Zitat von pinocchio Liebe Ute, Hellinger, über den in den letzten Tagen in einem andern thread geschrieben wurde, hat gesagt, dass eine Mutter, die ihr Kind abgibt, alle Rechte als Mutter verwirkt hat.
Aber nicht als Mensch. Sie hat es verdient, dass ich mit einem Kontakt, oder Nichtkontakt, versuche, so verantwortungsvoll umzugehen, wie ich kann. Das heißt auch, dass ich zum Beispiel, wenn ich Kontakt suchen würde, es als grobe Unhöflichkeit empfinden würde, mich nicht zumindest im besten Wissen und Gewissen auf sie einzulassen, was da auch kommt. Wieder abzuhauen, weil mir nicht gefällt, was ich sehe oder ähnliches finde ich nicht in Ordnung. Dann - meiner bescheidenen Meinung nach - lieber gar nicht.
Zitat von pinocchio Das bedeutet für mich, dass der Wunsch zum Kontakt, vom Adoptierten ausgehen muss. Das ist harter Tobak für Herkunftsmütter und da die Welt nicht einfach nur Schwarz und Weiss ist, gibt es viele Arten von Adoption. Ich denke z.B. dass es einen Unterschied macht, ob eine Mutter selbst entscheidet oder ob über ihren Kopf hinweg entschieden wurde. Ob jemand, der adoptiert der zur leiblichen Mutter sagt, dass sie seine Mutter ist, ist seine Entscheidung. Mit der Entscheidung für seine Mutter ändert er die Rechtslage (nicht juristisch, aber bezogen auf die Aussage von Hellinger) Ich frage mich, ob eine leibliche Mutter, wenn sie alle Rechte abgibt, auch alle Pflichten abgibt. Wenn ja, hat sie dann nicht auch das Recht, den Kontakt und die Antworten des Adoptierten zu verweigern?
Hat sie. Ich habe geschrieben, ich finde, ich hätte Antworten verdient. Denn eine Verbindung im Lebenslauf ist ja da, und sie zu leugnen ist Unfug. Dass sie das Recht hat (und haben sollte!), auch nein zu sagen ist meines Erachtens völlig klar. Ich weiß ja überhaupt nichts - und das letzte was ich will ist irgendjemandens wohlgeordnete Welt ins Wanken zu bringen, um einer kurzfristigen Grille wegen (was übrigens Grund Nummer 2 für mein momentanes nichtsuchen ist).
Zitat von pinocchio Mir persönlich wäre das komisch vorgekommen, aber so wie es unterschiedliche Reaktionen von SAdoptierten gibt, kann es auch unterschiedliche Reaktionen von Müttern geben. Was, wenn eine Frau sagt: "Ich bin glücklich und habe meinen Schritt nie bedauert. Mein Leben ist ausgefüllt, ohne dass ich mein abgegebenes Kind kennen lerne. Es drängt mich überhaupt nicht zu einem Kontakt, denn dieses Kind hat Eltern bekommen, mit denen es sein Leben all die Jahre, hoffentlich glücklich, ohne mich gelebt hat.."?
Auch das ist eine Antwort. Sicherlich keine allzu befriedigende, aber ich habe damit kein tiefergreifendes Problem. Es wird natürlich meine Meinung der Person beeinflussen, ebenso wie es jedermanns völliges Recht ist, sich anhand dessen, was ich sage, ein Bild von mir zu machen. In einem solchen Fall fände ich es fair, mir das zumindest mit zu teilen (und mir vielleicht noch die damaligen Umstände der Abgabe zu sagen), aber wenn sie keinen Kontakt will, weil ihr Leben nicht so verlaufen ist, ist das auch völlig in Ordnung, dazu hat sie in der Tat das Recht.
Zitat von pinocchio Ute, warum hast Du mehr verdient als Deine Mutter? Sie hat Dich geboren und abgegeben, aber das war doch ihr Schicksal, dass sie sich vielleicht genauso wenig ausgesucht hat wie Du. Ich weiss, das klingt provokativ. In dieser ganzen Auseinandersetzung mit dem Thema sehe ich, dass ich als leibliche Mutter genau dasselbe Recht auf ein glückliches Leben ohne mein Kind habe, wie dies umgekehrt ein Recht auf ein glückliches Leben ohne mich hat.
