ich habe eben in einem weiter unten stehenden Thread ein Studie zu den seelischen Folgen der Adoption gelesen und und mich deutlich darin wiedergefunden.
Ich würde gerne mit euch darüber sprechen ob ihr als adoptierte ähnliche Probleme habt....
Ich kämpfe nun seit 6 Jahren mit seelischen Problemen die ich auf meine Adoptionsgeschichte zurückführe.
Das Gefühl von Wertlosigkeit ( und Selbsthass) und die unterbewußte Angst verlassen zu werden haben zu problematischen Verhaltensmustern geführt die mir im privaten aber vor allem im beruflichen Umfeld große Probleme bereiten.
Im Rahmen einer "sich selbsterfüllenden Prophezeiung" verändert man sein Verhalten gegenüber Menschen so, dass aus der Angst verlassen/gekündigt zu werden irgendwann Realität wird. Konkret äußert sich dass in z.B. Panikattacken.
Auch die Suche nach den Herkunftseltern hat mir nicht geholfen. Mein leiblicher Vater (Amerikaner) ist tot und meine leibliche Mutter und Schwester wollen keinen Kontakt, sprich ich habe diese noch nie getroffen.
Durch die erneute Ablehnung(verlassen werden) durch meine leibliche Mutter ist das ganze noch wesentlich schlimmer geworden. Ich habe dadurch einen regelrechten Hass auf diese Frau entwickelt.
Die erneute Zurückweisung der leiblichen Mutter kenne ich auch. Und es tut einfach nur weh! Auch ich habe immer wieder mit dem Gefühl der Wertlosigkeit zu tun. Selbsthass kommt auch dazu. Ich versuche das und auch meine Verlustängste in einer Therapie zu verarbeiten. Aber ich merke,dass es noch ein langer und steiniger Weg ist. Wir könnten irgendwie glatt Geschwister sein.
Also mein Problem ist viel mehr, dass ich Menschen nur schwer an mich ranlasse, weil ich Angst habe, eh wieder verlassen zu werden. Seien das nun Freundschaften oder feste Beziehungen. Und wenn dann eine Freundschaft zerbricht, jemand wegzieht, oder die Beziehung in die Brüche geht, dann fühlt sich das ein bissl an wie Verrat, obwohl's ja eigentlich keiner ist. Ich denk mir dann nur immer "Ja klar...lasst mich nur allein/zurück, bin ich schon gewohnt..." ... tja...
Hallo Perrin, schön dass Du bei unserer Clique im forum gelandet bist, herzlich willkommen!
Du schreibst, dass deine leibliche Mutter keinen Kontakt mir dir will, Du hast sie noch nie getroffen. Das verstehe ich nicht ganz. Hattet ihr bereits telefonischen, brieflichen oder email-Kontakt und teilten sie dir mit, dass sie dich nicht treffen wollen? Oder hast du diese Info vom Jugendamt?
ich habe ihr und meiner Schwester mehrere Briefe (u.a. mit Fotos von meinem kleinen Sohn) geschrieben und nie eine Antwort darauf bekommen bis dann eine Freundin von Ihr mich angerufen hat und gesagt hat, dass sie keinen Kontakt wünscht.
Meine leiblicher Vater war 2 Jahre vor meiner Suche an einem Herzinfarkt gestorben.
Danke für deine Antwort, ich kann dir im Moment nur sagen wie unendlich leid es mir für mich tut. Diesen Schmerz wollte ich meinem Sohn von Anfang an ersparen und warte jetzt auf seine Antwort auf meine zwei Briefe, die ich ihm schrieb.....Wenn du meinen Faden liest wirst du verstehen warum.
Vielleicht solltest du nochmal einen Brief losschicken, immer wieder mal in Zeitabständen. Mehr als ein "Nein" kannst du nicht ernten. Die Zeit ändert sich und die Menschen mit ihr.
Alles Glück der Erde und des Himmels wünsch ich dir.
Wenn Du einen Hass auf Deine H-Mutter schiebst, kann ich den durchaus verstehen, aber: Hass ist wie wenn man mit glühenden Kohlen nach dem Hassobjekt wirft: man verbrennt sich dabei nur seine eigenen Hände.
Wenn Du den Mut hast, ihr nochmal zu schreiben dann wähle Deine Waffen sorgfältig. Tief in Dir ist eine unzerstörbare Liebe zu ihr auch wenn der Schutzpanzer den Du Dir notgedrungen umlegen musstest, diese Liebe nicht durchscheinen lässt. Schreib ihr als wenn Du sie lieben würdest was ja ganz tief in Dir drin der Realität entspricht. Ich weiss nicht wie Du über Engel denkst, Du könntest sie um Hilfe bitten. Mit ihnen habe ich schon viele positive Erfahrungen gemacht.
