Hallo ihr Lieben, ich habe mich heute neu in diesem Forum angemeldet und bin sehr froh, dass ich es gefunden habe, denn irgendwie beschäftigt mich das Thema Adoption schon länger, da ich einige Freunde habe, die adoptiert sind. Außerdem sind meine beiden Gastgeschwister in Neuseeland adoptiert (ich war da als Austausch-Schülerin). Das habe ich z.B. erst nach 3 Monaten erfahren und konnte das zuerst gar nicht fassen, denn für mich sahen meine beiden Gastgeschwister den Gasteltern soooo ähnlich. Meine beste Freundin ist auch adoptiert und daher habe ich auch oft mit dem Thema zu tun. Ich frage mich schon länger, wie es kommt, dass man den Eindruck hat, dass die Kinder den Eltern so ähnlich sehen, obwohl sie adoptiert sind und inwieweit die Adoptivkinder vielleicht unbewusst bestimmte Geschmäcker, Marotten, Stilrichtungen annehmen, die diesen Eindruck vermitteln. Ich habe jetzt schon oft gehört, dass manche Adoptivkinder gerne nach ihren richtigen Eltern suchen würden und wiederum andere das nicht so gerne möchten. Woran liegt das? Ich frage mich schon länger, ob dies vielleicht auch was mit der Art und Weise zu tun hat, wie man aufgewachsen ist und inwieweit Wurzeln und Identität von den Adoptiveltern vermittelt wurde.
Ich würde mich wahnsinnig doll über eure Meinungen und Anregungen zu diesen Themen freuen, besonders zu dem Thema Identität.
Und ich würde gerne auch noch ein paar Fragen stellen, die ja vielleicht (hoffentlich ) beantwortet werden. Wie alt wart ihr bei der Adoption? Haben eure Adoptiveltern von Anfang an gesagt, dass ihr adoptiert seid? Wie wird generell in eurer Familie mit dem Thema Adoption umgegangen (eher offen oder nicht so)? Habt ihr je schlechte Erfahrungen gemacht deswegen (also gemeine Grundschüler o.Ä.)?
Und was ich ganz besonders interessant finde: Wieviel wisst ihr über die leiblichen Eltern und dementsprechend eurer (wahren?) Identität? Oder wird die Identität nur vermittelt von den jetzigen Eltern? Und zu guter Letzt: Habt ihr nach euren leiblichen Eltern geforscht oder wollt sie kennenlernen?
Tut mir Leid wegen der ganzen Fragerei, aber mich interessiert dieses Thema einfach sehr, auch weil ich schon sehr lange überlege, ob ich eventuell selbst adoptieren möchte..
Wie alt bist Du, Mila?? Ich geb Dir mal einen vorsichtigen Tipp für den Anfang: Les Dich mal hier durch, dann wirst Du schon jede Menge Antworten auf Deine Fragen bekommen.
Ich bin 25 . Und ja, ich habe auch daran gedacht einfach alles zu lesen, aber ich würde auch gerne erstmal versuchen, direkt mit euch darüber zu diskutieren.
Ich schließe mich Borns Vorschlag an. Grundsätzlich macht eine Diskussion auch dann erst mehr Sinn, denn da du selbst ohnehin nicht von Adoption selbst betroffen bist, wäre es sinnvoller, sich hiermit zunächst zu beschäftigen und sich einzulesen.
Hallo & herzlich willkommen Mila, Du wirst hier sicher viele Antworten auf Deine Fragen finden. Ich denke auch, dass es gut wäre, Dich hier ein bisschen einzulesen, das wird Dir schon den einen oder anderen Eindruck vermitteln. Auch von den schmerzhaften Seiten der Adoptionsgeschichten, die stets bedacht sein wollen.
Das Thema Identität finde ich gut gewählt, nur dass es eben DAS Thema schlechthin ist, wenn Du adoptiert wurdest. Deshalb drehen sich wohl die meisten threads hier auf die eine oder andere Weise mindestens auch um dieses topic. Wenn es gelegetlich mal hoch hergeht, sollte Dich das bitte nicht abschrecken, so ist das eben auf Foren & nicht wenige Teilnehmer hier tragen echte Verletzungen mit sich, die nicht einfach zu handhaben sind.
herzlich Willkommen. Ich antworte mal kurz und bündig *G*
Zitat von Mila_LilaWie alt wart ihr bei der Adoption? Haben eure Adoptiveltern von Anfang an gesagt, dass ihr adoptiert seid?
