Anders als bisher geplant sollen Frauen bei vertraulichen Geburten gegenüber ihrem Kind lebenslang anonym bleiben können. Nach einem Bericht des "Tagesspiegel" geht dies aus einem Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums zur Regelung der vertraulichen Geburt hervor. Danach sollen Frauen ein Widerspruchsrecht erhalten, das es ihnen ermöglicht, die Herkunftsakten für das Kind sperren zu lassen. Im ersten Entwurf sollte die Mutter nur 16 Jahre lang anonym bleiben können. Mit der vertraulichen Geburt will das Ministerium eine Alternative zu den Babyklappen entwickeln.
ich kann mich nicht in eine Mutter hineinversetzen, die anonym bleiben will, für mich war von Anfang an klar, dass mein Kind mich kennenlernen wird, namentlich und wenn es das wollen würde, auch persönlich. Und dass es ein Recht hat, mit Fragen zu stellen über die Situation, in der ich die Freigabe entschieden habe. Warum will eine leibliche Mutter wohl anonym sein? Wo bleibt dabei das Recht des/der Adoptierten?
Ich finde das dem Kind gegenüber total unfair! Außerdem glaube ich nicht, das jede Mutter, die in eine vertrauliche Geburt einwilligen, auch wirklich ihrem Kind gegenüber anonym bleiben wollen. Es gibt sicherlich Mütter, die , vielleicht auch erst Jahre später, wissen wollen, ob ihr Kind sich gemeldet hat, ob es Interesse hat und wie es ihm geht.
Das einzig Gute ist hier sicherlich, dass wenigstens das Amt die Mutter und ggf auch den Vater kennt. Das Kind jedoch gewinnt auch davon nicht.
Zitat von pinocchio Warum will eine leibliche Mutter wohl anonym sein? Wo bleibt dabei das Recht des/der Adoptierten?
Ich finde es auch schwierig. Zu den Gründen wurde uns gesagt, daß viele Frauen unentdeckt bleiben wollen (vor ihrer Familie), nicht aufgesucht werden wollen vom Kind später, Angst haben vor Konsequenzen aus Familienkreisen (Ritualdelikte). Aber sie möchten medizinische Betreuung bei der Geburt, was ich für richtig halte.
Was wohl tatsächlich der Fall ist: daß viele Schwangerschaften versteckt werden. Unvorstellbar, daß man den Bauch nicht sieht.
Für den Adoptierten finde ich es eine sehr schwierige und aussichtslose Situation bezüglich seines Status
Es wäre schön, wenn wenigstens nach dem Tod der Mutter die Akten entsperrt werden. Das ging aus dem Zeitungsartikel, den ich oben abgeschrieben habe, nicht hervor. Interessieren würde mich zudem, ob das Kind trotzdem als mit der Mutter verwandt gilt, solange es nicht adoptiert ist.
In Frankreich ist der Inkognito-Status einer Herkunftsmutter legalisiert. Die Kinder haben dann in ihren Geburtsurkunden statt der Namen der Eltern ein großes X stehen, weshalb sie auch die X-Kinder genannt werden. Bei der Suche nach ihren Eltern laufen die ehem. X-Kinder gegen Beton-Wände, weil auch die Behörden jegliche Unterstützung, Licht in die Herkunft zu bringen, verweigern. Einige Male haben diese Menschen bereits einen Aufstand gegen diese Geheimhaltungspraxis inszeniert, der aber bislang an der Regierung abprallte. Viele dieser Menschen haben dadurch massive psychische Beschwerden. Die Verantwortlichen des Bundesfamilienministeriums für diese Art Gesetze oder Verordnungen sollten sich zuerst einmal mit diesen französischen Geschädigten unterhalten, ehe sie in diese Richtung tätig werden.
Hallo Guilia, wenn ich den Zeitungsbericht richtig interpretiert habe, geht es darum, das Mütter die Akteneinsicht verweigern KÖNNEN, nicht müssen! Der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah ja vor, das die Mütter unter einem Pseudonym entbinden dürfen und ihre "echten" Daten lediglich für x-Jahre unter Verschluss bleiben. Demnach war geplant, das die Kinder ab diesem Zeitpunkt Akteneinsicht nehmen können. Nach dem neuen Entwurf ist es der Mutter aber möglich, diese Daten dauerhaft sperren zu lassen. Dieser Passus war bislang nicht dabei.
Den Artikel und auch die weiterführenden Links fand ich übrigens sehr lesenswert. Es war auch eine Studie dabei über die Babyklappen und das Angebot der anonymen Geburt, wie es jetzt ja auch schon möglich ist... Grundgedanke des Entwurfes in der jetzigen Form ist wohl, das es wichtig sei, die Mütter überhaupt erstmal für die Entbindung in die Krankenhäuser zu bekommen. Werden die Kinder einfach in die Babyklappe gelegt, tritt die Mutter ja auch nicht in Erscheinung. Diese Argumentation kann ich schon nachvollziehen, richtig finde ich es deshalb trotzdem nicht. Für die Kinder ist es eine Katastrophe. Das sehe selbst ich. Da gäbe es die Möglichkeit, Informationen zu bekommen, aber sie sind unter Verschluss und nicht verfügbar. Das muß frustrierend sein und vermutlich würde ich mich als Betroffene auch fragen, wieso meine leibliche Mutter mich so konsequent verleugnet.
