Sollte das nicht für jede(n) gelten ??? Auch Herkunftsmütter haben doch dazu ihre eigenen Gefühle !? ;o)
Adoption bedeutet für mich in erster Linie zwei Familien zu haben. Allerdings bedeutet es auch, dass ich eine unbändige Sehnsucht empfinde den "Teil" von mir selbst zu finden, der mir so lange vorenthalten wurde.
adoptiert sein verbinde ich mit vielen vielen lügen; schweigen, verschweigen; wegsehen; so tun als ob; unendlich vielen unbeantworteten fragen; schlaflosen nächten; verlust; vorstellungen und erwartungen anderer nicht genügen zu können: mein ureigenes wesen unterdrücken müssen; nicht herausfinden dürfen, nicht so sein können, die ich war/bin; einer kaputten kindheit mit unendlich vielen gedanken; alleingelassen werden und vieles mehr...
ja luna, ein thread, wie sich leibliche mütter vor/mit/nach der abgabe fühl(t)en, wäre genau so wichtig! also her damit :-)
Zitat von bonnieadoptiert sein verbinde ich mit vielen vielen lügen; schweigen, verschweigen; wegsehen; so tun als ob; unendlich vielen unbeantworteten fragen; schlaflosen nächten; verlust; vorstellungen und erwartungen anderer nicht genügen zu können: mein ureigenes wesen unterdrücken müssen; nicht herausfinden dürfen, nicht so sein können, die ich war/bin; einer kaputten kindheit mit unendlich vielen gedanken; alleingelassen werden und vieles mehr... bonnie
Hallo Bonnie, als Herkunftsmutter geht es mir sehr ähnlich!
Zitatmich würde interessieren, wie ihr Euch überwunden habt, mit Eurem "Geheimnis" an die Öffentlichkeit zu gehen und was die Reaktionen waren, die Ihr erlebt habt, wenn Ihr den Menschen in Eurer Umgebung erzählt habt, dass Ihr ein Kind zur Adoption freigegeben habt.
Ich persönlich als Adoptierte muss schon ein paarmal überlegen, bevor ich mich entschließe, dass ich jemandem davon erzähle und das, obwohl (logisch betrachtet) es a) nichts schlimmes ist, adoptiert zu sein und b) ich gar nichts dafür kann.
Die Scheu, davon zu erzählen setzt sich bei mir - so vermute ich - aus zwei Aspekten zusammen: einerseits wird man von Kindesbeinen ermahnt, es nicht gleich jedem zu
Hallo Studentin, das interessiert mich jetzt aber. Logisch betrachtet, kannst Du nichts dafür, daß Du Adoptiert bist. Ich dachte nicht, daß es Adoptierten so schwer fällt sich zu "outen". Magst Du mehr darüber erzählen?
Ich mische mich jetzt einfach mal ein und schreibe auch meine Erfahrung.
Bevor ich die Gewissheit hatte, habe ich es mal einer Freundin anvertraut. Da war ich gerade 13 und hatte mit meinen Vermutungen angefangen. Sie hat mir gesagt, dass ich eine Macke habe. Später, an einem Tag vor meinem 18. Geburtstag, habe ich es 3 Mit-Azubis erzählt und die haben das auch als Spinnerei abgetan. ABER meine damals beste Freundin hat meinen Nervenzusammenbruch (ich war 17) miterlebt. Und als ich ihr alles erzählt habe und sie mich verschiedene Sachen gefragt hatte, hat sie mich moralisch unterstützt. Das gleiche war mit meinem damaligen Freund. Er ist mit mir auch zum Jugendamt gegangen.
Nachdem ich es nun ganz genau wusste, habe ich es sehr wenigen Menschen erzählt. Eigentlich nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ (ich belüge niemanden, wenn es nicht sein muss). Meistens haben mich diese Personen dann bemitliedet. Bis ich ihnen klar gemacht habe, dass ich mit meiner Familie keine Probleme habe, sondern lediglich mit dem Umstand, dass mir meine Vergangenheit so lange verheimlicht wurde.
