Cornelia, vieles haben wir hier ja auch schon besprochen. Und ich frage mich, wie wird es mit unseren Kindern sein? Wie wird sich die frühe Aufklärung später bemerkbar machen?
Werden die Kinder besser mit ihrem Status umgehen, weil sie damit aufgewachsen sind und um "die Unterschiede" wissen? Oder überschattet das Adoptiertsein die kindliche Unbeschwertheit?
Zitat von LattitiaWerden die Kinder besser mit ihrem Status umgehen, weil sie damit aufgewachsen sind und um "die Unterschiede" wissen? Oder überschattet das Adoptiertsein die kindliche Unbeschwertheit?
Damit es besser wird, müssen alle dran arbeiten: Vermittler, annehmende und abgebende Seiten.
Wer dabei was falsch machen kann, ist im Prinzip bekannt, aber meistens nur einem ausgewählten Kreis von Interessierten. Das ist das Hauptproblem. Und solange das Inkognito das juristische Maß aller Dinge ist, ist es möglich, dass sich jeder der o.g. Gruppen immer wieder hinter diesem Inkognito verstecken kann, sollte es für ihn unbequem werden, wenn Adoptierte mit Fragen ankommen.
Der Ansatz sollte sein, daß es Betroffene nicht unangenehm finden, wenn Adoptierte Fragen stellen. Diese Fragen müssen sein, und es muß Antworten geben. Dazu sollte jeder bereit und verpflichtet sein, der mit Adoption zu tun hat.
Zitat von mausi51Ich verlinke hier einmal zwei Texte von Ina Carola Møller, einer Adoptierten, die mich beeindruckt haben, weil sie viele Denkanstösse geben:
Ich habe immer etwas Schwierigkeiten mit solchen Aussagen:
"Die Blonde bei den Dunkelhaarigen und die Kreative und musisch begabte, während der Rest den Ton nicht halten konnte. Trotzdem musste ich einen Beruf erlernen, der zur Genetik der Familie passte, aber nicht zu mir. Dieses ständige Verbiegen, ohne zu wissen, warum."
Schwierigkeiten deswegen, weil sie im Umkehrschluss davon ausgehen, dass bei leiblichen Kindern "alles passt". Es gibt haufenweise nicht adoptierte Kinder, die ebenfalls aus dem Rahmen fallen und einem vergleichbaren Maß an Verständnislosigkeit in der Familie begegnen. Weiß der Himmel wie viele Kinder in das Familienunternehmen genötigt werden, obwohl sie dafür überhaupt keinen Sinn haben.
Eine derart beschworene "Genetik der Familie", die verlässlich Menschen mit ähnlichen Interessen und Talenten hervorbringt, gibt es nicht - wie ich aus eigener Erfahrung weiß.
Der Konflikt besteht hier, daß das A-Kind anstelle des L-Kind steht und die A-Eltern ihre Vorstellungen und Wünsche an das langersehnte Kind auf ihm abladen.
Unser A-Kind ist sehr kreativ und geschickt, ich gar nicht. Für mich eine absolute Herausforderung Aber ich finde es toll, wenn es Begabungen hat und dafür viel Zeit investiert.
Zitat von LattitiaDer Konflikt besteht hier, daß das A-Kind anstelle des L-Kind steht und die A-Eltern ihre Vorstellungen und Wünsche an das langersehnte Kind auf ihm abladen.
Eben diese Vorstellungen laden Eltern doch genauso ihren leiblichen Kindern auf und fordern Verbiegen ein. Das Problem ist unabhängig von Adoption immer da, wenn Eltern festgefahrene Erwartungen an den Nachwuchs haben und mit Abweichungen nicht umgehen können. Die Persönlichkeit von Kindern ist nicht planbar. Weder beim leiblichen, noch beim Adoptivkind. Wenn zwei "musisch begabte" (um beim Zitat zu bleiben) ein Kind bekommen, dann ist noch lange nicht gesagt, dass das auch einmal einen "Ton halten" können wird.
