Mariposa, ja, ich habe durchaus Verständnis dafür. Ihr wird das Ganze bestimmt auch noch sehr viel schwerer fallen als mir, muss ja auch mit gewissen Schuldgefühlen verbunden sein. Ich versuche, ihr die Angst zu nehmen. Ich könnte das nicht ertragen, wenn es meiner Mutter wegen mir immer so schlecht geht, wie du das beschrieben hast. Ich würde alles tun, um ihr irgendwie zu helfen.
Deine Probleme gehen mir nicht aus dem Kopf.... Gibt es in Deinem Wohnort eine Uni? Die Studenten, die sich mit der Sprache und Kultur Deines Heimtlandes befassen, müssen auch in das land reisen und kennen billige Möglichkeiten. Vielleicht können sie Dir helfen. kennst Du den Reiseführer "Lonely Planet"? Da stehen die billigsten Übernachtungsmöglichkiten drin. Es gibt auch Couchsurfen. Wenn Du die Sprache Deines Herkunftlandes nicht kennst, geh in die Stadtbibliothek und leih Dir "Assimil". Das funktioniert prima. Was Deinen Namen angeht: Lass Dir bescheinigen, dass es psychisch für Dich unerlässlich ist, Deinen Namen zurückzubekommen und geh mir der Bescheinigung zum Atandesamt. Die leiten dann eine Namensänderung ein. Anwaltskosten? Wenn Du wenig verdienst, hast Du keine Kosten.
Das mit der Namensänderung würde mich übrigens auch interessieren. Mein Vorname setzt sich aus drei Namen zusammen; ganz vorne meinem jetzigen, eher ungeliebtem, den mir meine Adoptiveltern gaben, und danach die beiden, die ich von meiner leiblichen Mutter habe und die meine Adoptiveltern beibehielten. Ich finde diese nun eigentlich viel schöner. Gibt es eine Möglichkeit, meinen ersten Vornamen streichen zu lassen? Ist dies weniger aufwändig als eine gänzliche Vornamensänderung? Und meinen Nachnamen werde ich wohl nie wieder zurückbekommen, richtig? Weil, es wäre doch wirklich ein wenig lächerlich, da mit psychischer Belastung zu argumentieren, oder? Außerdem darf mit dem Namen nicht der Anschein falscher familiärer Zusammenhänge entstehen ... und dies entstünde ja, denn rechtlich bin ich mit meiner leiblichen Familie nicht mehr verwandt. Und was, wenn ich den Nachnamen meines leiblichen Vaters, der die Vaterschaft niemals anerkannt hat, annehmen wollte? Schade, in den USA ist das so viel einfacher. Da kann man seinen Namen ganz beliebig ändern, fast ganz beliebig. Komisch, dass da noch kein Namensänderungstourismus entstanden ist. Oder braucht man dazu einen amerikanischen Pass? Kann ich mich, wenn ich erwachsen bin, nicht einfach wieder von meinen leiblichen Eltern zurückadoptieren lassen? Ich meine, ich hätte da mal irgendwas über ein Verbot von Kettenadoptionen in Deutschland gelesen.
Schade, meine Adoptivmutter war felsenfest davon überzeugt, ich könne ganz einfach meinen Namen ändern lassen und zurück zu meiner Herkunftsfamilie ziehen, wenn ich das wünschte! Sie hat ja keine Ahnung, meine leiblichen Eltern haben gar kein Sorgerecht mehr für mich, es ist, als wäre ich niemals mit ihnen verwandt gewesen, ist das nicht schrecklich? Auf meiner Geburtsurkunde stehen meine Adoptiveltern, nicht (mehr) sie!
