ich war schon ziemlich lange nicht mehr hier im forum. aber heute würde ich gerne einmal nach euren rat fragen.
unsere kleine adoptivtochter ist 18 monate alt. sie lebt seit ihrem 7. lebenstag bei uns und macht uns zu den glücklichsten eltern der welt. sie ist ein sehr fröhliches mädchen und strotzt vor energie und lebensfreude. es ist ein segen sie bei uns zu haben und zusammen mit ihr die welt zu erkunden. jeden tag aufs neue! wir lieben sie über alle maßen und unsere ganze familie ist einfach verrückt nach ihr!
in den vergangenen monaten ist mir jedoch immer wieder aufgefallen, dass unsere kleine in gewissen situationen sehr ängstlich und unsicher, ja fast panisch reagiert. am schlimmsten ist es beim kinderarzt- mittlerweile ist es schon so, wenn wir nur in die richtung seiner praxis fahren fängt sie total an zu weinen, sie wird richtig hysterisch und schreit immer nur "heim heim heim". ich weiß dass viele kinder diese angst vor ärzten haben, jedoch weitet es sich bei unserer maus richtig aus. sie weint mittlerweile schon wenn wir in einer zeitschrift einen arzt sehen! dazu muss ich erklären dass unser kinderarzt ein sehr liebevoller, ruhiger, sanfter mensch ist, mit sehr viel einfühlungsvermögen in seine kleinen patienten. es gibt also keinen ersichtlichen grund für ihre gesteigerte angst in bezug auf ärzte. sie bekam auch noch nie eine spritze, war noch nie ernsthaft krankt, sie war noch nie im krankenhaus etc.
es gäbe noch mehr beispiele die ich nennen könnte, in denen die angst unserer tochter ins unermessliche geht und in denen situationen sie sich kaum beruhigen lässt.
ich habe bereits mit meinen kinderarzt über dieses thema gesprochen und ihn um seinen rat gefragt. er erklärte dass es wohl in dem alter keine seltenheit sei, dass kinder sehr vorsichtig mit fremden menschen sind, vor allem mit dem kinderarzt da er bei untersuchungen immer eine grenze übertreten müsse, die dem kind sehr heilig sei. meinen schilderungen nach erscheint ihm die angst unserer tochter jedoch auch als gesteigert und ich solle es weiterhin im auge behalten. auch wie sie sich in fremden umgebungen verhält, wenn wir mit ihr z.b. zum essen gehen etc.
er sagt, und deshalb komme ich auf euch zu, dass wir auch nicht außer acht lassen dürfen, dass unsere tochter im bauch einer anderen frau herangewachsen ist. sie hat während der 9 monate immer ihre stimme gehört und diese war ihr vertraut. nach der geburt war diese stimme plötzlich weg. die kleine war 6 tage mutterseelenallein (im wahrsten sinne des wortes) in der klinik... ich könnte schon wieder heulen wenn ich mir das vorstelle... ja, und dann nach 6 tagen kam ich, eine andere frau, eine andere stimme, eine neue mama. sie merkte natürlich dass ich nicht die selbe frau bin, bei der sie 9 monate im bauch war, so liebevoll ich mich auch um sie sorge. der arzt sagte, dass ihr durch dieses traumatische ereignis auch ein urvertrauen fehlt, sie hätte einfach angst, trennungsangst, verlustangst. auch wenn sie noch so klein war als all das passierte. deshalb ist unsere maus vielleicht auch etwas zartbeseiteter als andere kinder...
wie können mein mann und ich unserem schatz helfen, mit ihrer geschichte frieden zu schließen? was können wir tun um sie so gut wie möglich zu unterstützen, dass sie trotz dieses verlusts ihrer richtigen mama ein glücklicher erwachsener mensch wird, ohne ängste. natürlich wissen wir dass liebe und verständnis und respekt vor ihren wurzeln das a und o sind, das ist selbstverständlich. aber gibt es außerdem noch andere wege, um einem baby mit einem solchen trauma zu helfen sich frei zu entwickeln? habt ihr es zb mit osteopathie probiert, oder homoöpathie...? oder welche wege gibt es hier noch? natürlich ist unsere süße noch viel zu klein für "große" sachen, aber vielleicht kann man ja jetzt schon die weichen stellen um es ihr in zukunft leichter zu machen, urvertrauen ins leben zu finden?