Du siehst ich denke nach......das dauert....... Also: du weisst nicht, was Deine Mutter mitmachen musste im Zusammenhang mit Deiner berechtigten "Anmeldung. Ich weiss nur, dass bis heute H-Mütter gezwungen werden, den Mund zu halten, ihnen wird oft nicht einmal das Recht zugestanden zu trauern. Sie dürfen keinen Kontakt zu ihren Kindern suchen, sie sollten eigentlich am Besten tot sein um für die Adoeltern keine wie auch immer geartete Gefahr mehr darzustellen. Da bleibt manchen H-Müttern keine andere Möglichkeit als die Existenz dieses Kindes tief ins Unterbewusstsein zu verschieben um überleben zu können. Diese Verschiebung machen sie nicht bewusst, es ist ein natürlicher Schutzmechanismus der Seele.
Mit den von Dir geschilderten Problemen habe ich schon seit meiner Jugend zu kämpfen. Auch meine H-Mutter wollte mich zuerst nicht sehen, hat mich verleugnet. Auch bei mir war dieser Hass und Unverständnis.
Meine H-Mutter hatte es sich dann allerdings irgendwann anders überlegt - wir haben jetzt Kontakt. Sie hatte damals einfach Angst, was ich auch verstehen kann. Das JA hatte ihr gesagt, dass ich sie niemals finden könne usw.
Ich will Dir nicht die Hoffnung nehmen - aber meine Probleme wurden dadurch nicht besser.
Dennoch denke ich, dass es bei Deiner H-Mutter auch so ist, dass sie Angst hat vor Vorwürfen o.ä. Vielleicht schreibst Du ihr nochmal einen neutralen Brief in dem Du schilderst, dass Du ihr nichts Böses willst, keine Ansprüche an sie hast und ihr Leben nicht auf den Kopf stellen möchtest. Eventuell nimmt ihr das die Angst?
Es scheint mir fast unmoeglich, von Perrins Bericht nicht beruehrt zu sein. Tja, was soll man da vernuenftiges sagen?
Dieser Selbsthass, das Gefuehl von Wertlosigkeit, die Ablehnung des eigenen Ichs, ist bekanntermassen oft eine Reaktion von adoptierten "Kindern" wenn sie erst mal erwachsen sind.
Ich habe, als ich diesen Vorgang begriffen hatte, meiner Tochter ueber das Adoptionsamt einen langen Brief geschickt (der nie weitergereicht wurde, denn so etwas interessiert das Amt ja nicht!) und ihr darin sehr genau geschildert, warum wir sie damals haben adoptieren lassen und ausdruecklich betont, dass dies keinesfalls geschah, weil sie fuer uns etwa nicht "gut genug" gewesen sei, sondern dass die Umstaende alleine bei uns gelegen haben und wir das spaeter bitter bereut haben. Jahre danach, als meine Tochter mich (endlich) gefunden hatte, haben wir offen darueber gesprochen und sie bekam die Kopie des damaligen Briefes. Ich kann das allen nur empfehlen, diesen Kindern irgendwie zukommen zu lassen, dass sie niemals weggegeben wurden, weil sie es etwa "nicht wert" waren oder Maengel hatten oder sonst einen, sorry, Scheiss.
Auch wenn man nicht mehr gesetzlicher Vater oder gesetzliche Mutter ist, gibt es doch noch so etwas wie eine seelische Verantwortung.
Ich weiss nicht ob es dir, Perrin, heute helfen wuerde, wenn du diese Adoptionsgruende durch deine leibliche Mama erfahren koenntest. Hast du jemals versucht bei ihr diese Gruende zu erfahren?? Also ueber einen Kontaktwunsch hinaus.
Und die Schwester von dir? Wie ist dein Gefuehl, will sie den Kontakt zu dir nicht, weil sie der Mama eine "gute Tochter" sein moechte und auf die Mutter hoert?
Wenn du sagst, du haettest durch die erneute Ablehnugn "regelrechten Hass" auf die Frau entwickelt - ist es wirklich Hass? Oder ist es viel eher ein tiefer tiefer Schmerz der in dir wuehlt? Schau es dir genau an was es ist, das ist wichtig fuer dich und deine Entwicklung.
