Ich habe lange darüber nachgedacht, was man erwarten kann, was nicht.
Ich denke, nur Ehrlichkeit - sonst nichts.
Ich kann keinen Kontakt erwarten, keine Zuneigung, keine offene Tür. Nur Ehrlichkeit. Und vielleicht die Möglichkeit, die brennende Frage nach dem "warum" beantwortet zu bekommen. Nur diese eine Frage, damit man selbst weiß, wo man steht. Wenn die Antwort darauf ist "ich wollte dich nicht", dann ist das zwar hart. Aber es ist ehrlich, und man hat eine Antwort erhalten, kann sein leben wieder in Einklang bringen.
Alles andere; ein regelmäßiger Kontakt, Zuneigung, treffen, dass die leibl. Eltern ins leben des Kindes integriert werden wollen, teilhaben wollen - wäre für viele Ganz sicher wünschenswert, aber eine Erwartung ist es nicht.
Eine Erwartung zu haben, impliziert irgendwie, man habe ein Recht auf etwas. Und eine Erwartung darf man daher m. E. An die Herkunftseltern nur haben, die Frage nach dem "warum" ehrlich beantwortet zu bekommen.
Zitat von VanteraIch habe lange darüber nachgedacht, was man erwarten kann, was nicht. Ich denke, nur Ehrlichkeit - sonst nichts.
Naja, dazu wäre aber die Grundvoraussetzung, dass die Herkunftsseite überhaupt einen Kontakt zulässt! Ohne einen solchen, ist das mit der Ehrlichkeit obsolet Ergo erwartet man schon einmal einen positiven Ausgang einer Kontaktanfrage.
ZitatIch kann keinen Kontakt erwarten, keine Zuneigung, keine offene Tür. Nur Ehrlichkeit. Und vielleicht die Möglichkeit, die brennende Frage nach dem "warum" beantwortet zu bekommen.
Das ließe sich schon alleine dadurch herbeiführen, dass die abgebenden Eltern dazu aufgefordert würden, einen entsprechenden Brief zu hinterlassen. Zumindest die Adoptionen, die auf ganz normalem Weg zustande kommen, würden das zulassen. Ohne einen solchen Brief würde ich als Vermittler keine Akte schließen wollen, aber in der Realität wird das vermutlich als Hemmschwelle für Abgebende gesehen und deswegen verzichtet man lieber großzügig darauf. Aber vielleicht irre ich mich ja auch und heute ist das sogar so üblich.
Zitat Wenn die Antwort darauf ist "ich wollte dich nicht", dann ist das zwar hart. Aber es ist ehrlich, und man hat eine Antwort erhalten, kann sein leben wieder in Einklang bringen.
Mir wäre diese Sorte von Offenheit auch lieber als ein jahrelanges Hinhalten oder Vortäuschen von falschem Interesse.
ZitatEine Erwartung zu haben, impliziert irgendwie, man habe ein Recht auf etwas.
Das sehe ich nicht so. Außerdem müsste man auch noch differenzieren zwischen moralischer Erwartungn und sonstiger. Hier geht es sowieso nur um eine moralische Erwartungshaltung, denn juristisch ist weder die eine noch die andere Seite zu irgendetwas verpflichtet. Deswegen haben mich ja auch die Meinungen dazu interessiert.
Zitat von Born1981ich finde Deine Frage ist nicht zu beantworten.
Und ich finde, dafür hast Du sie aber sehr gut beantwortet
ZitatDie Herkunftsmütter der Vergangenheit sind nicht "vorbildlich" denn, wie Du schon selber schreibst und auch erlebt hast: Euch hat man einen Knebel auferlegt. Ihr habt still zu sein und zu ertragen. Man hat Euch die Möglichkeit genommen den wegadoptierten Kindern eine gute (wenn auch abgebende) Mutter zu sein.
Das sehe ich ganz anders, denn wie meine Einstellung zu meiner weggegebenen Tochter war und ist, hat nichts mit den Menschen zu tun, die damals die Fäden gezogen haben. Auch wenn sie es verhindert haben, dass ich mich durch Briefe oder sonstige Abschiedsgeschenken aktenkundig bleibend in Erinnerung gebracht habe, hat das meine innere Einstellung zu meinem Kind nicht im geringsten beeinflusst.
