Zitat von Harry4244 Mein leiblicher Vater hätte - nach damals (und heute wieder) geltendem Recht - sein Einverständnis notariell beurkunden müssen, was dann auch im Vertrag gestanden hätte.
Dann muss ich die falsche Fassung gelesen haben. Über welches Jahr sprechen wir?
Gesetzeslage damals wie von mir beschrieben. Anhörungsrecht, ja, als nicht mit der Mutter verheirateter Vater, aber keine festgeschriebene Pflicht zur notariellen Einwilligung. Ich glaube nicht, dass ich den folgenden Text falsch verstehe.
Zitat§. 1746. Wer verheirathet ist, kann nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindesstatt annehmen oder angenommen werden. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. §. 1747. Ein eheliches Kind kann bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs nur mit Einwilligung der Eltern, ein uneheliches Kind kann bis zum gleichen Lebensalter nur mit Einwilligung der Mutter an Kindesstatt angenommen werden. Die Vorschrift des §. 1746 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. [...] §. 1747a. Das Vormundschaftsgericht soll vor einer Entscheidung, durch welche die Annahme eines nichtehelichen Kindes an Kindes Statt genehmigt wird, den Vater des Kindes hören. Die Person des Annehmenden braucht dem Vater nicht bekanntgegeben zu werden. Der Vater soll bereits gehört werden, bevor das Kind dem Annehmenden in Pflege gegeben wird. Von der Anhörung darf abgesehen werden, wenn sie nicht möglich ist oder wenn durch die Anhörung die Annahme an Kindes Statt erheblich verzögert und dadurch das Wohl des Kindes beeinträchtigt würde. Eine Anhörung durch das Vormundschaftsgericht ist nicht erforderlich, wenn das Jugendamt den Vater persönlich gehört und darüber eine Niederschrift aufgenommen hat.
Zitat von nancyDer Vater soll bereits gehört werden, bevor das Kind dem Annehmenden in Pflege gegeben wird.
Demzufolge hätte er gehört werden müssen. Und das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen seines Einverständnisses hätte im Adoptionsvertrag vermerkt sein müssen. Das ist infolge der Personenstandsfälschung aber nicht geschehen. Das Gericht jedenfalls - welches die Adoption bereits am Tag nach Eingang des Antrags aussprach, ohne irgendwelche Akten gesichtet zu haben - ging somit davon aus, dass kein Vater gemeldet sei. Ebenso, wie nicht überprüft wurde, ob es mit der amtsvormundschaftlichen Einverständniserklärung seine Richtigkeit hatte.
Demzufolge fehlte der Rechtsgrund und war mein Annahmeverhältnis von Anbeginn unwirksam. Anders als nach späterem Recht hing die Feststellung der Unwirksamkeit nicht von einer befristeten Beschwerde der übergangenen Person ab, sondern lag unveränderlich in der Sache begründet - denn damals galt noch der Grundsatz "Was Recht ist, muss Recht bleiben." Da zudem nicht nur ein Versehen des Gerichtes, sondern gezielte Manipulation seitens des Annehmenden vorlag, wäre das Rechtsverhältnis nicht einmal durch nachträgliche Einholung des fehlenden Einverständnisses heilbar gewesen.
Der Genauigkeit halber: Du hast die Fassung des BGB angegeben, die seit dem 01. 07. 1970 in Kraft war. Die - nach meiner Überzeugung ungültige - Adoption fand einige Monate davor statt. Allerdings ist die Fassung von 1969 in der relevanten Passage identisch.
Hm. Die etwas ältere Fassung ist tatsächlich ein bisschen anders bei den relevanten Paragraphen. Es wird kein Zufall sein, dass dir (und deinen Anwälten?) die Jugendamtakte nie gezeigt wurde.
Ich habe mal versucht herauszufinden, was ein Oberstadtinspektor ist. Ausbildungsdauer: drei Jahre. Beamter im gehobenen Dienst. Hauptsächlich in der Verwaltung (als Sachbearbeiter) tätig, aber beispielsweise auch als Fallmanager fürs Arbeitsamt oder Sozialarbeiter für den ASD. Es ist also, glaube ich, nicht ausgeschlossen, dass ein Oberstadtinspektor auch eine Amtsvormundschaft übernehmen kann. Es ist ja so, dass ein Amtsvormund erstmal vom zuständigen Gericht bestellt werden muss. Ich muss mich noch ein bisschen intensiver hineinlesen. Im Moment denke ich aber, dass du dich möglicherweise noch auf Nichtigkeit des Annahmeverhältnisses berufen kannst, wenn du dir sicher bist. Beispielsweise, wenn mehr als ein Beteiligter bei dem Beschluss übergangen wurde (also dein Vater und du). Die Verletzung des Anhörungsrechts eines Beteiligten reicht bei der Adoption nicht aus für eine Nichtigkeit. Aufhebung ist wegen der Fristen ausgeschlossen. Schau mal bei Gelegenheit in der Zwischenzeit in die folgenden Links, besonders der letzte ist zum Durchstöbern geeignet:
Zitat von nancyEs ist also, glaube ich, nicht ausgeschlossen, dass ein Oberstadtinspektor auch eine Amtsvormundschaft übernehmen kann.