Aber ich fürchte, auch aus Sicht der Mutter (deren Rechte hier augenscheinlich gestärkt werden sollen) könnte es sich als ein Schuss ins Bein erweisen. Denn wenn mir die Möglichkeit gegeben ist, könnte ich mich auch gezwungen sehen, sie anzuwenden. Ob das aber wirklich meinen Wünschen entspricht, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt. Ich glaube, wer so verzweifelt ist, das er sein Kind auf diesem Wege abgibt, sieht kaum eine Möglichkeit, irgendwie seinen Wünschen entsprechend zu handeln. Versteht ihr, was ich meine?
Das alles sind natürlich rein hypothetische Gedanken meinerseits, Erfahrungen diesbezüglich habe ich ja keine, nichtmal aus zweiter Hand. Aber so sehe ich das als Mitglied der breiten Masse, die bislang mit Adoption noch nicht näher in Berührung gekommen ist. Ich dachte, vielleicht ist das auch mal interessant für Euch
"ReferentenEntwurf" sagt ja erst einmal noch nichts darüber aus, wie spruchreif diese Sache ist. Beim Bundestag finde ich den Gesetzentwurf jedenfalls noch nicht und anhand der äußerst mageren Info der Pressemeldungen kann man sich ohnehin noch kein Bild machen, was genau geplant ist.
Hallo Nicole, Ich sehe diese gesetzliche Entwicklung wie du, äußerst kritisch. Man darf dabei nicht vergessen, dass das gesteckte Ziel eines solchen Gesetzes ist, der Schwangeren zu helfen, sie zu stärken, ihren Wünschen zu entsprechen. So wird das Ganze auch vermittelt. Schwangere selbst haben damit nichts zu tun. Eine Schwangere hat den Entwurf nicht geschrieben, verteidigt ihn nicht und es wurde auch keine einzige Schwangere dazu befragt. Die Schwangeren, die sich ans Jugendamt wenden, werden so etwas aber am Ende des Tages als ihre Rechte stärkende Hilfe präsentiert bekommen.
Zitat von strampelhexeAber ich fürchte, auch aus Sicht der Mutter (deren Rechte hier augenscheinlich gestärkt werden sollen) könnte es sich als ein Schuss ins Bein erweisen. Denn wenn mir die Möglichkeit gegeben ist, könnte ich mich auch gezwungen sehen, sie anzuwenden. Ob das aber wirklich meinen Wünschen entspricht, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt. Ich glaube, wer so verzweifelt ist, das er sein Kind auf diesem Wege abgibt, sieht kaum eine Möglichkeit, irgendwie seinen Wünschen entsprechend zu handeln. Versteht ihr, was ich meine?
Ehrlich gesagt nicht. Warum soll mich die Einräumung einer Möglichkeit gleichzeitig zu deren Wahrnehmung zwingen? Das wäre ja eine Argumentation gegen jegliches Individualrecht und die Negierung des "freien Willens". Die andere Alternative wäre schließlich, man verzichtet auf die Einräumung von Entscheidungsspielräumen, weil man ja meint zu wissen, was "wirklich den Wünschen entspricht".
Zitat von nancyEine Schwangere hat den Entwurf nicht geschrieben, verteidigt ihn nicht und es wurde auch keine einzige Schwangere dazu befragt. Die Schwangeren, die sich ans Jugendamt wenden, werden so etwas aber am Ende des Tages als ihre Rechte stärkende Hilfe präsentiert bekommen.
Ob eine an dem Referentenentwurf beteiligte Referentin schwanger war weiß´ich nicht. Allerdings ist vermutlich das Kinderschutzgesetz auch nicht von Kindern und das Sterbehilfe-Gesetz nicht von Lebensmüden geschrieben worden. Gesetzesentwürfe haben durchaus, ehe sie in das eigentliche Verfahren eintreten, schon Beteiligungsstadien durchlaufen, bei denen verschiedene Organisationen gefragt werden. Dann gibt es in den Ausschussen auch noch Anhörungsmöglichkeiten. Natürlich werden auch Gesetze beschlossen, die letztlich an den Betroffenen völlig vorbeigehen. Die obige Darstellung finde ich aber etwas zu einseitig.
Zitat von LalenaNatürlich werden auch Gesetze beschlossen, die letztlich an den Betroffenen völlig vorbeigehen. Die obige Darstellung finde ich aber etwas zu einseitig.
