Die Betreuung des Jugendamtes war in meinen Augen sehr angenehm. Wir haben unsere Entscheidung für die Adoption schon vorher getroffen, wollten zur allerletzten Station auf unserer Entscheidungsfindung dann zur Beratung. Quasi um zu "kontrollieren" ob unsere Entscheidung auf den richtigen Eindrücken und Informationen beruht. Zuerst fragte uns die nette Dame, ob wir uns wirklich sicher seien. Ob wir wissen, das wir keine Rechte mehr an dem Kind haben, es nicht wieder bekommen und ob wir uns das Thema Pflege schon mal durch den Kopf haben gehen lassen. Zu dem Zeitpunkt wussten wir nichts über die Pflege, also ließen wir uns kurz die Eckpunkte erklären. Wir entschieden uns aber, die Pflege nicht zu "beanspruchen", da unser Kinder Ordnung, Sicherheit und Gewissheit haben sollte. Wir waren uns da sofort einig, auch wenn meine damalige Freundin noch öfter nach diesem Gespräch darüber nachdachte. Es kam mir nicht so vor, als würde man uns das Kind abschwatzen wollen. Sie zeigte großes Interesse an der Kleinen. Fragte wie alt sie ist, wann sie geboren werden soll, wie es ihr geht, ob wir einen Namen haben etc. Klar, vieles brauchte sie auch für die Akte, aber es kam nicht als reine Aktenschreiberei rüber.Die Eltern haben wir so gesehen bei der Abgabe "kennengelernt". Ich habe sie gesehen und fand sie sympatisch. Grade auch deshalb, weil sie uns die Zeit ließen, die wir brauchten, um uns zu verabschieden. Sie rissen die Kleine nicht aus unseren Armen oder ähnliches. Es war zwar traurig, aber auch schön. Wir gaben der Kleinen ein Mütze mit, die meine Mutter gehäkelt hatte und uns wurde gedankt. Mal schauen, ob sie die heute noch hat!
Ich sehe es auch so: vieles steht und fällt mit den Verantwortlichen beim JA.
Wir hatten auch das Glück an zwei wirklich nette Damen zu geraten. Und das sage ich nicht weil wir ja die Kinder durch sie vermittelt bekommen haben. Sondern weil ich ernsthaft den Eindruck (auch den Einblick) bekommen habe, das sie natürlich zuerst auf die Kinder gucken, aber dabei auch die Eltern nicht außer Acht lassen, sondern sehr bemüht sind.
Zitat von Alex80Ich weiß nicht, ob wir die Kleine dann abgegeben hätten. Kinder sind ja keine Währung oder ähnliches!
Genau das ist der Punkt. Ihr wart euch offenbar sicher und dann gibt es wohl kaum noch Kritik am JA zu vermerken. Alles läuft wie von denen gewünscht und jeder ist zufrieden.
Ich frage mich aber, wie oft es tatsächlich so ideal abläuft. Vielleicht öfter als man es vermutet? Keiner weiß es wirklich.
Darüber hinaus ist auch noch zu betrachten, wie sich die Situation zum Zeitpunkt der Freigabe darstellt und wie später.
Du Alex, bist Dir z. B. bis heute sicher, dass die Entscheidung damals richtig war. Das ist wirklich der Idealzustand. Aber wie ie Kindsmutter das inzwischen sieht, weißt Du auch noch nicht. Das würde mich z. B. sehr interessieren
Ich las mal vor Jahren eine Studie aus Kanada, in der Mütter, die planten ihr Kind nach der Geburt herzugeben oder es für sie geplant wurde (was m.M. ein Verbrechen ist) dazu animiert wurden, ihr Kind solange es bei ihnen ist, zu stillen. Die Ergebnisse fielen überraschend positiv für die Mütter aus; aus für mich verständlichen Gründen: Es verhindert Schuldgefühle, weil sie sich selbst gegenüber sicherer sein kann, ihrem Kind alles ihr menschlich mögliche für einen gesunden Start ins hoffentlich gesunde und glückliche Leben mitgegeben zu haben. Die Milch schiesst ein und der Körper nimmt keine Rücksicht darauf, dass das Kind nicht bei seiner Mutter bleibt. Für das Kind, das bestätigen heutzutage sogar die Wissenschaftler, ist es sowieso positiv. Dass im Krankenhaus Deiner damaligen Freundin dies ermöglicht wurde, finde ich sensationell.
Ich erinnere mich noch gut, als ich vor 23 Jahren die Geburt hinter mir hatte, gab man mir ein Medikament, das verhinderte, dass die Milch einschiesst. Ich nahm es, weil ich wusste, dass eine Verweigerung durch den Wunsch, das Kind wenigstens ein paar Tage zu stillen, auf komplettes Unverständnis von allen Seiten gestossen wäre. Mein Frauenarzt, der sich sehr um mich bemühte aber ein Idiot in dieser Problematik war (den Begriff "Idiot" mögen diejenigen die ihn nicht richtig zu definieren wissen, im Fremdwörterbuch bitte nachschlagen), schlug mir sogar vor, mir eine Durchtrittsnarkose zu geben, damit ich das Kind nicht zu Gesicht bekomme, weil das meinen Abschied erschweren könnte. Das lehnte ich ab weil ich schon sehen wollte, wie das Wesen aussieht, das neun Monate lang meinen Bauch als Wohnung gemietet hatte, und darüber bin ich heute noch froh. Zurück zum Stillen: Mindestens ein halbes Jahr lang haben meine Brüste geschmerzt, ich wusste warum und habe bitter bereut, nicht darauf bestanden zu haben, das Kind zu stillen.
Alex80, mich würde aus diesem Grund sehr interessieren wie Deine damalige Freundin es empfunden hat.
An Alex80: Nachtrag: ich habe gerade die Geschichte wie ihr zu eurem Entschluss gekommen seid bis zur Abgabe nochmal etwas aufmerksamer gelesen und viele Parallelen zu meiner entdeckt. Ich habe z.B. das Baby genauso wie du persönlich an die Adoptiveltern übergeben und danach geheult wie ein Schlosshund, trotzdem war ich froh, es so gemacht zu haben und vergesse nie die Augen des A-Vaterss, der nur "danke, danke, danke" stammeln konnte. Mir kamen eben auch wieder die Tränen als du die bewegenden Momente beschriebst. Übrigends, ich finde es super, wie du dich als H-Vater mit der Thematik auseinandersetzt, und deine Aussagen zeugen von Reife, wäre schön wenn dein Beispiel andere H-Väter animieren würde. Sie bleiben leider zu sehr aussen vor aber dieses Thema wurde hier im Forum ja schon angesprochen.