Genau darum geht es ja. Dieser Mann war nie zu meinem Amtsvormund bestellt worden und - entgegen Vertragswortlaut - auch nicht bei der Protokollierung anwesend. Vermutlich hatte er keine Ahnung, dass sein Name benutzt wurde.
Zitat von nancyHattest du vor der Adoption einen Vormund oder nur einen Pfleger wegen den Unterhaltszahlungen?
Das nannte sich damals Amtsvormund. Den hatte bis Mitte 1970 jedes uneheliche Kind automatisch. Es war aber nicht der angebliche Vormund aus dem Adoptionsvertrag. Juristen neigen dazu, derartige Sachverhalte mit Gemeinplätzen zu zerreden - so in der Richtung, eine Amtsvormundschaft sei nicht an eine bestimmte Person gebunden und so weiter.
Zitat§. 1712. Das Vormundschaftsgericht soll vor einer Entscheidung, welche die Sorge für die Person oder das Vermögen des Kindes betrifft, den Vater hören, wenn es die Anhörung nach seinem Ermessen für geeignet hält, dem Wohle des Kindes zu dienen.
Zitat§. 1750. Der Annahmevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden. §. 1751. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, kann der Vertrag nur von seinem gesetzlichen Vertreter geschlossen werden; er bedarf hierzu der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. [...] §. 1751a. Der Annehmende kann den Vertrag durch einen Bevollmächtigten schließen. Das gleiche gilt für das Kind, wenn es unbeschränkt geschäftsfähig ist, und für den gesetzlichen Vertreter des Kindes. Der Bevollmächtigte bedarf einer Vollmacht, die auf den Abschluß eines Annahmevertrages zwischen bestimmten Personen gerichtet ist; die Vollmacht muß notariell beurkundet sein.
Die Gerichtsakte kennst du ja. Wenn es vor dem Vertrag vor dem Notar keine gerichtliche Genehmigung für den Amtsvormund gibt, einen solchen Vertrag abzuschließen, worauf auch nichts hindeutet, was ich von dir lese, dann ist das ein weiterer Verfahrensfehler nach § 1751 BGB gewesen. Ich sammle jetzt zunächst die Verfahrensfehler, bevor ich schaue, inwieweit sie ins Heute überführt werden können. Das Argument mit der Verjährung der Verfahrensfehler bei Annahmeverhältnissen, ist mir bekannt. Verjährung gilt aber nicht, wenn man sich auf Nichtigkeit beruft. Das mit dem Rückwirkungsverbot ist mir aber noch suspekt, weil ich das noch nicht kenne und darüber nur gelesen habe, dass es sich auf Strafsachen bezieht.
Das Skurrilste an dieser Fassung des BGB sind die sich widersprechenden Vorschriften, dass beide Elternteile das Sorgerecht haben und sich teilen müssen, aber die Mutter durch eine Ehelicherklärung eines unehelichen Kindes das Sorgerecht verliert. Übrigens war es damals, anders als heute, unverheirateten, minderjährigen Müttern möglich, das Jugendamt aus seiner Pflicht als Vormund zu entlassen, wenn ich die Paragraphen nicht missverstehe.
Auch eine Amtsvormundschaft ist nach der Übertragung personengebunden. Teilen sich zwei ein Büro, haben sie getrennte Aktenschränke. Ein Mündel darf nicht heute diesen, morgen jenen Amtsvormund haben. Ich suche mal eine alte Fassung des SGB VIII, wo das heute geregelt ist... Die Frage ist, woher du weißt, dass es nicht derselbe war. Hat deine Mutter noch einen Bescheid, auf dem ein anderer Name steht?
Zitat von nancyDie Frage ist, woher du weißt, dass es nicht derselbe war. Hat deine Mutter noch einen Bescheid, auf dem ein anderer Name steht?