Ach ja, Maus, dir wünsche ich auch noch viel Glück, dass das mit der Reise und mit dem Namen klappt.
irre ich mich, oder warst Du unglücklich bei deiner Adofamilie? So einen überaus starken Wunsch alles zurückzunehmen ist schon auffällig. Den Familiennamen kann man nicht mehr ändern, nur den Vornamen.Aber warum willst Du das denn? Deine Adoeltern haben die meiste Zeit Deines Lebens mit Dir verbracht und unterstützen Dich, was haben sie falsch gemacht? Meinst Du nicht, Du könntest sie verletzen, wenn Du alles rückgängigmachen möchtest?
Hallo Helena, danke für deine Antwort! Also ... ich muss sagen, ich bin bei dem Thema Adoption eher zwiegespalten. Zum einen denke ich, es ist eine gute Sache, es hat mich davor bewahrt, in einem ähnlichen Milieu wie meine Halbschwester aufzuwachsen, ein Heimkind zu werden. Auf der anderen Seite ... nun ja. Vielleicht hängt das alles mit meiner momentanen Lebensphase und meinem Alter (wie gesagt, ich bin vor kurzem fünfzehn geworden) zusammen. Es ist einfach eine Sache der Identifikation und der eigenen Identität, die ich nun leben möchte. Ich bin, trotz der miserablen Situation meiner leiblichen Mutter, viel stolzer auf diese und auf meine Gene, als auf meine Adoptiveltern. Meine Adoptiveltern sind mir peinlich, es gibt immer wieder Reibungen und Auseinandersetzungen und ich habe nicht das Gefühl, dass sie ein Teil von mir sind. Ich fange an, mich eher als Teil eines "Clans", dem meiner leiblichen Familie, zu begreifen. Wenn ich die Wahl hätte, die ich ja vom Gesetz her nicht habe, vielleicht würde ich mich dann sogar für meine Adoptiveltern entscheiden. Ich möchte sie, v.a. meine Adoptivmutter, nicht verletzen, aber was soll ich machen? Ich fühle nun einmal so, dass ich zu meiner leiblichen Familie zurückkehren müsste, um endlich wieder, oder endlich zum ersten Mal in meinem Leben, ich selbst zu sein. Kann das irgendwer nachvollziehen?
Sorry, aber das kann ich leider nicht nachvollziehen. Du bist in der Pubertät und da sucht man sich, okay, das ist normal. Aber: Du suchst eine Zugehörigkeit und denkst, dass es Dir dann besser geht. Das wird es nicht! Warum sind Dir Deine Adoeltern denn peinlich? Denk mal darüber nach. Meiner Meinung nach solltest Du mehr DU SELBST sein und DICH finden. Du bist doch in erster Linie DU und nicht jemandens Frucht. Du bist ein freier mensch und solltest Deine Interessen finden und Deinen Weg. Es ist noch ein wenig früh, aber Schritt für Schritt wirst Du Deinen Weg machen und Dich zu der person entwickeln, die Du sein willst. Hör auf Dein Bauchgefühl! Eltern, ob leiblich oder Adoeltern, begleiten Dich, aber DU steuerst!
