderlosen Paares nach einem Kind entgegen. Schwierig. Ich dachte eigentlich auch, dass es in Haiti sehr viele Waisen gibt. Daher wundert es mich, dass Kinder, die noch eine Familie haben, zur Auslandsadoption kommen. Was ist mit den Vollwaisen?
ich glaube auch, dass eine Adoptivfamilie nie mit einer leiblichen Familie vergleichbar sein wird. Das merken wir jetzt auch ansatzweise. Aber meiner Adotochter gegenüber habe ich keine Vorbehalte. Ich merke eher, dass die Reaktionen von außen zwiepältig sind.
Aber ich kenne die leiblichen Familien, in denen es nicht geklappt hat. Dort ist ein 10 jähriges Kind das erste mal für ein Jahr in einer therapeutischen Einrichtung gewesen und jetzt mit 23 arbeitsunfähig.
Aus meiner eigenen Vergangenheit kann ich sagen, dass ich auch unter der Lieblosigkeit meiner Eltern gelitten habe, mich aber im Alter von 20 fürs Überleben entschieden habe und einen drastischen Schlussstrich gezogen habe. Auch als leibliches Kind frage ich mich immer wieder, was ich verkehrt gemacht habe, dass meine Mutter mich nie geliebt hat, mir das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gegönnt hat und meine Entwicklung torpediert hat, wo sie nur konnte. Mein Vater hat später damit angefangen.
Ich weiß, dass ich hier im Adoforum schreibe, wo der Schwerpunkt ein anderer ist.
Ich habe geglückte Adoptionen erlebt, sonst hätte ich mich nicht dafür entschieden. Die Frage, ob Heim oder westeuropäische Leistungsgesellschaft mit ihren Zivilisationskrankheiten besser ist, ist eine Wertefrage, die jeder für sich beantworten muss.
Ich glaube aber andererseits, dass die Offenheit für therapeutische Hilfe heute eine andere ist als vor 30 Jahren. Dadurch nehmen insgesamt wahrscheinlich auch mehr Menschen egal ob leiblich oder adoptiert als früher theratpeutische Hilfe in Anspruch.
dass sich Adoeltern ein Kind wünschen, brauchen wir nicht zu diskutieren. Dass ich immer leibliche und Adoptivkinder haben wollte, lässt sich auch leichter sagen, wenn man kinderlos ist.
Ich habe mich mit Entwicklungshilfe auseinandergesetzt. Adoption ist keine Entwicklungshilfe, sondern nur eine Einzelfallmaßnahme, ob es eine Hilfe war, weiß man erst später.
Haiti hat z.T. Findelkinder, z.T. Vollwaisen, aber überwiegend lebt min. ein Elternteil noch. Zwar sind beim Erdbeben 250.000 Menschen gestorben, aber Haiti hat c.a. 10 Mio Einwohner. Die Kinder, die jetzt freigegeben werden, sind nicht mehr vom Erdbeben betroffen.
Patenschaften sind toll, aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Alle anderen Spenden kommen nicht dort an, wo sie sollte, z.T. fehlt das Know how das Land wieder aufzubauen, z.T. wandern diejenigen mit Ausbildung einfach ab und bauen Haiti auch nicht auf.
Martelly hat aus meiner Sicht kein Konzept, zumal er mit einem Militär, das mehrfach geputscht hat, kooperiert, ebenso wie mit geschaßten oder geflüchteten Regierungspräsidenten bzw. Baby doc.
Wenn man die Mentalität der dort lebenden Menschen, die Hitze und die Verhältnisse berücksichtigt, ist es vielleicht kaum möglich das Land aus eigener Kraft wieder aufzubauen. Darüber hinaus mischen sich die USA immer wieder ein und torpedieren den Aufbau Haitis nur, wo sie können. Echte Hilfe gibt es derzeit nur aus Kuba.
Ich spende unabhängig von der Adoption aber weder für die UNO, noch für das Deutsche Rote Kreuz oder andere NGOs, die nichts weiterleiten.
Die Kinder, die jetzt in den Heimem leben, haben so oder so keine leiblichen Eltern mehr. Ob sie im Heim oder bei "Westadoeltern" besser aufgehoben sind, ist eine philosophische Frage.
ich weiß nicht, aus welchem Land du kommst, aber warum gehst du nicht in dein Heimatland zurück, oder stören dich nur die Kinder, die jetzt in die Schweiz adoptiert werden?
Das ist keine Provokation, sondern eine ehrliche gemeinte Frage.
Hallo golfi, wenn ich mich in eine leibliche Mutter aus Haiti hineinversetze, dann würde ich auch ein Kind, dass ich nicht ernähren kann, lieber ins Ausland schicken, als in eine Art Kindersklavenverhältnis. Als Herkunftsmutter spüre ich den Schmerz, der in dieser Ausweglosigkeit steckt, die ja noch viel schlimmer ist, als meine Lage es damals war.