ZitatDie Herkunftsmütter der Gegenwart sind nicht vorbildlich, denn wenn sie ihr Kind abgeben mussten weil sie in das schöne Herkunftsmutterklischee passten: Alkohol oder Drogenabhängig etc. pp., dann sind sie aus sich heraus schon so unvorbildlich, dass sie das für ihre Rolle als Herkunftsmutter wohl nicht unbedingt optimieren können. Wenn Herkunftsmütter der Gegenwart ihr Kind abgeben, weil sie es bewusst nicht haben wollen (wie hier schon öfter gelesen weil sie sich zu jung fühlten Mutter zu sein, keinen Partner hatten, weiß der Kuckuck was), dann können sie mmn nicht vorbildlich sein, denn ich denke: Wer mit jemandem freiwillig in die Kiste steigen kann, der kann sich auch um die Folgen kümmern, auch wenn Party und Ausbildung dann erstmal vorbei sind. Hätte meine Mutter mich aus diesem Grund abgegeben, dann hätte sie mir noch so viele Briefe und Bilder beim JA hinterlegen können, ich wäre stinksauer gewesen! Das finde ich für jeden Adoptierten einen absoluten Schlag ins Gesicht
Hier bin ich voll und ganz bei Dir. Deswegen halte ich das ganze Geschwafel von der verantwortlichen Handlungsweise auch für Unsinn. In einigen wenigen Fällen mag das zutreffen bzw. ehrlich vorhanden sein, aber das Gros der Abgebenden wird garantiert nicht das Prädikat "besonders verantwortlich" aufgebrannt bekommen. Eine Weggabe ist immer ein Zeichen von Versagen, auch wenn man der meinung war/ist, dass man die richtige Entscheidung getroffen hat (Ausnahmen ausgeschlossen, wie z. B. schwere Krankheit oder Tod).
Nein, ich finde, die Beantwortung dieser zentralen Frage, sollte eben nicht an einen Kontakt oder eine offene Tür der Herkunftsseite geknüpft sein. Das hinterlassen eines entsprechenden Briefes bei Freigabe zur Adoption wäre sicher Ideal, ist aber wohl auch heute noch nicht der Regelfall.
Ein solcher Brief könnte auch teilweise spätere Enttäuschungen verhindern. Nämlich die Situationen, in denen der Betroffene adoptierte nur diese Antwort sucht, nicht aber den weiteren Kontakt.
Alles, was später bei einer erneuten Kontaktaufnahme zwischen Kind und Herkunftseltern geschieht, geschieht für mich nach dem Motto "alles kann, nichts muß", denn hier sehe ich nicht, dass man eine moralische Erwartungshaltung haben sollte, weshalb auch?, eine rechtliche gibt es ja ohnehin schon nicht.
Zitat von mausi51... Deswegen halte ich das ganze Geschwafel von der verantwortlichen Handlungsweise auch für Unsinn. In einigen wenigen Fällen mag das zutreffen bzw. ehrlich vorhanden sein, aber das Gros der Abgebenden wird garantiert nicht das Prädikat "besonders verantwortlich" aufgebrannt bekommen. Eine Weggabe ist immer ein Zeichen von Versagen, auch wenn man der meinung war/ist, dass man die richtige Entscheidung getroffen hat (Ausnahmen ausgeschlossen, wie z. B. schwere Krankheit oder Tod)...
...ich gebe Dir Recht. Eine weggabe ist ein Zeichen von Versagen, sonst gäbe es sie nicht. Trotz allem glaube ich, dass man mit der Weggabe verantwortlich handeln kann - auch wenn oder gerade weil man selbst "versagt" hat. Und ich erkenne an, dass nicht jeder etwas für sein eigenes Versagen kann bzw. Es nachvollziehbare Gründe dafür gibt. Nicht jeder Mensch hat die Möglichkeiten (tatsächlich, finanziell, manchmal auch intellektuell), aus eigener kraft (und manchmal gegen alle Widerstände und/ oder ohne unterstützung) anzukämpfen.
Gerade deshalb finde ich es so wichtig, nicht "die herkunftsmütter" zu sehen, sondern die Situation jeder einzelnen. Und nur weil meine LM und andere die Wahl hatten, heißt das nicht, dass es immer so ist.