Ich glaube, ich muss zwei Dinge noch mal begrifflich klären. Ich trenne da sehr deutlich zwischen einem persönlichen Kontakt (Freundschaft, Semi-Familie, was auch immer), und einem 'professionellen', 'informativen' ('Was ist damals passiert', 'Wer ist der Vater', 'Warum wurde ich abgegeben').
Den zweiten würde ich mir gegenüber für zumindest freundlich halten. Den ersteren kann man auf beiden Seiten nicth erzwingen (und das ist es genau ja auch,was mich ein bisschen abschreckt) und es ist in meinen Augen völlig okay wenn eine Seite das nicht will. Hätte ich aufgrund meiner bisherigen Informationssammlung das Gefühl, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass diese Unterscheidung verstanden wird, würde ich vielleicht ein wenig anders reagieren, aber ich weiß selbst, dass ich, was sowas angeht, manchmal übelst rational sein kann, und das sind halt die wenigsten.
Die zweite Unterscheidung - um bei den harten Worten zu bleiben (die du mir hoffentlich nicth übel nimmst, ich versuche nur etwas zu verdeutlichen) - die ich mache ist: ich war ein Baby. Ich hatte nicht die geringste Einflussmöglichkeit auf meine Situation. Natürlich ist es unter Umständen auch für die leibliche Mutter eine quasi ausweglose Situation gewesen. Trotzdem würde ich eine deutliche Unterscheidung zwischen einem Menschen von 22 Jahren - also quasi einem Erwachsenen, mag er sich auch in einer Notlage, unangenehmen Situation oder ähnlichem befunden haben - und einem Baby machen, was Verantwortung und das Maß an Fremdbestimmung angeht, dem man in der Situation ausgesetzt ist.
Ich bin ihr nicht böse. Ich habe hohen Respekt vor ihr, und vor einer Entscheidung, die man sicherlich nicht mit leichtem Herzen trifft. Nichts desto trotz, wie auch immer motiviert, war es eine Entscheidung. Mit der ich leben muss - und auch gut kann - aber eben auch werde.
Es klingt vielleicht härter als ich es meine, aber ich überspitze es mal ein wenig um meinen Punkt deutlich zu machen.
Für mich klingt es nicht hart, weil es stimmt. Natürlich ist die Fremdbestimmung, die über einen Säugling ausgeübt wird, anders als die, die einen Erwachsenen trifft, aber der Unterschied ist ein gradueller. Die Hilflosigkeit einer Mutter ist nicht weniger traumatisch. Kopf und Herz sind oft zwei sehr verschiedene, wenn nicht konträre Instanzen. Der Verstand erklärt den Schmerz, nimmt ihn aber nicht weg. Ich bin vielleicht in Deinen Augen irrational, wenn ich sage, dass ein großer Teil dessen, was uns im Leben widerfährt, Schicksal ist. Die Kunst besteht darin, zu unterscheiden. Rationalität ist für mein Gefühl oft die Rüstung, die man sich anzieht, um Schmerz, Unsicherheit, Konflikte usw. zu vermeiden. Letztendlich kann ich aber nicht vermeiden, was ich erfahren und erleben soll. Ich kann meinen Tod vorwegnehmen, aber ich kann ihn nicht hinauszögern oder verhindern. So ist es für mich mit allen Erfahrungen, die ich gemacht habe und mache.
Das heißt auch, dass ich zum Beispiel, wenn ich Kontakt suchen würde, es als grobe Unhöflichkeit empfinden würde, mich nicht zumindest im besten Wissen und Gewissen auf sie einzulassen, was da auch kommt. Wieder abzuhauen, weil mir nicht gefällt, was ich sehe oder ähnliches finde ich nicht in Ordnung. Dann - meiner bescheidenen Meinung nach - lieber gar nicht
hieraus lese ich Angst.
Ich trenne da sehr deutlich zwischen einem persönlichen Kontakt (Freundschaft, Semi-Familie, was auch immer), und einem 'professionellen', 'informativen' ('Was ist damals passiert', 'Wer ist der Vater', 'Warum wurde ich abgegeben').