Darüber musste ich einen Moment nachdenken. Wahrscheinlich ist meine Motivation für Nicht-Adoptierte primär erst einmal unverständlich. Lass es mich so erklären ... ein Leben lang hatte ich Eltern, Adoptiveltern, die ich mal mehr, mal weniger mochte. Zeit meines Lebens wusste ich, dass ich adoptiert bin. Ich war adoptiert und sie waren trotzdem meine Eltern, so war das. Sie waren nicht immer gute Eltern, aber ich denke, sie haben ihr Bestes versucht. Ein Leben lang habe ich mir unterbewusst bestimmte Fragen gestellt, die ich nie für mich beantworten konnte. Ein Leben lang habe ich mich anders gefühlt, habe versucht, mir diese Andersartigkeit zu erklären und im Nachhinein wurde mir klar, dass all dies mit der Frage nach meiner Herkunft zu tun hatte, obwohl ich es mir nie eingestehen wollte. Meine Adoptiveltern sind beide genau zwanzig Jahre älter als meine leiblichen Eltern. Ich wusste, wie ihre Motivation, die, an heutigen Maßstäben gemessen, von Egoismus durchdrungen war, lautete, mich zu adoptieren. Mein Leben lang habe ich akzeptiert, dass ich als Adoptivkind Ersatz für ein leibliches Kind (welches sich später doch noch ankündigen sollte) war und damit praktisch beliebig austauschbar. Ich hatte keine Verbindung zu ihnen, nichts hatten wir gemeinsam, man fühlt sich, als hätte man mehr Symbolcharakter. Es war klar, dass sie adoptieren wollten, lange bevor ich kam. Sie wollten nicht MICH adoptieren, sie wollten irgendein Kind adoptieren, weil sie selbst keine bekamen, sie befriedigten ihre Wünsche damit und sorgten sich nicht um MEIN Wohl, sondern um ihres. Ich war nur Kind, mehr nicht. Ich hatte darüber glücklich zu sein und wollte mich auch nicht undankbar zeigen. Im Gegenteil, als Kind betonte ich selbst oft die Vorzüge der Adoption, praktisch als Loyalitäts- und Dankbarkeitsbeweis. Jetzt, wo ich mit der Suche begonnen habe, beginne ich, mein Menschsein ganz anders zu sehen. Für meine leibliche Familie bzw. meine leibliche Mutter, obgleich ich sie nocht nicht kennengelernt habe, war ich mehr als nur "das Kind". Ich bin und war ein Teil von ihnen, sie sind der Schlüssel zur Beantwortung all meiner Fragen. Sie erfüllen meinen Wunsch nach Zugehörigkeit, sie lassen mich fühlen, was es heißt, jemandem ähnlich zu sein, jemandem ähnlich zu sehen, was meine komplette Kindheit lang praktisch ein Ding der Unmöglichkeit war, was sich so unglaublich unwahr und realitätsfern anfühlte. Es macht unglaublich glücklich, endlich zu wissen, wo man herkommt, sich endlich als ganze Person zu begreifen (ich verweise an dieser Stelle auf mein Privatgespräch mit riddle, ja, ich kann sehr gut nachvollziehen, was du damit meinst und ich fühle mich, trotz meiner kaum fortgeschrittenen Suche, ähnlich) und irgendwo endlich mal dazuzugehören. Nicht mehr fremd zu sein. Das fällt mir unglaublich schwer, es meinen Ansprüchen gerechtwerdend zu schildern. Vielleicht gibt es ja ein paar (Hobby)psychologen im Forum, die uns ihre Ergüsse zu dem Thema ausbreiten möchten.
ZitatDu suchst eine Zugehörigkeit und denkst, dass es Dir dann besser geht. Das wird es nicht!
Das beurteile bitte erst dann, wenn du selbst in der Haut eines Adoptivkindes gesteckt hast. Ich meine das jetzt auch überhaupt nicht böse, es ist nur ein Hinweis, bitte nicht falsch verstehen. =)
ZitatMeiner Meinung nach solltest Du mehr DU SELBST sein und DICH finden. Du bist doch in erster Linie DU und nicht jemandens Frucht.
Ich hatte mit 15 schon eine gewisse eigene Persönlichkeit, ich hatte meine Interessen und wusste, was ich mag und nicht mag. Mir war es immer wichtig, mein eigenes Ich zu ergründen und das ist es mir heute noch. Und natürlich ist man eine eigenständige Person, man ist mehr als das Produkt seiner Gene. Aber: Kein Baum wird je seine komplette Pracht und Größe erreichen, wenn ihm die Wurzeln fehlen.