Letztendlich kann ich sagen, dass nähere Bekannte oder Freunde es zwar wissen, aber unterhalten tue ich mich darüber nicht mit allen. Ich bin kein Mensch, der mit seinen Gefühlen und Gedanken hausieren geht. Deshalb ist für mich das Internet so wichtig. So habe ich viele von Adoption Betroffene gefunden, mit denen ich mich austauschen kann. Da weiß ich wenigstens, dass ich nicht aus Mitleid irgendwelche Kommentare bekomme. Seien wir doch mal ehrlich, niemand kann es wirklich nachvollziehen, wenn er nicht in irgeneiner Weise selbst davon betroffen ist.
Hi Luna, ich empfand es immer als total schwer, sich mit niemanden darüber unterhalten zu können. Mir haben schon viele, die es wissen gesagt, sie wollten von sich aus das Thema nicht ansprechen, um mich nicht daran zu erinnern und mir nicht weh tun zu wollen. Was ja völliger Quatsch ist. Ich denke doch sowieso ständig daran.
Denkt ihr auch ständig daran? Und wie denkt ihr über Eure Herkunftseltern?
Ich denke täglich daran, obwohl meine Gefühle dabei nicht immer die selben sind. Manchmal ist es Wehmut, dass ich meine Mum nicht mehr kennenlernen durfte. Mal ist es Dankbarkeit, dass meine Eltern mich so erzogen haben. Mal ist es einfach nur eine Tatsache.
Die Menschen, die es wissen, wissen auch, dass sie mit mir offen darüber reden können. Ich habe zu jedem immer gesagt: "Wenn du was wissen willst, dann frag einfach." Ein Nein als Antwort oder eine kurze Erklärung, dass man gerade nicht darüber reden will, kann man immer noch geben. ;)
Aber ich habe bisher selten davon Gebrauch gemacht, nichts zu sagen. Und dann war das auch okay. Wenn ich soweit war, bin ich dann auf denjenigen zugegangen.
Es gibt verschiedene Gründe, warum es mir schwer fällt darüber, dass ich adoptiert bin, zu sprechen.
a) Mir wurde von Kindesbeinen an öfter der Satz gesagt "aber das muss ja nicht jeder wissen". Das suggeriert einem Kind, die Adoption müsste ihm peinlich sein. Da die Adoption aber als unabstreifbares Faktum am Kind selbst haftet, entsteht das Gefühl, dass man nicht normal ist.
b) Wenn man als Kind doch mal anderen Kindern erzählt, man sei adoptiert oder sie wissen es bereits, können Kinder, gemein wie sie sein können, sich dieses Wissen zu nutze machen, um den/die Adoptierten damit zu ärgern.
c) im Erwachsenenalter begegenet mir bei einigen Menschen, denen ich davon erzähle, dass ich adoptiert bin häufig Peinlichkeit und betretende Stille. Das wiederum ist ein Zustand, den ich nicht bei anderen erzeugen möchte und den ich auch nicht ständig wieder ausbügeln müssen will (so nach dem Motto "nein, nein - ist schon ok. das ist nicht schlimm").
d) bei anderen Menschen, denen ich erzähle, dass ich adoptiert bin und die mehr darüber wissen möchten, passiert es ganz häufig, dass wenn ich erzählt habe, wer meine leibl. Mutter war und was die Umstände waren der Spruch: "Da hast Du aber großes Glück gehabt". Das verletzt mich dann irgendwie, denn ich empfinde für meine leibl. Mutter (obwohl ich sie nie kennenlernen konnte) Nähe und Sympathie (das Wort ist nicht optimal für das, was ich empfinde, aber es ist am nächsten dran von den Wörtern, die ich kenne) und finde es sehr unfair, wenn Fremde meiner leibl. Mutter mit diesem einen lapidaren Satz alles schlecht unterstellen, was man so denkt, wenn man an abgebende Mütter denkt ("vom Flittchen bis zur Prostituierten"). Manchmal sehe ich in den Augen der Leute auch, dass sie diesen Verdacht haben und er drückt sich darin aus, wie sie mich mitleidig ansehen und mir zu verstehen geben: "Du hast echt Glück gehabt". Vielleicht ist es irrational, dass mich das verletzt, aber es tut es.
