Zitat von ChakimausBei Findel- und Klappenkinder ist eben nichts bekannt und wird auch nichts bekannt, deshalb sind sie ja so umstritten. Was denke ich immer richtig ist, die leibliche Mutter zu würdigen, ihren Schritt respektvoll betrachten (mir fehlen gerade die Worte, ich will sagen, man soll Respekt vor ihrem Leben und ihren Entscheidungen haben und klarstellen, dass niemand leichtfertig ein Kind weggibt) und vielleicht gemeinsam mit dem Kind zu überlegen, was Eltern dazu bewegen kann, einen solchen Schritt zu unternehmen.
Bei diesen Überlegungen drängen sich mir Fragen auf:
Wenn man nichts weiß, woher weiß man dann, dass es die Mutter war, die das Kind dort geparkt hat? Es kann auch der Bruder einer jungen Muslima gewesen sein, oder der Zuhälter der Ostblock-Hure, oder die Mutter der 15-jährigen Tochter aus "gutem Haus", oder der Partner, der seine bessere Hälfte immer blau schlägt, sobald sie den Mund aufmacht, oder ...
Warum soll man vor jemandem Respekt haben, der sein Kind in der Klappe entsorgt, es an der Krankenhaustür ablegt oder nach der anonymen Geburt verschwindet und ihm so jegliche Möglichkeit auf das Wissen um seine Herkunft nimmt? Weil man annimmt, das Kind wäre sonst erwürgt und in eine Tonne geklopft worden? Wenn eine Mutter/ein Vater so überlegt handeln kann, dann könnte man eigentlich auch noch den Gang zum Jugendamt antreten. Sich (s)eines Kindes auf diese Art zu entledigen, ist juristisch höchst umstritten.
Cornelia
In meinen Augen verdient jeder Mensch Respekt, erstmal einfach weil er ein Mensch ist.
Die Gründe, warum ein Kind in einer Klappe landet, mögen vielfältig sein, aber ich würde um nichts auf der Welt meinem Kind verklickern, dass es nicht gewollt war, gerade wenn ich über sein Schicksal nichts weiß!
Die Frage war ja, was sagt man Klappenkindern. Würdest du ihnen dann eine Entsorgungsgeschichte erzählen? Es ging bei der Frage nicht um das Infragestellen von Babyklappen, das wird schon anderswo diskutiert.
Ergänzend zu dem, was Chakimaus schreibt, möchte ich noch sagen: Vor der Herkunftsmutter meines Adoptivkindes sollte ich schon deshalb Respekt haben, weil es die (erste) Mutter meines Kindes ist. Was soll ein Kind für ein Selbstwertgefühl aufbauen, wenn das einzige, was ihm über seine Herkunftseltern vermittelt wird, ist, dass es Menschen sind, vor denen man keinen Respekt haben kann?
ein kind mit klappenherkunft weiß nicht wer es ist, woher es kommt, warum, weshalb, wieso. irgendwann wird es dahinter steigen, daß es letztlich doch noch einige geben wird, die mehr dazu sagen könnten/wissen (klappenbetreiber), die den betroffenen selber aber keine weiteren auskünfte geben - gerade das kann das bis dahin aufgebaute selbstwertgefühl schlagartig zusammenbrechen lassen. an diese grenzen bin ich beim skf gestoßen, obwohl ich kein klappenkind war, genau das hat mein leben total verändert, ich fühlte mich behandelt wie der letzte dreck, wie deren werkzeug. klappenkinder werden sich nie mit einer konkret nachvollziehbaren zwangslage der mutter/eltern auseinandersetzen, bzw. da etwas aufarbeiten können, werden auf ewig auf spekulationen angewiesen sein. das kann zu dauerstreß und depressionen führen. spätestens wenn die ganze tragweite dieser erlaubten form der abgabe erfaßbar wird, zu einer ganz persönlichen und gesellschaftlichen ansicht und damit verbundenen grundgefühl, gefühlslage, die möglicherweise nicht mehr viel mit der der a-eltern zu tun hat, führen. dieses künstliche erschaffen von a-waisen ist unverantwortlich, belasten nicht nur das leben der betroffenen stark, auch das der a-eltern, die außer verläßlichen rückhalt geben, nicht wirklich dabei helfen können. ich bin ebenfalls der meinung, wer in der lage ist eine klappe zu finden, findet auch den weg zu einem ja. aber das hatten wir alles schon mal..
chakimaus, wenn ein klappenkind angeboten wird, gehört das thema und die vorbereitung da nicht mit in ein a-verfahren? ich frage mich allerdings, was künstlich geschaffenen a-waisen tatsächlich an biographiearbeit vermittelt werden kann, wenn das wesentliche fehlt. darüber kann ja nun nichts hinwegtäuschen.
