Zitat von MarleenEs geht hier nicht um Schauplätze.
Anscheinend doch. Denn das Argument "Was wäre denn ohne die Adoption aus dir geworden?" stellt eine Kränkung dar und lenkt von der eigentlichen Fragestellung ab.
Wenn beispielsweise ein Kreuzfahrschiff untergeht und die Passagiere von Piraten aufgenommen werden, die sie - sofern überhaupt - erst gegen Lösegeld wieder freilassen und die Frauen zwischenzeitlich zur Prostitution zwingen, dann könnte man mit derselben Logik auch sagen, dass die Leute ohne die Piraten gänzlich verloren gewesen seien und dass die diese ja immerhin auch Auslagen gehabt hätten. Die Situation vieler Adoptierter ist nicht anders.
Zitat von LattitiaGíbt oder gab es Geschwister? War die Ehe glücklich?
Leibliche Geschwister habe ich keine, weder voll- noch halbbürtig. Auch keine sozialen. Es verhält sich allerdings so, dass mein Stief-/Adoptivvater meine Mutter nach Strich und Faden mit irgendwelchen Halbweltfrauen betrog. Ich weiß von drei Kindern, die - angeblich jedenfalls - aus diesen Beziehungen hervorgegangen sind und die er auch als seine eigenen anerkannt hat. Mit diesem Gesindel habe ich infolge der Adoption Geschwisterstatus, wobei mir von dem bloßen Gedanken schlecht wird.
Seine Fremdgeherei rechtfertigte er damit, dass meine Mutter ja auch ein außereheliches Kind (also mich, den er später nominell als Kind angenommen hatte) in die Welt gesetzt habe. Dazu sei angemerkt, dass meine Mutter bei meiner Geburt noch unverheiratet war und ich damit auf keinen Fall Folge einer ehebrecherischen Beziehung ihrerseits war. Aber selbst wenn sich das anders verhalten hätte, zeigt es wohl zur Genüge, was für ein Mensch mein Adoptivvater ist.
Zitat von LattitiaHast Du mit Deinem leiblichen Vater Kontakt?
Meinen leiblichen Vater habe ich als junger Erwachsener noch kennengelernt, allerdings stand dieses Kennenlernen unter keinem günstigen Stern, weil seine Frau in mir einen Erbschleicher sah, mich deshalb nicht mochte und auch noch seine Brüder aus der Ferne gegen mich mobilisierte. In dieser Situation erwies er sich zu meiner Enttäuschung als ausgesprochener Pantoffelheld und wir legten unsere Kontakte "zunächst einmal" auf Eis. Aus "zunächst einmal" wurde für immer.
Erst geraume Zeit nach seinem sehr plötzlichen Tod (irgendeine Adergeschichte) bequemte sich seine Frau, mir Mitteilung davon zu machen - dazu wäre sie juristisch allerdings nicht einmal verpflichtet gewesen. Er hatte immer versprochen, mir etwas zu hinterlassen, da er z.B. Alleineigentümer der Wohnung war. Entweder hat er es aber nicht getan, oder sie hat das handschriftliche Testament verschwinden lassen. Sie bestritt die Existenz eines entsprechenden Testamentes - eigenartigerweise, ohne dass ich davon angefangen hatte. Aber ums Erbe war es mir sowieso nie gegangen. Es ist schade, dass viele Menschen nur in diesen Kategorien denken.
Oh man, das ist bitter, daß er so plötzlich gestorben ist und Ihr Euch nicht aussprechen bzw. er Dinge regeln konnte. Sicher braucht so ein Kontakt viel Zeit und Geduld, aber der Tod nimmt darauf keine Rücksicht.
Sieht so aus, als hätten Deine leiblichen Eltern kein Glück mit ihrer Partnerwahl gehabt. Warum sind sie nicht zusammengeblieben?
Zitat von LattitiaSieht so aus, als hätten Deine leiblichen Eltern kein Glück mit ihrer Partnerwahl gehabt. Warum sind sie nicht zusammengeblieben?