ZitatBorn schrieb: Wenn Herkunftsmütter der Gegenwart ihr Kind abgeben, weil sie es bewusst nicht haben wollen (wie hier schon öfter gelesen weil sie sich zu jung fühlten Mutter zu sein, keinen Partner hatten, weiß der Kuckuck was), dann können sie mmn nicht vorbildlich sein, denn ich denke: Wer mit jemandem freiwillig in die Kiste steigen kann, der kann sich auch um die Folgen kümmern, auch wenn Party und Ausbildung dann erstmal vorbei sind. Hätte meine Mutter mich aus diesem Grund abgegeben, dann hätte sie mir noch so viele Briefe und Bilder beim JA hinterlegen können, ich wäre stinksauer gewesen! Vantera schrieb: Wenn die Antwort darauf ist "ich wollte dich nicht", dann ist das zwar hart. Aber es ist ehrlich, und man hat eine Antwort erhalten, kann sein leben wieder in Einklang bringen……. Alles, was später bei einer erneuten Kontaktaufnahme zwischen Kind und Herkunftseltern geschieht, geschieht für mich nach dem Motto "alles kann, nichts muß", denn hier sehe ich nicht, dass man eine moralische Erwartungshaltung haben sollte, weshalb auch?
Wenn die Abgabegründe meines Sohnes den oben von born und Vanterea geschilderten entsprächen, wäre das noch verständlich und human. Aber die ursächlichen Gründe bei meinem Sohn sind viel drastischer und zogen ihm auch zunächst einmal den Boden unter den Füßen weg. Zudem wurden sie ihm ins Gesicht geknallt, ohne dass er danach gefragt hätte oder sie wissen wollte.
Meine Reaktion darauf wäre ein totaler und endgültiger Rückzug gewesen. Diese meine Einstellung behielt ich aber für mich, denn 1. bin ich nicht adoptiert und 2. geht mich seine Wirkung darauf auch als A-Mutter nichts an. Auch das Verhalten der H-Familie macht auf ihn nicht den Eindruck eines Vermißtseins während der vielen Jahre. Für sie war alles so in Ordnung, wie es war.
Wie bereits geschrieben wurde, sind m. E. die Lebensumstände bei der Abgabe ganz entscheidend für eine Akzeptanz durch die Adoptierten, nicht, ob das Haus noch in der Planungsphase, oder die Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen war oder noch kein Kinderbett und kein Kühlschrank vorhanden waren (ein wirklicher Grund für die Freigabe des Kindes, das Bekannte zugeteilt bekamen).
ZitatBorn schrieb: Wenn Herkunftsmütter der Gegenwart ihr Kind abgeben, weil sie es bewusst nicht haben wollen (wie hier schon öfter gelesen weil sie sich zu jung fühlten Mutter zu sein, keinen Partner hatten, weiß der Kuckuck was), dann können sie mmn nicht vorbildlich sein, denn ich denke: Wer mit jemandem freiwillig in die Kiste steigen kann, der kann sich auch um die Folgen kümmern, auch wenn Party und Ausbildung dann erstmal vorbei sind. Hätte meine Mutter mich aus diesem Grund abgegeben, dann hätte sie mir noch so viele Briefe und Bilder beim JA hinterlegen können, ich wäre stinksauer gewesen! Vantera schrieb: Wenn die Antwort darauf ist "ich wollte dich nicht", dann ist das zwar hart. Aber es ist ehrlich, und man hat eine Antwort erhalten, kann sein leben wieder in Einklang bringen……. Alles, was später bei einer erneuten Kontaktaufnahme zwischen Kind und Herkunftseltern geschieht, geschieht für mich nach dem Motto "alles kann, nichts muß", denn hier sehe ich nicht, dass man eine moralische Erwartungshaltung haben sollte, weshalb auch?
Wenn die Abgabegründe meines Sohnes den oben von born und Vanterea geschilderten entsprächen, wäre das noch verständlich und human. Aber die ursächlichen Gründe bei meinem Sohn sind viel drastischer und zogen ihm auch zunächst einmal den Boden unter den Füßen weg. Zudem wurden sie ihm ins Gesicht geknallt, ohne dass er danach gefragt hätte oder sie wissen wollte.