Ach ja, noch ein kleiner Nachtrag meinerseits bzgl. des Punktes, dass man ja nicht abhängig von den Genen/der Herkunft wäre, sondern hauptsächlich man selbst und sich dementsprechend entfalten könne, wie Helena anmerkte. Ich glaube, das kann nur jemand sagen, der in seiner leiblichen Familie aufgewachsen ist. Meine These lautet folgendermaßen: Kinder, die bei der leiblichen Familie aufwuchsen, lösen sich mit der Pubertät von ebenjener ab, versuchen sich neu zu erfinden und probieren das ein oder andere aus. Ein ganz normaler, natürlicher Prozess. Soweit so gut. Ich als Adoptivkind jedoch, da ich mir meiner Herkunft nie bewusst, war, löse mich ebenfalls von meinen Adoptiveltern ab, jedoch zugunsten meiner leiblichen Familie. Wo "gewöhnliche" Kinder sich dann versuchen, von ihrer Herkunft bzw. ihren Eltern zu distanzieren, ziehen meine leiblichen Eltern, die ich niemals kennengelernt habe, praktisch magisch an. Sie sind Ursache und Wirkung meines pubertären Findungsprozesses. Ist aber nur eine Idee. Ich glaube jedoch, dass da etwas dran sein könnte, was sind eure Gedanken zu dem Thema?
Klingt logisch für mich. War bei mir eigentlich auch so, wenn ich darüber nachdenke. Wenn ich an die damalige Zeit zurückdenke, dann kommen mir Erinnerungen an eine tiefe Trauer, die ich damals empfand. Weil ich eben nicht wusste, woher ich komme. Schon allein die Frage "Blicke ich vielleicht in das Gesicht meiner LM oder meines LV, wenn ich mein Spiegelbild betrachte?". Heute weiß ich, dass ich meiner LM sehr ähnlich sehe und schmunzle inzwischen, wenn ich mich morgens zurechtmache und plötzlich merke, dass ich grad einen typischen Ausdruck meiner LM im Gesicht hab. Allein solche Momente sind es wert, nach der Herkunft zu suchen. Jedenfalls hab ich damals auch empfunden, dass meine A-Eltern jede Menge Fehler machen und einfach nur egoistisch und unfair sind und so weiter und so fort. Hätte ich damals nach meiner LM gesucht, hätte ich meine A-Eltern vermutlich im Stich gelassen. Und heute bin ich froh, dass ich noch ein paar Jahre mit der Suche gewartet habe, weil ich heute so viele Dinge anders sehe was meine Eltern betrifft. Ich wäre damals einfach noch nicht bereit für die Suche gewesen.
Generell denke ich auch, dass es oft gar nicht so wichtig ist, ob man die leibl. Familie schlussendlich mag oder nicht. Ich kann auch einige Verhaltensweisen und Einstellungen meiner leibl. Familie nicht nachvollziehen oder verstehen. Trotzdem bin ich froh zu wissen, wie sie sind und wie sie aussehen.
Toni, warum mochtest Du Deine Adoeltern manchmal nicht? Ein leiblihes Kind kann aber auch anders sein als die Eltern, das ist immer möglich. Es fühlt sich dann auch manchmal unverstanden. Wir menschen sind eben so verschieden, aber das ist auch interessant. Ich denke, Deine Adoeltern waren nicht egoistisch, Toni. Sie konnten nicht genau DICH wollen, weil sie, wie auch leiblihe Eltern nicht wussten, wer ihr Kind sein wird. Jeder, der sich ein Kind wünscht, hat diesen Gedanken aus sich heraus, aus seiner Seele. Da ist die Sdomutter nicht egoistischer, sie muss sogar offener sein für die Bedürfnisse des Kindes und dankbarer, wenn alles gut läuft. Sie fühlt mehr Verantwortung.