Zitat von bonniechakimaus, wenn ein klappenkind angeboten wird, gehört das thema und die vorbereitung da nicht mit in ein a-verfahren? ich frage mich allerdings, was künstlich geschaffenen a-waisen tatsächlich an biographiearbeit vermittelt werden kann, wenn das wesentliche fehlt. darüber kann ja nun nichts hinwegtäuschen.
Besonders heikel ist das sicher, wenn das "Klappenkind" bereits älter oder behindert war, was auch schon vorgekommen ist. Bei Letzterem ist der Grund der "Verklappung" zumundest offensichtlich und ich finde, in solchen Fällen müsste die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall einschreiten und ein Verfahren einleiten, denn von Notsituation kann dabei wohl kaum die Rede sein.
cornelia, ich könnte mir vorstellen, wenn überhaupt wird es solche ermittlungen erst bei toten klappenkindern (gab es auch) geben, denen es selber nichts mehr nutzt.
na vielleicht ein höchstens ein bis zwei monate alter säugling. ich meine mich an einen fall zu erinnern, wo nach den eltern gesucht wurde in der hoffnung, sie überlegen es sich noch einmal. es hieß, das kind wirke gepflegt und gut ernährt, weil noch einiges (flasche o.ä.) beigelegt wurde.
Zitat"... Jedes Jahr kommen in Deutschland 30 bis 40 Babys ums Leben, weil sie ausgesetzt oder nach der Geburt getötet werden. "Diese Zahlen sind seit vielen Jahren konstant", sagt Riedel. "Daran haben die Babyklappen nichts geändert." Dafür sei die Zahl der Findelkinder drastisch gestiegen. Erhebungen von Adoptionsforschern zufolge liegen in deutschen Babyklappen knapp 50 Kinder pro Jahr. Genaue Zahlen gibt es für Berlin: Dort gab es früher jährlich ein bis zwei Findelkinder. Mit Einrichtung der Klappen wurden in drei Jahren 32 Babys anonym und elternlos. ..."
Zitat"Auch behinderte Kinder seien schon in den Babyklappen gefunden worden, so Riedel. "Womöglich wollten sich die Eltern auf diese Weise der Unterhalts- und Sorgepflicht entziehen."
erschreckend! die neueren daten kannte ich noch nicht und bisher so gut wie sinnlos, gegen totschlag-argumente, der klappenideologie, diesem kinderbeschaffungsweg etwas zu bewirken. die klappen bieten sich regelrecht für die schnelle anonyme entsorgung an - zu lasten jedes einzelnen kindes. nach den letzten aktuellen daten erfüllen sie nicht annähernd den zweck, mit dem ihre existenz begründet wird. klappenmenschen werden einen schock erleiden, wenn sie die art ihrer abgabe erfahren. oder wird sie ihnen ebenfalls vorenthalten? die betreiber sollten - zum wohle der kinder - konsequenzen ziehen und sie wieder abschaffen!
eine buchempfehlung zu einem längst überfälligen buch von prof. manfred kappeler, der sich darin zwar in aller deutlichkeit mit der heimkinderproblematik auseinandersetzt, in dem einige passagen aber durchaus auf die verkrustete adoptions-politik (die ebenfalls der jugendhilfe zuzuordnen ist) passen.
auszug aus der rezension:
[....] ist zu begrüßen und ein notwendiger Schritt in die öffentliche Diskussion um Erziehung und Kinderrechte als Menschenrechte. Zur Demokratie gehören Öffentlichkeit, Transparenz, Diskussionsbereitschaft, Meinungsfreiheit, Mitbestimmung und die Einhaltung der Menschenrechte. Diese demokratischen Tugenden in die Diskussion um das öffentliche Erziehungswesen und die stationäre Jugendhilfe mit Deutlichkeit einzubringen und einzufordern, ist ein Anliegen dieses engagiert geschriebenen Buches. [...]