Den zweiten würde ich mir gegenüber für zumindest freundlich halten
heisst das, wenn Du die Antwort auf diese Fragen suchst, würde Dir eine, beim Jugendamt hinterlegte, unpersönliche Mitteilung reichen?
Ich bin ihr nicht böse. Ich habe hohen Respekt vor ihr, und vor einer Entscheidung, die man sicherlich nicht mit leichtem Herzen trifft. Nichts desto trotz, wie auch immer motiviert, war es eine Entscheidung. Mit der ich leben muss - und auch gut kann - aber eben auch werde.
Es klingt vielleicht härter als ich es meine, aber ich überspitze es mal ein wenig um meinen Punkt deutlich zu machen.
klingt für mich nicht hart oder überspitzt, klingt eher wie Pfeifen im dunklen Keller. Was sollte Dich davon abhalten, mit der Entscheidung zu leben? Du lebst doch bereits damit. Glaubst Du, dass das in Zukunft in Frage gestellt werden könnte?
Hätte ich aufgrund meiner bisherigen Informationssammlung das Gefühl, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass diese Unterscheidung verstanden wird, würde ich vielleicht ein wenig anders reagieren, aber ich weiß selbst, dass ich, was sowas angeht, manchmal übelst rational sein kann, und das sind halt die wenigsten.
Zitat von pinocchio Rationalität ist für mein Gefühl oft die Rüstung, die man sich anzieht, um Schmerz, Unsicherheit, Konflikte usw. zu vermeiden. Letztendlich kann ich aber nicht vermeiden, was ich erfahren und erleben soll. Ich kann meinen Tod vorwegnehmen, aber ich kann ihn nicht hinauszögern oder verhindern. So ist es für mich mit allen Erfahrungen, die ich gemacht habe und mache.
mmh. Ich denke darin liegt der Hund begraben. Meine Erfahrungen sind eher in die andere Richtung. Ich würde eher sagen, Rationalität ist ein Mittel, um sich Problemen zu stellen, und meiner Meinung nach, so lange man nicht mit aller Gewalt über sämtliches Bauchgefühl drüber weg pflügt, nicht das schlechteste. Es ist zumindest etwas, das mir bis zu einem gewissen Grad sehr entgegen kommt. Ich glaube ich bin nicht umsonst Physikerin geworden... ;-) Ich denke nicht, dass ich Konflikte vermeide, aber ich versuche, Konflikten zu begegnen, und es hilft mir sehr, sie auf das Rationale und die Fakten herunter zu brechen. So bin ich halt nun mal *schulterzuck*
Zitat von pinocchio Das heißt auch, dass ich zum Beispiel, wenn ich Kontakt suchen würde, es als grobe Unhöflichkeit empfinden würde, mich nicht zumindest im besten Wissen und Gewissen auf sie einzulassen, was da auch kommt. Wieder abzuhauen, weil mir nicht gefällt, was ich sehe oder ähnliches finde ich nicht in Ordnung. Dann - meiner bescheidenen Meinung nach - lieber gar nicht
hieraus lese ich Angst.
Wenn du damit meinst, dass ich mich aus verschiedenen Gründen nicht bereit fühle, einen Kontakt zu suchen, der in meinen Augen fair und ihr gegenüber gerecht ist, dann unterschreibe ich das.
Zitat von pinocchio
Ich trenne da sehr deutlich zwischen einem persönlichen Kontakt (Freundschaft, Semi-Familie, was auch immer), und einem 'professionellen', 'informativen' ('Was ist damals passiert', 'Wer ist der Vater', 'Warum wurde ich abgegeben').
Den zweiten würde ich mir gegenüber für zumindest freundlich halten
heisst das, wenn Du die Antwort auf diese Fragen suchst, würde Dir eine, beim Jugendamt hinterlegte, unpersönliche Mitteilung reichen?
Als Antwort auf meine Fragen ja. Das ist das, was ich irgendwo weiter oben meinte, dass ich das schon verdient hätte (auch wenn sie das Recht hat, nichts mehr von mir wissen zu wollen).
Die menschliche Seite ist eine ganz andere Geschichte, die nur im Konsens geht und zu machen ist.
Zitat von pinocchio klingt für mich nicht hart oder überspitzt, klingt eher wie Pfeifen im dunklen Keller. Was sollte Dich davon abhalten, mit der Entscheidung zu leben? Du lebst doch bereits damit. Glaubst Du, dass das in Zukunft in Frage gestellt werden könnte?