Das kann ich auch sehr gut nachvollziehen, riddle. Mir geht es ähnlich. Oder kennst du den Gedanken, über die Straße zu gehen, evlt. eine Person zu erblicken und sich in diesem Moment zu fragen, könnte das jetzt meine leibliche Mutter/mein leiblicher Vater sein? Letztens in der Straßenbahn ist mir das passiert. Ich sah eine Frau, etwa in dem Alter, in dem meine leibliche Mutter jetzt sein müsste, und ich fand, sie hatte mein Gesicht. Sie hatte meine Nase, hatte meine Haare und hatte auch meine Statur, ja, sie hatte sogar die gleiche Fettverteilung wie ich. Da wurde mir schon ein wenig mulmig zumute. Ich musterte sie länger und versuchte, Blickkontakt aufzunehmen, aber sie reagierte nicht. Da wurde mir klar, dass das nicht meine Mutter war. Das konnte gar nicht sein, sie hielt sich nicht in der Stadt auf. Es war noch nicht allzu lange her, da hätte sie zu dem Termin im Jugendamt kommen sollen, kam aber nicht. Das konnte sie nicht sein. Aber wie gesagt, ein komisches Gefühl war es schon.
Riddle, nur, was uns in der Angelegenheit doch unterscheidet: Du hast von Anfang an klargemacht, dass deine Adoptiveltern deine richtigen Eltern wären und bleiben, bei mir ist das ja anders. Ich möchte ja, wenn irgendwie möglich, sogar meinen alten (Nach)namen zurückhaben. Ich denke, das ging bzw. geht dir nicht so, oder? Schwierig, schwierig, das Ganze ...
Ach ja, noch zu dem Beitrag von Helena, den ich eben erst bemerkt habe: Hm, ja, schwierig. Sie zeigen Unverständnis gegenüber meinen Problemen. Bspw. meinem Komplex mit dem Altern, der mich monateland beschäftigte. Ich war wirklich unglücklich, beinahe depressiv, und ich hoffe, sie würden versuchen mir zu helfen. Das Gegenteil geschah. Sie taten meine Ängste als albern ab und wiesen mich stattdessen darauf hin, ich solle doch lieber etwas für die Schule tun. Mein Adoptivvater schreit mich an und beleidigt mich als "dumme Kuh", wenn wir bspw. für Mathe lernen. Ich hasse die Marotten meiner Adoptivmutter. Ja, ich habe beinahe einen gewissen Chauvinismus meinen Adoptiveltern gegenüber entwickelt. Ich weiß, dass sie, was bestimmte Bereiche angeht, nicht ganz so begabt sind wie ich, trotz ihrer Berufe und ihrem soziokulturellen Status verglichen mit dem meiner leiblichen Eltern. Ich habe mir eingeredet, ich würde in meiner leiblichen Mutter eine Person finden, die mir zumindest geistig gewachsen ist, ohne arrogant wirken zu wollen, und eine, die meine Probleme versteht. Innerlich hoffe ich, dass dies, ihre Andersartigkeit, der Grund war, warum sie im Leben gescheitert ist. Wie man so etwas hoffen kann? Nun ja, dann fühlte ich mich bestätigt. Ich weiß, das sind alles sehr hohe Erwartungen, die ich an meine leibliche Familie stelle. Aber ... irgendwie muss meine eigene Andersartigkeit doch zu erklären sein? Von meinen Adoptiveltern bzw. deren Erziehung kann das nicht kommen.
Bzgl. des Egoismus verstehe ich deinen Punkt schon, Helena. Meine Adoptiveltern sind jedoch so fundamental anders als ich, dass ich mir absolut sicher bin, ein Teil meiner leiblichen Mutter zu sein. Und da dies auch umgekehrt so ist, glaube ich, dass sie (oder gar mein leiblicher Vater, wer weiß) die einzige Person sein kann, die mich voll und ganz akzeptiert als Person, so wie ich bin. Junge, ich bin langsam selber verwirrt. Ich breche hier mal ab, sonst wird das noch ein Roman!