Ich wurde als Baby aus dem Krankenhaus heraus adoptiert. Ich wusste nicht, dass ich adoptiert bin. Habe es durch Zufall mit Anfang 30 erfahren.
Zitat von Mila_LilaWie wird generell in eurer Familie mit dem Thema Adoption umgegangen (eher offen oder nicht so)?
Absolut nicht offen - es wird totgeschwiegen.
Zitat von Mila_LilaHabt ihr je schlechte Erfahrungen gemacht deswegen (also gemeine Grundschüler o.Ä.)?
Ne - ich wusste ja nicht dass ich adoptiert bin - ich habe nur gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt.
Zitat von Mila_LilaUnd was ich ganz besonders interessant finde: Wieviel wisst ihr über die leiblichen Eltern und dementsprechend eurer (wahren?) Identität?
Mittlerweile weiß ich relativ viel. Was meine wahre Identität ist, weiß ich aber noch nicht so wirklich. Ich suche mich noch.
Zitat von Mila_LilaOder wird die Identität nur vermittelt von den jetzigen Eltern?
Definitiv nein - ich bin komplett anders als der Rest meiner Familie.
Zitat von Mila_LilaUnd zu guter Letzt: Habt ihr nach euren leiblichen Eltern geforscht oder wollt sie kennenlernen?
Alles Klar! Dann werde ich mich erstmal ein bisschen einlesen. Falls ich dann konkreteres fragen oder mitteilen kann dann melde ich mich. Wenn aber doch jemand gerne etwas zu meinen Fragen etc sagen will, dann ist das auch schön .
Oh hallo Marleen!! Vielen Dank, dass du geantwortet hast! Ich stelle es mir als eine wirklich schlimme Erfahrung vor, erst mit 30 von deiner Adoption zu erfahren! Das war bestimmt wie ein Schlag ins Gesicht. Hast du denn "trotzdem" noch Kontakt zu deinen Eltern? Ein Freund von meinem Bruder hat auch mit 18 zufällig von seiner Adoption erfahren, weil er etwas zu Hause gesucht hat und dann halt die verdächtigen Papiere gefunden hat. Er hat zwar Kontakt zu seinen Eltern und der ist auch gut, aber ich denke, es ist schon ein echter Vertrauensbruch. Ich finde definitiv, dass Adoptivkinder von Anfang an mit dem Thema immer wieder konfrontiert werden sollten. Das ist besser oder?
Ja das ist wesentlich besser...man merkt ja immer, dass man irgendwie "anders" als die anderen ist - und man schiebt sich das alles selbst zu. Nicht gerade schön, ein Leben lang damit rumzulaufen.
Ja das glaub ich dir. Die Eltern von meiner besten Freundin z.B. haben ihren beiden Adoptivkindern von Anfang an immer wieder die Wahrheit gesagt. Meine beste Freundin hat also noch eine große Schwester, die auch ihre leibliche Schwester ist und beide wollen aber nicht nach den leiblichen Eltern suchen. Falls ich dir noch eine Frage stellen darf : Als du deine leiblichen Eltern getroffen hast.. Hattest du dann das Gefühl "irgendwie angekommen" zu sein? Hast du da dann wenigestens ein Stück weit Identität zurückbekommen? Oder war das nicht so erleichternd für dich?
Zitat von Mila_LilaAls du deine leiblichen Eltern getroffen hast.. Hattest du dann das Gefühl "irgendwie angekommen" zu sein? Hast du da dann wenigestens ein Stück weit Identität zurückbekommen? Oder war das nicht so erleichternd für dich?
Ne nicht wirklich - aber das ist sicher von Fall zu Fall verschieden. Ich weiß jetzt, warum ich bin, wie ich bin. Aber ich weiß nicht, wer. Das ist ein großer Unterschied.
Hallo Marlen, heißt das, daß du dich weder deinen adoptiveltern noch deinen leiblichen eltern zugehörig fühlst oder eine möglichkeit siehst, dich aus deiner zweifachen herkunft heraus zu identifizieren?
Also ich finde jetzt erstmal, dass das eine gute Idee von Marleen war & schließe mich einfach an. Das könnte auf diese Weise nämlich wirklich ein interessanter & vielfach verwertbarer thread werden.
Zitat von Mila_LilaWie alt wart ihr bei der Adoption?
knapp 1 Jahr, ich wurde nach der Geburt von meiner Mutter getrennt & verbrachte die Zeit in einem Säuglingsheim.