Ich empfinde da eine Art Verbindung zu meiner leiblichen Mutter, die mich getroffen sein lässt, wenn jemand (ohne eine Ahnung zu haben) schlecht über sie spricht.
Nur mal zur Klärung: mein Bild meiner leibl. Mutter ist nicht rosa-rot und ich bin auch kein besonders sentimentaler Mensch. Ich weiß, dass sie vieles in ihrem Leben falsch gemacht hat. Jemanden, der sie kannte oder der ihre Geschichte kannt, gestehe ich ein solches Urteil ("Du hast im Grunde Glück gehabt") auch ohne weiteres zu, aber mich stört es ungemein, wenn Menschen, die davon keinen blassen Schimmer haben, das sagen, weil sie damit ihre Klischees von abgebenden Müttern und deren Kindern bestätig finden.
e) Oft höre ich auch - und das ist vielleicht noch schlimmer: "Da musst Du aber wirklich dankbar sein". Das ist meines Erachtens der schlimmste Satz. Ich als Adoptivkind habe meinen A-Eltern gegenüber sowieso schon einen Schuldkomplex.
Wenn man dann noch ständig von außen darauf hingewiesen wird, man müsse dankbar sein, fühlt man sich behandelt wie ein dummes kleines Kind, dem man erst noch Anstand beibringen muss (" sag schön danke, wenn Du was geschenkt bekommst!"). Dann widerstrebt mir dieser Satz aber auch noch aus einem anderen Grund ganz gewaltig. Ich habe es mir ja nicht ausgesucht adoptiert worden zu sein. Wieso sollte ich dann übermäßig dankbar sein müssen. Normale Kinder suchen sich ihre Eltern auch nicht aus und sagen nicht ständig danke dafür, dass sie gezeugt und geboren wurden. Wieso wird das dann von Adoptierten verlangt.
Hinter dieser Dankbarkeits-Forderung steckt meines Erachtens ein ganz bestimmtes (romantisierendes) Bild von Adoption: Adoptiveltern werden gesehen als Gutmenschen, die sich selbstlos eines armen, alleingelassenen, kleinen Wesens annehmen und ihm geben, was es sonst nicht bekommen hätte.
Dass zur Adoption aber auch (vielleicht sogar vor allem) Eigennutz der Adoptiveltern gehört, sieht kaum jemand. Seid mir nicht böse, aber nur aus Gutmenschentum würde ich vielleicht viel Geld an Unicef spenden oder eine Patenschaft übernehmen, aber kein Kind adoptieren.
Die Paare sind in der Regel kinderlos und empfinden diesen Umstand als unbefriedigend. Der Leidensdruck darüber scheint so groß zu sein, dass sie sich einer langen, anstrengenden und demütigenden Bewerbungs-Prozedur unterziehen, um dann mit dem adoptierten Kind, ihre Kinderlosigkeit zu beheben.
Dass meine A-Eltern so auf dem Inkognito beharren und Aussenstehenden so gut wie nie erzählen, dass ich adoptiert bin, zeigt mir, dass sie dieses Faktum am liebsten verdrängen würden.
Ich allerdings kann das nicht verdrängen. Da geht es mir ähnlich wie Luna, ich denke fast täglich daran. Auch bei mir ist es nicht immer das gleiche Gefühl. Meistens "weiß" ich es nur - ich denke daran als ein Faktum - nicht mehr.