Könnten das nicht Generationskonflikte sein? Dass Eltern die Kinder in der Pubertät nicht verstehen oder einer verbal ausfallend wird, ist leider recht normal auch bei leiblichen Eltern. Natürlich ist es nicht schön und man müsste mal darüber reden. Als Kind hatte ich mich übrigens auch oft fremd und unverstanden gefühlt in meiner Familie. Meine Eltern fragten sich verzweifelt, wie sie zu SO einem Kind kamen. Aber nun ist es okay. Komplext wegen des Alterns? was meinst Du damit? Beschäftigen Dich solche philosophischen Fragen? So war ich auch ..... und eigentlich bin ich immer noch so und es bleibt schwer, leute zu finden, mit denen man diese Gedanken teilen kann.
Die Sache ist die, Toni, dass ich mit 15 auch Dinge tun wollte in Sachen meiner Herkunft, die ich heute bereuen würde. Ich wollte damals auch am liebsten meinen Nachnamen wieder ändern lassen und heute bin ich froh, dass ich es nicht getan habe.
Meine Eltern haben damals auch Dinge getan, die ich furchtbar empfand. Meine Mama hat z.B. damals mein Tagebuch gelesen, was für mich DER Vertrauensbruch schlechthin war und eigentlich immer noch ist. Heute kann ich ihr diese Tat aber verzeihen, weil ich ihr damals keine andere Wahl ließ und somit auch Schuld daran hatte, dass dies geschah. Ich habe mich dermaßen zurückgezogen und hab nichts mehr von mir preisgegeben, dass das Tagebuch ihre einzige Chance war, herauszufinden, was mit mir los ist. Ich denke, sie hatte schon Angst, dass ich mir was antue, weil ich so still, so traurig und zugleich so wütend war. Tatsache ist auch, dass man seine Eltern mit 15 anders sieht, als mit 20+. Ich will das jetzt nicht alles auf deine Pubertät schieben, weil das auch nicht richtig wäre. Und vielleicht sind deine A-Eltern wirklich etwas schwierige Persönlichkeiten, das kann ich ja von hier aus nicht beurteilen. Glaub mir, ich habe meine A-Eltern gehasst, ich habe mir von ihnen nichts mehr sagen lassen, weil ich immer dachte "Ihr seid nicht meine richtigen Eltern, von euch brauch ich mir nichts bieten lassen. Euch werd ich's schon zeigen.". Bis ich mit 18/19 plötzlich anfing, sie nicht mehr als meine Eltern zu sehen, sondern einfach nur als die Menschen, die mich aufgezogen haben. Ich konnte sie dann wieder lieben lernen...als Menschen eben und nicht als Eltern. Und seit meiner Herkunftssuche empfinde ich meine A-Eltern als meine einzig wahren Eltern. Aber das war eben nicht immer so.
Ich denke, du bist ein sehr grüblerischer Mensch, den Alltagsprobleme nicht so berühren, wie die inneren, seelischen Konflikte und Probleme. Deine A-Eltern sind da anders und du hoffst, dass deine LM dir da ähnlich ist. Das ist normal, weil du weißt, dass es da noch eine "Partei" gibt, die du nicht kennst und in diese Menschen legst du all deine Hoffnungen. Meine Frage ist, was du tust, wenn deine LM zum Beispiel überhaupt nicht so ist, wie du? Ob sie dir vom Intellektuellen her die Stirn bieten kann, vermag ich nicht zu sagen. Ich denke, dass sie ihren Körper durch ihre Sucht ganz schön kaputt gemacht hat, wenn ich ehrlich bin. Was mit ihrem Geist ist, kann ich nicht sagen.
So, da habt ihr beide ja ziemlich viel geschrieben und ich hoffe, auf alles eingehen zu können.
