Zitat von Flipper Ich spreche es jetzt mal provokant aus. Wenn es keine bessere Regelung als die aktuelle gibt, so ist diese Regelung doch in Ordnung und braucht nicht geändert werden. Dann brauch mal aber auch nicht über die aktuelle Regelung schimpfen, wenn man keinen besseren Vorschlag hat. Flipper
Hallo Flipper,
du begreifst das Problem nicht. Du kannst das Adoptionsrecht nicht beliebig an einer einzelnen Stelle ändern.ohne das gesamte System zum Einsturz zu bringen.
Was im materiellen Adoptionsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches mit den Regelungen der Inkognito-Adoption, des Adoptionsgeheimnisses, der formalen Aufhebung der natürlichen Abstammung und des natürlichen Names, der Zerstörung und Verwirrung von Verwandtschaftsverhältnissen, die Fundamentierung eines neuen Lebens in einer anderen, besseren Welt bewirken soll, hat sich zunehmend als Falle herausgestellt. Die Beteiligten an einer Adoption stehen regelmäßig nicht auf einem stabilen Fundament, sondern werden eher darin eingemauert und sind so in der Gefahhr, damit unterzugehen, wenn es ihnen nicht gelingt, sich daraus zu befreien. Die Hilfe, die es dazu braucht, setzt auch voraus, dass Vorschriften des materiellen Adoptionsrechts, die zwar gut gemeint sein mögen, aber zu statisch, an menschlichen Grundfragen vorbei konstruiert sind, einer grundlegenden Korrektur unterzogen werden.
Harald Paulitz (Hrsg.) Adoption. Positionen, Impulse, Perspektiven 2. Auflage Verlag C.H.Beck München 2006, S. 100
Zitat von burkhardMan kann das Adoptionsrecht nicht beliebig an einer einzelnen Stelle ändern, ohne das gesamte System zum Einsturz zu bringen.
Das kommt ganz darauf an, was man überhaupt unter "Recht" versteht. Nicht jede seit 1976/77 praktizierte Regelung beruht auf Gesetz, sondern vielmehr auf Interpretation, die teilweise wider besseres Wissen erfolgt, sofern man die Richter nicht für komplett wahnsinnig halten soll. Das Verhältnis von Gesetzgeber und Gerichten müsste grundlegend geändert werden, dahingehend, dass keine Kungeleien mehr möglich sind, wie ich sie selber erlebt habe. Das Gericht spricht beispielsweise von eindeutiger Gesetzeslage, wo es sich in Wahrheit auf gar nichts stützen kann. Der Gesetzgeber wiederum argumentiert, er könne den Gerichten nicht ins Handwerk pfuschen. Das ist natürlich ein abgekartetes Spiel, damit Opfer rechtswidriger staatlicher Praktiken niemals mehr zu ihrem Recht kommen.
Zitat- Was reines Wunschdenken ist, wäre eine Möglichkeit, dass Adoptierte später ihre Familie selbst wählen könnten. Hier gibt es aber so viele Gründe/Argumente dagegen, dass man darüber erst recht nicht diskutieren braucht.
Welche Argumente sprechen denn dagegen? Mir persönlich fällt kein einziges ein!
Da habe ich natürlich nicht meine Meinung angesprochen, sondern die derjenigen, die das Sagen haben. Es war also ironisch gemeint, denn bereits viel einfacher umzusetzende Verbesserungen werden schon nicht in Angriff genommen. Wie dann so etwas Fortschrittliches?
vielleicht verstehe ich es juristisch nicht im Detail. Aber ich glaube schon wenn man das Ziel kennt und weiß was funktionieren könnte würde man immer einen Weg finden, dies auch juristisch umzusetzen. Da gab es schon immer erfindungsreiche Köpfe!
Flipper
P.S. @ Mausi & Bianca: "dass Adoptierte später ihre Familie selbst wählen könnten" -> Fände ich ab 18 auch ok.
1.Bis im Alter von 14 Dauerpflege 2.Ab Alter 14 Eigene Entscheidung der "Adoption"offene,wie halboffene müssen gesetzlich verankert sein),oder weitere DPZeit 3.Ab Alter 18 eigene Entscheidung in welche Familie er oder sie kommt,und ob sie oder er den Namen der H-Eltern annehmen möchte. 4.Generell wäre ich für Chance auf Aufhebung der Adoption ab 18.Weil da ist man dann ja volljährig,und braucht eh keine Unterschrift mehr von den Adoptiveltern.