Meine Reaktion darauf wäre ein totaler und endgültiger Rückzug gewesen. Diese meine Einstellung behielt ich aber für mich, denn 1. bin ich nicht adoptiert und 2. geht mich seine Wirkung darauf auch als A-Mutter nichts an. Auch das Verhalten der H-Familie macht auf ihn nicht den Eindruck eines Vermißtseins während der vielen Jahre. Für sie war alles so in Ordnung, wie es war.
Wie bereits geschrieben wurde, sind m. E. die Lebensumstände bei der Abgabe ganz entscheidend für eine Akzeptanz durch die Adoptierten, nicht, ob das Haus noch in der Planungsphase, oder die Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen war oder noch kein Kinderbett und kein Kühlschrank vorhanden waren (ein wirklicher Grund für die Freigabe des Kindes, das Bekannte zugeteilt bekamen).
Martina
Der Teil, der von Dir zitiert wurde, ist aber nur der eine Typ Herkunftsmutter der Gegenwart über den ich schrieb. Das andere sind schon die "bösen" Klischee-HMütter, worunter die HMutter Deines Sohnes dann vermutlich auch fällt (meine übrigens auch).
naji =das schlimmste, was man einem Kind, egal welchen Alters, antun kann, ist, es weg zu geben.= zitieren kann ich nicht
Aber nur so lange sie den Grund nicht wissen,oder? Ich lese aus einigen Beiträgen heraus das wenn sie den Grund wissen egal wann, das dann alles gut ist und sie nicht mehr an die Adoption denken oder an die Hm/V. Oder auch nur ein Bild das es dann auch reicht. Und die meisten Adoptierten sind doch glücklich mit ihren AE. Also ist es doch eigentlich egal ob die HE vorbildlich sind oder nicht. Es geht ja nur um eine einzige Frage und deshalb der ganze Aufwand? Lohnt sich das wirklich so viel Unruhe in Familien zu bringen? lg berlin
Zitat von berlin...Aber nur so lange sie den Grund nicht wissen,oder? Ich lese aus einigen Beiträgen heraus das wenn sie den Grund wissen egal wann, das dann alles gut ist und sie nicht mehr an die Adoption denken oder an die Hm/V. Oder auch nur ein Bild das es dann auch reicht. Und die meisten Adoptierten sind doch glücklich mit ihren AE. Also ist es doch eigentlich egal ob die HE vorbildlich sind oder nicht. Es geht ja nur um eine einzige Frage und deshalb der ganze Aufwand? Lohnt sich das wirklich so viel Unruhe in Familien zu bringen? lg berlin
Nein es geht nicht nur um diese einzige frage, oder ein Bild. Die Antwort auf das "warum" sehe ich als EINZIGE Erwartung, die man haben kann und darf. Und das war ja die Ausgangsfrage.
Trotz allem glaube ich, dass man, je nach Konstellation, auch viel gewinnen kann, wenn sich beide Familien in das eigene leben integrieren lassen und man den Kontakt zu den eigenen Wurzeln haben kann. Aber das ist eben nicht immer gewünscht, möglich oder gelingt nicht immer.
Das es nicht öfter gelingt ... liegt an unterschiedlichen erwartungen der Beteiligten. Und an ein bisschen Fingerspitzengefühl zu sagen, wenn was nicht so erwartet wurde.
Was waren die Abgabegründe in eurem fall? Das würde mich interessieren. Wenn du sie denn nennen willst, oder per pn?
Hallo Vantera, weil es nicht meine Sache ist, sondern die Angelegenheit meines Sohnes, möchte ich genaue Details nicht nennen. Mein Sohn wäre mit Sicherheit ärgerlich, wenn er mitbekäme, dass ich exakte Interna aus seinem Leben ausplaudere.
Nichts für ungut. Vielleicht schreibt er ja auch einmal in diesem Forum und schildert von sich aus weitere Einzelheiten.
was zeichnet vorbildliche h-eltern aus? meiner meinung nach gar nichts weil sie nur in verständnis- und liebevollem - mit liebevoll meine ich eine bedingungslose (auch agape genannte) liebe, die jedweder angst den nährboden entzieht - umgang aller beteiligten miteinander überhaupt als ideale h-eltern in erscheinung treten können.
wenn beide seiten - sowohl die abgebende als auch den annehmende - die bedingungslose liebe begriffen haben, dann - und nur dann - können h-eltern vorbildlich sein, d.h. für mich, wenn die a-eltern es ebenso sind.