Provokant formuliert (und jetzt klingt es WIRKLICH härter, als ich es meine, aber ich will es deutlich machen): Sie hat über mich und mein gesamtes Leben entschieden. Das ist okay. Aber ich erwarte, dass sie die Entscheidung so gut durchdacht hat, dass auch sie damit leben kann - wie auch immer ich mich entscheide.
Zitat von pinocchio Hätte ich aufgrund meiner bisherigen Informationssammlung das Gefühl, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass diese Unterscheidung verstanden wird, würde ich vielleicht ein wenig anders reagieren, aber ich weiß selbst, dass ich, was sowas angeht, manchmal übelst rational sein kann, und das sind halt die wenigsten.
den Teil verstehe ich nicht.
Gut, dann noch mal anders: Ich gehe sehr rational an vieles heran. Ich trenne zwischen Informationszugang und persönlicher Beziehung. Ich erwarte erst mal gar nichts aus einem möglichen Treffen mit meiner leiblichen Mutter. Ich habe nach allem, was ich bisher gelesen habe, nicht den Eindruck, dass ich mich damit im Mainstream bewege. Im Gegenteil. Mir kommt es ein wenig vor wie ein Minenfeld, in das zu begeben mir bisher die echte Motivation fehlt.
Ich mache mir Sorgen, dass ich, wenn ich mich aus welchen Motiven auch immer auf die Suche begebe, möglicherweise unwissentlich Signale aussende, die ich im Endeffekt nicht erfüllen kann oder möchte, weil meine Herangehensweise an die ganze Sache sicherlich eine ist, die viele seltsam/unverständlich finden.
Wüßte ich, oder würde ich auch nur daran glauben, dass mir mein Suchen nach meiner Herkunftsfamilie erst mal nur als Interesse und Neugier ausgelegt würde, wäre ich eine der Dinge, die mich davon abhalten, los. Der Gedanke, vergrabene Hoffnungen zu wecken, die mich in eine Position bringen würden, aus der ich nicht mehr herauskomme ohne mir oder jemand anderem, für den ich hohe Achtung hege, weh zu tun gefällt mir nicht.
Provokant formuliert (und jetzt klingt es WIRKLICH härter, als ich es meine, aber ich will es deutlich machen): Sie hat über mich und mein gesamtes Leben entschieden. Das ist okay. Aber ich erwarte, dass sie die Entscheidung so gut durchdacht hat, dass auch sie damit leben kann - wie auch immer ich mich entscheide.
es ist nicht provokant, sondern entspricht den Tatsachen, falls es so ist, dass sie klar und im Bewusstsein der möglichen Folgen und völlig überzeugt von der Richtigkeit ihrer Entscheidung, entschieden hat. Weisst Du, ob es so war?
hieraus lese ich Angst.
Wenn du damit meinst, dass ich mich aus verschiedenen Gründen nicht bereit fühle, einen Kontakt zu suchen, der in meinen Augen fair und ihr gegenüber gerecht ist, dann unterschreibe ich das.
ich meinte nur das, was ich geschrieben habe, dass ich Angst daraus lese. Ob und wenn ja in welcher Hinsicht, habe ich gar nicht beurteilt.