Dito. Mit einem solchen Gesetz werden die Rechte von Adoptionswilligen gestärkt und die Rechte von Schwangeren, Müttern, Vätern und Kindern de facto geschwächt. Es gibt kein Recht, auf das sich ein solches Gesetz berufen könnte. Das Recht sein Kind zu verleugnen, wird damit überhaupt erst eingeführt. Lediglich Ehemänner haben das Recht ihre Vaterschaft zum Kind ihrer Ehefrau anzufechten. Damit erfolgreich sind sie auch nur dann, wenn sie tatsächlich nicht der Vater sind. Ein Recht auf Anonymität seinem eigenen Kind gegenüber steht in krassem Widerspruch zum Sorgerecht und dem Art. 5 GG. Wenn Schwangere Angst vor ihnen drohenden Delikten haben, dann sollte man als Behörde Mensch genug sein, um von der Idee abzusehen, der Frau zu helfen indem man ihr das Kind weg nimmt und somit die Vertuschung einer Schwangerschaft betoniert, sondern die Ängste hinterfragen und gegebenenfalls Strafanzeige (wegen Bedrohung der Frau usw) erstatten, o.ä.
Zitat von nancyMit einem solchen Gesetz werden die Rechte von Adoptionswilligen gestärkt
So ein Quatsch. Wie sollen meine Rechte dadurch gestärkt werden, dass dem Kind später Informationen über seine Herkunft vorenthalten werden... Außerdem kennt hier niemand die Regelung im Detail.
ZitatWenn Schwangere Angst vor ihnen drohenden Delikten haben, dann sollte man als Behörde Mensch genug sein, um von der Idee, der Frau zu helfen indem man ihr das Kind weg nimmt und somit die Vertuschung einer Schwangerschaft betoniert, sondern die Ängste hinterfragen und gegebenenfalls Strafanzeige (wegen Bedrohung der Frau usw) erstatten, o.ä.
Den Satz verstehe ich nicht - und erst recht nicht, was der mit dem hier diskutierten Vorhaben zu tun haben soll.
Zitat von nancyMit einem solchen Gesetz werden die Rechte von Adoptionswilligen gestärkt
So ein Quatsch. Wie sollen meine Rechte dadurch gestärkt werden, dass dem Kind später Informationen über seine Herkunft vorenthalten werden... Außerdem kennt hier niemand die Regelung im Detail.
Die Handhabung von Babyklappen war so geregelt, dass das Kind und die Mutter nicht mehr als Einheit betrachtet werden. Das Kind bekommt eine Versorgung vom Staat, die Mutter verliert erst schlagartig alle Rechte am Kind dadurch, dass das Kind nicht mehr als ihres identifiziert werden kann, und dann auf dem üblichen Weg nach drei Monaten offiziell für immer das Sorgerecht. Wobei ich meine von einem Fall gelesen zu haben, wo die Mutter sich nach einem halben Jahr gemeldet und ihr Kind wieder bekommen hat. Das passiert seltener als dass eine Adoptionspflege abgebrochen wird. Ein Kind, das offiziell keine Eltern hat, ist vogelfrei. Und bei der angeblich die verfügbaren Kinder übersteigenden Anzahl an zahlenden Adoptionsbewerbern... Wer sagt übrigens, dass eine solche Unterschrift einer schwangeren Frau oder Mutter im Wochenbett nicht so behandelt würde wie im Adoptionsrecht: Widerrufsfrist von zwei Wochen, bzw unwiderrufbar?
ZitatUnd bei der angeblich die verfügbaren Kinder übersteigenden Anzahl an zahlenden Adoptionsbewerbern...
Was zahlen Adoptionsbewerber in Deutschland denn für ein Kind? Bitte belegbare Zahlen, danke.
ZitatWer sagt übrigens, dass eine solche Unterschrift einer schwangeren Frau oder Mutter im Wochenbett nicht so behandelt würde wie im Adoptionsrecht: Widerrufsfrist von zwei Wochen, bzw unwiderrufbar?
Was genau meinst du mit "eine solche Unterschrift", die Absichtserklärung oder die Freigabeunterschrift? LG Morgenmuffel
Zitat von nancyDie Schwangeren, die sich ans Jugendamt wenden, werden so etwas aber am Ende des Tages als ihre Rechte stärkende Hilfe präsentiert bekommen.
Nancy, die Schwangeren, die hiervon betroffen sind, gehen nicht zum Jugendamt, denn es handelt sich um das Angebot "Anonyme Geburt".
Ich sehe das wie Harald und Nicole: gut für den anonymen Adoptionsprozess (schnell und komplikationslos abzuschließen), schlecht für das Kind (= Findelkind).
Genau das ist ja die Hauptkritik an dieser Art der "Neugeborenentsorgung". Wie bei der Bybyklappe, weiß auch hier keiner wer das Kind in die Klappe gelegt hat bzw. wie freiwillig die Schwangere das überhaupt mitmacht.
Es gibt Berichte aus teilnehmenden Kliniken, die angaben, dass bei einigen Frauen/Mädchen die halbe Sippe vor der Tür saß und die Frau direkt nach der Geburt mitgenommen hat.
Offizielle Daten und Fakten kann man z. B. hier nachlesen (Deutsches Jugendinstitut, 2011):