Adoption ist da keine echte Lösung, allerdings ist es vielleicht für das Kind eine Schadensbegrenzung und die Mutter kann hoffen, dass es ihm gut geht.
ich möchte da weder über euch Adoptiveltern, noch über die Herkunftseltern ein Urteil fällen.
ich weiß nicht, aus welchem Land du kommst, aber warum gehst du nicht in dein Heimatland zurück, oder stören dich nur die Kinder, die jetzt in die Schweiz adoptiert werden?
Das ist keine Provokation, sondern eine ehrliche gemeinte Frage.
Golfi
Es ist zwar nicht an mich gerichtet, aber ich nehme doch mal den Anlass dazu, etwas zu zu schreiben.
Es soll keine Provokation sein? Es kommt aber leider so rüber, das mag aber auch daran liegen, dass wir als Adoptivkinder doch recht sensibel sind, weil uns das Vergangene geprägt hat.
Wie dem auch sei, nachdem auch ich ein Auslandsadoptivkind bin und ähnlich denke, wie Maus, möchte ich dazu folgendes sagen:
Wir wurden einmal schon entwurzelt und neu eingepflanzt. Wir sind aber weder hier noch in unserer Heimat Einheimische und das ist eine grausame Erfahrung. Egal wo wir sind, wir sind überall Ausländer. Man hat zwar ein gewisses Heimatgefühl, aber das bedeutet nicht, dass die Menschen in dem jeweiligen Land einem dies auch weiter vermitteln.
Man sitzt zwischen den Stühlen. Nirgends gehört man ganz hin. Weder hier in Deutschland, weil wir anders sind, trotz unserer Erziehung. Noch in das Land, wo wir geboren wurden, weil wir durch die deutsche Erziehung doch geprägt wurden und das nicht mehr vereinbar ist, mit dem was dort so für normal gehalten wird.
Kannst du dir jetzt ansatzweise vielleicht vorstellen, was ich meine? Was das für unerträgliche Qualen sind, wenn dir alles genommen wurde? Du nichts hast, nicht mal mehr eine Heimat?
Nur weil es auf dem Papier Deutscher ist, ist und bleibt dein Kind immer ein Ausländer! Das Blut und die Gene zählen. Den Rest ist schlussendlich weniger wichtig, da anerzogen.
Zitat von MausNur weil es auf dem Papier Deutscher ist, ist und bleibt dein Kind immer ein Ausländer! Das Blut und die Gene zählen. Den Rest ist schlussendlich weniger wichtig, da anerzogen.
Hmm, und ich dachte immer, unsere Gene definieren uns als Menschen und nicht als Angehörige eines Volkes...
Golfi, erstmal Danke für Deinen aufschlussreichen Bericht!
Pino, ich sehe es wieder mal genauso wie Du. Da ist ein größes Verständnis für die Herkunftsmütter, das kann man mit den Abgabegründen hier in D nicht vergleichen. Und auch ich denke, wenn ich vor Ort wäre hätte ich das Bedürfnis den Kindern zu helfen. Es ist ja noch mal ganz was anderes sowas aus den Medien zu erfahren oder live vor Ort zu sein.
Ich verstehe auch Maus und Chilena. Sie schreiben schließlich auch als Betroffene und ich sehe Auslandsados ja auch sehr kritisch, da die Nachfrage natürlich nicht dazu führen wird dass es aufhört. Klar, würde niemand diese Kinder wollen, würden sie nicht aus ihrem Land geholt. Die Geldmacher würden aufhören die Mütter zu bequatschen u.s.w. Aber was wäre die Alternative? Solange die Zustände in diesen Ländern so sind, (das wird noch lange so weiter gehen) gibt es für die einzelnen Kinder auch keine wirkliche Alternative. Es dürfte erst gar nicht so weit kommen, dass Familien ihre Kinder hergeben. Aber das sind Träume
meine Frage war wirklich nicht als Provokation gemeint, daher habe ich es ausdrücklich noch einmal betont. Ich sehe es ein wenig wie Pinocchio. In dem Moment, wo eine Mutter nicht egal aus welchen Gründen in der Lage ist, ihr Kind großzuziehen, ist das Kind in den Brunnen gefallen. Es kann dann nur um Schadensbegrenzug gehen, mit etwas Glück können Adoeltern die Wunden etwas lindern.
Wir können das Elend und die Ungerechtigkeit der Welt nicht ändern, ich glaube, das hat noch nicht einmal etwas mit fehlendem Willen zu tun. Wir können auch den Kinderhandel nicht stoppen, die Kinder sind aber so oder so die Leidtragenden.
Mittlerweile habe ich auch verstanden, dass die Emigration einer ganzen Familie zwar auch eine Entwurzelung ist, aber eine andere Qualität hat.