Zum Beitrag von Helena: Ja, Generationskonflikte sowieso. Und wie gesagt, meine Adoptiveltern sind ziemlich genau zwanzig Jahre älter als meine leiblichen, das ist schon ein beträchtlicher Unterschied. Dass du dich als Kind nicht allzu gut mit deinen Eltern verstanden hast, tut mir leid. Ich weiß nicht, was passiert, wenn ich bezüglich meinen Erwartungen meiner leiblichen Mutter falschliege bzw. enttäuscht werde. Ich leide ja auch so unter einer gewissen inneren Zerrissenheit bei "zwei Familien". Ich werde in meinem Gefühl der Ungeliebtheit, welches sich quer durch meine Kindheit zieht, bestätigt werden. Und das, obwohl ich doch eigentlich, angeblich mich liebende Adoptiveltern hatte! Ich kann es mir nicht erklären. Was die verbalen Entgleisungen angeht: Das tritt meist auf, wenn mein Adoptivvater bereits ein wenig getrunken hat. Er beleidigt mich unsäglich, behauptet, ich hätte nichts in der Birne und so weiter und so fort. Das ist schon seit Jahren so. Vielleicht ist er ein Grund, warum ich das Vertrauen in meine Adoptiveltern verloren habe.
Ja, sowas beschäftigt mich und hat mich immer beschäftigt. Genau, Komplex mit dem Altern. Ich habe Probleme damit, ich kann nicht akzeptieren, dass ich älter werde, dass Dinge sich nun einmal verändern und klammere mich an Bekanntes. Das ist meine eigene Interpretation. Oder finde ich, dass die Zeit zu schnell vergeht. Ich meine damit nicht, dass "vor kurzen" erst Sommer war oder so etwas, sondern dass die letzten fünf Jahre, also in etwa die Zeit, die ich nun auf dem Gymnasium bin, viel zu schnell vorbeigeflogen sind. 2007, mit zehn Jahren, war ich im Kinofilm "Ratatouille" und es kommt mir vor wie gestern. Das dürfte eigentlich nicht sein. Es ist furchtbar. Ich bin froh, dass ich momentan eine weniger schlimme Phase habe. Aber es wird nie vollständig weggehen und falls doch, wird ein anderes Problem an dessen Stelle rücken. Es gibt immer irgendwas, was mich beschäftigt und mich daran hindert, glücklich zu werden.
Zum Beitrag von riddle: Du sprichst all die Ängste aus, die ich mir bis jetzt nicht eingestehen konnte. Ich glaube auch, dass du mehr als recht hast, mit dem, was du schreibst. Ich weiß zwar nicht, ob ich eine solche Entscheidung bereuen würde, aber ich glaube auch, dass, wenn ich einen etwas objektiveren Blickwinkel auf meine Adoptiveltern gewänne, die ganze Sache für mich ebenfalls anders aussähe. Um ehrlich zu sein, habe ich keine Antwort darauf, was dann wäre, wenn sie nicht so ist wie ich, wie ich es mir wünsche oder vorstelle. Eine große Hoffnung würde zerplatzen und deswegen weiß ich auch, dass ich meine Erwartungen ein wenig herunterschrauben muss. Aber unbewusst lässt sich das einfach nicht vermeiden. Was meinst du damit, dass sie ihren Körper durch ihre Sucht kaputtgemacht hat? Dass sie u.U. verwahrlost aussieht, ungepflegt? Ich bin jedenfalls gespannt, was ich da für einen Menschen vorfinden werde. Meine ehemalige Pflegemutter berichtete mir, da meine leibliche Mutter sie ja mehrmals besucht hatte, dass sie eine sehr hübsche, intelligente Frau gewesen sei. Wahrscheinlich waren es wirklich die Drogen und ich kann nur hoffen, dass sie sich wieder einigermaßen gefangen hat. Aber ich wiederhole mich. Wäre ich nicht so müde und fühlte ich mich nicht so ausgelaugt, würde ich dir gerne ausführlicher antworten, riddle. Ein toller Beitrag! Ich würde, wenn ich wüsste wie, dir auch gerne irgendiw helfen, sozusagen etwas zurückgeben, aber ich denke, momentan hast du mehr oder weniger alles was du brauchst, oder nicht? Ansonsten kannst du dich gerne mal wieder melden! (Bis jetzt hat übrigens noch niemand zu meinem Beitrag in "Menschen Versklavung" geantwortet. Schade eigentlich.)