Das liegt daran, dass meine Mutter ihren späteren Mann (also meinen Adoptivvater) zuerst kannte, nach einem Streit mit diesem meinen leiblichen Vater kennenlernte und mit ihm ein Verhältnis begann, welches schon vor meiner Geburt - möglicherweise durch die ständige Einmischung meiner streitsüchtigen Großmutter - wieder in die Brüche ging. Meine Mutter schlug das dennoch gemachte Heiratsangebot meines Vaters aus und wandte sich wieder ihrem vorherigen Lover zu, der ihr "großmütig verzieh".
ZitatMit diesem Gesindel habe ich infolge der Adoption Geschwisterstatus, wobei mir von dem bloßen Gedanken schlecht wird.
Diese Aussage irritiert mich. Wie kann man Menschen, auch wenn man ihnen kritisch gegenübersteht, als 'Gesindel' bezeichnen? Können sie etwas für ihre Existenz, auch wenn sie der Sproß eines (für Dich) lausigen Vaters sind? Wohl genau so wenig wie wir alle. Natürlich ist Deine Lebensgeschichte - ohne Dein Zutun - zumindest während Deiner Kinder- und Jugendjahre mehr als tragisch verlaufen. Weißt Du denn, ob die anderen Kinder mit ihrem leiblichen Vater glücklich gewoden sind?
selbst wenn auch diese Kinder nur Instrumente ihrer Eltern waren, so kann ich ihnen nicht objektiv gegenüberstehen.
Zwar ist ja nicht einmal sicher, ob (alle) diese Kinder wirklich von meinem Adoptivvater gezeugt wurden, aber sie gelten nunmal als seine Kinder, während ich nur das Adoptivkind bin. In jedem Fall sind es für mich Fremde, da sie weder biologisch noch sozial mit mir verwandt sind. Der Gedanke an den juristisch engen Verwandtschaftsgrad ist für mich daher unerträglich.
Die Mütter dieser Kinder sollten gleichfalls nicht außer Acht gelassen werden. Die Mutter des ältesten davon terrorisierte uns während meiner Kindheit. Tagsüber durch ständige Anrufe, nachts durch wildes Rütteln an der Haustür, nachdem die Schelle abgestellt worden war. Da sie uns schräg gegenüber wohnte, wusste sie immer, wer wann bei uns zu Hause war. Schlimmer könnte es in keinem Horrorfilm sein.
Wie ich heute weiß, hatte mein Adoptivvater dieser Frau die Ehe versprochen, behauptete aber, meine Mutter halte ihn mit Selbstmorddrohungen an sich gefesselt und deutete an, diese sei gemeingefährlich. Sobald es in unserem Haus scheinbar zu still wurde oder irgendwo in der Nachbarschaft eine Fehlzündung zu hören war, glaubte die Frau dann wohl, meine Mutter hätte ihn vergiftet oder erschossen. Er hatte nämlich auch mal fabuliert, meine Mutter habe irgendwo eine geladene Waffe versteckt.
Wie dieses - ähm, diese Personengruppe heute über meine Mutter und mich redet, möchte ich gar nicht wissen. Es ist indes nicht schwer zu erraten. Keines der Kinder hat mich je kontaktiert, um sich mit mir auszutauschen. Damit ist der Fall für mich klar.
Zitat von LattitiaSieht so aus, als hätten Deine leiblichen Eltern kein Glück mit ihrer Partnerwahl gehabt. Warum sind sie nicht zusammengeblieben?
Das liegt daran, dass meine Mutter ihren späteren Mann (also meinen Adoptivvater) zuerst kannte, nach einem Streit mit diesem meinen leiblichen Vater kennenlernte und mit ihm ein Verhältnis begann, welches schon vor meiner Geburt - möglicherweise durch die ständige Einmischung meiner streitsüchtigen Großmutter - wieder in die Brüche ging. Meine Mutter schlug das dennoch gemachte Heiratsangebot meines Vaters aus und wandte sich wieder ihrem vorherigen Lover zu, der ihr "großmütig verzieh".