Ich kenne die Namen von beiden Personen. Mein Amtsvormund war immer nur ein Stadtinspektor I. gewesen. Die angeblich bei der Vertragsprotokollierung mich vertretende Person hingegen wurde als Oberstadtinspektor W. bezeichnet. Sowohl meine Mutter als auch mein Vater (den ich später fragte) kannten nur Herrn I. Nach Auskunft meiner Mutter war bei der Protokollierung außer ihr, ihrem Mann und dem Notar auch gar keine weitere Person anwesend.
Gut. Das und die Tatsache, dass dein Vater nicht angehört wurde, sind Verfahrensfehler. Also bis jetzt vier mit der fehlenden, gerichtlichen Erlaubnis für den Vormund, den Vertrag abzuschließen und der fehlenden Bevollmächtigung des Oberstadtinspektors durch den Amtsvormund, den Vertrag abzuschließen. Also, dann werde ich nach konkreten Paragraphen für eine heutige Nichtigerklärung suchen.
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
Zitat§ 579 ZPO Nichtigkeitsklage (1) Die Nichtigkeitsklage findet statt: [...] 4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.
Also das SGB 8 gab es 1970 noch nicht, das heißt, dass das, was du beschreibst, nämlich, dass eine andere Person als dein Amtsvormund für dich einen Annahmevertrag unterschrieben hat, nicht ausdrücklich gestattet war.
Ich habe gefunden, dass du eine Nichtigkeitsklage einreichen kannst. Genaue Bestimmungen für die Nichtigkeit von Adoptionen gibt es heute wie damals nicht. Damit meine ich nicht, dass Adoptionen nicht nichtig sein können, sondern, dass es nur allgemeiner formuliert zu finden ist. Leider weiß ich nicht aus Erfahrung, wie genau man als Privatperson erreichen kann, dass eine Willenserklärung oder ein Beschluss als nichtig erklärt werden, insofern ist das nur eine Idee, die auch für mich selbst noch vage ist. Ganz sicher war ich mir zuerst nicht, aber die Zivilprozessordnung bezieht sich auch auf Familiensachen beim Amtsgericht. Mir ist, ehrlich gesagt nicht ganz klar, ob § 579, Abs. 1, Nr. 4 ZPO jetzt alle anderen gesetzlich festgeschriebenen Nichtigkeiten einschränkt oder, ob man beispielsweise die Nichtigerklärung einer einzelnen Willenserklärung, bzw. in deinem Fall eines Vertrags, direkt beim Amtsgericht beantragen kann, obwohl nirgends eine Antragsberechtigung erwähnt ist. Also, da kann ich an diesem Punkt nur Glück wünschen. Ich nehme einfach mal an, dass die Reform und die Übergangsbestimmungen keinen Einfluss auf die Nichtigkeit deiner Adoption haben. Wenn du das mit der Nichtigkeitsklage machen möchtest, dann musst du mutig und frei interpretieren/auslegen, schätze ich.
§ 125 BGB suggeriert zwar, dass es nur um die Urkunde auf Papier mit Siegel geht, aber die Form einer notariellen Urkunde ist viel mehr als das sichtbare Ergebnis. Ich würde sagen, dass alle relevanten Verstöße gegen das Beurkundungsgesetz auch Formfehler sind. Beispielsweise hier:
Zitat§ 10 BeurkG Feststellung der Beteiligten
(1) In der Niederschrift soll die Person der Beteiligten so genau bezeichnet werden, daß Zweifel und Verwechslungen ausgeschlossen sind.
Wenn ein Vertragspartner weder anwesend, noch überhaupt Beteiligter ist, dann ist die ganze Form der notariellen Urkunde auch nicht eingehalten. Dieser Paragraph gilt seit 01.01.1970. Auch § 125 BGB galt schon für dein Annahmeverfahren.
Es gibt entmutigende Sachen zu finden. Hier zum Beispiel: http://www.rechtslexikon.net/d/nichtiger...l%C3%A4rung.htm Da kommt das Argument mit der Rechtssicherheit durch, das du erwähnt hast. Das deutet an, dass die Nichtigkeitsklage ein unzulässiges Wiederaufnahmeverfahren wäre. Dass die Wiederaufnahme von Annahmeverfahren zur Zeit deines Annahmebeschlusses noch nicht verboten war, wird in dem Fall wegen der Reform und ihren Übergangsbestimmungen keinen Vorteil für dich bringen. Hier ist es einfach am sinnvollsten den Palandt und andere Quellen heranzuziehen, die Nichtigkeit von Adoptionen ausdrücklich nicht ausschließen. Eine generelle Ablehnung einer Nichtigkeitsklage mit der Begründung, dass es sich ja um ein Annahmeverfahren handelt, ist also inakzeptabel.