Unterdrueckte Gefuehle stauen sich im Menschen auf. Ich moechte dir einen Rat geben (den du auch ablehnen kannst, ich schreibe ja nur aus meiner Perspektive). Setz dich hin und schreibe alles auf. Fuer dich. Tu so als schreibst du einem guten Freund. Schreibe alle Gefuehle auf, auch alle Gefuehle die bei Erinnerungen auftauchen. Es ist als wolltest du ein zum ueberlaufen volles Fass endlich mal leerschoepfen.
Und wenn du es aufschreibst, dann koketiere nicht, sondern sei ganz ehrlich und betrachte und schreibe genau, was deine tatsaechlichen Gefuehle sind, nicht die an der Oberflaeche.
Wahrscheinlich werden jetzt einige hier "aufschreien"· und sich fragen was banals ich da sage. Es ist nicht banal, es dient der Selbstheilung. Klarheiten ueber sich selbst und seine Konflikte zu finden helfen einem sich endlich wieder wohler zu fuehlen.
Versuche auf jedenfall Klarheit zu finden (und sei es ueber Umwege!) was mit deiner Schwester ist.
Was du beschreibst kenne ich nur zu gut. Ich habe schon als Kind erfahren das ich adoptiert bin und bin daher mit dem Wissen aufgewachsen, dass ich schon als Baby nicht gewollt war. Dadurch hat sich bei mir nie ein Selbstbewusstsein entwickelt. Ich war als Kind schon sehr unsicher und mir meiner nicht bewusst. Nachdem meine H-Mutter auch später nur Ablehnend auf mich reagiert hat, hat es sich bei mir soweit entwickelt das ich mich selbst verletzt habe und auch regelmäßig stationär psychiatrisch behandelt werden musst, weil ich mich einfach nicht mochte und mir die Schuld an der Adoption gegeben habe.
Was mich aber selbst am meisten stört, ist die Tatsache das ich es immer allen recht mache, aus Angst verlassen zu werden. Egal ob im privaten oder beruflichen Umfeld. Bloß keine Fehler machen, bloß keinen eigenen Willen zeigen..man könnte ja verlassen/entlassen/allein gelassen werden.. ..letztendlich ist meine Ehe daran gescheitert.
Und das alles obwohl ich in einer wunderbaren Familie aufgewachsen bin, in der ich immer geliebt wurde/werde.
Ich denke, egal wie herzlich die A-Familie auch ist, diese seelische Verletzung spürt man schon als Baby. Diese Verletzung wieder zu heilen bzw. ohne Narben dies alles zu überstehen ist verdammt schwer.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die Gefühle, nicht an sich selbst zu glauben, Angst Fehler zu machen, ggf. Selbsthass (in Form von unkontrollierten Wutanfällen) schon bei unseren 9- und 6jährigen Kindern beobachte.
Deshalb achten wir sehr darauf, sie viel zu loben, ihre Leistungen zu schätzen, die Schwächen zwar benennen, aber möglichst nicht so hervorheben, zu sagen, dass sie hübsch aussehen usw. Es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, ich weiß das, aber es immerhin ein Tropfen und wir merken, wie sie aufblühen, wenn man sie lobt oder sich wertschätzend äußert.
Hallo Perrin, ich schließe mich Hans an und gehe noch einen Schritt weiter. Ich war über viele Jahre in einer etwas ähnlichen Situation wie Du. Ich hatte meine leibliche Mutter zwar kennengelernt und bereits einiges über die Umstände meiner Adoption erfahren, als meine Mutter begann, mir kurz vor geplanten Treffen wieder abzusagen, mich teilweise auslud, wenn andere (scheinbar) wichtigere Familienmitglieder sich unverhofft ansagten. Sie sagte mir außerdem, sie könne sich an meine Geburt nicht mehr erinnern und erzählte auch Dinge von denen ich wusste, dass sie nicht stimmten. Das alles konnte ich nicht aushalten. Um mich zu schützen, unterbrach ich den Kontakt und ruderte für viele Jahre zwischen den Gefühlen von Hass und Liebe hin und her. Ich habe dabei für mich gelernt, dass Hass und Liebe zusammengehören. Ich konnte nur hassen, weil ich liebte. Und irgendwann konnte ich wieder lieben, weil ich es mir vorher erlaubt hatte, abgrundtief zu hassen. Zu Beginn blieb ich im Hass stecken, weil ich ihn einerseits so stark empfand, andererseits aber niemals ein Mensch sein wollte, der hasst (Ich wollte eine von den "Guten" sein) und mir deshalb verbot, dieses Gefühl voll und ganz zu empfinden. Aber Gefühle laufen durch uns durch, wenn wir sie lassen. Nach einem Gefühl kommt das nächste, danach ein neues und danach wieder ein neues. Der Hass kommt immer wieder. Und die Liebe auch. Und der Selbsthass auch und die Wertlosigkeit auch. Und die Selbstliebe kam , als ich dieses seltsame Spiel des Lebens endlich verstand. Wir können lernen durch diese Gefühle hindurch zu gehen. Mitten rein und dann wieder heraus.