Das wäre doch die Lösung,und fortschrittlicher Natur.
Zitat von FlipperP.S. @ Mausi & Bianca: "dass Adoptierte später ihre Familie selbst wählen könnten" -> Fände ich ab 18 auch ok.
Wobei wir uns sicher im Klaren darüber sind, dass so ein Fall höchst selten eintreffen wird, denn normalerweise hat man nach Jahren der Zugehörigkeit eine Bindung aufgebaut, die ziemlich fest ist. bevor man diese wieder total kappt, gehen die meisten sicher lieber Kompromisse ein. Im Prinzip machen das leibliche Kinder ja auch so. Da hätten mehr als genug davon genügend Gründe, ihren Eltern die kalte Schulter zu zeigen und endlich abzuhauen
Nur wenn die Zustände für für Adoptierte unerträglich sind, wird der/die Betroffene so eine Lösung anstreben. Wenn dem so ist, darf man das nicht per Gesetz grundsätzlich unmöglich machen. Im Falle einer Wegnahme aus der leiblichen Familie ist der Gesetzgeber eigenartigerweise nicht so zimperlich. Hier werden Kinder oft sogar gegen ihren eigenen Willen aus ihrer Familie entfernt und zwangs-weg-adoptiert. Es herrscht einfach ein Ungleichgewicht, das nicht akzeptabel ist.
ich glaube schon, dass Kinder auch aus Adoptivfamilien geholt werden, wenn die Zustände nicht in Ordnung sind. Problem ist doch eher das die Mitarbeiter sich dem Problem einer gescheiterten Adoption in dem Sinne verschließen, dass Sie die Probleme vielleicht als nicht so gravierend empfinden. Wird das Kind geschlagen und kommt das an die Öffentlichkeit, dann wird reagiert. Treten andere Probleme auf, so wird das gerne darauf geschoben, dass das Kind adoptiert ist (generelle Verurteilung durch erlittenem Trennungsschmerz), nicht darauf, dass vielleicht über Jahre die Eltern-Kind-Beziehung nicht stimmt.
Zitat von FlipperIch glaube schon, dass Kinder auch aus Adoptivfamilien geholt werden, wenn die Zustände nicht in Ordnung sind. Problem ist doch eher das die Mitarbeiter sich dem Problem einer gescheiterten Adoption in dem Sinne verschließen, dass Sie die Probleme vielleicht als nicht so gravierend empfinden. Wird das Kind geschlagen und kommt das an die Öffentlichkeit, dann wird reagiert. Treten andere Probleme auf, so wird das gerne darauf geschoben, dass das Kind adoptiert ist, nicht darauf, dass vielleicht über Jahre die Eltern-Kind-Beziehung nicht stimmt.
Hallo Flipper,
aus eigener Erfahrung kann ich nicht bestätigen, dass ein Kind aus der schlagenden Adoptivfamilie herausgeholt wird. So hatte es in meinem Fall wohl Anzeigen gegeben, denen aber niemals nachgegangen wurde.
Deinen abschließenden Satz mit den "anderen" Problemen verstehe ich nicht ganz. Hältst Du körperliche Misshandlungen für einen Bestandteil funktionierender Eltern-Kind-Beziehungen?
Von wegen, alles würde auf die Adoption geschoben: Eher ist das Gegenteil der Fall. Denn leider ist man in Adoptionsangelegenheiten immer noch der Ideologie der Siebzigerjahre verhaftet, die keinen Unterschied zwischen leiblicher und adoptierter Familie sehen will. Wenn das Kind nicht reinpasst, heißt es: "Das kommt auch in leiblichen Familien vor." Als ob es darum ginge.
Hallo Flipper, eigentlich müßte doch nur der § 1684 BGB (Umgang des Kindes mit den Eltern) mit ins Adoptionsgesetz aufgenommen werden. Damit hätte das adoptierte Kind ein Recht auf Kontakt zu den leiblichen Eltern, wie ein Scheidungskind ja auch hat. Ich denke, dass wäre die einzige Möglichkeit eine offene/halboffene Adoption zu gewährleisten. Und man sollte doch davon ausgehen, dass sich dieses Umgangsrecht zwischen leiblichen Eltern und Adoptiveltern besser regeln/gestalten läßt, als zwischen einem geschiedenen Paar (die ja in der regel einen Grund haben sich nicht mehr zu mögen).