Hallo willi, Du könntest es mit Bachblüten versuchen, die wirken gerade bei kleinen Kindern oft erstaunlich gut. "Star of Bethlehem" z.B. ist der Seelentröster für erlebte Traumen, oder "Aspen" für unerklärliche Ängste. Ich habe immer auch "Rescue" in meiner Hausapotheke, ein Notfallmittel, das für Kind(er) auch Erwachsene und Hund so manche guten Dienst leistet wenn es ein Schockerlebnis gibt. Es gibt viele gute Bücher darüber, falls Du Dich dafür interessierst.
Hallo Willi, lies doch mal das Buch: Das Kind, das eine Katze sein wollte. Von Caroline Eliacheff. Obwohl es sich komisch anhören mag, es gibt eine psychoanalytische Arbeit, die bereits mit Säuglingen durchgeführt werden kann. Die Idee ist, dass ein gut ausgebildeter Kinderanalytiker, die unausgesprochene, aber anders (also non-verbal) ausgedrückte Not des Säuglings "lesen" kann und diese Not dann für den Säugling in Worte fassen kann, so dass der Säugling sein Trauma "bearbeiten" kann. Auch Françoise Dolto schreibt darüber. Sie hat diese Art der Arbeit entdeckt. Ich selbst habe einen Teil dieser Ausbildung durchlaufen und meinerseits 2 Psychoanalysen im Erwachsenenalter durchlebt. Diese Form der Therapie wirkt tief in den Menschen hinein, hat mir sehr großen Halt gegeben und mich sehr große Schritte vorangebracht. Ich habe mich immer gefragt, ob ich meine Traumatisierung leichter durchlebt hätte, wenn ich in viel früheren Jahren bereits einen professionellen Unterstützer gehabt hätte. Mehr als andere Therapieformen wirkt die Psychoanalyse besonders gut bei Störungen, die im frühen Leben eines Menschen auftreten. Das Buch von Caroline Eliacheff ist zutiefst anrührend und ein Lichtblick am Horizont, wie ich finde.
Es ist schön zu lesen, wie sehr Du versuchst Dich in Euer Kind einzufühlen!
das, was Du beschreibst, klingt aber für mich nicht nach den adoptionsspezifischen Verlustängsten. Soweit ich Dich verstanden habe, hat sie Angst vorm Arzt, aber nicht, daß Ihr sie verlaßt.
Ich möchte Dir nur zu verstehen geben, daß auch leiblichen Kinder ängstlich sein können, aber nicht alles auf die Adoption zurückführbar ist.
Was ich machen würde, ist, einen Spielarztkoffer zu kaufen und mit dem Kind Arzt zu spielen, Puppen/ Teddys verarzten etc..
Hast Du Dich beobachtet, wie Du Dich beim Art verhältst? Bist Du selber unsicher oder läßt Du Dich sehr auf die Ängste ein?
Eins meiner Kinder hatte auch Angst vorm Arzt. Wir mußten ihn wechseln, seitdem gehts besser.
Ich würde auch zum einem Kinderpsychologen oder ähnlichem raten.
Das eure Kleine in der Klinik allein war ist sehr schlimm, aber es muss nicht die Ursache für die Angst sein. Ggf ist sie von naturaus einfach zarter beseitet, oder es liegt an etwas ganz anderem. Vielleicht projeziert ihr dieses Wissen und das Mitleid auch einfach unbewußt auf die Kleine...
Daher würde ich mit professioneller Unterstützung der Sache auf den Grund gehen, damit ihr als Eltern dann eben angemessen reagieren könnt.
Für mich (als zwar interessierten aber dennoch totalen psychologischen Laien) sieht es aber auch nciht nach einem Ado-Trauma aus.