Mein Schreibexperiment damals war Folgendes: Als ich wusste, dass ich nichts mehr tun konnte, um meine Mutter für mich zu gewinnen, habe ich ohnmächtig über meine Ohnmacht geschrieben. Als ich wütend auf sie wurde, habe ich wütend über meine Wut geschrieben usw. Aber jetzt kommt's: Ich habe es als Brief - direkt an SIE - geschrieben. Aber ich habe ihn niemals abgeschickt (das war die Voraussetzung dafür, dass ich wirklich frei schreiben konnte). Das Besondere war, dass ich an einer Stelle sehr traurig und verzweifelt war und da habe ich in diesen Brief hineingeschrieben, was ich von ihr, meiner Mutter, hören wollte. Ich habe ihr in wörtlicher Rede alles in den Mund gelegt, was sie meiner Meinung nach zu mir hätte sagen sollte. ALLES! Neben reichlich Tränen, kam auch ein neues Gefühl: Selbstliebe! Ich hatte mir mit alledem, was ich meiner Mutter in den Mund drängte, selbst gesagt, was ich hören musste. Vielleicht kann auch Dir dieses Experiment einen Schritt weiter helfen. Wohin auch immer...
Jahre später - der Schmerz war immer noch von Zeit zu Zeit da, aber ich war im Frieden mit meiner Mutter - da kontaktierte sie mich plötzlich. Und ich konnte die Chance ergreifen, weil ich alles getan hatte, mich innerlich offen und beweglich zu halten. Ich hatte großes Glück! im letzten Jahr hat sie mich zurückadoptiert.
Lieber Perrin, ich höre und sehe Dich in Deinem Schmerz. Erforsche Deinen Schmerz - vielleicht auch im Rahmen einer Therapie - und lass' Deinen Schmerz zu Deinem größten Schatz werden. Denn: Dadurch, dass DU diesen Schmerz erleben und aushalten kannst, dadurch, dass Du ihn kennenlernst, kannst Du eine Stärke entwickeln, von der viele Menschen nur träumen können. Und unterwegs auf Deiner Heldenreise sind in diesem Forum sicher immer Menschen, die unbedingt wissen wollen, wie es Dir ergeht. Ich wünsche Dir von Herzen Zuversicht und einen riesigen Abenteuermut!
Wie ich sehe bin ich mit meinen Gefühlen/Problemen wirklich nicht alleine.
Danke !!!!
Ja, ich habe mehrfach mit sehr freundlichen und unverbindlichen Briefen versucht mit meiner Mutter in Kontakt zu kommen. Ich habe außdrücklich geschrieben, dass ich keinerlei negative Gefühle für sie habe sondern sie einfach mal gerne kennenlerne würde und sei es nur ein einziges mal.
Ich denke jeder Mensch hat das Recht wenigstens 1x seine leibliche Mutter zu sehen.
Meine Schwester ist nur 2 Jahre älter als ich und vom gleichen Vater (amerikanischer Soldat).
Meine Schwester hat sie behalten und mich weggegeben....kein schöner Gedanke.
Mein leiblicher Vater hat zum Zeitpunkt meiner Geburt wieder in den USA gelebt und hat erst nach meiner Adoption erfahren das ich weggegeben wurde.
Was für unterdrückte Emotionen dieses Thema in einem auslöst wurde mir bewußt, als meine Großmutter aus Amerika mir den Soldatenhut meines Vaters geschickt hat und ich als ich das Paket geöffnet habe weinend zusammengebrochen bin.
Ich glaube wir müssen uns einfach bewußt werden, dass eine Adoption kein normale Sache ist. Es ist ein schwer traumtisches Erlebnis für alle Beteiligten und man muss die seelischen Narben die man davonträgt als Teil der eigenen Identität annehmen.
Nachdem was ich hier so gelesen habe frage ich mich ehrlich ob man seelische "Schäden" die man nun sein ganzes Leben mit sich trägt überhaupt therapieren kann. Ich habe auch 1 Jahr Psychotherapie hinter mir das rein garnichts gebracht hat.
Vielleicht muss man, wie z.B. jemand der ein Bein verloren hat, sein Leben seinen eigenen körperlichen bzw. in diesem Fall seelischen Verletzungen anpassen anstatt zu versuchen sein ganzes Leben normal zu sein und immer wieder zu scheitern.