Zitat von BibiBlocksteinHallo Flipper, eigentlich müßte doch nur der § 1684 BGB (Umgang des Kindes mit den Eltern) mit ins Adoptionsgesetz aufgenommen werden. Damit hätte das adoptierte Kind ein Recht auf Kontakt zu den leiblichen Eltern, wie ein Scheidungskind ja auch hat. Ich denke, dass wäre die einzige Möglichkeit eine offene/halboffene Adoption zu gewährleisten. Und man sollte doch davon ausgehen, dass sich dieses Umgangsrecht zwischen leiblichen Eltern und Adoptiveltern besser regeln/gestalten läßt, als zwischen einem geschiedenen Paar (die ja in der regel einen Grund haben sich nicht mehr zu mögen).
Liebe Grüße, Bianka
Hallo Bianka,
eben dieses ist nicht möglich. Mit der Rechtskraft der Adoption sind wir keine Eltern mehr. Die leiblichen Eltern eines adoptierten Kindes sind die Adoptiveltern. Die stehen als solche in der Geburtsurkunde des adoptierten Kindes. In der früheren Abstammungsurlunde, heute beglaubigte Abschrift aus dem Geburtsregister erscheinen wir nur, um der Gefahr einer inzestuösen Verbindung vorzubeugen, nicht weil damit unsere Existenz als leibliche Eltern anerkannt werden soll.
Zitateben dieses ist nicht möglich. Mit der Rechtskraft der Adoption sind wir keine Eltern mehr. Die leiblichen Eltern eines adoptierten Kindes sind die Adoptiveltern. Die stehen als solche in der Geburtsurkunde des adoptierten Kindes. In der früheren Abstammungsurlunde, heute beglaubigte Abschrift aus dem Geburtsregister erscheinen wir nur, um der Gefahr einer inzestuösen Verbindung vorzubeugen, nicht weil damit unsere Existenz als leibliche Eltern anerkannt werden soll.
genau so ist es burkhard, die totalamputation der herkunft, eine auf lügen und illusionen aufgebaute grundlage, die alle anderen punkte beeinflußt.
aber zu dem a-papier von harald paulitz - danke fürs einsetzen! - und den darin angesprochenen korrekturen noch ein paar gedanken:
ZitatWas im materiellen Adoptionsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches mit den Regelungen der Inkognito-Adoption, des Adoptionsgeheimnisses, der formalen Aufhebung der natürlichen Abstammung und des natürlichen Names, der Zerstörung und Verwirrung von Verwandtschaftsverhältnissen, die Fundamentierung eines neuen Lebens in einer anderen, besseren Welt bewirken soll, hat sich zunehmend als Falle herausgestellt.
Die Beteiligten an einer Adoption stehen regelmäßig nicht auf einem stabilen Fundament, sondern werden eher darin eingemauert und sind so in der Gefahhr, damit unterzugehen, wenn es ihnen nicht gelingt, sich daraus zu befreien.
Die Hilfe, die es dazu braucht, setzt auch voraus, dass Vorschriften des materiellen Adoptionsrechts, die zwar gut gemeint sein mögen, aber zu statisch, an menschlichen Grundfragen vorbei konstruiert sind, einer grundlegenden Korrektur unterzogen werden.
Harald Paulitz (Hrsg.) Adoption. Positionen, Impulse, Perspektiven 2. Auflage Verlag C.H.Beck München 2006, S. 100
selten sind mängel (die schon lange bekannt sind) im a-system so deutlich öffentlich angesprochen worden!
nur wer und wann werden notwendige korrekturen erstellt? wer sichert sie? wie lange muß mensch (auf den materielles adoptionsrecht zugeschnitten ist) darauf warten? ein jahrhundert? zwei, drei ...? denn erfahrungsgemäß werden korrekturen weniger den mißständen als der macht der interressen unterworfen .... und da fürchte ich, haben adoptierte die weit schlechteren karten!
eins ist sicher, mit der heutigen a-wut wird es auch weiterhin genug alt-adoptionen und adoptierte geben, die ihre biographie und herkunft irgendwann klären und ordnen wollen. es gibt jedoch immer noch genug jugendämter und vermittlungsstellen, an denen genau dies scheitert, und adoptierte auf ungeahnte schwierigkeiten bis untätigkeit stoßen. vor jahren hatte ich mal im forum nachgefragt, ob es adoptierte gibt die über den skf vermittelt wurden und ihre akte (als erwachsene) einsehen konnten - es hat sich niemand gemeldet ...