Manchmal erweckt es aber auch große Traurigkeit. Genau wie Luna konnte ich meine leibliche Mutter auch nicht mehr kennenlernen, als ich mich auf die Suche gemacht habe (ich schreibe nachher mal etwas ausführlicher unter dem Thema "Wie war Eure Suche?").
Ich glaube man trägt das als Adoptierter immer mit sich. Allerdings ist es nur ab und zu mal wirklich belastend. Die meiste Zeit ist es nur ein "Wissen, dass..."
So, nun sind meine Ausführungen ganz schön lang geworden.
Falls ich mit meinen manchmal vielleicht etwas drastischen Ansichten (z.B. zur Adoptionsmotivation von kinderlosen Paaren) geworden bin und damit jemand getroffen habe, bitte ich um Entschuldigung. Wenn Ihr darüber anders denkt, schreibt das ruhig mal auf, es würde mich interessieren und ich bin total offen für eine kontroverse (aber faire) Diskussion!
Danke für die Antworten! Da habe ich aber gleich die nächste Frage: Wie sollten die Menschen Eurer Meinung nach reagieren, wenn ihr erzählt, daß ihr adoptiert seid?
wenn, dann mit aufrichtigem interesse, nicht mit klischeehaften, abgedroschenen sprüchen. sie wissen nicht, wie es ist, wie sich das anfühlt. an ihren gesichtern konnte/kann ich abzulesen, was sie darüber denken, was sie an vermutungen da hineininterpretieren können. ich fühlte mich da jedesmal ausgeliefert, weil man selber zu wenig informationen besitzt, selber nicht durchblickt, um entsprechend zu reagieren, um das geradezurücken oder zu widerlegen.
Ich finde, sie sollten interessiert und verständnisvoll sein. Ein Satz wie: "Da musst Du aber dankbar sein" ist überhaupt nicht nötig. Man will als Adoptierter keine klugen Ratschläge, was man tun sollte, es gibt da nämlich nichts zu tun, denn Adoption ist für Adoptierte ein Zustand und kein Ereignis, auf das reagiert werden muss.
Daher glaube ich, verständnisvolles Interesse wäre für mich die richtigste Reaktion. Nachfragen zum Thema sind auch gut. Ich beginne langsam gerne über die Adoption zu sprechen, wenn mein Gegenüber ein ernsthaftes Interesse hat.
ZitatAdoption ist für Adoptierte ein Zustand und kein Ereignis
Das wäre auch eine passende Signatur!
Ich frage mich sowieso, warum so viele Menschen für irgendetwas Dankbarkeit erwarten. Klar, wenn ich das 789. Spielzeug meiner Kinder aufhoben habe, sage ich auch mal: "Hey, Du könntest ja wenigstens mal Danke sagen" Aber in Wirklichkeit, bin ich dankbar, daß ich Muttersein überhaupt erleben zu dürfen.
Auch ich möchte auf diese Frage gerne Antwort geben. Adoptiert sein heißt für mich als erstes nicht zu wissen, wer ich bin, nicht zu wissen, woher ich komme. Es ist auch mal ein Schämen gewesen. Es ist immer noch ein Traurigsein, ein Verzweifelt sein, ein Nichtverstandenwerden. Dennoch ist es ein Teil von mir, der mich ausmacht und in meiner jetzigen Lebenssituation versuche ich, es einen positiven Teil meines Lebens werden zu lassen. Ob es mir gelingt, werde ich herausfinden.
Hallo Sehnsucht, an dieser Stelle schon mal ein herzliches Willkommen!
Das die Tatsache, adoptiert zu sein, Trauer und Entäuschung hervorruft kann ich verstehen. Aber schämen? Wofür solltest Du Dich schämen? DU kannst ja nun wirklich nichts dafür! Dich hat niemand gefragt, ob Du das willst!!!
Würde gerne mehr von Dir erfahren. Hast Du den Vorstellungstrad schon gefunden?