Harry, bitte nicht falsch verstehen, wenn ich dieses frage: ist es ausgeschlossen, daß Dein A- Vater Dein H- Vater ist?
War Deine Oma mit dem Mann für Ihre Tochter auch später noch einverstanden???
Martina, Gesindel finde ich auch nicht schön, aber wenn mein Vater meine Mutter betrügen würde und außerehelich KInder zeugt, wäre ich auch nicht auf Schönwetter aus. Natürlich können diese KInder nichts dafür, und doch sind Produkte eines Vorgangs, der Harrys Mutter sicher sehr verletzt hat.
Zitat von LattitiaIst es ausgeschlossen, daß Dein A- Vater Dein H- Vater ist?
Ja, das ist es.
Zitat von LattitiaWar Deine Oma mit dem Mann für Ihre Tochter auch später noch einverstanden???
Ja. Und das, obgleich die beiden Kleingeister (also meine Oma und ihr Schwiegersohn) sich ständig darüber in der Wolle hatten, wer dem anderen überlegen sei. Da fielen dann von seiner Seite Sätze wie "Ich bin Akademiker. Du bist Dreck!" Nach ihrem Tod fand ich ein Notizbuch von ihr, in dem sie haarklein jede dieser - teils aber wohl von ihr herausgeforderten - Schmähungen mit Datum und Uhrzeit festgehalten hatte.
ZitatMartina, Gesindel finde ich auch nicht schön, aber wenn mein Vater meine Mutter betrügen würde und außerehelich KInder zeugt, wäre ich auch nicht auf Schönwetter aus. Natürlich können diese KInder nichts dafür, und doch sind Produkte eines Vorgangs, der Harrys Mutter sicher sehr verletzt hat.
Dann sind sie menschliche Produkte von Gesindel, aber Kinder als 'Gesindel' zu bezeichnen widerstrebt mir. Jedes Kind stellt einen unermeßlichen Wert dar und ist auch dementsprechend einzustufen und zu behandeln. Auch bei Erwachsenen muss man differenzieren ob sie in Verhältnissen aufwuchsen, die ihnen keinerlei Entfaltungsmöglichkeiten bot und sie somit Defizite an Bildung und Umgangsformen aufweisen, oder ob Charakterfehler einen sozialen Umgang mit ihnen unmöglich machen. Ausschließlich dieser letztgenannte Personenkreis firmiert in meiner Terminologie als Gesindel.
Zitat von Harry4244"Ich bin Akademiker. Du bist Dreck!" .
Och, das habe ich von meinem Ex-Freund auch oft gehört. Ich schiebs auf mangelndes Selbstwertgefühl...
Es ist aber ein Unterschied, ob man etwas nur in der Wut sagt oder wirklich meint. Und er meinte es genau so! Auch über mich hat er sich später in ähnlicher Weise ausgelassen.
Mein Ex hat es auch genauso gemeint, wie er es gesagt hat. Schön von oben herab. Widerwärtig sowas. Aber das Einzige was da wirklich hilft, ist Ignoranz und ein dickes Fell. Ich habe mir angewöhnt, solche Leute nicht mehr "für voll" zu nehmen. Reden hilft bei denen eh nichts *seufz*
ZitatMein Ex hat es auch genauso gemeint, wie er es gesagt hat. Schön von oben herab. Widerwärtig sowas. Aber das Einzige was da wirklich hilft, ist Ignoranz und ein dickes Fell. Ich habe mir angewöhnt, solche Leute nicht mehr "für voll" zu nehmen. Reden hilft bei denen eh nichts *seufz*
Naja, ich würde schon sagen, dass es ein Unterschied ist, ob der Ex-Freund so etwas sagt oder der Stief-/Adoptivvater. Kinder sind bekanntlich viel verletzlicher als Erwachsene und Eltern sollten dabei eine Vorbildfunktion haben. Ein Verhältnis, eine Beziehung kann man "kündigen", bei Eltern und Kind ist das ein wenig schwieriger. Gerade, wenn es um Adoption geht.