Mir kommt es ein wenig vor wie ein Minenfeld,
Es ist in gewisser Hinsicht ein Minenfeld. Und die Erwartungshaltung kann tatsächlich auf beiden Seiten sehr hoch sein. Du weisst nicht, wie es bei Deiner Mutter wäre. Es kann genau so gut sein, dass sie bei Dir keine Erwartungen wecken will und einem Kontakt eher zurückhaltend gegenüber steht. Manchmal sind sich Mutter und Tochter enorm ähnlich, obwohl sie nicht miteinander gelebt haben. Bei mir und meiner Tochter ist es zumindest so, was mich anfangs total erstaunt hat. Es ist natürlich in jedem Fall ein Weg ins Unbekannte, wenn man einen wie auch immer gearteten Kontakt herstellt. Was dich genau erwartet, weisst du erst, wenn du dich aufeinander zu bewegst. Ich empfinde es als ein Abenteuer. Die Vergangenheit ist irgendwann bearbeitet, gemeinsam in meinem Fall und es ist enorm spannend und überaschend, sich eigentlich vertraut zu sein und gleichzeitig fremd und mit einem vorsichtigen Kennen lernen beschäftigt. Bei uns läuft es so, dass jede den Rythmus der anderen annehmen und respektieren kann. Wir wissen nicht, was daraus wird und das ist toll. Ich mag es genau so, dass es in keiner Schublade steckt und dabei bleiben wir Mutter und Tochter, selbst, wenn wir uns nicht mehr sehen würden. Ich mag es, wenn Dinge ganz werden, Puzzleteile sich einfügen und das Leben immer wieder neu sein kann. Ich verstehe Dein Zögern und Deine Einwände sehr gut. Ich würde Dir wünschen, dass Du Dich traust dem Unbekannten Teil Deines Lebens zu begegnen und dass Du eine ähnliche Erfahrung machen kannst, wie ich, dass die Gemeinsamkeiten dafür sorgen, dass es keine überhöhten Erwartungen und unerfüllten Sehnsüchte geben muss. Ich halte es in jedem Fall für eine wertvolle und unschätzbare Erfahrung, egal wie es läuft. LG Pino
Zitat von Grinsekatze[...]Aber ich erwarte, dass sie die Entscheidung so gut durchdacht hat, dass auch sie damit leben kann [...]
Hallo Ute, leider hatte ich in den vergangenen Tagen kaum Zeit an dieser spannenden und hochwertigen Diskussion teilzunehmen, aber auf diesen Satz möchte doch schon einmal eingehen.
Genau an diesem "Durchdenken" hege ich allergrößte Zweifel! Ich behaupte, dass höchstens 20 Prozent der betroffenen Mütter überhaupt Gelegenheit hatte, so sachlich an die Angelegenheit heranzugehen. Bei den Vätern mag die Quote etwas höher liegen, sofern sie überhaupt gefragt wurden (viele werden bis heute gar nicht genannt!), denn sie sind so partnerschaftsgeschädigt, dass sie vielleicht aus reinem Frust (voreilig) bewußt ihre Zustimmung geben.
Meine Tochter ist zwar keine Naturwissenschaftlerin, sondern Kaufmännin, aber diese strukturierte Denkart ist ihr auch zu eigen. Sie kann auch nicht verstehen, dass das Leben manchmal nicht mehr für einen Menschen übrig hat, als sich anderen unterzuordnen. Immer wenn eine solche Konstellation auftritt, kommt es zwangsläufig zu Fehlentscheidungen, die nicht auf dem eigenen Mist gewachsen sind.
Du hast weiter oben beschrieben, wie Du über Deine Adoption und das Verhältnnis zu Deiner Herkunfttsfamilie denkst.Das finde ich absolut in Ordnung und niemand wird Dir diese Denkart streitig machen wollen. Ein Statement aber ist bei mir als "falsch" hängen geblieben (sinngemäß): "Ich kann gar nicht anders denken, denn schließlich wurde über meinen Kopf hinweg entschieden ...". Anknüpfend an das, was ich Eingangs zur "bewussten Entscheidung" sagte, kann ich Dir sagen, dass auch über meinen (Herkunftsmutter-)Kopf entschieden wurde. Wenn man ein scheidungsgeschädigtes junges Mädchen, das ungewollt schwanger wurde, weil die Mutter es nicht für nötig hielt ihre Tochter aufzuklären, aus familientaktischen Gründen zur Adoption nötigt, dann kommen die gleichen Gefühle auf wie bei Dir. Mit einem Fehler kann man leben lernen, aber mit diesen nicht selbst getroffenen Entscheidungen, die das ganze Leben betreffen, nur schwer.
Das ist verdammt harte Arbeit. Ich habe erst jetzt, 40 Jahre danach, gelernt, damit umzugehen und nur deswegen war ich in der Lage darüber sogar ein Buch zu schreiben. Meine Tochter aber, genauso wie ein paar andere Menschen aus meinem Umfeld auch, verstehen trotzdem nicht, dass Menschen sich derart manipulieren lassen. Das sind aber ausnahmslos Menschen, die von sich selbst berichten, sich nie in einer derartigen Schieflage befunden zu haben, denn ihr Leben verlief glatt.