Zitat von Mila_LilaHaben eure Adoptiveltern von Anfang an gesagt, dass ihr adoptiert seid?
Nicht von Anfang an, naturgemäß, aber sehr zeitig, ich war etwa 8-10 Jahre alt
Zitat von Mila_LilaWie wird generell in eurer Familie mit dem Thema Adoption umgegangen (eher offen oder nicht so)?
Meine Eltern wollen sich eigentlich nie wirklich damit auseinandersetzen, sie lieben mich als ihren Sohn aber nicht das an mir was nicht von ihnen ist, um es mal so zu sagen
Zitat von Mila_LilaHabt ihr je schlechte Erfahrungen gemacht deswegen (also gemeine Grundschüler o.Ä.)?
Nie. Außer in der Familie (s.o.). Ich kann mich nicht erinnern je gehänselt oder sonstwie negativ auf meinen Adoptionshintergrund angesprochen worden zu sein, obwohl ich mit der Tatsache, dass ich adoptiert bin, immer relativ offen umgegangen bin.
Zitat von Mila_LilaUnd was ich ganz besonders interessant finde: Wieviel wisst ihr über die leiblichen Eltern und dementsprechend eurer (wahren?) Identität?
Ich kenne mittlerweile die meisten Fakten & habe meine Mutter wiedergefunden & getroffen. Jetzt versuchen wir gemeinsam, meinen älteren Bruder wieder einzufangen. Mehr dazu hier... - Aus dieser Herkunftsgeschichte entfaltet sich jetzt meine Identität ganz neu. Ich habe 20 Jahre gebraucht, um diesen Schritt zu wagen, weil mir von Haus aus meine Herkunftsseite immer nur negativ dargestellt wurde. Aber in dem Augenblick, in dem ich meinen Namen hörte, meine Mutter las, hörte, sah, selbst wenn sie von ihrer Kindheit in den polnischen Karpaten erzählt, weiß ich sofort unzweifelhaft: Das bin ich. Es ist kaum zu glauben & wer nicht adoptiert wurde oder anderweitig ein Leben lang von der eigenen Herkunft abgeschnitten, kann sich auch sicher nie vorstellen, wie das ist.
Zitat von Mila_LilaOder wird die Identität nur vermittelt von den jetzigen Eltern?
Ich denke, Adoptiveltern können ihren Kindern jedenfalls Identität nur genau so weit vermitteln, wie sie gemeinsam mit ihm/ihr die Herkunftsseite erforschen. Dann setzt sich die Herkunftsgeschichte auch zeitlich an irgendeinem Punkt mit den neuen Eltern fort, denke ich. Der Skandal ist nicht der Wechsel, sondern der Bruch. Aber Herkunft ist fast alles an Identität: wie heißt Du? wo bist Du geboren? wer hat Dich geboren? etc. Dementsprechend kannst Du davon ausgehen, dass ich von Haus aus ohne jedes Gefühl für Identität aufgewachsen bin, man kompensiert das dann irgendwie. Aber meine Eltern haben mir alles andere vermittelt, also Werte, Mitgefühl, Humor, usw. Manche mögen das auch als Identität bezeichnen, aber für mich sind das Eigenschaften, das ist etwas anderes.
Zitat von Mila_LilaHabt ihr nach euren leiblichen Eltern geforscht oder wollt sie kennenlernen?
s.o., ob ich meinen leiblichen Vater noch ausfindig machen & treffen möchte (falls er noch lebt), habe ich noch nicht entschieden.
Zitat von Maxi89Hallo Marlen, heißt das, daß du dich weder deinen adoptiveltern noch deinen leiblichen eltern zugehörig fühlst oder eine möglichkeit siehst, dich aus deiner zweifachen herkunft heraus zu identifizieren?
Ja das hast Du sehr treffend beschrieben - ich fühle mich immer zwischen zwei Stühlen und immer irgendwie "falsch".
Zitat von Mila_LilaAls du deine leiblichen Eltern getroffen hast.. Hattest du dann das Gefühl "irgendwie angekommen" zu sein? Hast du da dann wenigestens ein Stück weit Identität zurückbekommen? Oder war das nicht so erleichternd für dich?
Ne nicht wirklich - aber das ist sicher von Fall zu Fall verschieden. Ich weiß jetzt, warum ich bin, wie ich bin. Aber ich weiß nicht, wer. Das ist ein großer Unterschied.