Ich würde dir das Buch auch empfehlen ... Das Mausi hat 6 Tage und 7 Nächte zwar versorgt aber nicht umsorgt in einer Klinik verbracht. Gesehen hat sie da noch sehr unscharf aber gehört und vor allem gerochen hat sie dort. Es langt das gleiche Desinfektionsmittel, das gleiche geklapper von Schuhen auf dem Boden und die Maus fühlt sich unsicher. Unsere Tochter hat ihre ersten 4 Monate in einer Klinik verbracht. (Frühchen) Selbst 13 Jahre später erträgt sie nichts um ihr Handgelenk, einen Wecker zu finden der sie nicht in Panik versetzt, weil das gepipe an die Maschienen erinnert war selbst 10 Jahre später richtig schwierig. Es war dort ein höllen Lärm mit gerassel und gepiepe aus den verschiedenen Geräten ... Und der erste Besuch beim Kinderarzt hat sie fast vor Schreck gelähmt, es war der Bohnerwachs, der gleiche Geruch wie im Krankenhaus. Mir ist er auch aufgefallen, ich hab aber einen zweiten Besuch gebraucht um die Verbindung herzustellen. Das Gefühl alleine zu sein verbindet sich mit Geruch, Geschmak, Geräusch ... Ein Teil verliert sich, ein Teil bleibt. Bleib du ruhig, je mehr du daraus machst je mehr wird sie sich fürchten. "Wir gehen jetzt da rein, das muß sein! Und dann gehen wir nach Hause und schauen uns ein (neues) Buch an... gehen auf den Spielplatz mit der tollen Rutsche" irgendwas angenehmes was du nicht sowieso oft mit ihr machst. Etwas das sie mag als neue Verknüpfung. Unsere Tochter hatte Schläuche durch Mund und Nase. Zahnarztbesuche waren der Gipfel der Angst. Hinterher ging es Jahrelang in ein Spielzeuggeschäft und es gab ein Pixibuch. Inzwischen sind die Besuche dort kein Problem mehr. Nicht im Spielzeuggeschaft, die besuche beim Zahnarzt meine ich selbstverständlich ;-)
oh vielen dank für all eure antworten! es freut mich sehr dass so viele "betroffene" ihre erfahrungen mit mir teilen und mir tipps geben. ein schönes gefühl...
@annalis: stimmt, mit bachblüten habe ich ja auch schon positive erfahrungen gemacht... dachte ich gar nicht mehr dran, ist schon einige jahre her, als ich selbst damit zu tun hatte. aber ich habe sogar noch ein buch darüber zuhause! danke für den tipp! könnte ich mich wirklich mal wieder mit beschäftigen!
@snow: ich werde gleich mal bei amazon gucken und mir das buch bestellen. klingt interessant, danke!
@lattitia: die angst vor dem kinderarzt ist lediglich die ausgeprägteste. deshalb nannte ich dieses beispiel. mir ist durchaus bewusst, dass andere kinder die selben ängste beim arzt durchstehen. die idee mit dem spielzeugarztkoffer hatte ich auch schon und ich werde uns einen solchen besorgen, damit wir all ihre kleinen puppen und bären (ihre "bääbis" :-) ) damit verarzten können. bei unserer kleinen ist es allerdings so, dass sich diese panik mittlerweile auf andere situationen ausbreitet, z.b wenn wir schuhe kaufen gehen wollen - da schreit sie wie am spieß wenn die nette verkäuferin ihr die füße ausmessen möchte. oder wenn wir in eine gastwirtschaft zum essen gehen, in der sie noch nicht war und in der natürlich fremde leute sind. da will sie auch am liebsten gleich wieder "eim" und weint. nicht immer, aber oft. es gibt verschiedene situationen in denen sie ganz große angst hat, ohne ersichtlichen grund. selbst wenn sie auf meinem arm ist, ich sie "schütze" deutet sie immer nur zum ausgang und ruft nach zuhause. ja, eine verlustangst ist es tatsächlich nicht, das sehe ich auch so. eher eine tiefsitzende unsicherheit, ein vertrauen das ihr fehlt. sie hat auch ganz lange gebraucht bis sie ihre ersten freien schritte gemacht hat, sie ist 18 monate und läuft erst seit silvester. man merkte auch hier dass ihr einfach ein vertrauen fehlt - in dieser beziehung sogar in sich selbst. verstehst du? ich möchte meine maus nicht ängstlicher darstellen als sie ist, wie gesagt ist sie in den allermeisten fällen ein absoluter sonnenschein! aber genau so schnell kann es in manchen situationen, von denen ich gar nicht denken würde, dass sie so angsteinflößend sein können, der schalter bei ihr umgelegt werden und sie tickt richtig aus und wird panisch. ich weiß es nicht ob es mit dem fakt "adoption" zu tun hat... egal weshalb unser engel dieses problem hat, ich möchte ihr gerne helfen und ihr zeigen, dass sie behütet und sicher ist!
@maurynna: für einen kinderpsychologen finde ich es momentan noch zu früh. sie kann ja noch nicht einmal richtig sprechen... dies wird mein letzter schritt sein, wenn andere dinge wirklich nicht helfen konnten.