Man kann sich durchaus auch in seiner leiblichen Familie als Alien fühlen. Das ist gar nicht so selten und nur darauf wollte ich hinweisen, wenn das obige Zitat quasi den Rückschluss zieht. Anders? --> Adoptiert --> Erklärung!
lalena, da seh ich schon unterschiede. in anderen familien erfahren kinder die 'aus der reihe tanzen', immerhin durch anekdötchen, erzählungen und erinnerungen der verwandtschaft von besonderheiten der ur/großeltern, tanten, onkel usw. usf., oft mit fotos. das fällt bei adoptierten total weg. an was sollen sich denn die 'aus der art geschlagenen' (was sie vom naturell natürlich nicht sind mit dem was sie an anlagen und fähigkeiten mitbringen), die überwiegend nicht einmal ihre leiblichen eltern kennen werden, bitte orientieren? ein verbiegen-müssen in familien ist schon negativ bis belastend genug. ein vergleich mit anderen familien macht's nicht besser.
Zitat von mausi51Ich verlinke hier einmal zwei Texte von Ina Carola Møller, einer Adoptierten, die mich beeindruckt haben, weil sie viele Denkanstösse geben:
Ich habe immer etwas Schwierigkeiten mit solchen Aussagen:
"Die Blonde bei den Dunkelhaarigen und die Kreative und musisch begabte, während der Rest den Ton nicht halten konnte. Trotzdem musste ich einen Beruf erlernen, der zur Genetik der Familie passte, aber nicht zu mir. Dieses ständige Verbiegen, ohne zu wissen, warum."
Schwierigkeiten deswegen, weil sie im Umkehrschluss davon ausgehen, dass bei leiblichen Kindern "alles passt". Es gibt haufenweise nicht adoptierte Kinder, die ebenfalls aus dem Rahmen fallen und einem vergleichbaren Maß an Verständnislosigkeit in der Familie begegnen. Weiß der Himmel wie viele Kinder in das Familienunternehmen genötigt werden, obwohl sie dafür überhaupt keinen Sinn haben.
Eine derart beschworene "Genetik der Familie", die verlässlich Menschen mit ähnlichen Interessen und Talenten hervorbringt, gibt es nicht - wie ich aus eigener Erfahrung weiß.
Guten morgen zusammen,
also ich sehe das genauso wie Lalena. Warum? Weil es mir genauso ergangen ist. Ich komme aus einer selbsternannten "Arbeiter-Familie". Es stand niemals zur Diskussion, dass ich einen höheren Abschluss als den der Realschule erwerben sollte. Die Leiblichkeit und Gene springen nur so aus meinem Gesicht, da ich ein Abbild meines Vaters bin. Ich habe völlig andere Interesse als meine Eltern. Schlage quasi aus der (von Bonni schon erwähnten) Art. Es gab zwar irgendwelche Tanten, die angeblich ähnlich wie ich tickten (ich kannte diese nicht!), aber aus denen ist nach den Angaben meines Vaters "eh nie was geworden!". Ich hatte also lange das Gefühl vehement gegen die "schlechten" Wurzeln meines inneren ankämpfen zu müssen! Vielleicht geschehen solche Dinge öfters bei Adoptierten Kindern, aber eben auch bei leiblichen. Ich habe mir früher gewünscht adoptiert zu sein, da ich eine Erklärung dafür haben wollte, warum ich so anders bin als meine Eltern.
Ich denke, dass so etwas wie in dem Text geschrieben wurde auch bei einem leiblichen Kind passiert wäre. Vielleicht hätte das nur mehr Schwierigkeiten gehabt sich davon abzugrenzen, gerade auf Grund der Leiblichkeit!!!
Zitat von LalenaIch habe immer etwas Schwierigkeiten mit solchen Aussagen: [...] Schwierigkeiten deswegen, weil sie im Umkehrschluss davon ausgehen, dass bei leiblichen Kindern "alles passt". Es gibt haufenweise nicht adoptierte Kinder, die ebenfalls aus dem Rahmen fallen und einem vergleichbaren Maß an Verständnislosigkeit in der Familie begegnen. Weiß der Himmel wie viele Kinder in das Familienunternehmen genötigt werden, obwohl sie dafür überhaupt keinen Sinn haben.
Eine derart beschworene "Genetik der Familie", die verlässlich Menschen mit ähnlichen Interessen und Talenten hervorbringt, gibt es nicht - wie ich aus eigener Erfahrung weiß.