es dürfte doch kein problem sein, die (häufig in eigenen interessen handelnden) ämter und kirchlichen einrichtungen zu verpflichten (wehrt sich doch sonst keiner gegen arbeitserleichterung ... und ohne uns hätten sie weder job noch daten!), ihr gesamtes adoptionsakten-material (nach beispielsw. zwanzig jahren) einer völlig unabhängigen (von staat und kirche) zentralen und für diese aufgabe qualifizierte stelle zur aufbewahrung zu übergeben, die dann die dokumente verschiedener stellen, incl. durchlaufener kleinkind-stationen komplett zusammenführt und sie adoptierten und ehem. heimkindern (da besteht ebenfalls starker bedarf) zur verfügung stellt - ohne das suchende jedesmal federn lassen müssen und die aktensuche zu einem aufreibenden unterfangen wird, um am ende dann doch mit den lücken in der biographie und einer unbeschreiblichen ohnmacht allein gelassen zu werden, weil sich nichts bewegen ließ.
das wäre für mich zumindest eine der machbaren korrekturen, gerade weil adoptierte und ehem. heimkinder weit über ihre volljährigkeit hinaus mit der verwaltung ihrer lebensgeschichten durch staatliche und kirchliche stellen in abhängigkeit gehalten werden, und deren lebensgeschichten entweder lieber unter verschluß halten, der wissenschaft zur verfügung stellen, in unbekannte archive verschwinden lassen, oder erst nach deren tod vielleicht irgend welchen interessierten angehörigen öffnet. aber bitte, wenn sie unbedingt wollen daß wir uns wie freiwild fühlen ....
wenn uns solche akten-einsichts-kämpfe und dieser streß dabei erspart bliebe, wäre das schon mal ein sinnvoller schritt in eine menschenwürdigere richtung.
das könnte zumindest geändert werden - unsere lebensgeschichten nicht.
das alte Adoptionsrechts (BGB aF) galt vom 1. Januar 1900 bis zum 31.12.1976 Viele nach dieser Gesetzeslage Altadoptierte werden wohl noch einige Jahrzehnte unter den Folgen zu leiden haben. So sind z.B Altadoptierte, die am 31.12.1976 bereits volljahrig waren für ihre abgebenden Eltern auch heute noch unterhaltspflichtig. Ich fürchte, dass die nächste Änderung des Adoptionsrechts nicht vor 1050 in Angriff genommen wird.
Das Gesetz von '76 ist furchtbarer als alles, was es je zuvor gegeben hat. Was sind schon ein paar Euronen gegenüber dem totalen und lebenslangen Identitätsverlust?
mir geht es dabei weniger um diese finanziellen regelungen. meine (als leibliche) eltern angegebenen sind schon längst verstorben, und bei geschwister wird dieses recht sicher nicht greifen, und erben wollte ich sowieso nichts. ich bin nicht in der leiblichen familie aufgewachsen und fühle mich von daher finanziell zu nichts verpflichtet. sollten jemals forderungen kommen, wüßte ich mich zu wehren.
mir geht es viel mehr - wenn schon, denn schon - um gleiches natürliches recht, das nicht-adopierte, mit denen wir ja gleichgestellt sein sollen, auch haben, nämlich unsere komplette lebensgeschichte oder biographie, wenn wir das wollen, auch zurückverfolgen, erfahren zu können, und dies ohne zusätzlichen aufwand unter menschenwürdigen bedingungen!
in einem anderen thread hattest du zur schwachen adoptionen die zusätzlichen konsequenzen als belastend bei späteren kontakten angesprochen. das seh ich ganz genau so. an ihrer angst, ich könnte diesbezüglich forderungen stellen (anteil elternhaus), konnte ich direkt fühlen. das bremste natürlich von anfang an kontakte aus, denn keiner hätte dieses heikle thema offen ansprechen wollen.
ZitatEine wirkliche Änderung wäre nur durch eine Abkehr vom Prinzip der Volladoption, zurück zu dem früher geltenden Regeln einer „schwachen Adoption“. Dadurch würde vor allem dem Adoptierten der rechtliche Bezug zu seiner leiblichen Verwandtschaft erhalten bleiben.
Was nützt eine Art von Verwandtschaft, wenn der Bezug zu den leiblichen Eltern aus Sicht des Adoptierten fehlt. Ablehnung und Enttäuschung würde es wohl trotzdem geben. Liegt der Schlüssel nicht weniger im Gesetz selbst, sondern in dem was die Beteiligten, insbesondere die Adoptiveltern, daraus machen.