@patty: danke für deine antwort, es tat mir irgendwie gut sie zu lesen. ich kann deine gedankengänge sehr gut nachvollziehen... ich bleibe beim kinderarzt eigentlich immer sehr ruhig und gefasst und versuche ihr damit zu zeigen, dass dieser kurze besuch jetzt zwar leider sein muss aber dass die mama doch da ist und auch keine angst hat. das mit der belohnung für danach ist aber eine gute idee! dass sie den arztbesuch mit etwas positivem verknüpfen kann - stimmt, das wäre echt eine möglichkeit! hmmmm... da muss ich mir mal was schönes überlegen! nur momentan lockt sie irgendwie am meisten wenn ich sage wir gehen heim. sie ist einfach am allerliebsten zuhause, da kann kein spielzeuggeschäft und keine rutsche der welt mithalten. noch nicht! aber ich finde schon eines! ;-)
so ich habe jetzt den mittagsschlaf meiner kleinen maus noch ausgenutzt und habe einen arztkoffer bei amazon bestellt und das buch, das snow empfohlen hat! das buch hat wirklich sehr gute bewertungen und die beschreibung macht mich sehr neugierig! ich freue mich darauf es bald lesen zu können und bin gespannt, was ich alles darin erfahren werde. danke noch einmal für den vorschlag!
Zur frühen Traumatisierung bei Adoptiv- und Pflegekindern gibt es auch ein sehr gutes Buch von Bettina Bonus: "Mit den Augen eines Kindes sehen lernen, Band 1, Zur Entstehung einer Frühtraumatisierung bei Pflege- und Adoptivkindern und den möglichen Folgen".
Zitat von JohannaZur frühen Traumatisierung bei Adoptiv- und Pflegekindern gibt es auch ein sehr gutes Buch von Bettina Bonus: "Mit den Augen eines Kindes sehen lernen, Band 1, Zur Entstehung einer Frühtraumatisierung bei Pflege- und Adoptivkindern und den möglichen Folgen".
Ich würde sagen, dass es am Alter des Kindes liegt. Sie ist gerade in der Bindungsphase und da haben alle Kinder Trennungsängste.
Die ersten 6 Wochen im Leben ist man noch nicht in der Lage eine Bindung aufzubauen. Das Neugeborene erkennt zwar Stimmen und Gerüche von bestimmten Personen wieder, ist aber nicht an sie fest gebunden.
Aber ich denke ehrlich gesagt, dass es unangemessen ist von Therapie zu reden.
O Mann, Natalja, Dir fehlt ganz einfach Erfahrung, dafür kannst Du nichts. Es ist nicht möglich, Kinder in ihren Entwicklungsphasen theoretisch zu studieren und was noch schlimmer ist: Lehrmeinungen daraus abzuleiten die ihr als Studenten übernehmen müsst.
Wenn es Dir beigebracht wurde, dass ein Kind in den ersten 6 Wochen noch nicht in der Lage ist, eine Bindung aufzubauen halte ich das schlichtweg für eine nicht beweisbare Annahme, weil ein Kind in diesem Alter vorrangig auf Überlebensstrategien ausgerichtet ist und seine seelische Verfassung nicht wissenschaftlich verifiziert werden kann. Es wird dabei auch ausser Acht gelassen, welche Bindung bereits während 9 Monaten im Mutterleib entsteht.
Ich denke nicht dass es mir daran fehlt, sondern hier fehlt es einigen an fachwissen. Un das zweite ist wir studieren es nicht nur theoretisch, sondern müssen auch praktische Teile des Studiums erledigen, die ich teilweise auch bereits absolviert habe.
Das gleiche dekt sich auch mit meiner persönlichen Erfahrung und den von 95% der Kinder in dem Kinderheim in welchem ich 12 nicht zu verachtende Jahre war. Es ist ein Unterschied ob eine Mutter zu ihrem kind eine Bindung aufbaut oder das Kind zu der Mutter. ich richtie mich nach meiner Erdfahrung und nach dem was die Wissenschaft sagt. Denn ich bin mir sicher, ohne dir zu nahe treten zu wollen, dass diese Menschen sich mit dem Thema näher auseinander gesetzt haben (und vor allem objektiver).
Da du HMutter bist, bin ich mir sicher dass du eine emotionale Bindung zu deinem Kind hast. Ich bin adoptiert und kenne meine leibliche Mutter auch. Dennoch kann ich nicht sagen, dass ich, bevor ich sie richtig kennengelernt hatte, einen Bezug oder gar eine Bindung zu ihr hatte.