Und ich habe inzwischen Schwierigkeiten damit, dass manche Menschen vergessen, dass Adoptierte manchmal anders, sensibler reagieren, denn sie haben zusätzlich zu den "normalen" Päckchen, die Kinder zu tragen haben, noch ein paar zusätzlich auf dem Rücken haben. "Inzwischen" deswegen, weil ich schon des öfteren darauf aufmerksam gemacht wurde, dass diese Vergleiche nicht immer richtig sind.
Keiner hat behauptet, dass es diese Phönomene bei leiblichen Kindern nicht auch gibt, aber sie leiden vermutlich nicht so unter dem "Verbiegen" wie angenommene Kinder, die, und das ist wissenschaftlich unbestritten, in vielen Fällen auch noch von Haus aus "dankbar" sein müssen. So kommt eines zum anderen.
Die Aussage der Autorin sollte einfach mal für sich stehen bleiben - quasi als mahnendes Beispiel. Warum muss so etwas immer gleich wegsikutiert werden? Die Frau weiß bestimmt was sie da sagt. Andererseits gibt es auch Adoptierte, die gerne in die Fußstapfen ihrer Adoptiveltern treten und mit Begeisterung z.B. Jura, Medizin oder Lehramt studieren; was nicht verwundert, denn rein statistisch betrachtet, müssen sich manchmal die mitgebrachten Anlagen ja mit denen der Adoptiveltern decken.
Zitat von mausi51Keiner hat behauptet, dass es diese Phönomene bei leiblichen Kindern nicht auch gibt
Genau das impliziert das Bild von der "Genetik der Familie". Ein homogenes Gebilde, in das jedes leibliche Kind qua natürlicher Fügung zumindest einigermaßen passt. Natürlich gibt es graduelle Unterschiede, das wollte ich auch überhaupt nicht in Abrede stellen. Ebensowenig, dass es adoptionsspezifische Schwierigkeiten gibt. Die Adoption aber unhinterfragt als Erklärungsmuster für alles zu nehmen, finde ich zu einfach. Das lässt auch die Eltern zu schnell aus der Verantwortung.
ZitatDie Aussage der Autorin sollte einfach mal für sich stehen bleiben - quasi als mahnendes Beispiel. Warum muss so etwas immer gleich wegsikutiert werden?
Entschuldige bitte, wenn ich einen von Dir eingestellten Artikel tatsächlich zum Anlass genommen habe, darüber zu diskutieren. Von mir aus kann dies gern als mahnendes Beispiel stehen. Und zwar für alle Eltern, Kinder mit ihren Eigenheiten anzunehmen.
ZitatDie Frau weiß bestimmt was sie da sagt.
Sie kann nur von ihrem eigenen Erfahrungshorizont als Adoptierte ausgehen, wie ich nur von meinem als leibliches Kind. Und da decken sich offenbar die Erfahrungen trotz des unterschiedlichen Status. Dass dies für für leibliche Kinder umso unverständlicher sein kann (insbesondere weil die "offensichtliche Erklärung Adoption" sich nicht anbietet) hat Wallace ja schon gut ausgeführt.
ein erklärungsmuster für alles ist es eben nicht. es geht explicit darum, daß adoptierte, im gegensatz zu anderen, durch das inkognito nicht/nie wissen, woher sie bestimmte eigenarten haben.
Unter Eigenarten verstehe ich etwas anderes als die obig zitierten musischen Talente oder Berufswünsche. Das sind Interessen, Neigungen, Fähigkeiten, grundlegende Persönlichkeitsmerkmale. Die können sich zwar in der eigenen Familie wieder finden, müssen es aber nicht.
Lalena, ich glaube, die "Tragik", als Mensch nicht angenommen zu werden wie man ist, trifft Adoptierte härter. Zudem kommt, daß sie leider oft nicht wissen, wo sie denn "hinpassen", weil ihnen ihre Herkunft fremd ist oder verwehrt wird.
Aber vielfach ist die Illusion natürlich größer als die Realität, zu der "anderen Familie" besser passen zu müssen, weil man adoptiert ist. Obwohl ich schon wiederholt von Fällen gelesen habe bzw.einen kenne, bei dem es tatsächlich so ist.